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Ich bin ein Mann, ergo müssen meine Prots auch männlich sein!

Begonnen von Feuertraum, 09. Juni 2007, 13:10:14

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Feuertraum

Oder?

Im Prinzip geht das ganze in den Bereich der Charakterisierung: Kann ein männlicher Autor überhaupt eine Frau als Hauptfigur auswählen, wo doch eine Frau ganz anders handelt als ein Mann ? Umgekehrt natürlich auch: Kann eine weibliche Autorin über die Psyche eines Mannes schreiben, weil diese ja so einfach gestrickt ist (der sogenannte 4-F-Typ: Fernsehen, Filzpantoffeln, Flaschenbier (und das 4. darf ich um diese Uhrzeit noch nicht nennen... ;)) ?

Läuft man nicht eher Gefahr, dass Leser des jeweils anderen Geschlechts sich hinstellen und sagen: Also, dieser Charakter ist absolut unrealistisch: SO würde eine Frau/ein Mann NIE handeln ?

Darum mal auf reiner Neugier: wie händeln Sie das?
Ignorieren?
Nur Prots des jeweiligen Geschlechts ?
Überhaupt keine Tiefe in den Charakteren ?

Neugierigen Gruß

Feuertraum
Was hat eigentlich He-Man studiert, dass er einen Master of the universe hat?

THDuana

Hallo Feuertraum,

Leser, die meinen, dass eine Figur so im richtigen Leben nicht handeln würde, würde ich immer am liebsten darauf hinweisen, dass es nicht nur die 0-8-15 Leute gibt.

Wenn der Autor einen wirklich typischen Menschen darstellen will, kann man auf die Straße gehen und Leute beobachten. Das reicht meiner Meinung nach, um den "Normalo Typ" darzustellen.
Aber jeder Charakter ist irgendwie anders und ganz speziell. (Besonders bei Buchfiguren fällt mir das auf ;))
Da kann ein Leser noch so zetern, diese Figur handelt nun mal so.

Dass eine Autorin nur Protagonistinnen haben "darf" und Autoren nur Protagonisten halte ich für übertrieben. Wenn man sich in seine Figur hineinversetzt, ist es egal ob das gleiche Geschlecht oder nicht.
Ich finde, eine Autorin kann einen Protagonisten so gut darstellen, wie es ihr Talent zulässt.

Am Anfang ist für mich jede meiner Figuren unbekannt, ob sie männlich oder weiblich ist. Ich muss sie erst erforschen und ihren Charakter erkennen, damit ich richtig schreiben kann. Es gibt bei mir keine Figuren, die ich von männlich einfach auf weiblich oder anders herum umkämmen könnte. Sie sind, wie sie sind.
Und da mache ich mir auch keine Sorgen, ob ich einen Jungen schlechter darstellen kann, als ein Mädchen. Sicher ist da irgendwo mehr Vertrautheit, wenn es ein Mädchen ist, aber ich muss mich in meine/n Protagonisten/Protagonistin immer hineinversetzen.

Was mir aber manchmal so vorkommt, ist, dass Autorinnen gleichermaßen über Frauen/Mädchen und Jungen/Männer schreiben, während ich oft das Gefühl habe, dass Autoren (nur) Jungen/Männer auswählen.
Sicher, es gibt einige Ausnahmen, aber manchmal erscheint es mir so.


Duana

Breanna

Es gibt genügend Autoren, die mit einer Hauptperson anderen Geschlechts schreiben. Und meiner Meinung nach ist das auch kein Problem, denn es macht ja einen guten Autor aus, wenn er sich in eine andere Person reinversetzen und diese schreiben kann.
Im Übrigen glaube ich, dass es schwieriger ist, sich z.B. in einen Menschen aus der Antike oder einer Fantasywelt und dessen Denkweise reinzuversetzen, als in eine Person anderen Geschlechts.

Artemis

#3
Man merkt meistens (meistens, nicht immer!), wann ein Mann oder eine Frau die Geschichte geschrieben hat, weil beide Geschlechter unterschiedliche Vorlieben haben, was in der Story alles passiert.
Bei Frauen kommen häufiger Liebesgeschichten vor, die sich im Laufe des Romans entwickeln, meist zwischen Protagonisten. Die Liebe ist rein für den Geschichtsverlauf unnötig, aber Frauen brauchen so was halt  ;). Und sehr oft gehen sie da noch detaillierter vor und flechten teilweise recht erotische Szenen mit ein, die trotz allem nicht schmuddelig klingen.

