• Willkommen im Forum „Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum“.
 

Rüstung angeknackst oder muss der Held glänzen?

Begonnen von Nycra, 23. April 2014, 13:38:06

« vorheriges - nächstes »

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Nycra

Ich habe schon gesucht, weil ich dachte, einen ähnlichen Fred gäbe es schon, doch keiner passte so genau zu dem Thema, auf das ich hinauswill. Falls die Mods anderer Meinung sind: Bitte verschieben! Ebenso, falls die Kategorie nicht stimmt.

Aus gegebenem Anlass wüsste ich gerne, wie ihr es seht, muss ein Held immer glänzen? Im konkreten Fall geht es um einen Liebesroman in Fantasysetting. Mein Held ist bislang eher ein tragischer gewesen. Er lebte zurückgezogen, hat Schrullen und Narben, mag sich selbst nicht besonders. Er ist kein Conan, sondern ein Adliger. Er kann sich prügeln (klar, er ist ja ein Mann = Klischee), zieht dabei aber durchaus Blessuren nach sich. Und ja, er weint, als er denkt, sein Ziehvater sei umgebracht worden (passiert einmal im Skript, dass ihm Tränen in die Augen treten).

Im konkreten Fall bekomme ich vom Lektorat jetzt aber ständig zu lesen: Der Held muss mehr glänzen.  :-\

Um ehrlich zu sein, widerstrebt alles in mir, dieser Pauschale zu folgen. Liebesroman hin oder her, es gibt in der Literatur auch absolute A...er, die von den Leserinnen angeschmachtet werden, von denen glänzt keiner. Und warum sollte ein Held nicht bluten oder weinen dürfen?

Daher wollte ich von euch wissen, wie ihr das seht. Ich bin der Meinung, dass auch die männliche Hauptrolle in einem Liebesroman durchaus emotional sein darf, natürlich so, dass es nicht gleich übertrieben wirkt. Oder findet ihr, der Held muss immer toll/gut aussehend/ein Kampfsportgenie/hyperintelligent/...(bitte beliebiges "glänzen" einfügen) sein?

Bin schon sehr auf eure Antworten gespannt, insbesondere von jenen, die sich im Liebesroman-Genre tummeln.

Klecks

Je realistischer der Held, desto besser. Ich finde es absolut in Ordnung, wenn ein Held blutet, weint oder wie auch immer "nicht glänzt". Umso beeindruckender ist es dann, wenn er zeigt, warum er der Held der Geschichte ist.  :)

Guddy

Mir wird nicht ganz klar, welches Glänzen du meinst: DAs optische Glänzen oder das charakterliche? Du sprichst beides an, fragst aber am Ende eher das charakterlich ab?

Ich persönlich mag ein zu starkes Glänzen nicht. Selbst mein sauberster, gepflegtester Prota wird dreckig - sei es Blut, Schweiß oder richtiger Straßenschmutz. Blessuren bleiben und heilen nicht auf wundersame Weise von heute auf morgen - es sei denn natürlich, er wird geheilt (wobei ich es ungern habe, wenn Magie zu allmächtig und "allheilend" wirkt).
Je nachdem, für welches Genre du schreibst oder wie sehr du dich dem unterordnen möchtest (was nicht so negativ gemeint ist, wie es klingt), kann zu viel Dreck natürlich hinderlich sein und es muss gekürzt werden.
Ich selber will den Dreck behalten, da ich es realistischer und "schöner" finde. Unnötig oder zu übertrieben muss es natürlich auch nicht sein.

Was charakterlichen "Dreck" angeht: Ist es nicht so, dass Charaktere mit Ecken und Kanten eh im Trend sind? Oder waren? Strahlemänner will doch seit Jahren schon niemand mehr sehen?
Wobei ich Strahlemänner mag, wenn man sie gekonnt einsetzt und auch ihnen etwas schmutziges hinter der weißen Westeangedeihen lässt.
Weinerliche Protas sind mir allerdings generell ein Gräuel, aber das ist Geschmacksache :)

Sternsaphir

Ich finde auch, je realistischer und menschlicher der Held wirkt, desto mehr kann man sich mit ihm identifizieren oder mit ihm fühlen.
Ein Held, der sowohl innerlich als auch äußerlich glänzt, wirkt schnell langweilig, weil er berechenbar ist, weil er eh der "Sieger" in welchem Sinn auch immer ist.
Ein Held, der eben nicht perfekt ist, weil er Fehler hat, macht die Geschichte spannender, weil man um ihn bangen kann, weil man mit ihm mitfiebert oder ihn trösten möchte.


