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Warum sich etwas verkauft...

Begonnen von HauntingWitch, 25. März 2014, 15:08:28

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Belle_Carys

ZitatMir ist es nicht egal. Für mich ist Literatur eine Kunstform (auch ein Handwerk natürlich, aber vorwiegend Kunst) und Kunst hat immer etwas mit Leidenschaft zu tun. Ich bin schliesslich aufgrund von Gefühlen Fan einer bestimmten Kunst oder eines bestimmten Werkes und daher mit Leidenschaft dabei. Ich empfinde es als beleidigend und respektlos, wenn der Schöpfer dieses Werkes, das in mir so viel auslöst, nun kommt und sagt: "Kümmert mich nicht, was du denkst, Hauptsache du bringst das Geld." Das tut jemand, der sein eigenes Genre hasst, im übertragenen Sinne. Es geht ihm nur ums Geld. Da fühle ich mich als Fan gelinde gesagt veräppelt. Ausserdem lebt er (ob nun finanziell oder im Sinne einer künstlerischen Existenz) von ebendiesen Gefühlen, die ich als Fan habe, denn sonst würde ich ja seine Sachen nicht kaufen und ihm mein Geld nicht bringen. Wenn das derart mit Füssen getreten wird, verdirbt mir das den Genuss des Werkes weitestgehend, wenn nicht gar völlig. Deshalb finde ich es wichtig.

Diesen Anspruch können wir ja nur haben, weil wir mittlerweile die Möglichkeit haben unseren Autoren auf Schritt und Tritt zu folgen. Kein Mensch weiß ob Shakespeare gern gemacht hat was er tat oder weil es das Essen auf den Tisch gebracht hat (ich gehe an dieser Stelle einfach mal davon aus dass der gute Mann als tatsächliche, schreibende Einzelperson existiert hat).

Du implizierst damit, dass der Wert eines Kunstwerkes von der eigegangenen Emotion abhängig ist. Ich möchte dem die These entgegen setzen dass der Wert eines Werkes sich aus der Emotion generiert, die es auslöst. Du findest ein Buch wahnsinnig toll, hast es Seite um Seite verschlungen, hast mit den Charakteren gelitten, bist vom Ende überrascht worden und es lässt und lässt dich nicht los. Drei Wochen später liest du ein Interview mit dem Autor der sagt, dass er das Buch eigentlich nicht mag, ihm der Prozess keinen Spaß gemacht hat, aber im Großen und Ganzen scheinbar etwas ganz vernünftiges draus geworden ist, und es ist ja nun mal sein Beruf zu schreiben.

Sich jetzt betrogen zu fühlen ist, finde ich, die falsche Haltung. Davon dass es dem Autor keine Freude bereitet hat wird das Buch nicht schlechter. Und davon dass ich eine Emotion nicht so empfinden kann wie meine Charaktere, wird die beschriebene Szene nicht weniger echt, denn andere Leute - wie vielleicht meine Leser - können es.

Zudem, die Aussage der Autor lebe ja schließlich von deinen Emotionen als Fan dreht die Sache doch irgendwie genau auf den Kopf. Die Ausgangsfrage war: Was verkauft sich? Die logische Antwort ist: Was der Leser will. Wenn ich jetzt schreibe, was ein Leser will, mich dahin gehend vielleicht sogar ein bisschen verbiege, weil ich WEISS (oh ich Glückliche...  ;D) was das ist, und besagter Leser findet das am Ende raus und wirft es mir vor und kauft meine Bücher NICHT mehr... ja da beißt sich doch aber die Katze in den Schwanz.

Ich glaube auch, man muss ein bisschen unterscheiden ob es um Literatur geht oder um Belletristik. Damit will ich jetzt um Gottes willen keine Diskussion um Elite, Höhenkammliteratur und die dumme breite Masse lostreten. Aber es gibt einfach einen Unterschied zwischen dem Schreiben einer Elfriede Jelinek und einer J.K.Rowling. Das ist keine qualitative Wertung. Das ist einfach eine Tatsache. Massentauglichkeit und experimenteller, hoher künstlerischer Anspruch schließen sich bis zu einem gewissen Grad einfach aus, weil sie letztendlich unterschiedliche Ziele haben (ich weiß dass die Grenzen fließend sind und das jetzt sehr abstrahiert ist, aber alles andere würde in einem Essay enden, also bleiben wir aus Gründen der Anschaulichkeit bei Verallgemeinerungen).  Das geschriebene Wort kann einmal als Kunst genossen werden, die die Welt reflektiert und zumeist in hohem Maße abstrahiert und kritisiert, zum anderen aber auch als Unterhaltung, die eine Flucht aus eben dieser Welt möglich macht (was die Möglichkeit, auch hier kritische Untertöne anzubringen, ja nicht direkt negiert). Und da wir allle wissen, dass die Welt an und für sich nicht immer und nicht für jeden zum allerbesten steht, wird sich meiner Meinung nach der Teil, der dem Unterhaltungssegment zuzuordnen ist, immer besser verkaufen.

