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Wieviele Personen kann eine Story ab

Begonnen von Darien, 17. November 2007, 20:40:44

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Joscha

Ich kann nur eines sagen: Ich bin erst einmal sehr beruhigt. Ich habe im gesamten vier Protagonisten und habe schon befürchtet, das wären viel zu viele. Ich versuche normalerweise, die Handlung auf möglichst wenige Personen zu fixieren, also möglichst wenige Hauptcharaktere zu haben. Dadurch fühlt sich der Leser den einzelnen Figuren meist viel näher und auch der Effekt "Mann, warum tritt er denn jetzt diese Szene mit Chara x so breit, der interessiert mich doch gar nicht, ich will lieber wissen was mit Chara y passiert." tritt seltener auf. Das hat mich besonders bei der »Das Zeitalter der Fünf«-Trilogie von Trudi Canavan gestört.

Murphy

Hm, ich persönlich halte viel von Personen. Habe aber meist auch unter diesen dann zwei Hauptprotagonisten, um die sich die anderen "sammeln".
Wobei von diesen mehreren Personen auch nicht alle oft wiedererwähnung finden. Es gibt ein paar Personen, die im engeren Umfeld der Hauptperson sind und deswegen öfters wieder auftauchen, während andere kommen und gehen und nie wieder kommen.

lediglich bei einer Geschichte gibt es viele Charaktere, zumindest namentlich. Die allerdings alle enorm wichtig sind, einfach weil ihre Existenz für die Geschichte der Welt, in der es spielt, enorm wichtig sind und sie halt JEDER kennt und kennen sollte in der Welt.

Hm ich denke aber auch, dass viele Personen oder weniger im Grunde auch darauf ankommt, wie der Autor es in der Geschichte umsetzt. Wenn es total wirr und unübersichtlich wird, dann hat es natürlich einen schlechteren Beigeschmack. Andererseits könnte es genauso schnell vorkommen, dass in einer Geschichte mit nur wenig Person schnell das Gefühl aufkommt: Warum sind denn da nur so wenig Menschen? Ist das nicht irgendwie seltsam (Das kommt natürlich auch drauf an wo es spielt. Bei einer Wanderung durch den Wald werden wohl grundsätzlich weniger Menschen erwähnt werden, als in einer Geschichte, die im üblichen Umfeld der Person spielt, sprich an ihrem Wohnort, einer Kleinstadt, in der man sich untereinander kennt und grüßt).

LG Murphy

Sialan

Ja, das ist mein Thema - eine Frage, die ich mir leider nicht gestellt habe, als ich anfing meinen Roman zu schreiben. Ich habe mehr als 100 Personen mit Namen, darunter ca. ein Dutzend Hauptcharaktere, sowie einige weitere wichtigere Nebencharaktere, deren Namen die Leser_innen kennen sollten. Die Zahl der Perspektivträger dürfte auch noch mal ein gutes Stück über der Zahl der Hauptcharaktere liegen.
Da der Roman die zentralen Geschehnisse der Welt (wie z.B. in HdR) darstellt, fände ich es auch unrealistisch nur eine Handvoll Personen vorzustellen, die darin verwickelt sind. Ein Großteil der Hauptfiguren erlebt einen Großteil der Geschichte gemeinsam, was zwar einerseits erleichtern mag sie unterzubringen, andererseits aber der Charakterausgestaltung nicht gerade zugute kommt.
Irgendwann habe ich gemerkt, dass es ein paar viele Namen sind und habe eine nicht unwichtige Figur namenlos gelassen und praktisch nur mit einer Bezeichnung versehen. Bot sich an, da sie eh kein Wesen im natürlichen Sinne ist. Bereue es trotzdem ein bisschen.
Was meint ihr wie sehr ein Namensregister die große Zahl der Charaktere aufwiegen könnte? Wobei ein Namensregister halt erst recht das Problem mit sich bringen würde, dass es diesen namenlosen Jemand gibt.