Nandriel

#4
Zitat von: Nycra am 23. April 2014, 13:38:06
[...] Bin schon sehr auf eure Antworten gespannt, insbesondere von jenen, die sich im Liebesroman-Genre tummeln.

Hm, in diesem Genre kenne ich mich leider eher wenig aus, generell aber finde ich, dass ein Held heldenhaft sein muss - aber das ist klar zu unterscheiden von "glänzend". Insofern weiß ich ja leider weder etwas über deine Geschichte, noch über die genauen Kritikpunkte des Lektorats, aber ich will mal Vergleiche ziehen zu meinen geliebten Actionhelden (habe gestern Spiderman geguckt ;)):

- (Action-) Helden sind oftmals zu Beginn "glänzend" - und zwar nach außen hin (vgl. auch z.B. Thor!)
- dann fallen sie gehörig auf die Fre*** - sie bluten, weinen, sind dreckig, erleiden schreckliche Verluste und tragen heftige innere Konflikte aus.
- schließlich "glänzen" sie aber wieder - und zwar vornehmlich von innen. Weil sie eine Entwicklung durchgemacht haben, gereift sind.

[Edit: Vgl. hier Guddys Post, der kam dazwischen und erläutert das viel besser ;)]

Generell stört es mich, wenn Protagonisten als (v.a. äußerlich) perfekt dargestellt werden, ich empfinde das als ziemlich nervig. Aber: falls du vorhast, deinen Prota so richtig Staub fressen, ihn leiden zu lassen, dann ist die Fallhöhe natürlich umso größer, je "perfekter" er zuvor war. Und natürlich ist auch die Kluft zum Heldendasein am Ende umso größer, je "glänzender" dieses ausfällt. Aber: nicht zwangsweise im Sinne von klischeehaft schön, perfekt, männlich etc., sondern im Sinne von heldenmütig, das ist (für mich) ein riesiger Unterschied.

Hm, ich hoffe es wird halbwegs klar, was ich damit meine...   ::)

PS:
Ich lese gerne von Helden und gucke sie mir auch gerne auf der Leinwand an, gerne auch die tragische Variante. Es geht um das über-sich-hinaus wachsen, das den Helden vom Normalo (also mir) unterscheidet, aber eben nicht so sehr, als dass ich eine solche Wandlung mit ein wenig Anstrengung nicht auch vollziehen könnte... also im übertragenen Sinne natürlich, ich werde wohl niemals an Spinnweben rumklettern und so nen komisches Kostüm tragen ;) Das ist der Glanz, den ich meine.

HauntingWitch

#5
Nycra, ich bin völlig deiner Meinung. Wie gut ist dein Verhältnis zum besagten Lektor? Sonst könnte man ihn fragen, ob er lieber einen Schnösel mit gegelten Haaren oder einen richtigen Kerl hätte...  :hmmm: Nein, Quatsch beiseite.

Grundsätzlich finde ich, dass Helden gut aussehen und ein bisschen was drauf haben dürfen, denn wenn ich einen Roman lese, möchte ich ja vor der Realität fliehen. Aber sie müssen nicht. Ich bewundere Autoren, die es schaffen, einen wirklich hässlichen - sei es optisch oder auch charakterlich - Charakter glaubwürdig aufzuzeichnen, ihn vielleicht sogar gewissermassen sympathisch zu machen. Meine sehen nämlich zumindest für mein persönliches Empfinden immer gut aus. Aber ich achte darauf, das nicht zu übertreiben, keine leuchtenden Super-Ritter und Prince Charmings zu erschaffen, denn das finde ich erst recht unglaubwürdig. Blut, Schweiss, Narben, verwaschene Klamotten, Bierbauch oder Pickel auf der Nase sind nun einmal etwas Menschliches und machen die Charaktere lebensecht(er).

