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Anfang, Mitte, Ende - Wo sind eure Stolpersteine?

Begonnen von Cailyn, 07. September 2016, 06:56:43

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Cailyn

Mich würde interessieren, wie das in eurem Schreibprozess so ist. Habt ihr auch manchmal mit dem Anfang, dem Mittelteil oder dem Ende zu knabbern?

Bei mir läuft der Einstieg , der spätere Mittelteil und das Ende immer einigermassen gut. Aber der Aufbau der Mitte ist für mich immer Krisenzone. Da kommen immer die Fragen, wie viel ich von der Hauptfigur und der Welt schon zeigen soll, ohne Infodump, und überhaupt wie viele Figuren ich wann einführen soll. Oft ist dieser Teil nach dem Erstentwurf einfach für die Mülltonne. Entweder kommt die eigentliche Story nicht in Gang oder es passiert gleich zu viel (mit-der-Tür-ins-Haus-Syndrom ;) ).

Wie ist das bei euch? Und was unternehmt ihr dagegen?

Araluen

Die Mitte ist bei mir auch eindeutig die Krisenzone. Die Motivation bewegt sich gerade in Richtung Flaute und es ist schwer die hier vermehrt auftauchenden Plotlöcher zu umschiffen. Mein Plan dagegen sind nun Szenenplanungen Zumindest probiere ich das jetzt bei Cementuri. Damit kann ich zumidnest Plotlöchern auf den Pelz rücken und sie vorsichtig stopfen. Und wenn ich weiß,w as ich schreibe,d ann steigt auch wieder die Motivation.

Kerstin

#2
Bei mir nimmt es eigentlich immer denselben Verlauf. Zuerst die Angst die ersten Sätze zu schreiben und die Geschichte damit zu ruinieren. Sobald ich das überwunden habe, läuft es für 10-20k Wörter meistens ganz gut und dann geht es rapide abwärts. Im letzten Abschnitts des Mittelteils geht es dann kurz besser, weil ich endlich ein Licht am Ende des Tunnels sehe und dann fällt mir auf, dass ich ja fast fertig bin und damit das Manuskript endgültig versaut habe. Damit stürze ich in die letzte große Krise.  :rofl:
Fragt mich nicht, warum ich schreibe - bei der Überarbeitung geht das Spiel dann wieder von vorne los.  ;)

Ein Mittel dagegen habe ich noch nicht gefunden. Das einzige, was mir hilft, sind positive Rückmeldungen zu meiner Schreiberei. Die lassen meine Selbstzweifel dann etwas verschwinden. Leider lässt sich das nur begrenzt steuern, aber teilweise "erschummel" ich mir das und gebe Sachen an unkritische Testleser (wie eine Freundin oder meine Mutter) zu lesen.

Plotlöcher sind selten mein Problem, da ich viel plane und zuversichtlich bin, dass ich diese Sachen gelöst bekomme. Das hält nur ab und an auf. Was schwierig für mich sein kann, ist, wenn ich spüre, dass noch etwas nicht rund ist an der Geschichte, es aber nicht genau benennen kann. Das treibt mich echt in den Wahnsinn.
Mein Hauptproblem sind definitiv die Selbstzweifel. Es ist zwar schwachsinnig, aber ich habe jedes Mal aufs neue Angst, komplett zu versagen und totalen, unrettbaren Mist zu fabrizieren.

Leann

Interessanterweise geht es mir genau wie Kerstin. Nach der Starthemmung bin ich ganz gut im Fluss, bis die Mitte zu einer elenden, öden Dümpelei wird und ich nicht weiß, wie ich halbwegs spannend Richtung Ende kommen soll. Kurz vor dem Ende wird mir auch immer klar, dass ich mal wieder alles verpfuscht und eine eigentlich gute Geschichte völlig zerstört habe, gleichzeitig möchte ich mich aber auch nicht von meinen "Helden" trennen. Daher schreibe ich immer langsamer und langsamer und tagelang auch mal nichts, nur um das drohende Ende möglichst lange hinauszuzögern. Als hilfreich hat sich erwiesen, wenn in diesem Stadium ein neues Projekt auftaucht. Dann kann ich mich darauf freuen und bin motivierter, endlich mal zum Ende zu kommen. Irgendwie denke ich auch immer, das Ende muss besonders toll sein, alle Fragen beantworten, einen tiefen Eindruck beim Leser hinterlassen, etc., und dieser Erfolgsdruck im Vergleich zu dem, was ich dann wirklich als Ende schreibe führt mir schmerzlich meine Unzulänglichkeit vor Augen, sodass ich nie zufrieden mit dem Schluss bin und ihn meist noch mehrmals umschreibe.