Männer hingegen haben oft lieber ihre schwertschwingenden Helden, die Archetypen der Männlichkeit. Stolze Ritter und Krieger, die ihre holde Maid retten, epochale Schlachten, böse Ungeheuer ... Das sind häufig die Zutaten der "männlichen" Geschichten.

Natürlich kann es auch mal umgekehrt sein, weil ja jeder einen anderen Geschmack hat! Obwohl ich gestehen muss, dass ich bisher noch keine von einem Mann geschriebene Liebesgeschichte wirklich toll fand. Die Bettszenen sind so schmerzhaft kitschig, weil den Männern häufig die Wortakrobatik fehlt, die diesen Szenen die rechte Stimmung verpassen. Und das gestelzte Liebesgetuschel finde ich ganz schrecklich  :gähn:  Bestes Beispiel hierfür: Tad Williams. Seine Story ist zum Niederknien, aber die Liebesszene am Schluss ist echt ein Brechmittel. Wenn der Held ein Ritter ist und erwachsen sein will, aber im Angesicht seiner Geliebten plötzlich in Tränen ausbricht, weil er sie ja ach so doll und schon so lange liebt, kommts mir hoch ...

Was mir auch sehr auffällt, ist die Tatsache, dass Männer und Frauen stets die Körper des anderen Geschlechtes im Buch beschreiben. So erzählen männliche Autoren gern von schönen Brüsten, schlanken Beinen, langen Haaren ect., während weibliche Schreiber die muskulösen Oberkörper beschreiben, die scharf geschnittenen Gesichter, die dunkle Stimme, die Größe (sehr wichtig!)...

Ich persönlich tanze auf der Grenzlinie. Bei mir wird kein Geschlecht bevor- oder benachteiligt, denn ich habe Protagonisten beider Geschlechter. So gehe ich dem Problem aus dem Weg, dass die Verteilung zu einseitig ist  ;D  Und mit ein wenig Menschenkenntnis kann man auch aus dem Blickwinkel eines Mannes schreiben  ::)

Rumpelstilzchen

Warum sollte eine Frau keinen Mann als Prota haben?
Oder ein Mann eine Frau?

Ich denke nicht, dass es irgendwelche großen Unterschiede beim Schreiben gibt, denn jeder Mensch ist halt verschieden und man kann das jetzt nicht alles einfach über einen Kamm scheren und das in Männer oder Frauen unterteilen, denn nicht alle Frauen sind gleich und nicht alle Männer. Als Autor muss man sich eben einen individuellen Chara schaffen.

Und ein Autor MUSS sich in (fast) alle möglichen Charas reinversetzen können, sonst hat man am Ende einen Roman in einem Land voller Frauen, die alle die gleichen Eigenschaften haben, weil ich sie mit mir identifizieren würde. Und was wäre das bitte für ein Roman? (war jetzt etwas übertrieben, aber ich denke, dass was ich damit sagen will ist klar)


Zitat von: Feuertraum am 09. Juni 2007, 13:10:14
Überhaupt keine Tiefe in den Charakteren ?

Ein Roman mit Protas ohna Tiefe im Charakter ist meiner Meinung ein verdammt Schlechter, weil ich wahrscheinlich jede Handlungsweise in Frage stellen würde. Der Charakter beeinflusst die Protas und somit die Geschichte und ist deshalb auch nicht wegzudenken.

Volker

Zitat von: Feuertraum am 09. Juni 2007, 13:10:14
Im Prinzip geht das ganze in den Bereich der Charakterisierung: Kann ein männlicher Autor überhaupt eine Frau als Hauptfigur auswählen, wo doch eine Frau ganz anders handelt als ein Mann ?

Kann ein Nicht-Magier überhaupt einen Magier beschreiben, ein Nicht-Ork einen Ork, eine Nicht-Elfe einen Elfen?