Zitat von: Nycra am 23. April 2014, 13:38:06
Um ehrlich zu sein, widerstrebt alles in mir, dieser Pauschale zu folgen. Liebesroman hin oder her, es gibt in der Literatur auch absolute A...er, die von den Leserinnen angeschmachtet werden, von denen glänzt keiner.

Das ist aber auch irgendwie Ansichtssache. Mein Lieblingsbeispiel aus "Supernatural", Dean, ist realistisch betrachtet ein frustrierter, teilweise selbstgefälliger, sich immer beweisen müssender Komplexhaufen. Trotzdem lieben die Fans ihn, warum? Er hat eine Menge Eigenschaften, die toll sind, wenn sie nicht von den anderen überlagert würden. Er rettet z.B. dauernd die Welt und seinen kleinen Bruder. Er ist witzig. Er kann zuschlagen, das ist doch sympathisch. Er tut alles für seine Liebsten. Nun, in gewisser Weise "glänzt" er also doch, auch wenn seine Rüstung offensichtlich strotzt vor Rost. Es kommt also darauf an, wie man es betrachtet, worauf man den Fokus legt. Darum können auch A...-Charas geliebt werden.

Exilfranke

#6
Ich würde sagen, es hängt davon ab, für welche Zielgruppe du schreibst und welche Zielgruppe dein Verlag bedient. Wenn dein Lektor für einen Verlag arbeitet, der sein Geld mit klassischen Schnulzen verdient, wird natürlich ein total authentischer, facettenreicher und vielschichtiger Protagonist eher deplatziert wirken. Bloß keine Experimente, der Held soll doch bitte den Typus Prinz auf weißem Ross verkörpern. Jedenfalls ist das der Gedankengang, den ich bei deinem Lektor vermute. 

cryphos

Das was an Helden glänzt ist meist nur der Lack oder aber es sind chromstarrende Maschinen. Ist der Lack erst ab, sind es normale Menschen oder aber es sind die Überhelden mit Superkräften, Zauberschwertern und und und. Brandon Sanderson schafft gerne solche Typen, die alles besser können als andere. Bei Sanderson haben auch die Helden kleine Macken, trotzdem stechen sie aus der Masse der Figuren oder der normalen Bevölkerung durch besondere Talente heraus.
Diese Stereoheldentypen finde ich langweilig. Die sind nur so tolle Helden wegen ihrer übermenschlichen Kräfte.
In die gleiche Kategorie fällt für mich Prof. Dr. langweilig Langdon von Dan Brown. Eine langweilige Wissensmaschine auf zwei Beinen, welche durch seine alles überragenden Wissensdatenbanken von der grauen Menschenmasse abhebt.

Das krasse Gegenteil findet man oft bei Hohlbein. Oft sind dessen Helden kaputte und im Leben gescheiterte Personen, welche sich durch ihre Probleme und die Bösewichte kämpfen (Druidentor, das Avalonprojekt um nur zwei aus dem Stegreif zu nennen). Typische Antihelden eben, aber genauso langweilig, wenn man das Schema durchblickt hat. Einer der Gründe, warum ich seit Jahrzehnten keinen Hohlbein mehr gelesen habe.

Interessanter finde ich da die Typen aus Tad Williams Romanen. Zum einen sind es eine Mischung aus den beiden obigen Sterotypen, andererseits lässt er normale Menschen agieren und durch ihre Taten zu Helden werden, siehe z.B. den Otherland Zyklus. Da gibt es Helden, die normale Menschen sind, welche durch äußere Zwänge in eine Rolle gepresst werden, wodurch sie in einem langen Prozess zu einem Helden geschmiedet werden. Am Ende dann stehen da die glänzenden Helden oder auch gebrochene Personen.

Letztere finde ich am glaubwürdigsten und auch interessantesten zum Lesen. Von daher stimme ich für eine ausgewogene Mischung und für authentische Charaktere.

