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Und wieder ein Plagiat, dieses Mal "Deno Licina"

Begonnen von Kerstin, 28. März 2018, 11:45:44

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Kerstin

Hier ist ein Link zum Artikel: Tagesspiegel

In dem Fall ist es wohl sogar eine komplett gefakte Autorenpersönlichkeit. Wahnsinn, was das inzwischen für Ausmaße annimmt und wie heftig, dass er immer noch fremde Tweets als seine eigenen ausgibt.
Da wirken die bisherigen Fälle ja wie richtige Waisenknaben dagegen.

Barra

#1
Entschuldigung, es passt grad, da ich gestern den Song sah:
https://www.youtube.com/watch?v=Rjgkmpxo7wc

Das zum lustigen Teil. Lustig ist das nicht. Gut, man könnte jetzt wieder argumentieren, wenn diese sensiblen Dramen-Damen von Toughts Irgendwas ihre intimsten Geheimnisse online teilen, dann müssen sie eben damit rechnen, dass das jemand ausschlachtet, aber daran will ich mich gar nicht aufhängen. Auch nicht an dem Argument: Ein 'Tweet' stellt doch kein geistiges Eigentum dar, im Sinne von: Du hast da ja was ganz Tolles geleistet. (Wow, demnach müsste jedes Meme geschützt werden.) Nein, nein schlimm finde ich an dem Artikel den Hinweis: Kloppen wir mal ein paar Plagiate die uns einfallen in eine Tonne und was sehen wir: Alles verjährt, vergeben, vergessen. Holen wir doch Guttenberg zurück, wen juckt's noch, politisch ist er bestimmt toll und eine Alternative zur Alternative.
Über mich kann ich zum Beispiel sagen: Ich verzeihe doch sehr schnell. Meistens. Ja, doch, größtenteils bin ich nicht nachtragend. Ich bin schlicht zu faul dazu.
Außer Nestlé - das ist der Feind. Genau und außer Nokia, die haben im Ausland gewerkelt, pöse Firma. Und der Name 'Kati', seitdem es mir ein Mädchen in der Kindheit mit dem Namen verdorben hat. Aber hey, nein ich bin nicht nachtragend.
Und doch sitze ich hier grad und kann nur den Kopf schütteln. Was die Leute für eine Energie in das 'Klauen' und 'Abschreiben' und 'Benutzen' fremder Sachen stecken, ist erschreckend. Und dreist ist es dann einfach zu sagen: "Mandant ist hier das Opfer einer Hass-Welle". Wie bitte? Also wenn die Thoughts-Damen damit rechnen müssen, dass ihr gesitiger Erguß, sofern online gepostet; und der Anzugverkäufer ebenso; beklaut und ausgeschlachtet werden, dann klauender Autor, dann musst du damit rechnen angefeindet zu werden dafür. Nimm den Shitstorm hin, in ein paar Jahren kräht ja, laut Artikel, eh keiner mehr danach.
*spuckt zur Seite aus
Grüne Grüße
Barra

Churke

Zitat von: Kerstin am 28. März 2018, 11:45:44
Hier ist ein Link zum Artikel: Tagesspiegel

Ich betrachte die Welt immer auch aus der Sicht eines (SF-)Autors - und ich muss sagen, ich bin fasziniert.  :D
Es gibt soziale Netzwerke, die als Datenstaubsauger agieren, in denen Privates in die Welt hinausgebrüllt wird, in der alles und identifzierbar ist und überwacht wird.
Und da gibt es nun (einzelne?) Frechlinge, die sich komplette Fake-Identitäten zusammenklicken und damit auch noch Kohle scheffeln.

Gizmo

#3
Ah, wieder ein schönes Beispiel dafür, dass Recht und richtig nicht das gleiche sind. Klar, es mag (im Moment) nicht illegal sein, Tweets zu kopieren, aber ich finde es furchtbar dreist. Mich würde interessieren, wie die Verfahren über die Texte ausgehen, die er auch im rechtlichen Sinne plagiiert hat. Und diesen armen, armen Mann dann auch noch als Opfer hinzustellen, ist natürlich die Höhe.