Dämmerungshexe

Bei mir ist es das Ende. Kurz vor dem "Vorhöhepunkt" (also der letzte größere Konflikt vor dem Showdown), hört es bei mir schlagartig auf mit Ideen und Motivation. Ich glaube es liegt daran, dass ich meine Projekte ungern abschließe - ich will lieber noch etwas Zeit mit meinen Figuren verbringen. ;)
,,So basically the rule for writing a fantasy novel is: if it would look totally sweet airbrushed on the side of a van, it'll make a good fantasy novel." Questionable Content - J. Jacques

Leann

Dabei könnte man sich eigentlich damit trösten, dass man sie bei der Überarbeitung sowieso wiedersieht. Aber ich finde, das ist was anderes.

Ary

Ich habe immer mit der Mitte zu kämpfen. Wenn die ersten Sätze erst mal stehen, fluppt es, aber die Mitte, da wo es eigentlich spannend werden sollte, die zieht sich, und da habe ich auch beim Überarbeiten am meisten zu tun. Manchmal tue ich mich aber auch mit dem Anfang schwer. Die erste Seite ist immer nur eine Fingerübung, um in den Stil der Geschichte reinzufinden, meistens schmeiße ich sogar beim überarbeiten das ganze erste Kapitel weg und mache ein neues.
Einfach mal machen. Könnte ja gut werden.

Siara

@Kerstin und @Leann: Wenn ich mich richtig erinnere, kämpft sogar Neil Gaiman jedes Mal mit exakt diesen Entwicklungen während des Schreibens. Der hat im hinteren Mittelteil auch immer eine gigantische Krise. Aber hey, er ist Neil Gaiman. Scheint also ein gutes Zeichen zu sein. ;D

Bei mir war es früher meistens ähnlich, auch ich habe kurz vor dem Anfang vom Ende festgestellt, wie wenig die Geschichte eigentlich aussagt und wie sinnlos alles ist. Lustigerweise gefällt mir dann gerade dieser Teil im Nachhinein ganz gut. Das Ende zu schreiben, liebe ich! Wenn sie endlich alles fügt, ich Geheimnisse aufdecken darf, wenn sich Kreise schließen und es endlich zur Explosion kommt. Genial! Momentan habe ich eher Probleme mit dem Einstieg. Es dauert inzwischen länger als früher, mich in die Charaktere einzufühlen und ihre Stimmen richtig zu treffen und der Geschichte genug Schwung zu verleihen.
I'm going to stand outside. So if anyone asks, I'm outstanding.

Araluen

#8
Beim Anfang sage ich mir auch immer: "Komm, schreib einfach und später schmeißt du es weg!" Dann finde ich ganz gut rein. Meine Plotlöcher in der Mitte rühren vor allem daher, dass ich zwar grob weiß, was passiert (Prota A rettet Prota B z.B.), ich aber keine Ahnung habe wie. Da steht mri imer der innere Rollenspielleiter im Weg,  der Plots nur in Eckpunkten plant, um auf Eventualitäten verursacht durch Spieler eingehen zu können... nur gibt es leider keine Spieler, wenn ich eine Geschichte schreibe. Meist mag ich dann auch unbedingt den Schluss schreiben, denn die Auflösung von allem macht mir auch richtig Spaß. Wer will sich dann schon mit dem nervigen Mittelteil aufhalten ;)
Dank striktem Nachleseverbot während des Schreibens plagen mich Selbstzweifel zum Glück erst nach dem Beenden, wenn die erste Euphorie verflogen ist. Dieses Tal mus ich dann auch erstmal durchwaten, ehe ich bearbeiten darf. Sonst sind am Ende die Seiten wieder leer. Wenn ich natürlich mangels Motivation im Mittelteil länger hängen bleibe, klopfen die Zweifel auch dann freundlich an. Denn, wenn ich schon gerade keinen Spaß am Schreiben der Szene habe, welchen Spaß soll dann der Leser haben? Und wenn sich die Szene nicht von allein schreibt, vielleicht soll sie dann gar nicht geschrieben werden? Vermutlich passt der ganze Plot an der Stelle nicht, der ohnehin völlig banal und flach ist... *rennt schreiend im Kreis*

Klecks

Für mich ist immer der Anfang sehr, sehr schwierig. Die ersten zwei, drei Kapitel werden nie so gut, wie ich sie mir erhoffe, ich bin sehr, sehr selten mit ihnen zufrieden und kann auch nicht wirklich sagen, woran das liegt. Vielleicht, weil es so extrem wichtig ist, wie die Charaktere eingeführt werden, vielleicht, weil ich am Anfang ganz besonders erreichen möchte, dass alles genau so rüberkommt, wie ich mir das vorstelle - in dem Fall wäre dann selbst verursachter Druck schuld daran, dass mir Anfänge so schwer fallen.  :d'oh:

Beim Plotten sehe ich eine große Schwierigkeit darin, den Mittelteil spannend zu gestalten. Es muss genug passieren, dass er nicht langweilig ist, aber zu viel darf auch nicht los sein, sonst wird es schnell too much. Was den Schreibprozess betrifft, fällt mir also definitiv der Anfang am schwersten, beim Plotten der Mittelteil.