Kati

Ich lese keine richtigen Liebesromane, eher Romantasy, aber ich würde einen Helden, wie du ihn beschreibst, sehr begrüßen. Ich würde so einen viel lieber mal lesen, als die ewig dunklen, nachdenklichen Typen, die ihre Freundinnen behandeln wie Dreck (wie lang sind die noch im Trend? Ich will mal was Neues...). Für mich müssen Helden erstmal gar nichts. Nicht glänzen, nicht gut aussehen, nicht stark und mutig sein. Es kommt ganz stark darauf an, wie der Autor diese Figur schreibt und rüber bringt. Du kannst auch noch den hässlichsten, unangenehmsten Kerl sympathisch darstellen - ich meine, wie viele Menschen haben Mitleid für Eric aus dem Phantom der Oper, obwohl er ein totaler Idiot ist, der im Keller wohnt, Leute ermordet und Frauen entführt? Es gibt bestimmt LeserInnen, für die es zum Abschalten reicht, wenn der Held eben der ewige wunderschöne starke Mann ist oder der gefährliche düstere Typ. Ich weiß nicht, ob der Verlag vielleicht auf so etwas zugeschnitten ist? Aber ich denke, viele LeserInnen würden eine andere Art von Held mal begrüßen. Und nichts, was du dir da ausdenken könntest, würde die Leute eventuell daran hindern, die Figur zu mögen, wenn du es richtig schreibst. Ich meine, es soll ja auch noch Leute geben die Jaime Lannister mögen...

Was ich aber auch ganz wichtig finde ist, dass du selbst sagst du hast ein ganz schlechtes Gefühl, das zu ändern. Ich veröffentliche nicht und ich bin noch idealistisch, aber ich würde wirklich sagen, dann mach es nicht. Natürlich muss man als Autor manchmal Dinge für einen Verlag anpassen und umschreiben, aber, wenn es einem wirklich so widerstrebt, dann gibt es irgendwo auch Grenzen. Am Ende ist es ja immer noch dein Buch, dein Name wird drauf stehen, und die Frage ist dann, wärst du mit dem Buch noch zufrieden, wenn du es ändern würdest?

Mogylein

Ich bin da zwar ganz bei den meisten hier, die sagen, dass Ecken und Kanten eine Figur erst so wirklich lebendig machen, aber ich denke, was deinem Lektor fehlen könnte, ist Identifikationsfläche. Denn keiner identifiziert sich gerne mit jemandem, der nur Schrullen hat und irgendwie immer quer kommt. Ein paar liebenswerte oder beneidenswerte Eigenschaften müssen schon sein. Es reicht auch, wenn unter all dem Schmerz durch die turbulente Vergangenheit nur mal durchblitzen lässt, dass innen drin ein guter Kern steckt.
Für den Leser keinerlei Identifikation zu bieten ist sehr riskant und funktioniert nur, wenn er so sehr von den Figuren fasziniert ist, dass er dennoch weiterlesen möchte. Darauf kann man mit einem total andersartigen, vielschichtigen Charakter zwar hoffen - mir wäre es aber zu riskant und ich würde versuchen, dem Charakter Eigenschaften zu geben, in denen der Standardleser sich wiederfinden kann.
   "Weeks of Writing can save you hours of plotting."
- abgewandeltes Programmiersprichwort

HauntingWitch

#10
Nur ganz kurz dazu:

Zitat von: Kati am 23. April 2014, 14:50:16
Und nichts, was du dir da ausdenken könntest, würde die Leute eventuell daran hindern, die Figur zu mögen, wenn du es richtig schreibst. Ich meine, es soll ja auch noch Leute geben die Jaime Lannister mögen...

Hier! Lustig, dass du gerade ausgerechnet den erwähnst, da habe ich vor 2 Sekunden noch dran gedacht, weil ich das in meinem vorherigen Post unter all den Aussehens-Beispielen völlig unterschlagen habe.  :rofl:

Das mit den Macken, die menschlich machen, gilt natürlich auch für den Charakter unserer werten Protagonisten (ich glaube, mein Dean-Beispiel geht ein bisschen in das hinein). Ich für meinen Teil finde nämlich diese vermeintlichen A...-Charas durchaus interessant, solange sie nicht nur das sind. Dieser Hype um diese Romantasy-Typen, die Kati anspricht, kann ich auch nicht nachvollziehen, aber nicht, weil sie fragwürdige Charaketerzüge haben. Sondern weil sie daneben nichts anderes an sich haben.

