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Aussehensbeschreibungen

Begonnen von HauntingWitch, 01. September 2013, 15:35:16

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Sternsaphir

Zitat von: cryphos am 31. Januar 2014, 18:24:37
Für mich sind Personenbeschreibungen sehr wichtig. Dabei geht es mir nicht um die detailverliebte Schilderung eines Tolkiens, sondern um ein grobes Raster der Person. Personen sollten grob umrissen werden und wichtige Alleinstellungsmerkmale dürfen auch beschrieben werden.
Wenn Autoren es dann noch schaffen Körperhaltung, nicht äußerliche Merkmale (z.B. ,,sie sprach in einem rauen, vom vielen Rauchen kratzenden Bariton") freue ich mich noch mehr und hoffe dann auf die Krönung, nämlich situationsbedingte Änderungen in Körperhaltung und/oder nichtäußerlichen Merkmalen.
Warum?
Stellt euch einen langen, spindeldürren Hansel vor, eine recht stolze Person, die Nase stets hoch im Wind und den Rücken gerade, als hätte man ihm einen Besenstiel rektal eingeführt. Seit ihr soweit? Ihr habt Hansel im Kopfkino vor euch?
Gut - jetzt lest weiter.
,,Hansel saß mit hängenden Schultern, den Kopf nach unten gesunken im Kreise der anderen. Er wagte es nicht ihre Blicke zu erwidern."
Mit diesen zwei Sätzchen kann man dann darstellen, dass die Person geknickt ist, irgendetwas ist passiert und der einst so stolze Hansel ist jetzt nur noch ein Häufchen Elend. Mit wenigen Worten hat man ganz viel gesagt ohne es explizit auszuformulieren. Setzt man das in den richtigen Kontext beschreiben zwei Sätze alles was man über Hansel wissen muss um zu sehen, etwas für ihn dramatisches ist passiert.
Ich liebe sowas.

Finde ich gut. Ich handhabe das ähnlich. Eine kurze Umschreibung mit wenigen Sätzen. Wenn ich mehr ins Detail gehen will, lasse ich es im Laufe der Geschichte einfließen z.B. "Sie sah ihn mit ihren großen blauen Augen an." oder "Ein Lächeln umspielte seine schmalen Lippen." usw.
Wenn Beschreibungen zu schnell zu sehr ins Detail gehen, wirken sie irgendwann mehr wie eine Aufzählung und ermüden.


Franziska

So, mache ich mal hier weiter. Wenn man einen Ich-Erzähler hat oder sehr nah an der Figur erzählt und die Perspektive nicht wechselt hat man ja eigentlich keine andere Möglichkeit, als die Person zu  beschreiben, während sie über ihr Aussehen reflektiert. Und das tut man meistens, wenn man sie selbst im Spiegel sieht. Ich verstehe nicht ganz, was daran so schlimm ist. In Büchern wurde auch schon tausengmal beschrieben, dass sich zwei Leute küssen und dabei werden meistens immer gleiche Formulierungen benutzt. Lässt man es deshalb weg? Natürlich nicht. Ich muss meine Figur ja nicht vor den Spiegel stellen und sie denken lassen: ich habe schöne blaue Augen und eine super Figur. Ich kann sie ja auch denken lassen: scheiße, ich hätte gestern nicht so lange feiern sollen, ich sehe fertig aus. Damit weiß der Leser noch nicht, wie die Figur aussieht, aber das kann man ja irgendwie geschickt einbinden. Oder die Figur überlegt sich, ob sie eine andere attraktiv finden könnte. Zum Beispiel: Endlich sieht man, dass sie abgenommen hat, aber erst mit weiteren zwanzig Kilo weniger, hätte sie ihr Wunschgewicht. Dann weiß man, die Person ist stark übergewichtigt.

