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Lücke trotz Plot für die Mitte

Begonnen von Zit, 14. Januar 2016, 17:52:17

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Zit

Tut mir Leid, ich hatte vorhin einen lustigen Weihnachtsmann zum Frühstück, der musste weg. ;D Dennoch trifft der Titel mein Problem ganz gut, und ich bin mir sicher, dass viele von euch den Ärger genauso kennen. Zumindest ansatzweise.
Da plottet man tagelang, schreibt sich dann einen meterlangen Wolf an Charakteren und Setting während der Einführung -- und wenn es dann ans Eingemachte geht, nämlich die Mitte, das Kernstück des Ganzen, die eigentliche Geschichte, dann ist der Projektor im Kopfkino kaputt. Zumindest geht es mir so, und es frustet mich ungemein.
Jetzt ist es nicht so, dass ich gar keine Ahnung habe, was passieren soll. Das weiß ich wohl, aber die eigentlichen Szenen, das eigentliche Flair fehlt mir völlig. Ich sehe die Geschichte in der Zusammenfassung/ als Stichpunktsammlung vor mir, aber wenn es ans Schreiben geht, falle ich in ein Loch sobald ich die Charaktereinführung hinter mir habe und steh wie der Ochs vorm Berg und weiß nicht wie ich zum Ende kommen soll. (Meine Ganzen NaNo-Projekte sind eigentlich nur Einführungen ...)

Wie füllt ihr das Kopfkino für die schreckliche Mitte? Gibt es Übungen, um den Projektor wieder in Gang zu bringen? Oder sitze ich gerade im dunklen Kinosaal und sehe das eigentliche Problem nicht, das ein ganz anderes ist?
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt

Amberle

Mir hilft die Was Wäre Wenn Plotübung. Man nimmt sich einfach den letzte Teil Plot vor, denn man noch hat und dann überlegt man sich verschiedene Dinge, wie es weitergehen könnte.

Z.B, Ein Mann und eine Frau sitzen in einer Bar.
a) Der Mann steht auf und geht weg.
b) Die beiden küssen sich plötzlich.
c) Der Barmann zieht eine Waffe, und verlangt die Geldbörsen aller anwesenden.
d) Der Mann vergiftet den Drink der Frau und entführt sie.
e) Sie hat plötzlich eine allergischen Anfall und er muss sie ins Krankenhaus bringen.

Man muss nicht wissen, wie es danach weiter geht. Erstmal geht es nur um das nächste Geschehnis. Wenn man danach nicht weiter weiß kann man die Übung ja wiederholen.
Dadurch, dass man sich immer weitere Dinge einfallen lassen muss, kommt man meistens irgendwann auf eine Idee, die passt. Die ursprüngliche Übung schlägt vor, dass man immer zuerst 5 Weiterführungen macht, ich persönlich komme mit 6 oder 7 besser klar. 

Siara

Ohhhh, das kenne ich. Bei meinem aktuellen Projekt so sehr wie nie zuvor. Es ist, wie du sagst: Die Charaktereinführung läuft rund, die Hinführung auf den ersten Wendepunkt, dann kommt das Geschehen endlich ins Rollen - und weg ist das Gefühl für die Geschichte. Ein perfektes Gegenmittel habe ich noch nicht gefunden. Mittlerweile glaube ich, dass es hilft, einfach weiterzuschreiben. Selbst wenn das bedeutet, die bekannten Plotpunkte erst einmal zusammenhanglos und etwas ungeliebt aneinanderzureihen. Ab einem gewissen Punkt kommt der Flair dann bei mir meistens zurück und die Zahnräder drehen sich wieder. Die unschönen Stellen kann man dann ja mit dem wiedergewonnenen Kopfkino aufbesser. Meistens, wenn ich mir solche trocken runtergeschriebenen Szenen durchlese, fällt es mir viel leichter, sie im Nachhinein lebendiger zu gestalten.
I'm going to stand outside. So if anyone asks, I'm outstanding.