Zum Thema, ob man einem Autor vergeben sollte: Ich kann absolut verstehen, wenn Fans und Verlage nach so einer Geschichte die Nase voll haben. Schließlich hat sich da jemand meinen Respekt erschlichen, indem er sich mit den Leistungen anderer geschmückt hat. Und sich so etwas auszudenken und durchzuziehen zeugt von einer Gesinnung, mit der z.B. ein Verlag völlig zurecht nichts zu tun haben will. Vor allem, wenn der Bertreffende nicht einmal ansatzweise Reue zeigt und direkt mit dem Klauen weitermacht.
Auf der anderen Seite kann man die Leute aber auch nicht davon abhalten, sich die Finger in die Ohren zu stecken und die Augen zuzukneifen. Es gibt z.B. in meinem Umfeld immer noch Menschen, die der Meinung sind, zu Guttenberg sei damals völlig ungerecht behandelt worden, denn irgendwie schreibt ja jeder ein bisschen ab...

PS:
ZitatSchöpfungshöhe
Das ist ein Wort, das sich nur Juristen ausdenken können :)
"Appears we just got here in the nick of time. What does that make us?"
"Big damn heroes, sir!"
- Joss Whedon's "Firefly", Episode 5, "Safe"

Sturmbluth

#4
Zitat von: Churke am 28. März 2018, 12:20:41Ich betrachte die Welt immer auch aus der Sicht eines (SF-)Autors - und ich muss sagen, ich bin fasziniert.  :D
Es gibt soziale Netzwerke, die als Datenstaubsauger agieren, in denen Privates in die Welt hinausgebrüllt wird, in der alles und identifzierbar ist und überwacht wird.
Und da gibt es nun (einzelne?) Frechlinge, die sich komplette Fake-Identitäten zusammenklicken und damit auch noch Kohle scheffeln.
Ich muss auch sagen, wenn es nicht so verwerflich wäre, was der Typ macht, dann wär's genial.

Er ist offensichtlich kein einfühlsamer Weltversteher, erweckt diesen Eindruck aber, indem er unzusammenhängende Beiträge anderer kombiniert, und verknüpft das mit einem Macho-Image, mit dem er eine bestimmte Zielgruppe erreicht. Ist so ähnlich, wie Männer, die sich auf Dating-Portalen mit Fake-Profilen für Frauen ausgeben und damit die Sehnsüchte zahlungswilliger Kunden befriedigen. Beides verwerflich, aber offensichtlich bei geringem Aufwand einträglich.

Und genau darum geht es meiner Meinung nach: geringer Aufwand, hoher Ertrag.

Erdbeere

Ich hab damals auf Twitter miterlebt, wie diese Sache hochging. Natürlich kochte bei den Betroffenen die Wut hoch, völlig verständlich, aber den Typen nun als Opfer hinzustellen, finde ich doch ziemlich dreist. Das Krasse ist ja, dass weder er noch die Autoren vor ihm, die des Plagiats überführt worden sind, mit langfristigen Konsequenzen zu rechnen haben. Wie im Artikel so schön steht, sind die meisten mittlerweile rehabilitiert und können munter weiter Bücher veröffentlichen.

Sturmbluth

Zitat von: Erdbeere am 28. März 2018, 16:20:17Das Krasse ist ja, dass weder er noch die Autoren vor ihm, die des Plagiats überführt worden sind, mit langfristigen Konsequenzen zu rechnen haben.
Finde ich auch. Die gesellschaftlichen Mechanismen funktionieren halt nicht immer. Das hat Donald Trump sehr gut gezeigt. An dem perlen alle Skandale ab, die andere längst zu Fall gebracht hätten. Warum? Weil er sich nicht an die Regeln hält. Ähnlich ist es bei den Plagiatoren: wenn da nichts strafrechtlich Relevantes dabei ist, können die munter weiter machen. Denn die Aufmerksamkeit der (sozialen) Medien richtet sich schnell auf etwas Anderes.

Insofern passt da ein Spruch, der eigentlich mit einer positiven Konnotation versehen ist und dazu aufmuntern soll, anders zu sein, sich nicht unterzuordnen: Frechheit siegt.

