Ich versuche, mich auf das Wie zu konzentrieren. Wenn ich abrutschen sollte, dann bitte nicht als böswillig auslegen, das ist keine Absicht.
Persönlich schreibe ich in wissenschaftlichen Texten ohne Sternchen oder Binnen-I, außer es ist explizit Thema und wird explizit behandelt oder schwingt implizit im Thema mit. Wenn es im Thema mitschwingt, gendere ich nicht, sondern suche nach neutralen Ausdrücken.
Z.B. das Andere statt der Andere, wenn es um Othering, Intersubjektivität usw. als Abstraktum geht, sofern es ein argumentativer Punk ist, vorgeschlechtlich zu arbeiten. Für mich war es bis dato selten relevant, insofern kam die Frage bei mir nie auf.
In Prosatexten würde mir die Sternchenlösung in den allermeisten Fällen sauer aufstoßen, weil es zwei große Probleme gibt, die ich für relevant für einen guten handwerklichen Umgang damit halte:
1. Sprache konstruiert und transportiert Sozialität, Kultur usw.
2. Wissenschaftliche gendergerechte Sprache ist enorm sperrig und ungewohnt.
Fangen wir mit dem zweiten an, weil ich das für leichter zu lösen halte. Die Sperrigkeit geht meines Erachtens nach das handelsübliche oder alltägliche Sprachgefühl von Lesern an. Gendergerechte Sprache wirkt aufgesetzt, weil sie - aus was für Gründen auch immer - nicht der umgangssprachliche Standard ist. Entsprechend fällt sie auf, was ich mal als "dissonant" bezeichnen würde, sofern der Fokus bei Prosasprache auf Umstandslosigkeit, Verständlichkeit, Harmlosigkeit usw. liegen soll. Prosasprache neigt nicht dazu, Aufmerksamkeit auf die Sprache selbst zu lenken, das passt mit handelsüblicher gendergerechter Sprache wenig zusammen.
Mögliche Lösungen wären hier m.M.n. die Sprache selbst in den Fokus des Textes zu rücken - d.h. originell nicht durch den Plot und die Welt zu sein sondern durch den Stil und die Sprache.
Sprache als sozialer Konstruent ist etwas komplizierter. Ich denke es ist wenig kontrovers das zu sagen. Gerade bei Phantastik wird es aber interessant, weil es zu einem Konflikt kommt. Evanesca hat das ja schon angeschnitten: Wenn sich die durch unsere (deutsche) Sprache transportierte und dargestellte (phantastische) Welt und Gesellschaft signifikant voneinander unterscheiden, werden solche kleinen Abweichungen relevant.
Ich denke die Lösung liegt in so einem Fall darin, das ins World Building selbst zu integrieren und einen cleveren Weg zu finden, die Texte zu präsentieren. Also nicht einfach naiv als "so und so ist es" den fiktionalen Text als Realitäten beschreibend hinstellen, sondern als Übersetzung oder als Bericht. Hat dem Herrn der Ringe keinen Abbruch getan.
So aus der Hüfte geschossen.