Alana

Ich versuche immer, mir zu überlegen, an welcher Handlung ich die Charakterentwicklung bzw. den Plot am besten zeigen könnte. Gerade bei Fantasy versuche ich auch, den Lesern etwas zu bieten. Spannung, tolle Settings, Magie. Das klingt im ersten Moment vielleicht etwas blöd, aber tatsächlich hatte ich dadurch schon ganz oft gute Einfälle, die die Geschichte viel besser gemacht haben. Oft ist es aber auch wirklich so, dass ich erst mal schreibe und erst bei der Überarbeotung sehe, wie die Mitte richtig gestaltet wird.
Alhambrana

Elona

Ich habe das Problem im Augenblick auch. Wenn auch bei der zweiten Hälfte. Das es einen Plot gibt zu jedem Handlungsstrang interessiert die Durststrecke dabei anscheinend ebenfalls nicht.

Zitat von: Siara
Mittlerweile glaube ich, dass es hilft, einfach weiterzuschreiben. Selbst wenn das bedeutet, die bekannten Plotpunkte erst einmal zusammenhanglos und etwas ungeliebt aneinanderzureihen. Ab einem gewissen Punkt kommt der Flair dann bei mir meistens zurück und die Zahnräder drehen sich wieder. Die unschönen Stellen kann man dann ja mit dem wiedergewonnenen Kopfkino aufbesser. Meistens, wenn ich mir solche trocken runtergeschriebenen Szenen durchlese, fällt es mir viel leichter, sie im Nachhinein lebendiger zu gestalten.
Die Erfahrung habe ich zuvor auch schon gemacht. Wobei es mir echt schwer fällt mich da durch zu quälen. Also dann zu schreiben, wenn es total gegen mich geht. Im Nachhinein war ich aber immer froh darum, weil das Überarbeiten und Flicken (nach ein bisschen Abstand) echt gut von der Hand ging.

Was ich aber aktuell gemacht habe war Ideen um zuschieben. Also eher Richtung Amberles Vorschlag. Jedoch hatte ich schon Band 3 in petto (der wird dann total zerhackstückelt werden, aber was solls). Das hat mir wirklich gute Einfälle gebracht, auch wenn ich die Durststrecke noch nicht ganz überwunden habe ... zumindest regnet es nun.

Fianna

Ich hatte das auch oft. Inzwischen habe ich mir 7-Punkte-Plot-Methode kombiniert mit 3-Akt-Struktur angewöhnt, da komme ich (schließlich irgendwann) drumrum.

Elona

@Fianna Die 7-Punkte-Struktur verwende ich ja ebenfalls, dennoch tauchte das Problem zwischen den Punkten auf. Das
Zitatda komme ich (schließlich irgendwann) drumrum
heißt, dass du es ebenfalls noch immer hast? Falls ja, wie gehst du damit um, wenn es auftaucht? 

Fianna

#7
Mein Problem sind die Punkte dieser Plotmethode, wenn ich das endlich mal ausgefrickelt habe...

Bevor ich sie verwendet habe, habe ich mir die verschiedenen Handlungstränge der wichtigsten Figuren grafisch dargestellt und Kreuze für wichtige Punkte im Gesamt-Plot oder dem Sub-Plot oder der persönlichen Entwicklung gemacht. Diese Punkte habe ich dann noch benannt, und wenn sich die Punkte insgesamt geknubbel haben, oder bei einer bestimmten Person, oder wenn Action nach der einen Hälfte überbordete und dann ein Loch bis zum Showdown kommt, das nur mit "Persönlichem" gefüllt ist, habe ich da so lange herum geschoben bis es ausgewogener war.

Trippelschritt

Ich habe keine Methode und weiß nur bei mir, warum so etwas passieren kann. Ich hatte das Ptoblem einmal ganz heftig und beim jetztigen Projekt immer mal wieder. Dann war da so ein Gefühl, dass die Geschichte Substanz verloren hat und eigentlich nur noch aus leeren Sätzen bestand.
In allen diesen Fällen war die Ursache eine Unvollständigkeit bei den Figuren. Und damit meine ich nicht, dass ich am Anfang bei der Findung und dem Bau der Figur etwas vergessen hatte, sondern dass den Figuren im Verlauf der Geschichte das Ich verloren ging. Ich habe dann den bereits geschriebenen Text angefangen zu überarbeiten. Szene für Szene. Bis ich zu der ersten Szene kam, die mich konzeptionell nicht so richtig überzeugen konnte. Fast immer lag da der Wurm.
Wenn ich aber bereits nach dem Aufmarsch der Figuren hängen bleibe, dann habe ich entweder noch gar keine richtige Geschichte im Kopf oder aber meine Figuren wissen nicht, was sie wollen. Denn wenn sie das wüssten, dann würden sie agieren und sich den Teufel um ihren Autor scheren.

