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Wieviele Personen kann eine Story ab

Begonnen von Darien, 17. November 2007, 20:40:44

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Darien

Mich würde interessieren wie es bei euch aussieht mit der Anzahl der Pro und Antagonisten, oder einfach wichtigen Figuren.

Ich habe bei meinem momentanen Roman das Problem, dass ich schon allein 14 Protagonisten, in zwei Gruppen aufgespalten, in der jeweils einer meiner Hauptcharaktere ist, habe.
Dazu kommen noch 7 Antagonisten und etwa 8 Nebenchras die auch wichtig sind.
Außerdem kommen dazu noch Leute wie Könige, die zwar für die Welt wichtig aber im Moment für die Geschichte unwichtig sind.
Ich habe oft zu hören bekommen, dass das zu viele sind, doch ich sage, jeder von denen ist einzigartig genug, damit man sie auseinanderhalten kann. Außerdem hab ich extra Wert darauf gelegt, dass Namen sich möglichst nicht ähneln.

Haltet ihr das für zu viel?

Wie viele Charaktere habt ihr denn so?


Gruß

Darien

Maja

Es kommt darauf an, welchen Umfang dein Epos hat und ob es bei den Hauptfiguren Abstufungen in der Wichtigkeit gibt. Bei einem Werk von 300 Seiten würde ich sagen: Das ist viel zu wuselig, da verliert jeder den Überblick. Siebenköpfige Heldengruppen halte ich persönlich für zu groß, aber Eddings und Tolkien haben gezeigt, daß sie sich durchaus handhaben lassen.
Wenn dein Epos über 3.000 Seiten geht und auf verschiedene Handlungszweige aufgeteilt ist, können durchaus so viele Personen zusammenkommen. Wobei - selbst dann wären sie mir wohl noch zu viele, es fällt dann schwer, den Überblick zu behalten. Bei Robert Jordan habe ich diese Zerzuzzelte sehr gehaßt, und wir wissen ja, wohin es ihn am Ende gebracht hat...

Ich habe mich bei den »Chroniken der Elomaran« schon in zwei völlig getrennte Handlungsstränge aufgeteilt, und jeder von denen hat ein Halbdutzend Protagonisten und um die drei Antagonisten. Und ich bekomme von meinen Lesern regelmäßig zu hören, daß das zu viele sind. Nun ist das natürlich auch so ein episches vielbändiges Werk, wo man das noch eher verzeihen kann.

Zur Zeit schreibe ich ein Buch mit genau zwei Hauptfiguren, das ist regelrecht erfrischend, vor allem, weil ich nur eine Perspektive habe. Das Buch kann dadurch viel dichter und intensiver erzählt werden, als wenn der Leser ständig zwischen Figuren und Schauplätzen springen muß, daß er am Besten ein Diagramm hätte, um alle Parteien mit ihrer gegenwärtigen Konstellation zu verfolgen.

Grundsätzlich denke ich aber, daß bei deiner Aufstellung viel zu wenig Nebenfiguren sind, um so viele Hauptfiguren verkraftbar zu machen - das ist unausgewogen. Oder auch so: Bei zu vielen Haupt- und zu wenig Nebenfiguren werden sich einige Hauptfiguren selbst in Nebenfiguren verwandeln. Als Beispiel nehme ich mal den "Hobbit" - dreizehn Zwerge, nominell alle irgendwie Hauptpersonen und doch irgendwie nur belebte Kulisse mit Zipfelmützen, von Thorin und Balin mal abgesehen. Der Rest war zwar immer anwesend (bis am eEnde, wo sie zum Teil tot sind), aber die Hälfte von ihnen hätte man weglassen können, ohne der Geschichte Abbruch zu tun. Sobald ein einzelner Charakter keine Funktion mehr hat, die nicht auch ein anderer übernehmen könnte, ist er überflüssig. Das wird er dir zwar übelnehmen, aber deine Leser werden es dir letztenendes danken, weil die verbleibenden Charaktere dann viel besser und differenzierter rüberkommen können.
Niemand hantiert gern ungesichert mit kritischen Massen.
Robert Gernhardt

Lavendel

Es gibt ja durchaus Beispielbücher mit wirklich vielen Protas. Ganz bekannt natürlich das 'Lied von Eis und Feuer' von G.R.R. Martin (mit einer Anzahl an Bänden, die näher bei 10 als bei 5 liegt).

