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Crowdfunding II: TiZi-Verlage

Begonnen von FeeamPC, 30. März 2014, 11:56:48

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FeeamPC

Liebe Tintenzirkler, ich habe mit Mondwölfin auf der Buchmesse über Crowdfunding gesprochen (das hier ja durchaus kontrovers diskutiert wird), und wir wollen wahrscheinlich ein Experiment machen.

Es geht um Bücher, die in jedem Fall erscheinen sollen, aber ... mit Crowdfunding soll ihr Erscheinen verbessert werden.
Und es läuft auf ein gemeinsames Projekt mehrerer Verlage heraus.

Sagen wir zum Beispiel, Verlag A hat ein Manuskript, kann aber finanziell nur das Ebook stemmen. Verlag B hat ein Buch, das als normales Taschenbuch erscheinen soll, das er aber gerne mit farbigen Illustrationen aufpeppen würde. Verlag C hat ein Buch, das als Ebook oder Taschenbuch ganz passabel läuft, dem er gerne eine Hardcover-Ausgabe gönnen würde.
Dabei wäre es vermutlich am besten, wenn diese Bücher zumindest alle dem gleiche Genre zugehören, also z.B. Erwachsenen-Fantasy, oder Jugend-Fantasy. Oder zumindest thematisch ähnliche Genres.
Ja, ich weiß, hier werden ein bisschen Äpfel mit Birnen verglichen. Es geht aber ja erst einmal ums Prinzip, und ich möchte Input von Euch.

Diejenigen, die mitmachen , wissen also, dass das Buch in jedem Fall erscheint. Sie können sich selbst aussuchen, welches Buch sie im Falle eines Erfolges gerne gedruckt in den Händen halten möchten (die anderen bekämen sie mindestens als Ebook). Und bei größeren Fördersummen bekämen sie entsprechend mehr Bücher, entweder von einem Titel mehrere Bände (zum Verschenken), oder von allen geförderten Büchern je einen.

Es wird natürlich auch genau angegeben, ab welcher Förderstufe welches Projekt verwirklicht werden kann.

Jetzt brauche ich euren Input. Hätte in euren Augen so ein Projekt Chancen, würdet ihr euch damit wohlfühlen können, und vor allem, was wäre aus eurer Sicht notwendig, damit das Projekt aus Autorensicht eine runde Sache wird?

Tanrien

Ich finde es fraglich, ob den Lesern diese Extras wichtig genug erscheinen? Ich meine, das wäre ja der Idealfall und nicht, dass das dann die Autoren und deren Verwandte/Freunde/Bekannte selber finanzieren. Wir haben ja leider noch keinen richtigen Crowdfunding-Thread über die ganzen erfolgreichen Projekte, aber die, die ich kenne, sind eigentlich entweder von eh schon bekannten Leuten oder über bekannte Themen, oder über Nischenthemen (gibt ganz viele queer/POC-Bücher, die sich über Crowdfunding finanzieren), oder haben einen moralischen Aspekt, der sich aber meistens mit einem Nischenthema verbindet, beispielsweise dass ein Verleger einer Anthologie über queere Frauen im 13. Jahrhundert seine Autoren bezahlen möchte. Dass auch "reguläre" Bücher okay laufen, hat Fianna ja im anderen 100fans-Thread gesagt, aber selbst da geht es ja nicht nur um die Extras.

Ich muss sagen, dass ich das Projekt am okay-sten finde (ich finde es nicht so gut, dass alles über Crowdfunding laufen zu lassen was vorher reguläre Verlage gestemmt haben, wenn es nicht um Nischenprojekte geht, vielleicht, weil sich ja sonst nie eine Struktur herausbildet), weil es ja eben um Extras geht, die auch was besonderes sind. Allerdings, ja, ich weiß halt nicht, ob das ausreicht? Gibt es vielleicht ähnliche Crowdfunding-Projekte mit solchen Extras, die erfolgreich waren? Das könnte man ja mal nachgucken.

gbwolf

Auf jeden Fall ist das Thema derzeit sogar omnipräsent: http://forum.tintenzirkel.de/index.php/topic,14285.0.html (Ich habe hier einen extra Thread eröffnet, weil es mit Fees Frage nur indirekt zu tun hat.)