Alaun

Uff,
diese Menge an Figuren wäre für mich wahrscheinlich ein Grund, mich an das Buch nicht heranzuwagen... Ich stelle fest, dass ich schnell aussteige, wenn zu viele Namen in der Gegend rumspuken- habe einfach ein schlechtes Gedächtnis für Namen. Wenn die Figuren dann nicht wirklich gut eingeführt werden und unverwechselbare Kennzeichen haben (eigenen Tonfall, unverkennbares Aussehen,...) bin ich ziemlich schnell draußen. Und ich fänds schwierig, immer wieder nachzuschlagen, wer denn jetzt wer war.

Liebe Grüße,
*Alaun

FeeamPC

Hängt wohl immer vom Inhalt ab. R.R. Martins Ice and Fire -Epos hat auch unendlich viele Figuren und mehrere Perspektiventräger, ohne deshalb unlesbar zu sein. Er gibt aber auch konsequent für jedes Kapitel einen Perspektiventräger vor und hält den dann eisern durch.

Artemis

Tad Williams und seine Drachenbeinthron-Tetralogie ist auch nicht zu verübeln. Ist schon einige Zeit her, seit ich die Bücher das letzte Mal gelesen habe, aber auch da gab es etliche Handlungsstränge. Und da der Mann ein Faible für Cliffhanger am Kapitelende hatte, war es bitter, 100 Seiten warten zu müssen, ehe man erfuhr, wie es weiterging  :wums:
Manchmal hab ich einfach vorgeblättert, weil ichs nicht mehr ausgehalten habe  :psssst: Aber nur einmal kurz gespitzt, damit ich beruhigt weiterlesen konnte ^^


Zu Herr der Ringe:
Wesentlich schlimmer ist das Silmarillion. Wer zum ersten Mal die drei Seiten Stammbäume am Buchende sieht, kriegt einen Schock fürs Leben  :gähn: Ich hatte irgendwann permanent den Finger zwischen den Seiten, um beim Lesen immer schnell nachschauen zu können. Und wenn gar nix mehr half, wurde das Handbuch von Mittelerde ausgepackt.


Solche Bücher sind einfach geschmackssache. Vorteilhaft ist (bei gut ausgearbeiteten Charaktern), dass man als Autor nicht das Risiko eingeht, einen unsympathischen Protagonisten zu entwickeln. Bei 10 Perspektiventrägern ist normal für jeden Geschmack was dabei  ;) Dafür verwässert die Geschichte gern, weil sich der Leser nur schlecht auf eine Figur einschießen kann.
Ich persönlich halte mich an 4-5 Stück, das reicht mir, um die Geschichte von allen Seiten zu beleuchten. Besonders, da ich oft an mehreren Schauplätzen arbeite und viele Handlungsfäden zusammenlaufen lasse.

Steffi

Beim Simarillion hab ich beide male einfach irgendwann aufgegeben, die Verwandschaftsbeziehungen nachzuverfolgen und hab es einfach so gelesen. Und dann hat es auch mehr Spaß gemacht :)
Sic parvis magna

Fianna

Vielen Dank für dieses schöne Forum!

Ich plotte gerade einen Roman mit 3 verschiedenen "Ländern" (sie sind ziemlich klein und alle aufeinander angewiesen, irgendwie passt das Wort Land nicht so recht drauf, das klingt zu bombastisch). Nun habe ich mich auf je 2-3 Figuren pro Land im Focus eingeschossen. Eigentlich sind es jeweils 2 - nämlich Gegenspieler - aber manchmal hängt da eben noch jemand mit dran (beispielsweise der erwachsene Sohn, der anfangs noch als Einheit mit dem Vater auftritt).

Da habe ich mir schon gedacht, ob 2 Personen im Focus denn zu wenig sind. Ist es nicht ziemlich einfach gestrickt, wenn die wesentlichen Handlngsmomente zu Beginn, aber auch durch das Buch verteilt von einem so kleinen Personenkreis ausgehen?

Da in dem Buch jedoch so ziemlich jeder gegen jeden ist (Bündnisse werden nur kurzzeitig geschlossen und gerne auch direkt verraten), hat mich dieser Thread jetzt dazu gebracht, dieses "Minimal-Konzept" zu fahren. Ich denke, sonst ist es wirklich zu unübersichtlich.

Der Plan sieht nämlich einen abgeschlossenen Einzel-Roman vor ;)

Fianna

Zitat von: Fianna am 19. Juni 2012, 12:33:39
Vielen Dank für dieses schöne Forum!