Ich persönlich finde es auch leichter, wenn die Handlung sich auf wenige Hauptfiguren beschränkt. Oben genanntes Epos ist zwar super geschrieben und zum Ende jedes Bandes hin dann auch wieder spannend, aber es nervt doch schon oft enorm, wenn man unbedingt wissen will, wie der eine Handlungstrang sich entwickelt, der aber wohlmöglich erst im nächsten Band weitergeführt wird.

Vor allen Dingen machst du dir selbst das Leben nicht ganz einfach, wenn du mit so großem Personal hantierst. Da verliert man viel schneller die Übersicht und vor allem, denke ich, den Blick fürs Wesentliche. Denn alle Charaktere wollen ja gleich wichtig sein, gleich viel von ihren Konflikten, Spannungen, Beziehungen oder Geschichten preisgeben - denn sonst wären sie ja langweilig und keine Hauptfiguren mehr  ;).

Letztendlich hängt die Entscheidung aber wohl davon ab, was du aus dem Projekt machen willst. Generell kann man da schlecht ein Urteil fällen. Man müsste da schon im Einzelfall genauer hinschauen. Jedenfalls denke ich, du solltest so ein 'Mammutprojekt' genaustens durchplanen, sonst endet es vermutlich in einer Menge Frust.

Lapislazuli

Als Leser hab ich nichts gegen viele Charaktere, auch wenn es dann meist so ausgeht, dass mir dann meine Lieblingscharaktere zu wenig vorkommen.  Je mehr Personen desto wenig Platz für Charakterentwicklung des einzelnen.

In meinen Geschichten verwende ich im Endeffekt auch oft nur ein drittel der anfangs geplanten Figuren. Ich rede jetzt einmal von meinen zwei aktuellen Projekten "Hexenkinder" und "Die Schwarzen Schatten". Die werden beide nur aus einer Perspektive erzählt, mit einem einzigen Handlungsstrang. Es gibt einen Protagonisten und ein bis zwei Figuren die ihm sehr nahe stehen und für die Handlung sehr wichtig sind. Dann gibt es noch ein paar Nebenpersonen von unterschiedlicher Wichtigkeit. Das war's.
Und die Sache mit dem Antagonisten? Also ich mag einerseits gut geschriebene Bösewichte. Andererseits sind meine Geschichten nie als Kampf von Gut gegen Böse angelegt, da ich mit solchen Kategorien persönlich nicht viel anfangen kann.

In "Hexenkinder" ist die antagonistische Kraft quasi im Protagonisten selber angelegt. Er muss sich selber besiegen, bzw. gewisse Dinge lernen - quasi ein Selbstfindungsplot.
In "Die Schwarzen Schatten" ist der Antagonist nicht wirklich eine Person, sondern eine unsichtbare Kraft die man nicht sehen kann, und da sie an dunklen Orten vorkommt und man nicht recht weis, was das ist gewöhnt mein Prot sich mit der Zeit an, es "Die schwarzen Schatten" zu nennen. Allerdings können die auf Personen überspringen. Und im Moment sieht es so auf, als würde sich die Schwester des Prot gerade auf deren Seite ziehen lassen ...

Also auch keine Antagonistenschaar. Ich mag lieber wenige Personen, und ich finde es am faszinierendsten beim Schreiben, diese zu erforschen und zu schauen, wo sie die Handlung hintreiben - denn bei mir kommen immer zuerst die Figuren und aus denen ergibt sich die Handlung.




saraneth

Also in meinem momentanen Projekt gibt es auch nicht so viele Figuren, aus deren Sicht erzählt wird und die unabdingbar wichtig wären.