Persönlich finde ich Crowdfunding eine großartige Idee - eben für die angesprochenen Nischenprodukte und besonderen Sachen. Auch hätte ich kein Problem damit, wenn Kleinverlage das eine oder andere Sonderprojekt dadurch stemmen, bzw. verbessern (Print zum eBook dazu, Einkauf professioneller Lektoren, statt Hobbyautoren) können - erst recht, wenn sie miteinander Kooperieren, um ihr gemeinsames Know How zu nutzen.
Negativ stehe ich dem nur gegenüber, wenn ein Verlag sein Programm nicht mehr aus eigenen Kräften stemmen kann, also eh am Markt vorbei produziert, und dann versucht, über Crowdfunding auszugleichen, dass sein gesamtes betriebswirtschaftliche Konzept so nicht funktioniert.

Ob die Menschen wirklich bereit sind für "normale" Fantasyromane finanziell in die Breche zu springen? Das sehe ich ähnlich skeptisch wie Tanrien. In den Bereichen Fantasy und Kinder-/Jugendbuch scheint es mir so zu sein, dass zumindest noch in den nächsten Jahren die Präsenz im Buchhandel die wichtigsten Verkaufsmerkmale sind.

Alana

Ich finde da eine Unterscheidung sehr wichtig: Wenn der Verlag das Crowdfunding übernimmt, weil er an ein Projekt glaubt, und dieses mit einem professionellen Cover ausstatten will (meiner Meinung nach eine der wichtigsten Investitionen überhaupt) oder eine Druckauflage machen will, wo es sonst nur E-Books gäbe etc. dann finde ich das Konzept in Ordnung.
Wenn der Verlag den Autor dafür einspannt, dann finde ich das nicht in Ordnung. Außerdem muss man sich als Verlag glaube ich wirklich sehr gut überlegen, ob man diesen Schritt gehen will. Denn egal wie man jetzt persönlich das Crowdfunding einschätzt, es hat einen negativen Beigeschmack. Die Frage ist, kann man wirklich so viel damit erreichen, dass man die möglicherweise entstehende Rufschädigung in Kauf nimmt?
Wobei es wie gesagt für mich etwas ganz anderes ist, wenn der Verlag quasi nach Investoren sucht, als wenn er den Autor dazu bringt, 100 Vorbesteller aufzutreiben.
Alhambrana

Fianna

Zitat von: FeeamPC am 30. März 2014, 11:56:48
Diejenigen, die mitmachen , wissen also, dass das Buch in jedem Fall erscheint. Sie können sich selbst aussuchen, welches Buch sie im Falle eines Erfolges gerne gedruckt in den Händen halten möchten (die anderen bekämen sie mindestens als Ebook).
Also um nochmal bei dem Beispiel zu bleiben... Wenn ich jetzt Interesse an dem Hardcover von Projekt C habe oder speziell an einer illustrierten Ausgabe von Projekt B, ist es doch schwierig zu realisieren, dass ich genau dieses Buch bekomme. Wenn jetzt nur die Fördersumme von Stufe A/Projekt A erreicht wird, nutzt es mir nichts, dass ich die illustrierte Version von B toll fände, dann kann ich es nur ohne Illustrationen erhalten.
Oder wenn ich unbedingt die Hardcover-Version von C haben will, soviel kommt aber als Fördersumme nicht zusammen, dann schaue ich in die Röhre, wenn mich A und B nüscht interessieren.

Außerdem bestünde so die Gefahr, dass viele Unterstützer, die sich für ein bestimmtes Projekt interessieren, vielleicht warten bis die restlichen Projekte gefördert sind, bevor sie ebenfalls Unterstützer werden. Und falls es dazu nicht kommt, eben nicht dieses Projekt unterstützen.


Obwohl es als Gemeinschaftsaktion geplant ist, denke ich schon, dass die meisten Leute (die sich vielleicht nicht für alle 3 Teilprojekte gleichermaßen interessieren) es eher als 3 getrennte Projekte wahrnehmen.

