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… jemanden, der im Körper der falschen Spezies geboren ist?

Begonnen von Shedzyala, 14. Juli 2016, 11:45:33

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Shedzyala

Ich suche gerade für meinen Science Fiction-Roman ein Wort für Personen, die emotional einer anderen Spezies angehören als körperlich. Als Beispiel also ein Marsianer, der aber als Mensch geboren wurde – oder ein Mensch, der als Zwerg geboren wurde, um das mal in einen Fantasy-Kontext zu beschreiben.

Zuerst dachte ich an Trans-Speziesismus, aber davon bin ich wieder weg, weil Speziesismus zu negativ besetzt ist. Aktuell überlege ich in Richtung Trans-Speziesität, bin mir aber nicht sicher, ob das nicht zu gekünstelt klingt. Was meint ihr dazu? Oder habt ihr vielleicht sogar eine besser Idee (bitte, bitte :bittebittebitte:)?
Wenn sie dich hängen wollen, bitte um ein Glas Wasser. Man weiß nie, was passiert, ehe sie es bringen ...
– Andrzej Sapkowski, Die Dame vom See

Blaurot

Spontan fiele mir irgendetwas mit Kuckuck ein.

Kuckuckswesen,
Kuckucksphänomen

Oder vielleicht etwas mit Identität?

Identitätsshifting,
Identitätskuckuch?

Mondfräulein

Trans würde ich vielleicht vermeiden, weil das politisch arg aufgeladen ist und gleich die Assoziation weckt. Wenn du nicht willst, dass das als Metapher für Transgender verstanden wird und sich einige tierisch aufregen werden, wäre das vielleicht ungünstig.

Die Beispiele von Blaurot gefallen mir aber richtig gut. Oder vielleicht etwas in Anlehnung an Wechselbälger?

Tintenteufel

#3
Naja Spezisismus(?) wäre ja soetwas wie Sexismus - sprich die exakt negativ besetzte Form von Diskriminierung. Trans-Spezies wäre für mich beim ersten Anblick jemand, der zur "falschen" Spezies gehört. Wie ein Trans-Gender eben zu einem anderen Gender gehört als das körperliche.
Wobei...also, ich würd mir das mit dem Konzept nochmal überlegen. Gender kann man ja verstehen, das ist ne kulturelle Sache. Spezies...also da gibt's eine Folge von South Park zu - in der es übrigens TransSpecies heißt - und das macht eigentlich die Grenze zwischen kulturellen Sachen (Männlich-Weiblich) und biologischen Sachen (Mensch-Delfin) ziemlich deutlich.
Ohne jetzt eine Diskussion über Diskriminierung und dergleichen vom Zaun brechen zu wollen. Darum geht es mir ja überhaupt nicht. Ich finde nur komisch, wenn halt unleugbare biologische Unterschiede einer gewissen Größenordnung - Marsianer sind klein, grün, haben sieben Augen und vier einhalb Daumen, Menschen...nicht - als eine überschreitbare und/oder willkürliche Grenze gezeichnet werden.
Jedenfalls wenn es Straight ausgespielt wird. Eine der witzigsten Folgen von Futurama dreht sich darum, dass Fry (Mensch) sich für einen Roboter hält und so benimmt. Ist aber eben Comedy.

P.S.: Ja, ich bin Marsist. Kommen hier her und klauen unsere Frauen. Und Männer. Und Kühe.  :hmhm?:

Nachtrag: Mondfräulein hat das viel klüger gesagt.
Und bei Blaurot fällt mir auch noch ein arkanes Konzept der Indianer ein: Two-Spirit. Oder Doppelseele oder so. Eine Person, die mit zwei Geistern - Männlich und Weiblich - geboren wurde und daher als drittes Geschlecht gilt. Völlig normal neben den andern. Angeblich jedenfalls.