Das sagt nicht zwingend etwas über Qualität aus. Weder positiv noch negativ. Es verdeutlicht höchstens, wonach Menschen sich sehnen, nämlich nach etwas das sie nicht haben und nicht sind.

Ich selbst habe mit vielen Bestsellern ein Problem. Das liegt aber nicht in erster Linie an flachen Charakteren, vorhersehbaren Plotstrukturen oder dem Gefühl, das alles so schon einmal gelesen zu haben. Das Gefühl habe ich fast immer, weil wir alle - egal ob wir sie als Aliens, Orks oder Elben verkleiden - ultimativ über, und vor allem in unserem Dasein als Menschen, schreiben. Was mich stört ist die Tatsache, dass die geprägten Plotlinien häufig festgefahrene Rollenbilder und Strukturen transportieren. Aber das ist ein Thema für einen anderen Thread den ich vielleicht mal aufmache.

Letztendlich hat Snö mit ihrem Zitat, dass die Verlage es ja selbst nicht wissen, völlig Recht. Keiner kann vorhersehen was sich verkauft und was nicht. Vor SoG hätte vermutlich keiner damit gerechnet dass sich so etwas verkauft und in der Öffentlichkeit von "gutbürgerlichen" Damen gelesen wird. Jetzt ist es passiert, wir schütteln den Kopf darüber aber der Trend ist gemacht und die Tür offen für (im Idealfall wesentlich bessere) Bücher dieses Genres.

Am Ende tut man vermutlich einfach gut daran sich hinzusetzen und zu schreiben was man will. Das dürften die meisten anderen Autoren, die letztendlich Erfolg hatten, auch getan haben. Ob man dann noch ein bisschen Kalkül dahinter stellt oder nicht, sollte jedem selbst überlassen sein.

HauntingWitch

Zitat von: Kati am 26. März 2014, 15:37:54
Witch: Das Bildnis des Dorian Gray ist eigentlich ein wunderbarer Zeitspiegel des späten neunzehnten Jahrhunderts und heute so eigentlich NICHT mehr ganz so aktuell.  :versteck:

Historisch kennst du dich da besser aus als ich. ;) Ich meinte jetzt in diesem Fall auch mehr die psychologischen Inhalte, wie die der Schöne mit dem verdorbenen Charakter oder die Art und Weise, wie Lord Henry Einfluss auf Dorian nimmt oder wie er sein Liebchen (wie hiess die noch gleich?) behandelt. Das sind alles Dinge, die es immer noch gibt. Sie zeigen Menschen, wie es sie immer noch gibt und vermutlich auch immer geben wird. Auch wenn sie sich heute in anderem Umfeld bewegen und sich manche Intrigen vielleicht auf etwas andere Art abspielen; Der Gedanke dahinter bleibt derselbe.

Das andere ist natürlich ein interessanter Punkt.  :)

Fianna

#32
Zitat von: Kati am 26. März 2014, 15:37:54
Witch: Das Bildnis des Dorian Gray ist eigentlich ein wunderbarer Zeitspiegel des späten neunzehnten Jahrhunderts und heute so eigentlich NICHT mehr ganz so aktuell.
Deswegen war für mich das Vorwort das Beste an dem Buch (das klingt gemein, ist aber nicht so gemeint, es ist wirklich ein lustiges Vorwort).
Ich habe es nach 1/4 oder so abgebrochen weil ich den Eindruck hatte, es gibt da lauter Anspielungen, die ich einfach nicht verstehe. Ohne diese zugehörigen Hintergrundkenntnisse fand ich es langweilig.