Liebe Grüße
Trippelschritt

Vic

Prinzipiell ist die goldene Regel für die Mitte ja meistens "das schlimmstmögliche was eintreten kann, tritt auch ein", oder "alles was schief gehen kann, geht auch schief". ;)

Also die Mitte ist immer der Punkt wo die Bösen Oberhand gewinnen, wo beste Freunde sich zerstreiten, wo ein Verräter einem in den Rücken fällt, das magische Objekt verloren geht, der Mentor stirbt, wo alles aussichtslos aussieht etc.
Das ist ein guter Zeitpunkt um maximalen Schaden anzurichten und deinem Helden das Leben schwer zu machen. Lass Dinge in die Luft gehen, einen bösen Drachen auftauchen, deine Helden in eine Falle geraten, etc.

Das ist halt jetzt ein bisschen vage, weil ich deinen Plot nicht kenne.
Aber meiner Meinung nach löst man damit auch das Problem was einige andere angesprochen haben - nämlich substanzlose Charaktere. Nirgendwo geben sich Charaktere so klar zu erkennen wie in einer Krise. Also je mehr Krisen passieren, desto besser kann man auch Charakterentwicklung, Teambuilding etc. machen.

zDatze

Mit demselben Problem habe ich auch immer wieder zu kämpfen, Zit!
Die Charas sind alle in Position, die Weichen sind gestellt und eigentlich ist alles startbereit für den turbulenten Mittelteil, aber anstatt mit vollem Karacho vor sich hin zu tippen, fühlt sich jeder Satz an, als wäre irgendwo eine Handbremse angezogen. Woran das liegt, ist allerdings eine gute Frage und ich befürchte eine klare Antwort gibt es darauf nicht. Bei mir ist es häufig der Fall, dass ich den Anfang einer Story schon x-tausend Mal im Kopf hin und her gewälzt habe. So lange eben, bis er für mich die Dialoge, die Umgebung, das Outfit meiner Figuren - kurz: einfach alles - passt. Dann fällt es mir auch leichter die Szene niederzuschreiben. Natürlich komme ich dann irgendwann zu der Stelle, an der mein Kopfkino nicht mehr so recht funktioniert, da ich mich nie weiter als bis zu einem bestimmten Punkt so detailiert durch meine Geschichte gedacht habe, wie ich es zum Schreiben benötige. Ich weiß, was als nächstes passieren muss, aber ich habe kein Bild mehr vor Augen. Ich weiß nicht mehr, wo sich meine Figuren befinden (so doof das jetzt auch klingen mag), da sie sich in einer Blackbox befinden, die zwar die Handlung beinhaltet, aber eben nichts handfestes wie eine konkrete Szene oder einen Handlungsort.
Hier breche ich meistens das Schreiben ab und wende mich einem anderen Projekt zu. Das meistens ähnlich verläuft. Leider.
So ganz hab ich den dreh noch nicht heraus, obwohl ich zumindest langsam dahinter komme, warum ich hängen bleibe.

Zitat von: Trippelschritt am 15. Januar 2016, 08:43:16
Dann war da so ein Gefühl, dass die Geschichte Substanz verloren hat und eigentlich nur noch aus leeren Sätzen bestand.
Das ist ein Gefühl, das ich am meisten fürchte, wenn ich schreibe. Dass mir alles leer und irgendwie falsch vorkommt. Meistens war es der lautstarke Hinweis darauf, dass etwas mit meinen Plot und meinen Figuren nicht funktioniert oder ich mich hoffnungslos leergeschrieben habe. Weder das eine, noch das andere ist sonderlich angenehm.

Moni

Zitat von: zDatze am 17. Januar 2016, 22:08:42
Die Charas sind alle in Position, die Weichen sind gestellt und eigentlich ist alles startbereit für den turbulenten Mittelteil, aber anstatt mit vollem Karacho vor sich hin zu tippen, fühlt sich jeder Satz an, als wäre irgendwo eine Handbremse angezogen.
[...]
Das ist ein Gefühl, das ich am meisten fürchte, wenn ich schreibe. Dass mir alles leer und irgendwie falsch vorkommt. Meistens war es der lautstarke Hinweis darauf, dass etwas mit meinen Plot und meinen Figuren nicht funktioniert oder ich mich hoffnungslos leergeschrieben habe. Weder das eine, noch das andere ist sonderlich angenehm.