FeeamPC

Es gibt ja Crowdfunding mit flexiblen Zielen. Man könnte also Level definieren. Level 1: Die Bücher werden auf jeden Fall ebooks plus gedruckte Auflage, mit einer vorher spezifizierten Ausführung. Wobei dieses Level sehr niedrig liegen kann. Nach meinen Berechnungen könnte man mit nur 100 Investoren bereits sinnvoll starten. denn, wie gesagt, es geht um Bücher, die der jeweilige Verlag ohnehin herausbringen wird, also sind Finanzierungen von Lektorat und Korrektorat Vorleistungen
Level 2: Bei Buch 1 gibt es vielleicht 3 farbige Illustrationen innen, bei Buch 2 gibt es einen speziellen Cover-Künstler, bei Buch 3 wird das teurere Bilderdruck-Papier für bessere Qualität verwendet. Nur so als Beispiel.
Level 3: Luxus-Ausgaben aller drei Bücher mit Hardcover .Ebenfalls nur so als Beispiel.
Klar, der Investor investiert nicht in ein bestimmtes Buch. Andererseits sind derartige Dinge z.B. beim "Humble Bundle" (was nicht Crowdfunding ist, sondern da kauft man einfach ein Paket verschiedener Bücher) durchaus von Erfolg gekrönt.
Und hier bekommt der Investor ja in jedem Fall bei Erfolg das Buch, das ihm persönlich gefällt. Oder die Bücher. Je nachdem.

Wie gesagt, sind noch Ideen im ersten Stadium, noch nicht fertig ausgebrütet.

Fianna

Oh, das war mir vorhin nicht klar. Also in jeder Stufe tut man was für alle Bücher... Dann fände ich das als Crowdfunder zumindest schon mal gut :)

Zit

Zitat von: Alana am 30. März 2014, 14:43:24Wenn der Verlag den Autor dafür einspannt, dann finde ich das nicht in Ordnung.

Ich versteh den Unterschied nicht, warum es in Ordnung ist, die Leser vorher zur Kasse zu bitten, den Autor aber nicht. So oder so ist und bleibt es DKZ. Wer das nun bezahlt (jeder andere, nur nicht der Verlag), ist nicht ausschlaggebend, finde ich.
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt

Fianna

Würde man auch sagen, dass ein Verlag seine Bücher mit DKZ finanziert, wenn er es über einen Bankkredit finanziert?

Das ist das Crowdfunding doch irgendwie: man spendet nicht einfach etwas, und hat ein gutes Werk getan, sondern bekommt eine Gegenleistung. Wichtiger Kritikpunkt an Crowdfunding-Aktionen und eine sehr wichtige Überlegung für Starter ist die Art der Gegenleistungen.
Dadurch, dass deren Wert von solcher Bedeutung ist, hat es nicht unbedingt etwas mit einer Spende zu tun. Ein bisschen erinnert mich das an Mikrokredite, nur dass hierbei der Kreditgeber sich bereit erklärt, nicht den exakten Geldwert zu verlangen, sondern eine andere Gegenleistung, die ihm vorher bekannt ist.

Zit

#9
Ich würde dir gern darauf antworten, allerdings würde das hier den Rahmen sprengen. Ich denke, wir brauchen einen allg. Crowdfunding-Thread.
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt

Alana

#10
Ist fuer mich nicht das Gleiche. Der Verlag sucht Investoren. Das ist vollkommen legitim. Ich muss allerdings auch sagen, dass ich es besser fände, wenn es ohne ginge. Wenn ich sehe, dass ein Verlag Crowdfunding betreibt, macht mich das erstmal misstrauisch. Wenn ein Selfpublisher CF macht, finde ich das hingegen okay. Er sucht dann halt Investoren fuer sein Geschäft.
Alhambrana

Fianna

Zitat von: Zitkalasa am 30. März 2014, 17:42:21
Ich würde dir gern darauf antworten, allerdings würde das hier den Rahmen sprengen.
Den Rest hast Du grad weg editiert. Aber ich denke, die eigentliche Frage zum Unterschied Autor/Leser ist schon geklärt:
ein DKZ verlangt Geld vom Autor.
ein Crowdfunding-Projekt wirbt um das Geld von Mikro-Investoren.
ein Verlag verkauft sein Werk an Leser.


Ich kann z.B. auch ein Theaterprojekt in Bayern crowdfunden, dass ich garantiert niemals besuchen werde, weil ich den Hintergrund toll finde. Ebenso ist es mit Buchprojekten. Crowdfunder, die das unterstützen, sind nicht gleich den Lesern. Natürlich gibt es eine Schnittmenge zwischen Unterstützern und Lesern, aber die muss nicht mal besonders groß sein.
Wenn jemand z.B. jeden Monat x € für Crowdfunding ausgeben will, kann der durchaus ein phantastisches Buch-Projekt unterstützen (weil er die Phantastik an sich unterstützen will), obwohl er nicht zu den Lesern zählt.

