Ich weiß, dass der Kern der Frage dazu provoziert bzw. verführt, in einer Grundsatzdiskussion übers Gendern zu enden, darum finde ich es sehr schön, wie bemüht hier viele sind, diesem Impuls nicht nachzugeben.
Ich glaube ja, dass ich nicht die einzige Person (wie z.B.
@Rosentinte ) bin, die sich dieser Frage stellt bzw. sogar stellen muss, wenn z.B. im Roman generell eine gendergerechte Sprache angestrebt wird, kann man, finde ich, nicht gewisse Bereiche davon aussparen - wenn andere Personen das anders sehen, wäre es genauso interessant, deren Standpunkt gegenüber meinem eigenen kennenzulernen (siehe z.B.
@Araluen ). Wir Autor*innen sind beim eigentlichen Schreiben auf uns gestellt, was schnell dazu verführt, einen Tunnelblick zu bekommen, ohne das zu merken. Darum halte ich es wichtig, möglichst viele Meinungen einzuholen, seien es auch nur solche wie "Ich verstehe genau, was du meinst, bin aber ebenso ratlos, was das und das angeht". Schweigen finde ich frustrierender als Rückmeldungen von Personen, die zugeben, dass sie vor ähnlichen, scheinbar unlösbaren Problemen stehen, wie man selbst. Oder genau andersrum, von Personen, die meinen, solche Probleme schon längst gelöst zu haben oder nie gehabt zu haben. Darum freue ich mich über möglichst viele Wort- oder Gedankenmeldungen zu dem Thema. Wem der Thread zu "heißes Pflaster" ist, kann sich gerne via PN an mich wenden. Ich bin wirklich für jeden Input dankbar. Das ist Sprachwandel live. Millionen von Sprecher*innen gestalten Tag für Tag die Sprache neu, es gibt kein Richtig oder Falsch per se, nur Normen, die von einer Mehrheit beschlossen bzw. durchgesetzt wurden, und Vereinbarungen, die von einer Mehrheit getroffen und beibehalten werden.
Mein momentaner Ausgangspunkt (und der gilt allein für meinen vorherrschenden Romankomplex, wer weiß, ob andere Projekte eine andere Denkweise verlangen) sieht so aus, dass es viele Welten gibt, von denen die Menschenwelt eine ist und Geschlechter vordergründlich ein soziales und sprachliches Konstrukt der Menschen sind. Das heißt, Wesen aus den anderen Welten werden in dieses Konstrukt gepresst, damit die menschlichen Protagonist*innen, überwiegend eben Menschen, deren Existenz begreifen können.
"Dämon" ist eine Fremdbezeichnung und als solches ist es auch nichts anderes als ein menschengemachtes Konstrukt, um überirdische Entitäten, sprachlich und intellektuell, fassbar zu machen. Die Eigenbezeichnung ist ein Fremdwort und nicht deklinierbar, dennoch wird sie als Eigenbezeichnung mit einem "der/die" versehen, weil die "Dämon*innen" das Konstrukt von Geschlecht über die Jahrtausende von den Menschen übernommen haben. So hat sich auch das Patrichat in deren Welt entwickelt. Nur einige wenige erinnern sich, dass sie ursprünglich geschlechtlos waren und thematisieren das in der ein oder anderen Szene, wenn ein Geschlecht eines*r Dämon*in thematisiert wird.
"Engel" sind per se auch geschlechtlos, da sie überirdisch sind und aus einer Macht schöpfen, die für Menschen und andere irdische Wesen (darunter auch die "Dämon*innen") eigentlich nicht fassbar sind. Der höchste Engel aber ist gefallen, d.h. er hat sich den irdischen Welten mehr zugewandt, als "gut" für ihn ist und kokettiert dementsprechend mit den Irdischen Gegebenheiten. Er hat für sich ein Aussehen gewählt, das von den Meisten als "männlich" gelesen wird. Für die ersten Bände wird er die einzige Schnittstelle für die irdischen Wesen zu den "Engeln" sein. Somit wird die Formulierung "der Engel" auf jeden Fall vorherrschend sein.
Momentan sieht meine Zwischenlösung so aus, dass ich auf
(bestimmte) Artikel der gängigen Form verzichte, wenn ich von überirdischen Wesen spreche. Jemand oder etwas ist (ein) Engel, als Engel etc. Diese Prämisse wird sicher von Situation zu Situation neu verhandelt werden müssen und sich vielleicht sogar "unrund" lesen, doch diese Handhabung kommt meiner Auffassung von geschlechtergerechter Sprache, die sich darüber im Klaren ist, dass sie durchs generische Maskulinum geprägt ist, am nächsten, ohne dass sie sich unnatürlich anfühlt.
Was sagt ihr dazu? Findet ihr euch in dieser Ansicht wieder? Widerspricht es eurer Ansicht in allem, was euch heilig ist?

Ist es euch für gendergerechte Sprache zu wenig? Ich bin offen für jede Diskussion, die ich alleine nicht führen kann, die mich aber auch nicht davon überzeugen möchte, auf gendergerechte Sprache zu verzichten.
Wenn es euch im privaten Rahmen lieber ist, dann gerne auch per PN. Ich finde, jede Stimme sollte Raum bekommen, um gehört zu werden und fände es sehr schade, wenn sie, aus Angst, mundtot gemacht zu werden, von Anfang an stumm bleibt.