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Grammatikalische Kleinigkeiten

Begonnen von Ratzefatz, 21. November 2007, 06:23:44

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Aphelion

#1365
Das Wort "Lächeln" ist mMn grammatikalisch ein bisschen inkonsequent, aber für mich klingt der Plural schief und er ist ja auch z.B. laut Duden falsch, da hat die Lektorin schon Recht. Eigentlich hat das Wort im Deutschen keinen Plural, aber dann dürfte man nach meinem Sprachgefühl eigentlich auch nicht "ein Lächeln" schreiben, weil weder das Zählwort noch der unbestimmte Artikel unter diesen Bedingungen wirklich Sinn ergeben. "Ein Lächeln" ist gängig und grammatikalisch in Ordnung, verführt aber dazu, fälschlicherweise einen Plural zu bilden.

Im Englischen scheint es das Problem nicht zu geben, weshalb sich der Plural sicherlich in Übersetzungen breitgemacht hat.

"sein seltenes Lächeln" würde ich nicht schreiben, weil das so klingt, als würde "er" dieser anderen Person grundsätzlich und voll und ganz sein Lächeln schenken, eben pauschal "sein" Lächeln. Da "ein Lächeln" eine gängige (und richtige) Formulierung ist, wirkt "SEIN Lächeln" wie eine Betonung des Possessivpronomens – und diese Betonung scheint hier keine inhaltliche Berechtigung zu haben. Nach dem Motto: Wenn jemand von der Standardformulierung ("ein Lächeln") abweicht, dann muss es einen Grund dafür geben.

"Er schenkte ihm ein seltenes Lächeln" klingt aber komisch, weil die Aussage ja nicht allgemein gemeint ist und er nicht mehrmals lächelt (wie in: "In den darauffolgenden zehn Jahren schenkte er ihm ein seltenes Lächeln.").

Ich würde deshalb einen Relativsatz in Betracht ziehen, z.B.: "Er schenkte ihm ein Lächeln, das bei ihm so selten war/mit dem er sonst so geizte." Die Formulierung muss natürlich zum Stil passen und es darf kein Bezugsfehler entstehen, deshalb sind das hier natürlich nur grobe Beispiele.

Bleibt noch die Frage, ob die Seltenheit des Lächels überhaupt betont werden muss oder ob Lesende das an dieser Stelle ohnehin wissen (und es ihnen auch auffällt).

Ryadne

Ich hab den Eindruck, das ist so einer dieser Fälle, in denen sich "Prosa-Deutsch" und "Hochschul-Deutsch" voneinander unterscheiden ;-)
Ich danke euch für die verschiedenen Rückmeldungen. Ich werde den Satz erst einmal drin lassen und darauf verweisen, dass er sich als Stilmittel eingebürgert hat. Ich habe ihn auch in vorangegangenen Veröffentlichungen verwendet, bisher kamen da keine Beschwerden ... Sicher ist das nicht der innovativste Satz, aber ich habe da durchaus ein Bild im Kopf. Falls die Lektorin es wieder anmerkt, lasse ich mich auch dazu überreden, ganz was anderes zu schreiben, aber mit der Singularform tue ich mich auch sehr schwer. Den Relativsatz würde ich an der Stelle auch gerne vermeiden, er wirkt im Kontext zu überladen.

Sonnenblumenfee

Ich bin nicht sicher, ob das wirklich Grammatik ist oder einfach nur Stil, aber eine Kleinigkeit ist es allemal.
In meiner Diss nutze ich Überschriften in folgendem Schema: "Die Theorie XY im Lichte des Prinzips AB". Eine Korrekturleserin hat angemerkt, dass das "im Licht" heißen müsse. Für mich hört sich "im Licht" seltsam an. Es kann aber auch einfach sein, dass ich die Phrase jetzt schon zu häufig (in meiner Diss) gelesen habe, und es sich deshalb anders falsch anfühlt.
Ich habe diesbezüglich zwei Fragen, auf die mir Google keine Antwort liefert:
1) Ist "im Licht" oder "im Lichte" richtig oder geht theoretisch beides?
2) Gilt eines davon als besserer Stil? Was empfindet ihr als schöner (in einem wissenschaftlichen Text)?
"Discipline is my freedom" - Gretchen Rubin