Kati

Natürlich gibt es das immer noch, wenn man es so lesen möchte. Aber an sich ist es halt ein Spiegel der oberflächlichen Gesellschaft im fin de siècle. Man muss ja gucken, wie das rezipiert wurde. Zu Erscheinen, Beginn der 1890er mochte den Dorian kaum einer, er galt als skandalös und unmoralisch. Das lag natürlich daran, dass die Leser damals viel besser zwischen den Zeilen lesen konnten, weil sie natürlich wussten, wie bestimmte Sachen damals codiert wurden. Und daran, dass sie ganz andere gesellschaftliche Strukturen hatten. Heute gilt der Dorian als Meisterwerk und wunderschönes Schauermärchen, also eine vollkommen andere Rezeption, jeder kennt die Geschichte. Aber zwischen 1900 und 1950 hat sich kaum einer damit beschäftigt. Jane Austen war im frühen neunzehnten Jahrhundert recht beliebt, dann fünfzig Jahre lang überhaupt nicht, kurz wieder zum Ende des neunzehnten Jahrhunderts und so richtig erst wieder ab den 1980ern oder 90ern. Was ich sagen wollte, bevor ich angefangen habe zu labern: Zeitgeist ist immer wichtig, auch bei Klassikern. Wenn ein Klassiker den Zeitgeist aus Versehen wieder trifft, wird er wieder gern gelesen. Aber kaum ein Roman wurde eben wirklich über Jahrzehnte und Jahrhunderte immer gelesen.

Dorian trifft vielleicht unseren modernen Zeitgeist wieder viel besser als den des Zweiten Weltkriegs, obwohl unsere Gesellschaft eine andere ist. Er wird ganz anders aufgefasst heute, viele lesen Wildes Gesellschaftskritik gar nicht erst raus, weil sie die Zeit nicht so gut kennen (was ja echt keine Schande ist) und dann bleibt ein schönes Schauermärchen über, wo eigentlich noch viel mehr ist, was aber teilweise auch wegfällt, weil es gesellschaftliche Probleme anspricht, die heute keine mehr sind und die deshalb halt auch keiner mehr rausliest. Und das wird gerade ein bisschen off topic, deshalb einfach mal: Auch Klassiker verkaufen sich nicht immer gut und müssen den Zeitgeist treffen, um angesagt zu bleiben oder wieder zu werden.  ;D Deshalb fände ich es mal richtig interessant, ob Sachen wie Twilight oder Hunger Games in einigen Jahrzehnten ein Comeback als Klassiker haben und wie sie dann gelesen werden. Bestimmt ganz anders als heute. (Und Dorians Verlobte hieß Sibyl Vane. Das ist meine Lieblingsfigur in dem ganzen Roman.)

Fianna: Das Vorwort wurde ja hinzugefügt, weil alle das Buch als unmoralisch empfunden haben. Es wurden die wirklich pikanten Stellen ja auch nachträglich noch gestrichen, die sind bis heute nur in Spezialausgaben drin. Wo eben die Kritik zu laut wurde, das musste er hinterher rausnehmen und der Roman wurde ja nicht umsonst dazu benutzt, ihn später ins Gefängnis zu bringen.  :-X

HauntingWitch

Zitat von: Belle_Carys am 26. März 2014, 15:40:16
Sich jetzt betrogen zu fühlen ist, finde ich, die falsche Haltung. Davon dass es dem Autor keine Freude bereitet hat wird das Buch nicht schlechter. Und davon dass ich eine Emotion nicht so empfinden kann wie meine Charaktere, wird die beschriebene Szene nicht weniger echt, denn andere Leute - wie vielleicht meine Leser - können es.

Doch, für mich schon. Ich kann dann nicht mehr einfach sagen: XY ist ein gutes Buch. Ich denke automatisch, XY fand ich ein gutes Buch, aber... Und dieses Aber, das wertet das Buch ab. Wie gesagt, das ist persönliches Empfinden. Dir scheint es da anders zu gehen und das ist auch in Ordnung. Es ändert nur meine Meinung nicht.

Zitat von: Belle_Carys am 26. März 2014, 15:40:16
Zudem, die Aussage der Autor lebe ja schließlich von deinen Emotionen als Fan dreht die Sache doch irgendwie genau auf den Kopf. Die Ausgangsfrage war: Was verkauft sich? Die logische Antwort ist: Was der Leser will. Wenn ich jetzt schreibe, was ein Leser will, mich dahin gehend vielleicht sogar ein bisschen verbiege, weil ich WEISS (oh ich Glückliche...  ;D) was das ist, und besagter Leser findet das am Ende raus und wirft es mir vor und kauft meine Bücher NICHT mehr... ja da beißt sich doch aber die Katze in den Schwanz.