Bei mir geht es auch in diese Richtung, wenn es in der Mitte hakt, liegt es meistens an einem Haken im Plot oder an den Figuren. Nur brauche ich oft was länger, um dann tatsächlich diese Haken zu finden und zu lösen. Manchmal gehen da Monate oder Jahre ins Land, die ich dann nicht an diesem Projekt arbeiten kann, einfach weil mich das Wissen um diese Schwachstellen dann völlig blockiert.
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Stefan Quoos, WDR2-Moderator

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Sturmloewin

Oh ja, das Problem kenne ich auch zur Genüge.

Zitat von: zDatze am 17. Januar 2016, 22:08:42
Mit demselben Problem habe ich auch immer wieder zu kämpfen, Zit!
Die Charas sind alle in Position, die Weichen sind gestellt und eigentlich ist alles startbereit für den turbulenten Mittelteil, aber anstatt mit vollem Karacho vor sich hin zu tippen, fühlt sich jeder Satz an, als wäre irgendwo eine Handbremse angezogen. Woran das liegt, ist allerdings eine gute Frage und ich befürchte eine klare Antwort gibt es darauf nicht. Bei mir ist es häufig der Fall, dass ich den Anfang einer Story schon x-tausend Mal im Kopf hin und her gewälzt habe. So lange eben, bis er für mich die Dialoge, die Umgebung, das Outfit meiner Figuren - kurz: einfach alles - passt. Dann fällt es mir auch leichter die Szene niederzuschreiben. Natürlich komme ich dann irgendwann zu der Stelle, an der mein Kopfkino nicht mehr so recht funktioniert, da ich mich nie weiter als bis zu einem bestimmten Punkt so detailiert durch meine Geschichte gedacht habe, wie ich es zum Schreiben benötige. Ich weiß, was als nächstes passieren muss, aber ich habe kein Bild mehr vor Augen. Ich weiß nicht mehr, wo sich meine Figuren befinden (so doof das jetzt auch klingen mag), da sie sich in einer Blackbox befinden, die zwar die Handlung beinhaltet, aber eben nichts handfestes wie eine konkrete Szene oder einen Handlungsort.
Hier breche ich meistens das Schreiben ab und wende mich einem anderen Projekt zu. Das meistens ähnlich verläuft. Leider.
So ganz hab ich den dreh noch nicht heraus, obwohl ich zumindest langsam dahinter komme, warum ich hängen bleibe.

Zitat von: Trippelschritt am 15. Januar 2016, 08:43:16
Dann war da so ein Gefühl, dass die Geschichte Substanz verloren hat und eigentlich nur noch aus leeren Sätzen bestand.
Das ist ein Gefühl, das ich am meisten fürchte, wenn ich schreibe. Dass mir alles leer und irgendwie falsch vorkommt. Meistens war es der lautstarke Hinweis darauf, dass etwas mit meinen Plot und meinen Figuren nicht funktioniert oder ich mich hoffnungslos leergeschrieben habe. Weder das eine, noch das andere ist sonderlich angenehm.

Genau das ist auch bei mir der Haken an der Sache und ich bin noch nicht ganz dahintergekommen, wieso es so ist.
Ich glaube aber, dass genau das das Problem ist. Ich schätze nämlich, wenn man weiß, woran es hapert, dann kann man das Problem besser beheben. Nur wie findet man das am besten raus?
So when the world knocks at your front door
Clutch the knob tightly and open on up
And run forward and far into its widespread, greeting arms
With your hands outstretched before you
Fingertips trembling, though they may be
--- Anis Mojgani "Shake the Dust"