Jaime Lannister ist (zumindest soweit ich das als Martin-Anfänger bisher beurteilen kann  ;)) ein gutes Beispiel, denn er hat in meinen Augen eben beides. Auch wenn das Negative überwiegt, reichen die positiven Eigenschaften doch, um ihn zu mögen.

Edit: Mogylein war schneller.

Nycra

Erstmal danke für all die vielen Antworten. Ich wollte auch eigentlich ein bisschen weg von meinem Skript, es diente nur als Beispiel.

Es ging mir generell um eure Einschätzungen und davon habe ich einige bekommen. Es bestärkt mich auf jeden Fall darin, meine Helden (und damit meine ich Protagonisten, nicht wirklich Held wie in heldenhaft) weiter so aufzubauen, wie ich es bisher getan habe, denn auch die Betaleser mochten die Figur, so wie sie war - ungelackt, dreckig und mit Tiefgang.

Wenn ich das hier so lese, stelle ich fest, dass die meisten im Großen und Ganzen meine Meinung dazu teilen. Ein Held darf Fehler haben (körperliche, charakterliche, ich wollte mich da nicht wirklich festlegen). Einen gelackten Supermann braucht wohl aber keiner, sondern jemanden, der durchaus auch Tiefgang beweist.

@Hautingwitch/Exilfranke/Mogylein u.a. : Wie gesagt, das Lektorat soll nicht Grundlage der Diskussion sein, es geht mir wirklich mehr darum, die Tendenz herauszufinden, ob ich einfach nur ein verbohrter Autor bin, der vollkommen an der Leserschaft vorbei denkt (ich schreibe nun mal gerne das, was ich auch gerne lesen möchte) oder ob an meiner eigenen Argumentation etwas dran ist.

@cryphos: Genau die Figuren mag ich auch am Liebsten, Bro.  ;)

@Kati: Ich will dir keine Illusionen nehmen.  :knuddel: Es kommt wirklich auf Verlag/Genre/Zielgruppe an.

Guddy

#12
Wenn Dean genannt wird, MUSS ich einfach wieder was dazu sagen (hach, Dean, mein Lieblingsschnitzel  :wolke: );D Genau was Witch sagt, Dean ist ein wunderbarer Charakter für mich: Er ist vielschichtig, ohne zu sehr in ein Extrem zu schlagen, er hat negative, wie positive Seiten, ist angeknackst, ohne weinerlich zu sein, hat starke, wie schwache Momente. Er ist ein Held, der sowohl glänzt, als auch mal auf die Schnauze fällt. Er wird dreckig, ohne nur noch aus Dreck zu bestehen, fühlt Schmerz und Freude.
Kurz: Er hat verschiedene Facetten, wie jeder andere Mensch eben auch. Niemand wirkt in jeder Situation gleich und das ist es, was mich bei den meisten Protagonisten stört: Sie sind exakt so oder so, egal, was um sie herum geschieht. Die Schablone bleibt bei ihnen starr, ohne, wie es realistisch wäre, formbar zu sein. Die Schablone bliebe dann dennoch... sie wäre nur flexibel.


Ok. Das geht dezent zu sehr ins Offtopic ;)
Aber da ich diese dauernöligen Grummelkommissare mit Alkoholproblem nicht leiden kann.. bot es sich an *g*

Thaliope

#13
Von außen, ohne deinen Text zu kennen, ist es ja fast unmöglich einzuschätzen, an welcher Stelle zwischen überperfektem Held und ungewaschenem Ekelpaket du dich jetzt ansiedelst, deshalb ist es so schwer, einen sinnvollen Rat zu geben :)

Meiner Erfahrung nach sollten Helden in Liebesromanen (und das ist es ja nunmal) vor allem heldig sein :) Also, klar können sie innere Kämpfe ausfechten, Schwächen und eine dunkle Vergangenheit haben. Aber er muss trotzdem der HeldTM sein. Schließlich soll sich die breite Masse in ihn verlieben.