Theoretisch gibt es zwei Hauptfiguren und mehrere Nebencharaktere, aus deren Sicht aber nichts dargestellt wird. Sie werden quasi nur von meinen Hauptcharas geschildert und ich denke, das ist auch gut so.

Irgendwie komme ich bei Büchern mit zu vielen handelnden Personen immer ein wenig durcheinander, es sei denn, sie sind wirklich klar voneinander zu unterscheiden. Aber das ist meistens leider nicht der Fall, finde ich jedenfalls.

Des Weiteren stimme ich Lapislazuli zu, was die Entwicklung der Charaktere anbelangt. Mir persönlich geht es in meinen Geschichten um die Personen, aus deren Sicht ich erzähle und mir ist ihre Geschichte in diesem Fall wichtig. Das heißt natürlich nicht, dass mir die der anderen egal wäre. Ich bin da wohl etwas eigen veranlagt. ;)

Wechselst du denn die Sicht zwischen deinen Charas oder beschreibst du sie nur sehr ausführlich aus der Sicht eben dieser deiner Hauptfiguren?

Grey

Zitat von: saraneth am 17. November 2007, 23:52:59
Also in meinem momentanen Projekt gibt es auch nicht so viele Figuren, aus deren Sicht erzählt wird und die unabdingbar wichtig wären.


In meinen Projekten gibt es sogar *nur* Figuren, die unabdingbar wichtig sind. Denn sonst könnte man sie sich ja sparen ;)
Ich will keinem guten Charakter zumuten, für eine Geschichte verwurstet zu werden, in der er sich nicht voll entfalten kann. Schließlich sind das alles interessante Leute, die da in meinem Kopf wohnen, und sie haben alle ihren Teil Aufmerksamkeit verdient ...

Coppelia

Hmm ... also, was ich denke, erstmal:

Ein Antagonist ist kein Protagonist. Er kann es sein, aber normal ist das nicht. Und es mag mehrere Leute geben, die auf der bösen Seite der Geschichte stehen, aber meist ist nur einer davon wirklich der Antagonist. Die anderen Figuren mögen in irgend einer Beziehung zu ihm stehen, aber sehr häufig gibt es doch einen Antagonisten, bei dem sozusagen die Fäden zusammenlaufen.

Dann denke ich: Nicht jeder Perspektiventräger ist ein Protagonist. Und umgekehrt: Nicht jeder Protagonist ist Perspektiventräger (siehe Sherlock Holmes). Ich habe in einem Roman zwei immens wichtige Figuren, die keine Perspektiventräger sind, aber trotzdem den Mittelpunkt der Handlung ausmachen (und einer davon ist der Antagonist ;)). Und neben einem Ich-Erzähler gibt es häufig auch noch weitere echte Hauptfiguren, obwohl sie nie die Perspektive erhalten.

Die meisten Perspektiven habe ich wohl in meinem Monsterroman verteilt, es mögen *nachzähl* so um und bei 5 Perspektiven und halt noch mehr wichtige Personen sein. Das ist mir persönlich aber zuviel. Ich weiß, dass es möglich ist, mit noch mehr Perspektiven zu schreiben, aber irgendwann macht sich halt doch mein fehlendes Organisationstalent bemerkbar.
Ideal finde ich eigentlich 2 wechselnde Perspektiven, wenn es nicht zugleich 2 verschiedene Handlungsstränge sind, weil man dann dasselbe Geschehen wunderbar auf ganz unterschiedliche Art bewertet werden lassen kann (schon wieder so'n Satz!) :)

Lapislazuli

Zitat von: Coppelia am 18. November 2007, 10:09:39
Ideal finde ich eigentlich 2 wechselnde Perspektiven, wenn es nicht zugleich 2 verschiedene Handlungsstränge sind, weil man dann dasselbe Geschehen wunderbar auf ganz unterschiedliche Art bewertet werden lassen kann (schon wieder so'n Satz!) :)

Find ich auch - deswegen habe ich gestern in der Nacht noch beschlossen eine zweite Ich-Perspektive bei mir einzubauen. :-)
Oft ist es interessant zu sehen wie eine Figur sich selbst sieht, und dann wie sie von anderen gesehen wird.

saraneth

@ Grey: Ich meinte das so, dass es einige Nebenfiguren gibt, die halt nur ein paar mal auftauchen, aber nicht wirklich *wichtig* für die Handlung sind.