Shedzyala

Die Beispiele von Blaurot sind in der Tat schön, passen für mich aber leider nicht in einen SciFi-Kontext. Dafür muss sich es sich "wissenschaftlicher" anhören. Auch möchte ich mich ungern auf ein Tier beziehen, weil es dann ja ein Wort wäre, was sich rein auf Menschen bezieht, aber ein Marsianer ja auch als Venusier geboren sein könnte und die wüssten beide nicht, was ein Kuckuck ist. Der Bezug zu Wechselbälgern ist mir da leider auch zu Fantasy.

Ehrlich gesagt hätte ich nichts dagegen, wenn es als Metapher auf Transgender aufgefasst wird, da sowohl Transgender als auch "Trans-Spezisität" (oder welchen Begriff ich am Ende auch nehme) in diesem Setting vollkommen akzeptiert sind und eher die Personen, die damit ein Problem haben, als rückständig und komisch beäugt werden.

Edit Tintenteufel: Ich finde, das Beispiel mit dem Tierreich hinkt, weil Tiere im Gegensatz zu einer Alienspezies ja beispielsweise keine Kultur haben, die man Konstrukten belegen kann. Zum Beispiel Marsianer sind immer friedliebend im Gegensatz zu den aufbrausenden Venusianern, die verhandeln eher mit der Keule. Und auch – ohne hier jetzt eine Diskussion beginnen zu wollen – geht es ja auch im Transgender-Bereich nicht immer nur um die rein konstruierte Geschelchtskategorien, sondern eben auch um biologische Merkmale, sonst würden sich nicht manche Menschen für begleitende chirurgische Eingriffe entscheiden.

Wer die Serie "Defiance" kennt, findet in der zweiten Staffel in einer Folge ein schönes Beispiel, was ich meine. Nur leider wird dort den Menschen, die sich als Aliens "fühlen", kein Name gegeben, den ich klauen könnte.
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– Andrzej Sapkowski, Die Dame vom See

Fianna

#5
Vielleicht könntest Du etwas mit dem lateinischen Adjektiv dissensus entwickeln? Das bedeutet "nicht übereinstimmend", "abweichend".
Es ist zwar durch die englische Geschichte mit dem Wort "Dissenter" (abweichender Meinung sein) verknüpft, aber ich denke, das ist eher ungebräuchlich und Du hast ja offensichtlich ein Setting weit in der Zukunft, da kann das Adjektiv meiner Meinung nach auch in anderem Sinne verwenden.

Vielleicht kannst Du ja ein anderes Nomen daraus schmieden, dann fällt sicher keinem die Verbindung zu Dissenter auf.


EDIT:
Das Adjektiv ist verwandt mit sensere, das bedeutet "fühlen"- ich finde, es passt richtig gut!

Sternsaphir

Oder vielleicht soetwas wie "Hybrid", weil es ja zwei Spezies in einer vereinigt?
Soll es denn ein rein wissenschaftlicher Name sein oder geht auch eine Allgemeinbegriff (meist ein vereinfachte Form des wissenschaftlichen Fachworts), mit der diese Personen von der Bevölkerung genannt werden?

Dämmerungshexe

Zum "Wechselbalg" - das englische "Changeling" wurde ja in Deep Space 9 benutzt. Ansonst viele mir auch noch "Avatar" ein.
,,So basically the rule for writing a fantasy novel is: if it would look totally sweet airbrushed on the side of a van, it'll make a good fantasy novel." Questionable Content - J. Jacques

Shedzyala

@Fianna
"sensere" als Grundlage finde ich in der Tat schön, mal überlegen, ob mir da was einfällt. Das "Dis-" am Anfang möchte ich aber gern vermeiden, weil ich finde, dass das negativ klingt.