Ich plotte gerade einen Roman mit 3 verschiedenen "Ländern" (sie sind ziemlich klein und alle aufeinander angewiesen, irgendwie passt das Wort Land nicht so recht drauf, das klingt zu bombastisch). Nun habe ich mich auf je 2-3 Figuren pro Land im Focus eingeschossen. Eigentlich sind es jeweils 2 - nämlich Gegenspieler - aber manchmal hängt da eben noch jemand mit dran (beispielsweise der erwachsene Sohn, der anfangs noch als Einheit mit dem Vater auftritt).

Da habe ich mir schon gedacht, ob 2 Personen im Focus denn zu wenig sind. Ist es nicht ziemlich einfach gestrickt, wenn die wesentlichen Handlungsmomente zu Beginn, aber auch durch das Buch verteilt von einem so kleinen Personenkreis ausgehen?

Da in dem Buch jedoch so ziemlich jeder gegen jeden ist (Bündnisse werden nur kurzzeitig geschlossen und gerne auch direkt verraten), hat mich dieser Thread jetzt dazu gebracht, eher in Richtung dieses "Minimal-Konzept" zu fahren. Ich denke, sonst ist es wirklich zu unübersichtlich.

Der Plan sieht nämlich einen abgeschlossenen Einzel-Roman vor ;)

moonjunkie

Hallo Fianna,

danke, dass du den Thread wieder hochgeholt hast - den hatte ich glatt übersehen. Ich habe mich das letztens auch gefragt, erstmal im Hinblick auf meine Perspektivträger, da hatte ich nämlich 9... Am Anfang sprang es nur Kapitel- oder mal Szenenweise zwischen zwei oder drei Personen hin und her, aber später im Buch kommen dann noch neue dazu. Das war mir selbst etwas viel und ich habe jetzt entsprechend gekürzt - also auf fünf Perspektivträger runtergeschraubt, das finde ich geht noch. Es ist auch ein Einzelroman bis jetzt, obwohl ich mir einen zweiten Teil vorstellen könnte.

Bei deinen zwei bis drei Figuren pro "Land", sind das auch Perspektivträger oder spielen sie einfach nur mit? Ansonsten finde ich sechs bis neun Figuren in einem Roman gut zu vertreten, du fandest es ja sogar zu wenig. Es kommt wirklich darauf an, wie es umgesetzt ist, meine ich. Und wenn die Handlung sehr komplex und ereignisreich ist, fände ich diese Anzahl vermutlich ganz passend.

Ich denke es kommt am meisten auch darauf an, wie gut sich die Figuren untereinander unterscheiden und wie gut du sie einführst. Kompliziert finde ich z.B. solche Politthriller, wo am Anfang gar eine Liste mit Figuren drinstehen muss, damit man noch zuordnen kann, wer jetzt wer ist. Das ist nicht so mein Ding. Wenn die Figuren gut und schön nacheinander eingeführt werden, nicht alle direkt im ersten Kapitel vielleicht, dann finde ich das deutlich einfacher zu lesen und man kann sich eher einen rauspicken, mit dem man sich identifizieren kann. Wobei ich wahrscheinlich kein Limit setzen würde, wie viele Personen im ersten Kapitel drin sein dürfen. Aber erstmal mit vier oder fünf maximal anzufangen, ist vielleicht eine gute Zahl. Davon nicht zu viele Protagonisten.

Vermutlich ist auch das Geschmackssache, aber allzu sehr verwirren sollte man seine Leser wohl nicht, dann vergrault man sie schnell. Ich als Leserin bin dann jedenfalls schnell dabei, das Buch wegzulegen.

TheaEvanda

Abhängig von der Länge des Buchs würde ich sagen, dass du einen Haupt-Protagonisten und einen Haupt-Antagonisten brauchst. Der Rest kann Nebenrollen besetzen, darf aber nicht vom Hauptkonflikt ablenken. Egal, wie toll deine Kulturen sind, die Leser werden dir die Geschichte um die Ohren hauen, wenn "kein roter Faden" erkennbar ist.