Federstreich

Puh, schwierig. In deinem Fall würde ich auch automatisch "im Lichte" nutzen, weil das irgendwie wissenschaftlicher klingt. Vermutlich sind "im Licht" und "im Lichte" aber gleichbedeutend und gleich richtig, nur dass Letzteres vielleicht etwas veraltet ist. Kannst du nicht in bereits vorhandenen Diss anderer Leute nachschlagen, wie die das in der heutigen Zeit gelöst haben? Ansonsten würde ich es an deiner Stelle so lassen, weil es sich von deinem Gefühl her richtig anfühlt. Mir ginge es da jedenfalls genauso und ich würde es dann nicht ändern.

Waffelkuchen

Was korrekt ist kann ich jetzt nicht sagen. Mir geht es aber ähnlich wie deiner Testleserin, "im Lichte" passt für mein Empfinden nicht in einen wissenschaftlichen Text, "im Licht" schon eher. Alternativ ersetzt du es halt komplett, mit "im Kontext von" zum Beispiel?
Ich heb mein Glas und salutier dir, Universum / Dir ist ganz egal, ob und wer ich bin
Fremde - Max Herre, Sophie Hunger

Mia Nordstern

Das Dativ-e ist veraltet und wird gar nicht mehr verwendet.

Wenn du darauf bestehst, kannst du dich eventuell auf "Feststehende Redensart" berufen, ich finde es ohne e aber schöner und auch wissenschaftlicher. Das andere klingt eher umgangssprachlich, weil es nur joch seltne benutzt wird.
So we beat on, boats against the current, borne back ceaselessly into the past. (F. Scot Fitzgerald, The Great Gatsby)

Coppelia

#1371
Wie @Mia Nordstern sagt: Das -e ist eine veraltete Dativ-Endung. In einigen Phrasen ist sie allerdings noch gebräuchlich, z. B. "ich bin im Bilde" oder "vom Winde verweht". "im Lichte" dürfte in dem Kontext auch eine Phrase sein, es wäre in meinen Augen also in Ordnung, es zu verwenden. Ich tendiere aber zur Alternative, wenn es möglich ist, da sie moderner ist. Ist aber auch Geschmackssache, manche mögen's halt altertümlich.

Maubel

Im wissenschaftlichen Kontext würde ich "Im Licht" schreiben, das andere klingt veraltet bis verspielt, literarisch eher als wissenschaftlich

Wildfee

Im Stilwörterbuch des Duden ist das Dativ-e nicht aufgeführt, nur im Band Redewendungen. Da werden die Buddenbrooks zitiert  ;) Im Rechtschreibband ist "Lichte" als veraltet angeführt.

Generell würde ich bei naturwissenschaftlichen Disseratationen keine Redewendungen verwenden (sagt auch Göttergatte neben mir, der beruflich damit zu tun hat). Bei Geisteswissenschaften dagegen schon eher.

Sonnenblumenfee

#1374
Danke schon mal für die schnellen Rückmeldungen :)

Danke für die Erklärung, @Mia Nordstern und @Coppelia. Für mich ist es irgendwie schon ein feststehender Begriff. Ich merke mir mal "im Bilde sein" und "vom Winde verweht", falls ich mich für "im Lichte" entscheide und mein Doktorvater dann meckert  ;D

Zitat von: Wildfee am 01. April 2020, 10:52:14
Im Stilwörterbuch des Duden ist das Dativ-e nicht aufgeführt, nur im Band Redewendungen. Da werden die Buddenbrooks zitiert  ;) Im Rechtschreibband ist "Lichte" als veraltet angeführt.
Danke fürs Nachschauen! Auf duden.de gab es leider keinen Treffer, da hatte ich selbst schon geguckt. EDIT: doch, wenn man nach "Licht" sucht und dann unter Grammatik schaut. Dann aber als "Plural" (und als veraltet, dichterisch beschrieben)

Zitat von: Wildfee am 01. April 2020, 10:52:14
Generell würde ich bei naturwissenschaftlichen Disseratationen keine Redewendungen verwenden (sagt auch Göttergatte neben mir, der beruflich damit zu tun hat). Bei Geisteswissenschaften dagegen schon eher.
Da ich Rechtswissenschaftlerin bin, hilft mir das nicht wirklich  :rofl:

:hmmm:
Ich hab mal auf Google Scholar geschaut und habe rechtswissenschaftliche Titel sowohl mit "im Licht" als auch mit "im Lichte" gefunden und zwar ungefähr gleich viele (alle nach 2000 erschienen).
Meine Juristen-Freunde, die ich parallel mal gefragt habe, tendieren eher zu "im Lichte".