@Sternsaphir
"Hybrid" habe ich leider schon für etwas anderes in meinem Setting reserviert, kann das also nicht mehr verwenden, ohne den Leser ganz durcheinander zu bringen.
In meinem aktuellen Fall brauche ich in der Tat entweder ein richtig wissenschaftliches Wort oder einen Allgemeinbegriff, der sich aber auf ein wissenschaftliches Wort stützt, anstelle umgangssprachlich zu sein. Als Beispiel: Es müsste nicht "Rezidivierende depressive Störung" sein, Depression reicht.

@Dämmerungshexe
Auch "Avatar" habe ich schon anderweitig besetzt. das habe ich nun davon, immer auf schon bestehende Begriffe auszuweichen ;D
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Dämmerungshexe

Ws ist falsch am Dis- bzw. einer negativen Besetzung? Ist es denn für den Charakter ok oder sogar vorteilhaft "im falschen Körper" zu stecken?
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Shedzyala

Es ist weder falsch noch richtig, für einen Charakter im falschen Körper zu stecken, es ist eben. Wenn ich einem Fachwort einen Namen mit einer negativen Konnotation gebe, bedeutet das für mich, dass ich diesen Umstand werte bzw. das er von der Gesellschaft negativ gewertet wird, die dieses Wort gewählt hat, und das möchte ich vermeiden. Es wird neutral gesehen, deshalb sollte es auch ein neutraler Begriff sein.

Es geht aktuell übrigens nicht darum, dass ich eine Figur habe auf die dieser Zustand zutrifft (nun gut, die gibt es schon, das wird aber erst rauskommen, falls ich einen Nachfolger schreibe bzw. dieser Nebenfigur ihren eigenen Roman spendieren sollte), sondern in der aktuellen Szene habe ich nur zwei gebildete Personen, die sich darüber unterhalten, ohne selbst betroffen zu sein.
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Sternsaphir

Vielleicht etwas mit "Mutant" oder "Mutation" oder "Transmutation"? wobei es ja eigentlich keine Umwandlung ist. Sondern eher ein Zwitter aus zwei verschiedenen Spezies.

Shedzyala

#12
Da die Biologin an Bord früher in der Geschichte recht viel über Mutationen sprach, als möglichen Lösungsvorschlag für die Handlung, will ich den Begriff lieber nicht doppelt besetzen. Auch finde ich irgendwie, er würde nicht passen, da er ja eigentlich etwas rein Körperliches ist, aber beim "sich im falschen Körper verstehen" zumindest aus meiner Sicht eher das Seelische im Vordergrund steht.

Ach verdammt nochmal, ist das komplex! Meine weiterführende Sci-Fi-Recherche hat auch noch keinen guten Begriff zutage gefördert, der einem andern Autor eingefallen wäre.

In Anlehnung an "sensere" vielleicht Sens-Speziesität? Als Slang würde sich da dann Sens-Specs anbieten, oder noch kürzer: "Spencs". Nur leider brauche ich da einen Fachbegriff :(
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Pinnie

Es gibt, natürlich aus Amerika kommend, immer mehr Leute, die behaupten, dass bei denen sowas der Fall wäre. Menschen, die behaupten, die Seele eines Drachen, eines Wolfes, einer Galaxy oder was auch immer in sich zu haben.
Unabhängig davon, wie man das findet, gibt es aber einen Begriff dafür, von diesen Leuten etabliert: Otherkin.

Shedzyala

Vielen lieben Dank @Pinnie, Otherkins sind auf jeden Fall interessant. Ich hatte auch schon in diese Richtung gesucht, aber mein Google-Fu war wohl nicht stark genug. Wenn ich demnächst mehr über die Figur schreibe, die sich als eine andere Spezies fühlt, werde ich da erst einmal viel Recherche-Material haben :)
Als Oberbegriff für meinen Roman ist Otherkins mir aber zu weit gefasst, weil ja alles von Tieren bis zu Fabelwesen gemeint ist, und dazu sowohl das sich als anderes Wesen fühlen als auch das bloße den zugesprochenen Eigenschaft des Wesen verbunden sein.
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