Vielleicht habe ich mich nicht klar genug ausgedrückt. Ich finde es völlig in Ordnung, wenn ein Autor weiss, was sich verkauft, sonst hätte ich diesen Thread gar nicht erst aufgemacht. Ich finde es auch völlig in Ordnung, wenn er genau das schreibt. Solange er mit dem Herzen bei der Sache ist. Wenn man wie Snö (entschuldige bitte Snö, dass ich dich immer als Beispiel verwende ;)) gerne simple Plots mit Happy End Garantie schreibt, soll man das tun. Aber wenn man das schreibt, was sich verkauft, nur um zu verkaufen und nicht etwa, weil man es gerne tut, finde ich es nicht mehr in Ordnung. Wenn die Einfachheit einzig dazu dient, massentauglich zu sein, egal wie bescheuert man Massentauglichkeit selbst findet, ist das Werk eine Lüge und das ist eines der Dinge, mit denen man mich für immer vergraulen kann. Dass dieser Effekt natürlich ausbleibt, wenn ich gar nichts davon weiss, ist logisch.

Wenn jemand nicht gerne schreibt und es trotzdem tun muss (aus einem inneren Drang heraus), ist das wieder etwas anderes. Aber niemand zwingt einen dann, davon leben wollen zu müssen.

Belle_Carys

#35
ZitatAber wenn man das schreibt, was sich verkauft, nur um zu verkaufen und nicht etwa, weil man es gerne tut, finde ich es nicht mehr in Ordnung. Wenn die Einfachheit einzig dazu dient, massentauglich zu sein, egal wie bescheuert man Massentauglichkeit selbst findet, ist das Werk eine Lüge und das ist eines der Dinge, mit denen man mich für immer vergraulen kann.

Ich glaube aber doch dass das eher seltener der Fall ist. Also.. vermutlich ist es einfach oft so dass Leute, wie viele bekannte Autoren ja auch, erst einmal in einem Genre anfangen und es schreiben, um einen Fuß in die Tür zu bekommen und dann das zu machen was sie wollen. Wenn das nicht funktioniert und sie verbittert da hängen bleiben, ist das bedauerlich, aber ich wage an der Stelle auch zu behaupten dass sie dann innerhalb dieses Gebiets auch nicht das produzieren was tatsächlich sehr weit verbreitet gelesen wird.

Autoren wie Sparks, die das eigene Genre und dessen Fans herabsetzen, sind glaub ich auch dankenswerterweise eher dünn gesäht (jedenfalls fällt mir sonst keiner ein). Was bei ihm aber vermutlich auch an der gnadenlosen Selbstüberschätzung liegt und mir doch eher ein generelles Arroganzproblem zu sein scheint und weniger mit fehlendem Interesse oder fehlender Begeisterung für das was er tut zu tun hat. Irgendwie macht er doch eher den Eindruck sich für den Messiahs des Genres zu halten ...

Und klar, das ist immer persönliches Empfinden, wenn dich eine Aussage eines Autors dann so sehr stört dass du das nicht mehr genießen kannst, dann ist das halt so  :)

Und natürlich muss jeder selbst entscheiden ob er jetzt das Schreiben zu seinem Broterwerb machen will oder nicht. Mein Beispiel war auch eher so gedacht dass es eventuell ja auch einzelne Bücher gibt, die einem selbst dann halt trotzdem wesentlich weniger am Herzen liegen als dem Leser, aber man hat sie halt trotzdem fertig geschrieben und an den Markt gebracht weil man ja auch die eine oder andere vertragliche Verpflichtung hat. Ich bin einfach niemand der das Schreiben romantisiert. Das liegt mir nicht. Ich schreibe gern, aber die ganze Leidenschaftsgeschichte geht mir ab. Das ist aber auch etwas ganz persönliches  ;D (Also, nicht dass ich nicht auch immer wieder mal mit Herzblut dabei wäre, aber das ist einfach kein Dauerfeuer. Da ist eine grundsätzliche Begeisterung fürs Schreiben und immer mal wieder die Momente wo ich für meine Story wirklich brenne, aber oft genug ist es auch einfach Arbeit, weiter zu machen, auszubessern, neu zu schreiben, zu entwickeln. Prinzpiell wie in ner guten Beziehung...erstmal lodert die Leidenschaft und dann ist es doch irgendwie ein anderes Level auf dem sich die emotionale Bindung abspielt. Und manchmal find ich meinen "Partner" hatl auch einfach doof.)