Leider.

Aphelion

In vergangenen Fällen haben sich zum Teil auch die betroffenen Verlage im Hintergrund geeinigt, denen die Nutzungsrechte gehörten.

Ich weiß aber auch nicht, was eine faire Strafe wäre. Ein Publikationsverbot fände ich auch nicht richtig.

Churke

Zitat von: HSB am 28. März 2018, 21:04:31
Finde ich auch. Die gesellschaftlichen Mechanismen funktionieren halt nicht immer. Das hat Donald Trump sehr gut gezeigt. An dem perlen alle Skandale ab, die andere längst zu Fall gebracht hätten. Warum? Weil er sich nicht an die Regeln hält.
Diesen Vergleich teile ich nicht. Trump hat keine Skandale, er ist der Skandal, weil er Konventionen bricht, die zur Fassade verkommen sind. Er tut, was viele andere gerne auch täten, sich aus Angst um ihre Karriere aber nicht trauen. Konventionen, die nur bestehen, weil keiner aufmuckt, sind aber keine gesellschaftlichen Werte.

Beim Plagiat mag mancher ein Auge zudrücken, aber wenn man erwischt wird, ist es jenseits der rechtlichen Seite eher peinlich. Applaus erntet man damit gewiss nicht.

Amber

Zitat von: Gizmo am 28. März 2018, 13:55:48
Zum Thema, ob man einem Autor vergeben sollte:

Nun, in diesem Fall ist ja schon die Bezeichnung "Autor" irreführend - soweit ich das verstanden habe, hat der Typ bisher doch keine einzige Zeile selbst verfasst, oder?

Sturmbluth

Zitat von: Churke am 28. März 2018, 23:26:51Konventionen, die nur bestehen, weil keiner aufmuckt, sind aber keine gesellschaftlichen Werte.
Widerspruch. Dass niemand aufmuckt ist ja so nicht korrekt. Die Medien tun das ja sehr wohl. Er spielt nur nicht nach den Regeln und tritt nicht zurück, weil "man das sonst so erwartet." Und genau das sind doch gesellschaftliche Werte: wer grobes Fehlverhalten an den Tag legt, hat von seinem Amt zurückzutreten.

Insofern finde ich, dass mein Vergleich hier sehr gut passt.

Luna

Um nochmal auf die Plagiate zurückzukommen ... ich fürchte es ist ein gesamtgesellschaftliches Problem: Ich habe ein Gefühl, dass ein Großteil der Menschen nicht mehr richtig liest, sondern maximal überfliegt. Das in jedem Bereich des Lebens - auch in der Schule. Und so kommt es dazu, dass die jungen bereits merken, dass sie mit wenig Aufwand (abschreiben) viel profit machen (durch die Schule kommen) - einmal gelernt, bleiben sie dabei.
Schließlich zählt am Ende bei den meisten halt nur das was auf einem Papier steht, was sie können und nicht was sie wirklich können.

Ich finde es einfach nur dreist. Und was mich eigentlich noch mehr an dem Artikel aufregt: Der Kerl, eigentlich ein Macho, gibt einen auf schöngeisitg und zart mit geklauten Textschnipseln, und will dann einen Film drehen und erwartet "aussagekräftige Fotos" von Frauen ...

Auch, dass irgendwann einfach Gras über die Plagiate wächst und die Menschen so weiter machen können, ist irgendwie etwas, bei dem ich den Glauben an die Menschheit verliere. Vorallem, wenn ich mich hinsetze, stundenlang an Absätzen feile, damit Sinn und Lesbarkeit richtig herüberkommen, und jemand anderes für diese Texte gewürdigt wird ... aber Hauptsache der, der Abschreibt ist plötzlich das Opfer ...