Ich war jetzt an einem Projekt beteiligt, in dem es (auf 6*500.000 Zeichen) acht Haupthandlungsträger gab. In meinem Einzelband war es unmöglich, allen gerecht zu werden, ich musste auf vier Handlungsträger runterkürzen, um überhaupt einen Plot zustande zu bringen, den der Leser dieses Bandes auch nachvollziehen konnte. Und selbst da bin ich mit der Verteilung nicht glücklich.
Mein Fazit: Zu viele Nasen hatten was zu sagen.

Für mein 1,5mio-Zeichen-Monster habe ich auch nur zwei "echte" Perspektivträger: Sie und Ihn. Der Rest des Casts of Thousand bekommt vielleicht mal ein oder zwei kurze Szenen, wenn die Hauptpersonen gerade KO sind und der Leser wissen muss, was abgeht - aber das ist noch nicht sicher.

Auch sonst bin ich mit 1 Protagonist, 1Antagonist, 2-3 Hauptnebencharaktere und der ganze Rest unter "ferner liefen" immer gut gefahren.

--Thea
Herzogenaurach, Germany

Ary

Bei zu vielen Personen, vor allem zu vielen auch wechselnden Perspektiventrägern, werde ich flusig. Ich habe nicht immer Zeit zum Lesen und lasse ein Buch auch mal liegen - da ist so eine Figurenflut einfach nichts, weil ich dann immer wieder zurückblättern muss, um zu gucken, was denn mit der-und-der Figur nun eigentlich los war. Mein Lieblingsbeispiel: Game of Thrones. Davor habe ich richtig Schiss. Ich würde es gern mal lesen, aber ich trau mich nicht ran und habe bisher nur die Serie gesehen.
Einfach mal machen. Könnte ja gut werden.

Lisande

Game of Thrones ist genau mein Negativbeispiel für Charakterfluten. Ich lese durchaus durchgehend, lasse Bücher in der Regel auch nicht mehr liegen, aber das sind so viele Perspektivträger, dass man schon nicht mehr weiß, wo man bei dem einen war, wenn man mehrere Kapitel später wieder bei ihm ankommt. Fürchterlich. Mehrere Figuren und Perspektivträger sind okay, aber mehr als drei bis vier sollten es meiner Meinung nach nicht sein, sonst wird es unübersichtlich und der rote Faden geht verloren.

KaPunkt

Naja, bei Game of thrones sind es ja eher die Handlungsfäden.

Ich habe kein Problem mit mehr Perspektiven, solange es der gleiche Faden ist, und sich die Figuren vielleicht sogar am gleichen Ort aufhalten.
Dann weiß ich, was grad los ist und freue mich, es mal aus der Sicht von jemand anderen zu sehen.
Game of thrones springt fröhlich auf zwei Kontinenten und in diversen Städten, Burgen, Landschaften und was ich nicht noch alles herum, zusätzlich zu einem echt enormen Cast.
Da geht einem wirklich jeder Überblick verloren.  ???

Grundsätzlich halte ich aber auch weniger Perspektiven für besser.
Im Moment habe ich drei (vier?) zwei Protagonisten, eine Antagonist und vermutlich nochmal eine oder zwei kleine Episodn aus Sicht des Love Interests. Mit dem letzten bin ich nicht eben glücklich, eben weil ich gerade übe, mich zu beschränken.
Aber gleichzeitig mag ich diese kurzen Ausflüge in die Köpfe anderer Leute sehr gern als Leser. Wenn sie bewusst und nicht zu häufig eingesetzt werden.
(Das aktuelle Projekt wird übrigens sehr vermutlich die 500NS knacken)

Liebe Grüße,
KaPunkt

She is serene
with the grace and gentleness of
the warrior
the spear the harp the book the butterfly
are equal
in her hands.
(Diane di Prima)

Franziska

naja, Game of Thrones zeigt ja gerade, dass das Geschmackssache ist. Ich bin bei den Büchern auch ausgestiegen, das lag vor allem daran, dass ich so lange Pausen beim Lesen gemacht habe und dann bin ich durcheinander gekommen. Aber die Bücher sind Bestseller, es gibt also Leser dafür.
Mir fallen jetzt keine konkreten Beispiele ein, aber ich habe auch durchaus schon andere Bücher mit vielen Perspektiven gelesen, ohne durcheinanderzukommen. Die Kunst beim Schreiben ist, dass man alle Perspektiven gleich spannend macht.