Neben den Leuten, die extra für ein Projekt mobilisiert werden und an exakt diesem Projekt ein genaues Interesse hegen, besteht die Crowdfunding-Community aus Leuten, die sich da dauerhaft engagieren - und das müssen dann nicht unbedingt Besucher bzw. Leser eines Projektes sein.

Die Gleichsetzung "Unterstützer=Leser" ist mir da also zu kurz gedacht.

Mogylein

Meiner Meinung nach wird der Großteil der Unterstützer aus dem Freundeskreis der Autoren kommen - wenn es sich um Autoren handelt, die nicht bereits berühmt sind oder das Thema einen stark gewünschten Nischenplatz abdeckt. Für mich fühlt es sich in der Situation nicht anders an, als würde der Autor bei all seinen Freunden nach Spenden betteln, um im DKZ-Verlag zu veröffentlichen.


@Fee: Ich würde das Projekt gut überdenken und auf jeden Fall vorher gut abschätzen, dass die drei Romane in etwa gleich ansprechend sind, damit nicht einer 200€ spendet, in der Hoffnung, Projekt B als Hardcover-Specialedition zu kriegen und dann schafft ihr doch nur die erste Hürde und der Unterstützer ist maßlos enttäuscht.
Ausserdem musst du dir bewusst sein, dass Crowdfundin z.Zt. sehr heftig diskutiert wird und unter Umständen dem Ruf deines Verlags schaden kann. Aber ich denke, darüber hast du schon nachgedacht.
   "Weeks of Writing can save you hours of plotting."
- abgewandeltes Programmiersprichwort

FeeamPC

ich habe ja schon an anderer Stelle mal gesagt, dass ich gerne mal ein richtig schönes Handcover produzieren würde, so in der Art, bei der alle Buch-Ästheten feuchte Augen kriegen. Das sprengt allerdings für einen Kleinverlag jeden nur denkbaren Rahmen, und ich habe keine Lust, dass das Finanzamt meinen ganzen Verlag plötzlich als Liebhaberprojekt einstuft.
Crowdfunding würde dieses Dilemma elegant lösen. Es ist eine Art Subscription, und die ist im Verlagsgewerbe Jahrhunderte alt.

Und nein, es sind nicht die Freunde und Verwandten der Autoren, auf die das Projekt abzielt. Warum auch? Die Bücher werden ja ohnehin erscheinen, nur halt einfacher gestaltet. Der Autor kriegt in jedem Falle bei mir sein gedrucktes Buch, egal, ob er einen Finger rührt oder nicht. (Nur für den Abverkauf in einem Kleinverlag ist es halt deutlich günstiger, wenn auch der Autor aktiv wird, aber ich gehe immer davon aus, dass das nicht jeder kann und dass das nicht jedem liegt. Mein Verlags-Risiko, halt.)
Über Crowdfunding will ich einfach etwas Luxuriöses produzieren, jedenfalls im Verhältnis zu den normalen Taschenbüchern. Ein haptisch und optisch schöneres Buch.
Und Luxus kann sein, muss aber nicht. Schön ist er trotzdem.

treogen

Zitat von: Zitkalasa am 30. März 2014, 16:54:16
Ich versteh den Unterschied nicht, warum es in Ordnung ist, die Leser vorher zur Kasse zu bitten, den Autor aber nicht. So oder so ist und bleibt es DKZ. Wer das nun bezahlt (jeder andere, nur nicht der Verlag), ist nicht ausschlaggebend, finde ich.

Sorry, da an dieser Stelle muss ich nun doch mal ganz entschieden protestieren.
Es ist sehr wohl ein Unterschied, ob der Autor etwas vorab finanziert oder der Leser bzw. Zwischenhändler.
Die Vorabfinanzierung durch Leser und Zwischenhändler ist eines der wichtigsten Geldmittel, was Verlage habe - und zwar nicht erst seit Crowdfounding, sondern schon immer.
Ich sage nur: Subskriptionspreis, Verlagsvorbestellungen, garantierte Buchhandelsabnahmen.
www.verlag-torsten-low.de

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