Tintenteufel

Da möchte ich direkt einhaken. Es ist zwar nur anekdotisch, aber trotzdem.
Mein ehemaliger Mitbewohner war ganz genau so - Macho, verklemmter Sexist, der auf Frauenversteher und tiefsinnig macht usw.
Und hatte null Verständnis für geistiges Eigentum.
Er hatte zum Beispiel eine ganze Zeit lang einen Blog, in dem er über mentales Training und mentale Fitness geblogt hat. Nämlich war er Sportler und hat damit auch gar nicht schlecht Geld verdient. Da er aber später auch coachen werden wollte, hat das ganz gut gepasst, sich schon einmal ein Profil damit aufzubauen. So weit so gut. Der Knackpunkt ist jedenfalls der, dass sein Blog für ihn eigentlich nicht dazu da war, um tatsächlich irgendetwas zu machen - Erfahrungen zu teilen, Techniken zu teilen, was auch immer - sondern um etwas zu bekommen. Nämlich Aufmerksamkeit für seine Coachinggeschäfte.
Das war zu viel Arbeit und er hat letzten Endes haufenweise Blogposts aus dem Englischen "gesamplet" hat. D.h. drei davon zusammen gequirrlt auf siebenhundert Wörtern und ins Deutsche übersetzt und manche Anekdoten gegen persönliche ausgetauscht. Weil das machen ja eh alle so. (Aber wehe man führt die gleiche Logik bei Doping an.  ::) )

Das zeigt für mich zwei Dinge.
Erstens, dass schon eigene Arbeit nicht gewürdigt wird - und wie soll man dann Respekt vor dem Eigentum anderer entwickeln? Wenn dieses Ding, das ich da habe - ob das jetzt ein Blog, ein Poesialbum oder auch ein Sammelband mit schlabbrigen Zitaten ist - mir schon nichts bedeutet, wie soll mir dann die Arbeit von anderen etwas bedeuten?
Zweitens, dass es wirklich ein gesellschaftliches Problem ist. Ergebnisse werden gefordert, keine Leistung. Wie ich reich werde - ob ich meine Angestellten nicht bezahle, Steuern hinterziehe etc. - ist doch egal. Hauptsache am Ende bin ich reich und spende zehn Prozent an ne Würstchenfabrik in München, dann ist auch wieder gut.

Was AngelFilia anspricht, dem würde ich also zustimmen. Aber mit einem Nachsatz: Dass ist tatsächlich teilweise der effizienteste Weg. Natürlich ist das verwerflich und falsch, müssen wir nicht drüber reden. Aber wenn am Ende eben nur der Wisch zählt und meine tatsächliche Beschäftigung ganz anders aussieht - weshalb sollte ich mehr Arbeit als unbedingt nötig reinstecken, wenn es "nur" (als) eine bürokratische Hürde (wahrgenommen) ist?
Von der Doppelbelastung teilweise ganz zu schweigen. Um beim Sportlerbeispiel zu bleiben: Der hat sein Geld nicht mit den Lateinnoten in der Schule verdient, sondern mit sportlicher Leistung, die separat gemacht werden musste. Da wandert die ganze Energie in den Sport und nicht in die Lateinhausaufgaben, die werden "gerade gut genug" gemacht und dann ist aus. Unterm Strich macht es eben keinen Unterschied. Klar, dass sich solches Verhalten dann festsetzt.
Ich sehe das ja bei mir teilweise auch: Ich stehe gerade vor der Wahl, ob ich eine sehr sehr gute Masterarbeit abliefere und am Ende einen Schnitt von sagen wir mal 1,6 bekomme oder eine mittelmäßige und am Ende 1,8 auf dem Zeugnis stehen habe. Das eine kostet mich de facto einen Monat oder mehr meines Lebens und circa 800 Euro. Und einen Unterschied macht es nicht wirklich, außer für das eigene Ego.

...Entschuldigt, falls das etwas ausgeartet ist.
Mich regt es nur so auf. Ich hasse solche Typen. Und am Ende wird er dann für die Fehltritte noch in Talkshows eingeladen und macht ehrliches Geld mit ehrlichen Geschichten über seinen unehrlichen Mist. Und dann immer dieses Opfer-Gehabe. Als ob ein Opfer sein irgendeinen moralischen Wert hätte. Als ob der Rest der Gesellschaft irgendeine Verpflichtung hätte, nett und hilfsbereit zu Menschen zu sein, die bereitwillig ins Löwenmaul hüpfen. :happs:
So viel übrigens zum Thema "Authentizität" in den sozialen Netzwerken.