Ich habe bisher zwei romantische Kurzgeschichten geschrieben in denen ich das Geschlecht der Charaktere nicht benennen wollte. Beide haben neutrale Namen und die Geschichte wird von einem Ich-Erzähler geschildert, der sein Gegenüber nur als „du“ beschreibt und benennt. Andere Menschen werden vom Erzähler mit neutralen Begriffen (Menschen, Wesen, Tanzende) beschrieben.
Generell glaube ich schon, dass man einem Leser neue oder ungewöhnliche grammatikalische Konstrukte zumuten kann und sollte, aber es sollte nicht zu viel werden- neue Pronomen, neue Artikel und neue Substantivendungen in einem Text („Din Zauberir nahm nimsen Buch.“
Quelle) würde ich als zu viel empfinden.
Wenn aber für ein Wesen im Buch mit unbestimmtem Geschlecht xier verwendet wird, hier und da ein paar Händler*innen auftauchen, oder ein Charakter im generischen Femininum spricht halte ich das für interessant, solange ich auch den kulturellen/historischen Hintergrund dazu erfahre und es nicht nur der gendergerechten Sprache wegen verwendet wird. Als Autor*in sollte man sich da glaube ich bewusst sein, dass man mit solchen Sachen seinem Leser einiges an Hirnakrobatik zumutet und es entsprechend sparsam/vorhersehbar verwenden. Z.B. Charakter x spricht halt so, xien ist immer Charakter X (mehr als ein xien könnte für Erstleser*innen schon wieder verwirrend werden) -dann kann sich der Leser auch geistig darauf vorbereiten.
Wie wäre es denn ausgehend von einer Sprache, die wir als genderneutraler empfinden aus zu gehen und mal schauen, warum sie das überhaupt ist, bzw. ob sich das auch im Deutschen anwenden lässt?
Das Englische wurde ja häufiger genannt. Dazu fällt mir ein (Man verzeihe mir mangelndes Wissen über Grammatik. Die Schulzeit ist schon eine Weile her und ich hoffe ich verzapfe hier nicht zu viel Blödsinn. Betrachtet es mehr als einen Vorschlag für eine Herangehensweise an das Problem):
Unterschied: Es gibt keine weibliche und männliche Form von Substantiven (egal ob Krieger oder Kriegerin, sie sind alle warrior)
Mögliche Lösung im Deutschen:
- das Gendersternchen: die Krieger*innen
- neutrale Begriffe verwenden und erfinden: die Schwerter des Königs
- festlegen das das Maskulinum eine neutrale Bezeichnung ist und damit z.B. Krieger doch beides sein kann
Unterschied: „the“ ist ein neutraler Artikel
Mögliche Lösung im Deutschen:
- einen erfinden
- ich persönlich empfinde ja das Neutrum als neutral, machen wir also das Krieger daraus und dann können es und alle an der Diskussion beteiligten, sich aussuchen was es ist (Nur so als Randnotiz: Die Briten fallen immer vom Glauben ab, wenn ich von einem Kind als “it” spreche. Warum ist ein Kind im Deutschen sächlich? Bzw. was ist so schlimm daran?^^)
Unterschied: Die Pronomen- im Englischen haben wir they als Lösung (obwohl ich immer darüber stolpere- für mich ist das Mehrzahl), which und everyone zum Beispiel sind neutral
Mögliche Lösungen im Deutschen:
- xier oder nin: xier empfinde ich persönlich als sehr unmelodisch
- oder doch wieder sächlich? (Ich persönlich würde mich nicht beleidigt fühlen, wenn mich jemand als sächlich bezeichnet, bis er rausfindet wie ich gerne angesprochen werden möchte.)[Edit:] Mittlerweile weiß ich, dass das von nicht binären Menschen als übergriffig empfunden wird, wenn Außenstehende darüber diskutieren welche Pronomen sie verwenden sollten. Es gibt mittlerweile etliche Systeme, welche die Gemeinschaft versucht in Deutschland und in der deutschen Sprache zu etablieren.
Beispiele dafür finden sich zum Beispiel auf dieser
Website und hier gibt es
geschlechtsneutrale Deklinationssysteme.
Mittlerweile finde ich wir sollten als Autor*innen mithelfen bereits existierende Pronomen und genderneutrale Sprache zu verbreiten und zu fördern, statt dann auch noch eine eigene Suppe zu kochen, weil wir die Wörter als zu fremd oder nicht schön klingend empfinden.