THDuana

Zitat von: Volker am 09. Juni 2007, 15:11:36Kann ein Nicht-Magier überhaupt einen Magier beschreiben, ein Nicht-Ork einen Ork, eine Nicht-Elfe einen Elfen?
Das ist eine sehr gute Überlegung!
Die merke ich mir als Beispiel, wenn ich wieder einen Leser treffe, der meint, ein Autor könne sich in kein Mädchen versetzen ;)

MarkOh

Nun ja, eine interessante Frage.
In meinem Debüt-Zweiteiler "Devian & Corvina" war der Hauptcharakter männlicher Natur, in meinem jetzigen Projekt "Rouhan" weiblich. Beim Schreiben selbst machts für mich bis jetzt keinen großen Unterschied. Mal schauen was draus wird... ;-)
Aber ich denke mal, dass die Hauptsache das Hineinversetzen können an sich ist. Ob nun in einen weiblichen Charakter, einen männlichen, einen Org, oder wem auch immer...

Manja_Bindig

Lieber Feuertraum.

Anne Rice hat männliche Protagonisten.
Marion zimmer Bradley hat teilweise männliche Protagonisten.
Mary Shelley hatte einen männlichen Protagonisten.

Es ist albern, sich bei den Charakteren am Geschlecht aufzuhängen. Es gibt da viel zu viel, was man bedenken muss - Charakter, sowohl angeborene anlagen, als auch Anerziehung(ich bin der Überzeugung, dass ein Teil des weiblichen und männlichen Verhaltensschemas in den Gesellschaften begründet liegt - nicht alles, aber ein Teil). qwie korrespondiert das miteinander?
Plus persönlichem Hintergrund, etc. ...
Man kann da nicht nur das "Mann - Frau" - schema betrachten.

Tut mir leid, aber nach dieser Überlegung verstehe ich den sinn dieser Frage nciht so recht.
Schon gar nicht, da ich einige mänliche Hauptcharas hab.

Maja

Ich sag das nur ungern, aber die Diskussion hatten wir schonmal:
http://forum.tintenzirkel.de/index.php?topic=329.0
Bitte fangt nicht alte Themen von neuem an! Ihr dürft alte Themen wiederbeleben, wenn ihr wollt.

Und da dies kein Workshop ist, sondern eine Grundsatzdiskussion, verschieb ich den hier mal. Bitte bedenkt, daß sich der Workshop mit der praktischen Umsetzung von Themen befaßt. Nicht mit Kernfragen des Schreibens. Nach drei Jahren im Forum sollten das einige von euch wissen.
Danke.
Niemand hantiert gern ungesichert mit kritischen Massen.
Robert Gernhardt

Antigone

Ich möchte gerne eine Lanze dafür brechen, auch mal einen neuen Beitrag über ein Thema zu machen, das es schon mal gegeben hat. Da ergeben sich doch gleich wieder viele neue Sichtweisen, und melden sich sicher wieder andere Leute zum Thema, die das alte vielleicht niemals mehr angeschaut hätten. Ich persönlich schreib nicht so gerne bei Themen, die schon einige Zeit am Buckel haben...

Und zur Frage: die Schriftstellerei lebt doch schließlich davon, sich Dinge vorstellen zu können und zu beschreiben, die man weder ist, noch jemals tun würde. Kaum ein Krimiautor hat jemals einen Menschen ermordet (zumindest hoffe ich das!!!), kein SF-Autor saß schon jemals in einem Raumschiff, wir haben alle noch keine Elfen oder Drachen getroffen... und trotzdem schreiben wir darüber. Warum sollte es daher nicht möglich sein, sich ins andere Geschlecht hineinzudenken und -fühlen? In Anbetracht dessen, was sich hier manche für Geschichten ausdenken, sollte das eigentlich noch die leichteste Übung sein... Und wer das nicht kann,sollte vielleicht noch mal ernsthaft über den Sinn seines Zeitvertreibes nachdenken! ;D

Lg, A.

Grey

Uff... jetzt wünsche ich mir fast ich hätte euch noch nicht gesagt, welches Geschlecht ich habe. Und dann hätt ich euch mal raten lassen. Ich fürchte, tief in meinem Inneren bin ich doch ein Kerl.