Churke

Anfang ist bei mir immer ein Selbstläufer. Wenn ich nicht weiß, wie's losgeht, fange ich nicht an. Wenn die Geschichte fertig ist, schreibe ich den Anfang allerdings meistens noch einmal, damit das in der Plotstruktur ein rundes Bild ergibt. Ist ja auch logisch: Eine Geschichte hat immer 3 Teile, und wenn man hinten was ändert, muss man das vorne berücksichtigen.

In der Mitte geht's mir dann wie Araluen. Da tauchen auch immer wieder neue Hürden auf, die ich nicht bedacht hatte. Bis jetzt habe ich aber noch für jedes Problem eine Lösung gefunden.

Der Schluss... will auch meist mehrfach geschrieben werden. Ein befriedigendes Ende zu finden, ist nicht so einfach. Oft brüte ich nochmal über den Exposé, und normalerweise fällt mir dann auch was ein.

zDatze

Meistens komme ich beim Übergang von Anfang zur Mitte ins Stocken. Das ist meistens die 20-30k Marke, bei der die Geschichte eigentlich so richtig loslegen sollte und sich beim Schreiben aber anfühlt wie ein unwilliger Esel. Oft krankt es an der Motiviation meiner Figuren, wenn ich an diesem Punkt hängen bleibe oder aber (die schlimmere Variante) ich verliere das Interesse an der Geschichte, weil sie mir platt und unkreativ vorkommt.

Da ich noch nicht so viele Enden geschrieben habe, kann ich dazu noch nicht viel sagen. Das war bisher immer total unterschiedlich, entweder war ich völlig euphorisch im Schreibrausch oder ich hab mir dabei echt einen abgebrochen, um die letzten Sätze zu finden. Da war also bisher alles dabei und kein Muster zu erkennen.

Fynja

Zitat von: Kerstin am 07. September 2016, 07:15:28
Bei mir nimmt es eigentlich immer denselben Verlauf. Zuerst die Angst die ersten Sätze zu schreiben und die Geschichte damit zu ruinieren. Sobald ich das überwunden habe, läuft es für 10-20k Wörter meistens ganz gut und dann geht es rapide abwärts. Im letzten Abschnitts des Mittelteils geht es dann kurz besser, weil ich endlich ein Licht am Ende des Tunnels sehe und dann fällt mir auf, dass ich ja fast fertig bin und damit das Manuskript endgültig versaut habe. Damit stürze ich in die letzte große Krise.  :rofl:

Das beschreibt es ganz gut, wie es bei mir selbst ist. ;D
Beim Mittelteil ist bei mir der Grund oft, dass ich zu ungenau geplottet habe, also oft zwar weiß, was passieren soll, aber nicht, wie ich das glaubhaft und realistisch einbinde, sprich es hapert oft an den Übergängen und das bremst mich dann. Sobald diese aber gelöst sind, kommt wieder etwas Euphorie - bis sich das Ende nähert.
Ich glaube, ich habe mehrere Problemenen mit Enden. Einerseits finde ich Enden fast nie gut oder "der Geschichte würdig" - das geht mir so bei meinen eigenen Geschichten, aber auch bei fast allen anderen, auch bei Bestsellern oder Filmen, Serien ... Enden versprechen irgendwie immer zu viel und die Auflösung reicht mir oft irgendwie nicht. Das ist aber vermutlich auch ein generelles Problem, dass ich es nicht mag, wenn Geschichten fertig sind, und dann einfach weitere Gründe dafür suche, weshalb Enden ja eh doof seien.
Dann kenne ich auch das Gefühl, dass ich einfach merke, was so in der Geschichte noch gar nicht funktioniert und sowieso ist alles blöd und alles war Zeitverschwendung. Meistens habe ich absolut keine Lust mehr auf meine eigene Geschichte zu dem Zeitpunkt, und schon keine Lust aufs Überarbeiten oder alles, was danach passiert. Oft "hetze" ich deswegen durch das Ende, weil ich es einfach hinter mir haben will, sprich, ich schreibe quasi zusammenfassungsmäßig, nur um fertig zu werden, und baue die Szenen erst danach wirklich aus. Oft werden Enden dann auch bei der richtigen Überarbeitung einfach ganz neu geschrieben oder durch Szenen ergänzt.

Trippelschritt

Nein, keine Probleme mehr. Aber ich kann mich noch gut daran erinnern. Mein Anfang reichte immer schon, bis alle wichtigen Figuren die Bühne betraten hatten. Und dann ging erst die richtige Geschichte los. Auch das war kein Problem. Da mein Ende immer "showdown" war, gefolgt von einem Epilog, und der Showdown etwas Vorbereitung brauchte, war auch da alles im Grünen Bereich. Aber irgendwo im Mittelteil, dort wo die Geschichte schon richtig Fahrt aufgenommen hatte, da war auf einmal Schluss und meinen Gedanken ging die Puste aus. Glücklicherweise ist das Vergangenheit und sollte es doch mal wackeln, weiß ich, was ich zu tun habe.

Viel Erfolg
Trippelschritt

Araluen

Und wie lautet dein auf dich zugeschnittenes Patentrezept, @Trippelschritt? Da bin ich jetzt neugierig :)