Cailyn

Was im deutschen Sprachraum auch nicht vergessen werden darf, ist die Tatsache, dass man weniger auf deutsche Autoren setzt. Es kommt schon sehr, sehr viel aus dem englischen Sprachraum und wird übersetzt, wenn diese Werke in Amerika oder in den UK bereits ein Bestseller wurden.

Ich glaube schon, dass hier im Forum viel mehr Autorinnen und Autoren erfolgreich wären, würden wir z.B. in Amerika leben. Dort ist es viel einfacher, ein Buch an einen Verlag zu bringen. Es ist nicht einfacher, damit auch erfolgreich zu sein, das nicht. Aber man kriegt viel eher eine Chance, auch wenn ein Risiko dabei ist.

In unserem nach Sicherheit strebenden Europa will man keine Risiken eingehen. Lieber Bestseller übersetzen lassen, denn was die Amis gut finden, finden wir sicher auch gut.

Alana

Dabei darf man aber auch nicht vergessen, dass das Lizenzgeschäft seine eigenen Gesetze hat. Eine gute Bestsellerlizenz kommt nur im Paket mit zehn nicht so tollen Büchern. Meist mit der Auflage, diese zwangsweise zu veröffentlichen. Das ist mit ein Grund, warum so wenig Platz für deutsche Autoren ist.
Alhambrana

Fianna

Zitat von: Kati am 26. März 2014, 15:58:15
Fianna: Das Vorwort wurde ja hinzugefügt, weil alle das Buch als unmoralisch empfunden haben. Es wurden die wirklich pikanten Stellen ja auch nachträglich noch gestrichen, die sind bis heute nur in Spezialausgaben drin. Wo eben die Kritik zu laut wurde, das musste er hinterher rausnehmen und der Roman wurde ja nicht umsonst dazu benutzt, ihn später ins Gefängnis zu bringen.  :-X
Gekürzt - ohje. Ich hatte diese Penguin classic (?), diese beigen Ausgaben, die im Thalia auslagen. Natürlich hat Miss Fianna nicht geschaut ob das gekürzt ist  ::) vielleicht gebe ich Dorian dann nochmal eine Chance.

Coehoorn

Zitat von: Alana am 28. März 2014, 20:00:12
Dabei darf man aber auch nicht vergessen, dass das Lizenzgeschäft seine eigenen Gesetze hat. Eine gute Bestsellerlizenz kommt nur im Paket mit zehn nicht so tollen Büchern. Meist mit der Auflage, diese zwangsweise zu veröffentlichen. Das ist mit ein Grund, warum so wenig Platz für deutsche Autoren ist.

Könntest du das näher erläutern? Soll das heißen, dass vertraglich festgelegt wird "Wenn dein Buch ein Bestseller wird, musst du noch x Bücher dazu schreiben" oder wie darf man das verstehen?  ???

Christopher

Denke, es ist wie folgt zu verstehen:
Autor A hat Buch B-F geschrieben, davon wurde C ein Bestseller. Wenn nun ein Verlag Buch C vertreiben will, muss er gleichzeitig auch B und D-F vertreiben, sonst kriegt er die Lizenz einfach nicht.

Was wiederum dazu führt, dass dieser Verlag erst mal wenig Platz für andere Bücher hat.
Be brave, dont tryhard.

Siara

Ich hatte Alana so verstanden, dass Bestseller aus dem Ausland (in der Regel aus den USA) nur dann von einem deutschen Verlag übersetzt und vertrieben werden dürfen, wenn auch andere Bücher desselben "mitgekauft" werden. (Was ja für den amerikanischen Verlag eine Menge Profit bringen würde. So können sie aus Büchern, die nicht so gut liefen, immer noch Geld holen).

Deutsche Verlage wollen einen sicheren Sieg, kaufen also die Lizenz für den Bestseller und nehmen hin, weitere, nicht so erfolgreiche Bücher ebenfalls zu verlegen. Dadurch verlieren sie immer noch weniger Geld, als sie durch den Vertrieb des Bestseller gewinnen. Dafür verzichten sie darauf, mehr deutsche Autoren zu verlegen, denn bei denen ist der Erfolg nicht sicher. Also: Lieber einen amerikanischen Bestseller + einige erfolglose Werke als mehr deutsche Bücher, unter denen nur mit sehr geringer Wahrscheinlichkeit ein zukünftiger Bestseller ist.