Also jedenfalls scheint es keine eindeutige Lösung zu geben, das ist doch auch schon mal etwas, dann mache ich zumindest nichts falsch  ;D
"Discipline is my freedom" - Gretchen Rubin

Federstreich

Rechtswissenschaft klingt erst einmal nach Büchern, Gesetzestexten, einem schweren Schreibtisch mit grüner Schreibunterlage und der Kunst, Gesetze zu verdrehen. Vieles mag Klischee sein, aber das erzeugt es in meinem Kopf. Da passt die veraltete Form zumindest im Kopf ganz gut. Keine große Hilfe, ich weiß, aber wenn beides prinzipiell möglich ist, vielleicht ein Denkanstoß, wohin du mit deiner Diss hinwillst.

Wallrabe

Im Zweifelsfall würde ich auch entweder ohne -e schreiben oder generell auf die Redewendung verzichten und sachlich bleiben, wie Wildfee auch geschrieben hat. Mir hatte zumindest bei einer (kulturwissenschaftlichen) Seminararbeit eine Dozentin derartige Floskeln sehr negativ angerechnet.

Gut, das hatte auch mit der Dozentin zu tun, die da generell sehr empfindlich war, aber vor allem rückblickend hatte sie denke ich schon recht. Zumindest, wenn man einen Sachverhalt darstellen will/soll o.ä. dann möchte man eigentlich so präzise wie möglich auf den Punkt kommen. Wendungen wie "im Lichte" kommen mir da zumindest eben im wissenschaftlichen Bereich fehl am Platz vor.

Sonnenblumenfee

Vielen Dank noch einmal für eure ganzen Antworten! Ich habe mich immer noch nicht ganz entschieden, tendiere aber momentan zu "im Licht".

Generell ist es in den Rechtswissenschaften schon ein gebräuchlicher Ausdruck, zB etwas "im Licht(e) des Grundgesetzes" auszulegen. Nur konnte ich bisher keine einheitliche Linie ausmachen, ob es mit oder ohne e verwendet wird.
"Discipline is my freedom" - Gretchen Rubin

Feuertraum

meine Frage betrifft zwar gerade keinen Text von mir, aber ich bräuchte einmal Ihr geballtes Fachwissen, um meine Fragezeichen in Ausrufezeichen zu verwandeln.

In einem Frage-/Antwortnetzwerk wurde von einem Studenten die Frage gestellt, wie ein Satz korrekt lautet. Entweder:

ZitatVariante 1: Als Student [...] verfüge ich über viel technisches Know-how und einer leidenschaftlichen Begeisterung für [...]

oder

ZitatVariante 2: Als Student [...] verfüge ich über viel technisches Know-how und eine leidenschaftliche Begeisterung für [...]

Dabei sollte der Hauptaugenmerk auf "leidenschaftliche/r Begeisterung" liegen.

Ich meine, es müsste Variante 1 sein.
Allerdings haben zwei Leute geantwortet und geschrieben, das Variante 2 korrekt ist.
Nun grübele ich darüber nach, ob es nicht eben doch Variante 1 ist, weil sie das Wort "über" nur auch das technische Know-how bezieht und nicht mehr auf die "leidenschaftliche Begeisterung".
Würde da noch ein "über" vor stehen, dann wäre ich auch bei Variante 2, aber so ...?

Liege ich mit meiner Vermutung richtig? Und wenn nein, wo liegt mein Denkfehler (bzw. wenn ja, was ist die genaue Erklärung dafür?)

Ich bedanke mich artig schon mal im Voraus
LG
Feuertraum
Was hat eigentlich He-Man studiert, dass er einen Master of the universe hat?

Angela

#1379
Ich würde auch die Variante 2 wählen, durch das verfüge ich über muss eine ... folgen.