Weil: Sehr viele meiner Protagonisten sind männlich. Fast ALLE meine Lieblingsfiguren sind ebendies (bis auf eine). Tatsächlich hat man mir auch schon des öfteren gesagt, ich würde durchaus einige männliche/jungenhafte Verhaltensweisen an den Tag legen...   :-\

Fakt ist: Ich schreibe tatsächlich hauptsächlich über Männer und überlasse die Frauen meiner Co-Autorin. Oder aber, die Frauen geraten etwas grober. Mädchen-Mädchen kann ich nicht so gut, die wirken dann schnell wie eine Parodie. Was an meinem eigenen Geschlecht aber nichts ändert. Also, das würde dann Feuertraums These wiedersprechen.

Wobei ich allerdings sagen muss, dass die männlichen Figuren vieler Autorinnen tatsächlich nicht überzeugend sind...  :hmmm:

Fazit: Man kann das doch mal wieder nicht verallgemeinern. Jeder schreibe das was ihm liegt  :prost:

Steffi

Zitat von: Artemis am 09. Juni 2007, 13:35:59

Bei Frauen kommen häufiger Liebesgeschichten vor, die sich im Laufe des Romans entwickeln, meist zwischen Protagonisten. Die Liebe ist rein für den Geschichtsverlauf unnötig, aber Frauen brauchen so was halt  ;).

Dann bin ich allerdings das lebende Antibeispiel. Bei mir kommt eine Liebesgeschichte nur rein, wenn das Buch gar nicht anders gunktionieren würde :)
Sic parvis magna

Immortal

Das Thema finde ich wirklich interessant...

Ich hatte lange Zeit nur weibliche Protagonistinnen. Aber inzwischen habe ich mich auch einmal an die Männerwelt 'gewagt'. In Rollenspielen spiele ich bis jetzt immer noch nur weibliche Charaktere, aber jetzt zum Beispiel bei den Katzenreitern gibt es sowohl als auch.

Ich glaube auch daran, dass sich auch Frauen in männliche Protgaonisten hinein versetzen können und umgekehrt und finde das wirklich damit vergleichbar, dass wir ja auch keine Magier oder Elfen etc. sind und von diesen trotzdem schreiben.

Es ist ja auch nicht so, dass wir das andere Geschlecht jetzt überhaupt nicht kennen. Ich meine wir kommen tagtäglich mit ihnen in Verbindung und können deren Verhaltensweisen beobachten ;)

Artemis, mit deiner These fühle ich mich ertappt. Meine Geschichte beinhaltet eine sehr komplexe Liebesgeschichte, allerdings würde ohne diese auch die Handlung nicht fortschreiten. Aber wenn man einmal in den verschiedenen Büchern darauf achtet scheinst du recht zu haben. Außer in Harry Potter, da kam die Autorin ja lange ohne Liebesgeschichte aus (zu lange)

@Grey: Männliche Verhaltensweisen? Willkommen im Club. Sagt die, die nichts lieber als Fußball schaut (im fernsehen so wie auch im Verein) und dann meistens zu brüllen beginnt.

Liebe Grüße
Immortal
Zahme Vögel träumen von der Freiheit, wilde fliegen.

Artemis

#14
Zitat von: Immortal am 10. Juni 2007, 10:56:42
Außer in Harry Potter, da kam die Autorin ja lange ohne Liebesgeschichte aus (zu lange)

Na ja, wenn man bedenkt, dass Harry anfangs noch ein Kind war und das Buch auch für Kinder geschrieben ist, stört die fehlende Liebe anfangs nicht wirklich. Und ich persönlich halte eh nicht viel von diesem Teenager-Gebalze ... Vielleicht bin ich einfach zu alt, um mich wieder in die Zeit der ersten Liebeleien hineinzuversetzen? *schulterzuck* Auf jeden Fall fand ich dieses schüchterne Getue nervtötend ...


Ja, bisher hatte ich in so ziemlich jedem von einer Frau geschriebenen Roman zumindest eine Liebesgeschichte entdeckt. Und auch ich erfülle dieses Klischee... In meinem ersten Roman gibt es sogar drei parallele Liebespaare, die sich entweder bereits gefunden haben oder sich noch finden  ::) Aber ich mag es halt. Es ist ein Ausgleich für die doch recht dramatische und etwas unsanfte Handlung.
Dabei habe ich aber alles im Repertoir, von wahren Männern und hilflosen Mädchen, bis hin zu unerfahrenen Jünglingen und selbstbewussten Frauen *hust hust* Obwohl ich rein von den Gedankengängen lieber aus der Sicht der Männer schreibe, weil die wesentlich unkomplizierter sind  ;)