Wenn ich da was falsch verstanden habe, darf Alana oder ein anderer natürlich gern korrigieren.  ;D
I'm going to stand outside. So if anyone asks, I'm outstanding.

Alana

@Siara: Genauso ist es. Die anderen Lizenzen, die zum Bestseller dazu gekauft werden, können von allen möglichen Autoren sein. Auf jeden Fall meistens Titel, die alleine keine Chance auf Übersetzung hätten. Das bedeutet nicht, dass die alle schlecht sind, da sind sicher auch viele Gute dabei. Aber sie nehmen halt Programmplätze weg.
Alhambrana

HauntingWitch

Also gut, aufgrund Coppelias Wunsch verpflanze ich mich mal hierhin. Die Ausgangsfrage war:

ZitatAber warum bekommen dann manche Bücher fast nur gute Rezensionen - und dabei noch Bücher, die ich persönlich gar nicht besonders toll finde? Das verunsichert mich oft und lässt mich denken, dass mein Geschmack beim Lesen und Selbst-Schreiben offenbar weit von dem entfernt ist, was gut ankommt.

Zitat von: traumfängerin am 23. Mai 2014, 11:24:06
Es gibt Bücher, Bestseller fragwürdigen Rufs, die viele Leute lesen, die sonst nicht so häufig nach einem Buch greifen, Bücher die gehypt werden, wie z.B. "Fifty Shades of Grey" oder auch die "Wanderhure"-Reihe. Keinem von diesen Büchern hätte ich 5 Sterne gegeben und dennoch haben sie unglaublich viele gute Rezensionen bekommen. Warum? Weil viele von denen, die sie gelesen haben, keinen großen Anspruch an ein Buch stellen. 

Das stimmt. Gerade Frauen, die "Fifty Shades of Grey" gut finden, sind oft eher einfache Gemüter (ich sage bewusst oft, Ausnahmen bestätigen die Regel) und ausserdem unglücklich mit ihrer eigenen Beziehung. Zwei Dinge machen das Buch für diese Leser gut: Erstens haben sie, wie traumfängerin schon sagt, geringe Ansprüche und empfinden daher ein Buch leichter als gut, als jemand, der durch das eigene Schreiben alles immer analysiert. Zweitens wird das Bedürfnis nach Abenteuer, nach dem Ausbrechen aus dem langweiligen Alltag, erfüllt.

Über den Inhalt weiss ich nur durch Erzählungen anderer Leute Bescheid, denn ich selber bin nicht über die ersten 2 Seiten hinaus gekommen, weil die Sprache für mein Empfinden so dermassen unterirdisch ist... Aber ich bin auch jemand, der sich tagtäglich mit Dingen wie Sprache, Plot, usw. beschäftigt. Ich bin ein Leser, der zu jedem Buch eine 2-3 Meinungssätze oder eine Rezi schreibt und ausserdem ein Autor, der von anderen lernen will. Doch viele tun das nicht, lesen einfach so daher, damit sie etwas gelesen haben.

Judith

Gerade so etwas wie "Fifty Shades of Grey" ist allerdings nicht das beste Beispiel für ein Buch, das fast nur gute Rezensionen bekommt. Das Buch wird zwar gehypt ohne Ende und hat viele Fans, aber auf Amazon stehen da z.B. 70 5-Sterne-Rezensionen 83 1-Sterne-Rezensionen gegenüber, nur mal so am Rande.  ;D

Aber ja, es gibt einfach Bücher, die bei Lesern fast durch die Bank gut ankommen. Und das müssen auch keineswegs Bücher für "einfache Gemüter" sein, sondern es sind solche, die einen bestimmten Nerv treffen. Trotzdem kann man selbst über so einem Buch sitzen und sich denken "Was zum Geier finden denn alle an dem?" Mir ging es so mit dem hochgelobten und durchschnittlich sehr gut bewerteten "Die Straße" von McCarthy, während ich  im Gegenzug "Effi Briest" mochte, dass die Hälfte aller Leute offensichtlich als ihr Hassbuch bezeichnen. Umgekehrt gehe ich aber auch bei einigen Büchern mit dem allgemeinen Lesergeschmack konform.
Daher glaube ich, dass es schwer ist zu sagen, ob man mit dem Geschmack weit von dem entfernt ist, was gut ankommt oder eben nicht. Es gibt ja auch genug Autoren, bei denen ein Buch einschlägt wie eine Bombe und das nächste wiederum gar nicht.