Trippelschritt

Nicht nur das Problem, auch die Lösung ist in meinem Post. War aber wohl zu kurz oder undeutlich. Sorry.
Dieses böse Gefühl fällt nicht vom Himmel. Es kommt langsam, schleichend und kündigt sich an. Deshalb beginne ich immer mit einer Überarbeitung meines Textes ganz von vorn. Ich bin Begeistert von dem, was ich da geschrieben habe (hoffentlich) und was ich jetzt noch verbessere (auch hoffentlich). Und dann kommt irgendwann die erste Szene, bei der ich ein maues Gefühl bekomme, nicht mehr begeistert bin und mich frage: Wieso nicht?
Das ist der Haken. Und für das "Wieso nicht?" frage ich meinen Bauch, nicht meinen Kopf. Und der Bauch sagt mir an welcher Stelle er nicht zufrieden ist. Wo es nicht mehr begeisternd ist. Jedenflals nicht für mich. Und wenn man erst einmal die Textstelle gefnden hat, hat man auch recht schnell die Antwort auf das Warum. Häufig ist es eine fehlende Klarheit in der Vorstellung, denn wenn ich genau weiß, worum es geht, dann kann ich es auch schreiben.

Viel Erfolg
Trippelschritt

Denamio

Ich kenne das Phänomen von mir auch. Bei mir liegt es daran, dass Plot und Charakter nicht zusammenfinden. Vom Aufbau und der geplanten Struktur macht alles Sinn und man kann auch schön erklären warum Figuren sich zum bestimmten Zeitpunkt so verhalten, aber vom Gefühl her passt es nicht zusammen. Das passiert mir vor allem dann, wenn der Plot schon klar feststeht und ich praktisch nur noch die nötigen Szenen schreibe, wo es dann schließlich passiert.
Das Problem haben gefühlt auch berühmte Autoren, zumindest stolpere ich in so manchen Werken über Stellen, wo der Funke eine Weile nicht zündet, obwohl von der Logik her alles stimmt. Wenn ich mir diese Stellen nehme und für mich im Kopf durchspiele, was die Helden anstellen würden, ließe man ihnen freien Lauf, dann ist das Ergebnis meist ein ganz anderes. Für mich ist das dann Plotmotzerei, wenn die Charaktere anfangen zu zicken. Trippelschritt beschreibt das Phänomen ja recht ähnlich.

Eine Patentlösung gibt es dafür wohl nicht. Da gibt es teils sehr erfolgreiche Autoren, die einfach stur weiterschreiben. Oft sind die Leser garnicht so kritisch wie die Schöpfer und verzeihen kleine Stellen ohne weiteres. Ich könnte das nicht. Manchmal hilft es wenn ich im Kopf den Verlauf durchgehe und an jeder kritischen Stelle andere Wege ausprobiere. Da stellt sich dann heraus das andere Wege plötzlich von ganz alleine ein Eigenleben entwickeln und mit den Charakteren zu einem anderen Plot davonlaufen. Alternativ benutze ich Testleser und beobachte, ab wo sie anfangen das Interesse zu verlieren. Das lässt sich recht gut messen, wenn man ihnen die Geschichte immer nur in kleinen Happen gibt. Kommt es gut und es liest sich stimmig, dann wollen sie meist mehr. Bis zu dem Punkt wo abrupt die Nachfragen enden. Oder du stellst ihnen einfache Emotionsfragen zum Text. Die Reaktion misst du dann nicht so sehr an dem, was sie sagen oder schreiben, sondern wie sie es rüberbringen. Das braucht einiges an Einfühlvermögen.

Habe ich den Knoten so erst einmal gefunden, blende ich im Kopf den Rest vom Plot aus und schau wo mich die Charaktere hinbringen. Oft sind es nur kleine Details die ihnen nicht passen. Zum Beispiel schrieb ich eine Liebesgeschichte, aber ab dem Zeitpunkt wo sie zusammenkamen hing alles. Also habe ich den ganzen Liebesplot mal ausgekapselt und geschaut was die Charaktere wollten. Blind drauflosgeschrieben fingen die beiden an, sich innerhalb kürzester Zeit so erbärmlich zu streiten, dass klar war, sie würden nie ein Paar werden. Ups.

Also wie Trippelschritt schon so ähnlich schrieb, das Ganze ist zumindest für mich eine Gefühlssache. Bei mir ist es ein Warnzeichen, dass die Charaktere mit dem Plot den Aufstand proben. Wenn du die Freiheit hast, kann es sehr ergiebig sein zu schauen, wo sie wirklich hinwollen. Alternativ würgst du sie an der Stelle ab, früher oder später kommen sie von alleine wieder in Gang, wenn sie aufgehört haben zu schmollen. Beides ist absolut legitim (sowieso), basiert aber auf anderen Arbeitsweisen.