Zum Beispiel der Feuertänzer auf dem Markt oder ähnliches. ;)

Linda

Ganz ketzerisch gesagt, darf ein Autor meines Erachtens nach soviele Figuren (und damit meine ich auch Protagonisten und Gegenspieler) einbauen, wie er handhaben kann.
Das dürfte naturgemäß bei einem erfahrenen Autor mehr sein als bei einem Schreibanfänger.

Gruß,

Linda

Ary

Ich arbeite lieber mit wenig Pro-und Antagonisten als mit einem ganzen Heer. Meine ersten Schreibversuche endeten meist damit, das ich Plotlöcher mit dem Auftauchen weiterer "Darsteller" gestopft" habe, was zwar die Geschichte verlängerte, sie aber nicht weiterbrachte.
Im Moment arbeite ich an drei Projekten, von denen eins mein NaNoWriMo-Buch ist. In dem gibt es einen Hauptprotagonisten und zwei wichtige Nebendarsteller und als Antagonisten keine spezielle, definierte Person, dondern "den Feind", einen neuen, unbekannten, bedrohlichen gegne, der aber erst gegen Ende der Geschichte wirklich ein Gesicht bekommen wird. Heißt, meine Superhelden dürfen die ganze Zeit über rätseln, wer da versucht, ihr ganzes Volk auszulöschen.

In einem anderen Projekt, das gerade in der Überarbeitung festhängt, gibt es zwei Hauptcharaktere, aus deren Perspektive abwechselnd erzählt wird, und von denen jeder sogar einen ganz eigenen Antagonisten bekommen hat.

Ich mag es übersichtlich. Bei Eddings und Tolkien haben mich die großen Heldengruppen nie gestört, an Robert Jodan habe ich mich wegen des "Zerfaserten" nicht rangetraut.
Einfach mal machen. Könnte ja gut werden.

Darien

Bei mir ist es auch so, dass es im Prinzip 2 Hauptcharas gibt die in zwei parellen Handlungssträngen handeln, und jeder dieser Haupcharas bekommt nach und nach immer mehr Gefährten, die die ganze Zeit "dabei" sind und auch wichtig für die Handlung sind. Mit diesen Gefährten komme ich auf 14.
Es wird die meiste Zeit nur aus der Perspektive der 2 Hauptcharas geschrieben.

Ary

Aua. 14 Protagonisten? Da wüde ich ganz schnell den Überblick verlieren.  ::)
Einfach mal machen. Könnte ja gut werden.

Pandorah

Die größte Ansammlung an Protagonisten mit Perspektive ist bei mir 6. Darüber bin ich wohl noch nie rausgekommen, und ich denke, das reicht mir auch. *g* Die sind dann auch immer in Paare geteilt, und wenn sie aufeinander treffen und miteinander agieren, bekommt trotzdem nicht jeder seine Gedankengänge gestattet. Ich glaube nicht, dass ich das gut handeln könnte, wenn in einer Szene sechsmal der Blickpunkt wechselt.

Meine größte "Heldengruppe", die ich zusammen in der Weltgeschichte herumlaufen habe, besteht auch aus 6 Personen, von denen sind aber nur drei Perspektiventräger - und zugleich die Haupthelden.

Warlock

Ich bin mit meinen 7 Charakteren gut bedient. Es ist schwierig jedem Einzigartigkeit zu verleien und dann sind da auch noch die ganzen Statisten, die vielleicht etwas mehr als das doppelte einnehmen (Magier, Anführer, Erzfeinde, etc.).

Ich rate dir jedoch, dass du nicht übertreiben solltest, denn sonst verlierst du und der Leser den Überblick. Wenn du mit sovielen jonglieren kannst, dann bleib dabei!