Ähnliches gilt fürs Aussehen: Er kann auch herbe, kantige Züge und die eine oder andere Narbe haben. Aber bei alldem ist es wichtig, unerlässlich, dass er ästhetisch beschrieben und dargestellt wird.

Der Kerl soll irgendwie echt wirken, aber bitte nicht zu echt, ein paar Kanten und Charaktertiefen, übersprüht mit Glanzlack, damit man sie leichter liebhaben kann. Damit ein ästhetisches, sinnliches Gesamtergebnis entsteht, auf das sich die breite Liebesromanleserschaft gern einlässt.

Sicher gibt es da Ausnahmen, aber nach meinem Eindruck wird in diesem Fall nicht unbedingt ein Ausnahmeroman von dir erwartet. Aber da kann ich mich natürlich auch irren.

Sehr schrullige Typen eignen sich vielleicht eher als Nebenfiguren, damit würdest du Fans von solchen untypischen Helden bedienen, ohne die Hauptzielgruppe zu verprellen. Nur so eine Überlegung ;)

LG
Thali

Zit

#14
Zitat von: Guddy am 23. April 2014, 15:23:10
Wenn Dean genannt wird, MUSS ich einfach wieder was dazu sagen (hach, Dean, mein Lieblingsschnitzel  :wolke: );D Genau was Witch sagt, Dean ist ein wunderbarer Charakter für mich: Er ist vielschichtig, ohne zu sehr in ein Extrem zu schlagen, er hat negative, wie positive Seiten, ist angeknackst, ohne weinerlich zu sein, hat starke, wie schwache Momente. Er ist ein Held, der sowohl glänzt, als auch mal auf die Schnauze fällt. Er wird dreckig, ohne nur noch aus Dreck zu bestehen, fühlt Schmerz und Freude.
Kurz: Er hat verschiedene Facetten, wie jeder andere Mensch eben auch. Niemand wirkt in jeder Situation gleich und das ist es, was mich bei den meisten Protagonisten stört: Sie sind exakt so oder so, egal, was um sie herum geschieht. Die Schablone bleibt bei ihnen starr, ohne, wie es realistisch wäre, formbar zu sein. Die Schablone bliebe dann dennoch... sie wäre nur flexibel.

Mal von den lächerlichen Momenten der Serie abgesehen -- Dean ist und bleibt ein männlicher Mann. Klar hat er Macken und Schwächen, aber normalerweise ist er der mit der großen Klappen und den flotten Sprüchen, der weiß, wo es lang geht, das ganze dann auch deutlich kommuniziert (gerade am Anfang -- da gabs doch ständige Quengeleien von Sam, weil der sich so untergebuttert gefühlt hat, zuerst von ihrem Dad, dann von Dean) -- und letztlich knallhart einem Vampir mit der Kreissäge den Kopf absäbelt. Trotzallem ist Dean lange Zeit ein Macho. Genauso wie Sam lange Zeit bissl weich ist. Das ändert sich im Laufe der Serie und durch die vielen Erfahrungen der zwei dreht sich das Muster "guter Bruder -- böser Bruder" um. Aber nichts desto trotz bleibt Dean im Kern der Macho und eine Figur mit starkem Willen. (Anm.: Bin gerade bei Staffel 7.)

Und vll. fehlt das deinem Helden, Nycra? Dass er durch all die Schrullen und Blessuren (innerlich wie äußerlich), vll. realistischer wird, aber keine Projektionsfläche für Leserinnen bietet von wegen "von dem will ich mich beschützen lassen/ das ist einer, an dessen Schulter ich mich ausheulen kann/ der kann mich halten und auffangen/ etc. pp."? Vll. fehlt ihm auch die/ der innere Stärke/ starke Willen?
Trotz aller Innovationen -- es ist doch ein Genreroman und so ein bisschen männliches Klischee darf doch sein, nicht? ;D
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt