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Die Sache mit dem dringenden Bedürfnis

Begonnen von Antigone, 01. Juni 2007, 09:21:29

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Shin

An diesem Punkt könnte man wieder diskutieren, wie weit sanitäre Bedürfnisse gehen. Für mich zählt auch Rasieren und Duschen. Und wie sich der Prota da vielleicht mal einen kleinen Schnitt zulegt oder sich das kalte Wasser aus einem Fluss holt, kann man nun wirklich bedenkenlos schildern.
"Sometimes all I'm ever doing is trying to convince myself I'm alive."
- Daisy The Great
"It's OK, I wouldn't remember me either."         
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Luna

Ich hatte mir da auch schon so meine Gedanken darüber gemacht. Bei mir wurden die Sachen von meiner Prota mal durchsucht und da fanden sich Baumwollstopfen darunter ;D.  Aber angekettet zu sein und die Tage zu bekommen, nun, das sind schon essentielle Probleme. Ich frage mich auch immer, warum derart Konstellationen kaum vorkommen und die Frauen in derart Situationen ausgerechnet immer "tagefrei" sind, aber vielleicht ist das einfach zu viel des Realismus, keine Ahnung. Vielleicht will das nur auch keiner gerne lesen, zumal es mit der eigentlichen Handlung nichts zu tun hat, aber trotzdem, es gehört doch zur Natur, dass...

KaPunkt

Zitat von: Shinya am 17. Mai 2011, 23:50:01
An diesem Punkt könnte man wieder diskutieren, wie weit sanitäre Bedürfnisse gehen. Für mich zählt auch Rasieren und Duschen. Und wie sich der Prota da vielleicht mal einen kleinen Schnitt zulegt oder sich das kalte Wasser aus einem Fluss holt, kann man nun wirklich bedenkenlos schildern.
Ja, nun, das hatte ich tatsächlich nicht gezählt. Ich dachte, hier geht es um die Themenbereiche, die auch im wirklichen Leben gerne eher umschrieben werden.
Bei mir wird fröhlich rasiert, gebadet, sich nach Seife und Bürste verzehrt, Haare gekämmt, Kleidung gewaschen und ausgesucht - ich bin halt doch ein Mädchen. (Und Ambiente LARPER  ;D )

Vielleicht lese ich die falschen Bücher, aber gerade bei den ganzen Frau verkleidet sich als Mann Schmonzetten, an denen ich nicht vorbeigekommen bin ist doch die 'Wie verstecke ich meine Regel?'-Thematik ein Dauerbrenner. Von Regelkrämpfen mal ganz zu schweigen.
Und muss ich hier wirklich noch MZB ins Feld werfen? Manchmal hat man das Gefühl, ganz Darkover hat PMS.  :ätsch:

Liebe Grüße,
KaPunkt
She is serene
with the grace and gentleness of
the warrior
the spear the harp the book the butterfly
are equal
in her hands.
(Diane di Prima)

Franziska

ich habe mich auch schon oft geärgert, dass das in Büchern so selten vorkommt. Prota luft tagelang irgendwo rum, oder reist, ohne anzuhalten. Frauen, die nie ihre Tage haben und immer in bester Form sind. Das ist einfach unrealistisch. Genauestens geschildert will das wohl niemand lesen oder schreiben. Aber man könnte ja z.B. Mal einbauen, dass ein Prota auf Reisen dringend muss, sich von der Gruppe absetzt, in den Wald und vom Feind überrascht wird oder so. Oder dass Frauen ihre Tage haben. Ich glaube, was ein Problem ist, würde man sich darüber Gedanken machen, würde einem auffallen, dass man gar keine mittelalterliche Welt hat, denn da war das einfach was ganz anderes. Die Leute haben überall hingemacht, wo sie gerade standen, die Frauen hatten keine Binden (das fällt mir schwer zu glauben) Man kann sich das heute einfach nicht mehr vorstellen. Wie das in den Städten gestunken haben muss. Würde man das realistisch beschreiben, würde das wohl keiner lesen wollen. Also bastelt man sich schön eine Welt, wo sie unsere heutigen Hygiene-Standards haben, auch wenn das vom Entwicklungsstand eigentlich unrealistisch ist. Hm, war etwas abseits vom Thema.

Ich habe auch eine Frau, die mal Regelschmerzen hat, auf der Flucht und deshalb geschwächt ist. In dem Buch "Eona" spielt das sogar eine zentrale Rolle, da sie sich als Mann ausgiebt und niemand merken darf, was los ist.

Darielle

#94
*sich mal in die Runde stellt und mit Händen gestikuliert*
Also ich müsste sowas eigentlich auch einbauen, aber ich habe sogar nur am Rand erwähnt, wenn mein Prota etwas gegessen hat. Er müsste bei der kargen Kost eigentlich totalen Hunger und auch Probleme mit der Verdauung haben, aber naja. ::)
Ich denke, es würde zwar dem Wordcount zuträglich sein, jedoch nicht dem Leser. Ich würde jedenfalls nicht gern (oder nur peinlich berührt) lesen, wenn sich mein Prota irgendwo hinhocken muss oder ähnliches. Auch das Waschen kommt bei mir völlig zu kurz, denn er hat gar keine Möglichkeiten dazu. Er ist ja quasi gekidnapped und hat nur dreckiges Wasser zum Trinken. Wenn er das auch noch zum Baden verwendet, verdurstet er ja. Das ist schwierig...

@ Franziska
Also Peter Berling hat das Thema mit der Notdurft mal angeschnitten in "Der Schwarze Kelch" - die Prinzessin Yesa ist mit ihrem Verlobten zu Pferd auf Reisen und sie kommen dann an einer Ruine an, wo sie sich etwas abseits unter einen Baum hinhockt. Aus der Ruine tauchen dann 3 Männer auf, die sie natürlich als leichte Beute betrachten, doch sie trickst sie aus und verletzt mindestens einen. Ist schon länger her, dass ich das Buch angefangen habe. Interessant fand ich die Szene auf jeden Fall.
Ich glaube aber, dass Berling das nur geschrieben hat, um den Plot zu füllen. Das ist ein monsterdickes Buch wo viel passiert und es ist reichlich bunt. Bei so vielen Charaktären geht dann das genaue Beschreiben von Tätigkeiten manchmal unter. Zumal man davon ausgehen kann, dass der Leser sich das auch denken kann.

Wie funktioniert das eigentlich bei Fantasy-Wesen wie Elfen oder Feen? Bei großen Druiden wirkt das sicherlich auch nicht toll und wenn der Drachenreiter seinem Reittier die Hinterlassenschaften wegräumen muss mitten in einer Stadt, das wäre für den Leser eher ein Hinderungsgrund. :D

Sprotte

Rebby hat keine Regelschmerzen (ich auch nicht, warum sollte also meine Heldin?), aber sie hat Ungeziefer und ärgert sich, daß sie sich nicht ausgiebig waschen kann, da sie *tadaaa* als junger Mann verkleidet herumrennt. Sie beklagt ihren zunehmenden Körpergestank, uriniert versteckt in einem Gebüsch und gibt sich redlich Mühe, es laut plätschern zu lassen, um ihren Bewacher zu täuschen. Sie sieht Cajan neidblaß beim Baden zu. Sie wäscht Kleidung und flucht, weil sie das Blut nicht ganz rausbekommt.
Langt? Langt!

Mein lieber Kenna (gar nicht lieb, Mistkerl!  :pfanne:) liegt nach einer OP betäubt danieder. Und die Heldin darf ihn waschen und vor allem untenherum sauberhalten. Sie wäscht nur noch Tücher und tauscht diese alle naselang aus und ist sehr froh, als der Pflegling nach einigen Tagen keinen festen Abfall mehr absondert.
Langt ganz bestimmt. >:D

Maran

Och, die Frage ist einfach nur toll. Ich stellte sie mir, als ich so zwischen 6 und 10 Jahre alt war. Toller Film, aber müssen die nie auf´s Klo?

Fakt ist, die Antwort darauf ist mir bis heute verwehrt worden - naja, zumindest eine ernsthafte Antwort. Ich habe für mich entschieden, daß, da ich es selbst auf den Tod nicht leiden kann, wenn mich jemand bei meinem Besuch des stillen Örtchens beobachtet, es sowohl für Helden, wie auch für Schurken, völlig akzeptabel ist, daß man ihnen bei "dringenden Geschäften" nicht über die Schulter schaut. Und überhaupt: Wer will das schon?

Nun gut, wenn es für die storyline relevant ist, daß eigentlich intime Dinge nach außen hin evtl. verräterisch wirken könnten, dann ist es sicher sinnvoll, es zu erwähnen. Aber ansonsten lasse ich tunlichst die Finger davon. Auch Charaktere haben ein Privatsphäre.  ;D

Churke

Die Frage ist wie immer: Was will der Dichter damit sagen?
Im Krimi liest man so was ja normalerweise auch nicht.

In Serien wie "Rome" oder "Spartacus" lässt sich der Dominus von einer Sklavin den Pisstopf hin halten. Es gibt auch griechische Vasen mit solchen Szenen. Juvenal lästert über bezechte Weiber, die auf Gräbern pissen. Oder der berühmte Toilettenstuhl von Ludwig XIV, auf dem er Audienzen abhielt.
Wenn man was damit sagen will: Okay, gut. Aber erstens hat man nicht immer was zu sagen und zweitens kann man das Thema auch überstrapazieren.

Jade

Bei mir war das Thema "Tage" auch schon mal relevant. Als die Menstruation bei Nyrah eingesetzt hat, wurden ihre magischen Kräfte aktiv. Und sie war gerade auf einem Schiff mit genau einer anderen Frau. Da haben die dann halt darüber geredet und sie hat meiner Prosa was gegeben und basta.

Bei Aragon wird erwähnt, dass es irgendwann schwierig wurde, den Drachen im Wald zu verstecken, da die Häufchen immer größer wurden.

Sanne

Ich sehe das auch so - wer will schon so oft, wie "es" passieren würde in der realen Welt, in der fiktiven Welt über das "stille Örtchen" lesen?
Ich baue es immer am Rande mit ein, wenn es in der Situation gerade passend ist. Es sollte nicht ganz unter den Tisch fallen, aber man schreibt ja auch nicht über das Naseputzen oder Niesen andauernd - das würde doch die Geschichte auseinander reißen und einfach nur stören.

Im Schwert der Wahrheit gab es auch mal etwas Zentrales über Kahlaans "Tage". Dort spielte es aber im Zusammenhang mit einer Prophezeiung eine wichtige Rolle und der Leser wurde damit auch noch in die Irre geführt. Sie sollte ihn (Richard) "in ihrem Blute" verraten ... und sie tat es. Da passte es wunderbar rein.

Farean

Zitat von: KaPunkt am 17. Mai 2011, 23:46:23
Spielerin: "Die nehme ich alle mit!"
Ich: "Wie das denn bitte?"
Spielerin: "In meinem Rucksack!"
Ich: "Siebzehn Streitkolben?! In deinem Rucksack?"

:rofl: Erhebst du Copyright darauf, wenn ich das in meinem Rollenspielforum im "Schummelcamp" poste?

KaPunkt

Öhhh .... nein?
Aber du kannst ja nen link zu meinem blog mitposten.  :engel:

Schön, wenn er dir gefällt.   :vibes:
Meine Güte, ich fühle mich geehrt.

Liebe Grüße,
KaPunkt
She is serene
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the warrior
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(Diane di Prima)

Felsenkatze

@Farean: Wenn du noch mehr so Zeug brauchst, ich habe irgendwo eine Sammlung Pen & Paper Sprüche rumfliegen. :)

Sonst ... hm, ihre Tage hatten meine Heldinnen tatsächlich noch nie, auch wenn Lille ein bisschen Probleme hatte, weil sie *seufz* als Junge auftritt (allerdings gegen ihren Willen zunächst, das hat sie dann sicherheitshalber aufrecht erhalten). Allerdings äußerten die Probleme sich mehr darin, dass ihre lieben Schiffskollegen sie in ein Bordell mitgeschleppt haben.

Aufs Klo müssen sie auch nur, wenn es für die Handlung wichtig ist. Ist vielleicht ein bisschen konstruiert, aber Kaja in meinem neuen Thriller geht in die Büsche, damit ich sie von den anderen ihrer Entdeckergruppe trennen kann. Sonst ... keine Ahnung, gehe ich davon aus, dass sie das irgendwie schon geregelt bekommen. Wenn sie allerdings in einer "ich bin angekettet"- Situation wären, oder vielleicht in sehr offenem Gelände, würde ich vielleicht erwähnen, dass das ganze schwierig ist.
Oh, und natürlich gibt es in meinem Erster-Weltkrieg-Krankenhaus Nachttöpfe zu leeren und so was. Da das in die Zuständigkeit meiner Prota fällt, erwähne ich es, aber Beschreibungen müssen ja echt nicht sein.

Eine sehr schöne, einfühlsame Frau-bekommt-ihre-Regel-Szene gibt es in Arnulf Zittelmanns "Unterwegs nach Bigorra". Da die Protagonistin mit einem orthodoxen Juden reist, und sie unterwegs noch einen erblindeten Sarazenen aufsammeln (jaaa, klingt nach Klischee-Völkerverständigung, ist aber wirklich sehr gut und einfühlsam gemacht), bekommt sie echte Probleme, als sie ihre Tage hat. Sie darf dann nämlich - weil unrein - keinen von beiden berühren und muss 10 Meter oder so hinter dem Wagen gehen, mit dem Erfolg, dass der Sarazene, der sich auf ihre Führung verlassen hat, ständig in irgendwelche Hindernisse rennt. Sie beschließen dann, ihm einfach nicht zu sagen, was los ist. Das hat mir damals beim Lesen sehr gut gefallen und war auch nicht zu konstruiert - es hat sehr schön kulturelle Unterschiede illustriert.

Eluned

Hallo,
möchte mich auch mal einbringen, da ich über dieses Thema gestolpert bin.
Mich hat es von jeher fürchterlich gestört, dass in den wenigsten Romanen und Filmen diese Dinge Erwähnung finden. Dabei können sie außergewöhnliche Auswirkungen haben. So baue ich es immer irgendwie in meine Geschichten ein, am Rande oder auch mal wichtig. Aber immer so, dass den Hauptdarstellern der nötige Abstand vom zu privatem bleibt und sich die Leser nach eigenem Vermögen und Fantasie selber ihr Bild machen. Aber es ist und bleibt nun mal einwichtiger Bestandteil von uns Menschen. Ich mag es, wenn die Figuren auch menschlich sind, solange es niveauvoll geschieht.
Viele meiner Leser haben mir meine Gedanken bestätigt und finden ebenfalls gut.
Für mich ist das ähnlich gelagert wie die Sprache. In den meisten Hollywood filmen können sich die Leute sofort unterhalten, egal ob Jahrhunderte oder Jahrtausende dazwischen liegen, das hat mich auch schon immer genervt. Ich finde es spannend, wenn sich Menschen begegnen, die sich zuerst gar nicht verstehen können und erst einen Weg finden müssen, um miteinander zu kommunizieren.     

Felsenkatze:
Ja, das Buch und die Stelle fand ich auch schön beschrieben.

Gruß, Eluned

Rosentinte

Hallo,
also ich denke, es kommt ja auch sehr darauf an, was man schreibt und wie "abgehärtet" der Leser ist. Also ich denke, die Periode einer Frau, gehört da eher zu den unangenehmeren Themen und ich glaube, außer in plotrelevanten Situationen (eben die klassischen Frau-tut-so-als-wäre-sie-ein-Mann-Situationen) würde ich das nicht erwähnen.
Bei mir reißt sich ein Prota schön seine Wunde wieder auf, als er in die Büsche humpelt, um sich zu erleichtern. Da gibts natürlich Ramba-Zamba.
Also ich glaube, mich interessiert so was als Leser eigentlich weniger.
LG, Rosentinte
El alma que anda en amor ni cansa ni se cansa.
Eine Seele, in der die Liebe wohnt, ermüdet nie und nimmer. (Übersetzung aus Taizé)