Ich sehe es aber auch so, dass man das nicht einfach abhaken sollte: Augen, Haare, Figur. Sondern man kann darüber ja prima auch die Figur charakterisieren. Wenn jemand ständig denkt, ob die Frisur sitzt, oder die Blus glattstreicht, wirkt er nervös und wenig selbstbewusst. Und wenn man einen Liebesroman hat, ist es denke ich auch wichtig, die Figuren zu beschreiben. Das ist wahschreinlich auch das Ding bei Twilight und den Chroniken. Die Leserinnen können für die Figuren schwärmen, weil sie so toll aussehen. Damit will ich nicht sagen, dass die die Beschreibungen darin gut finde. Es ist nur leider so.

Als dritte Möglichkeit fällt mir beim Ich-Erzähler nur noch ein, dass der sich direkt an den Leser richtet, und sich selbst vorstellt. Aber das hängt dan vom übrigen Stil ab.

Was mir noch einfällt: Man beschreibt ja nicht nur das Gesicht und die Figur sondern auch die Kleidung der Personen. Das ist ja auch ein ganz wichtiges Merkmal, was viel über Stand, Stellung und Charakter verrät. Auch über die Kultur, wenn man eine Fantasy-Welt erschaffen hat. Die Leute immer nur Leinensäcke tragen zu lassen finde ich etwas einfallslos.

Siara

Nebenan habe ich nur drüber gelesen, also hier noch mal. ;)

Ich persönlich mag die Spiegel-Szene nicht. Im Grunde ist das absolut nicht logisch, weil es in vielen Fällen authentisch wäre. Man sieht sich nun mal hin und wieder selbst. Es ist schlicht ziemlich einfach für den Autor, und wirkt auf mich einfallslos. Dass es sich mit vielen anderen Dingen, die eben "altbewährt" sind, auch so verhält, mag sein. Aber ich vermeide sie, wo es geht, und eine Spiegelszene lässt sich umgehen. Dass ich sie vermeide, hat aber noch einen anderen Grund: Ich finde sie langweilig. Selbst wenn man Sachen wie "letzte Nacht zu lange gefeiert", etc. mit hineinbringt, im Endeffekt steht jemand vor dem Spiegel und das war's. Dem fehlt einfach etwas.

Außerdem sehe ich das Problem, das Christopher im anderen Thread angemerkt hat: Die Spiegelszene verleitet dazu, einfach das ganze Aussehen geballt an den Leser zu geben. Ich jedenfalls merke mir dann vielleicht gerade noch die Haarfarbe, mehr aber auch nicht. Das ist mir einfach zu viel auf einmal. Viel schöner ist es, wenn ich das Aussehen Stück für Stück ergänzen kann - sowohl durch weitere Beschreibungen als auch durch meine Vorstellung des Charakters. (Denn der hat in meinem Kopf große Auswirkungen auf das Aussehen).

Das Zweite, was du gesagt hast, über die Eigenwahrnehmung den Charakter zu definieren, finde ich eine gute Sache. (Also eben die ständigen Zweifel an der Frisur). Und das ist weniger gestellt als die Szene vor dem Spiegel. Ich finde es aber auch nicht schlimm, hier und da eben zu sagen, dass xy sich durch das lockige Haar strich. Es wirkt auf mich nicht so konstruiert wie die Beobachtungen vor dem Spiegel.

Aber alles meine Meinung. Wie gesagt, ich stimme mit dir darüber ein, dass es keinen rationalen Grund dagegen gibt. Dass Verlage es auch nicht gern sehen, habe ich bis heute noch nirgendwo gehört, aber da habe ich auch absolut keine Erfahrung.
I'm going to stand outside. So if anyone asks, I'm outstanding.

Serafina

Ich bin auch gerade vom anderen Thread hierher rübergewandert.

Franziska, ich bin wahrscheinlich die erwähnte Betaleserin, die nach dem Aussehen deines Protas gefragt hat, also hoffe ich, dass es okay ist, wenn ich mal kurz meinen Senf dazu gebe. ;)
Mal kurz direkt auf deinen Roman bezogen: An sich finde ich es auch nicht so schlimm, keine genaue Beschreibung zu bekommen. Allerdings würde ich das dann mit allen Figuren so halten, sonst ist es etwas verwirrend, dass man von vielen wichtigen Personen eine ungefähre Vorstellung hat, aber von der Hauptfigur eben nicht. Zumindest nach meinem persönlichen Empfinden.

Was die Spiegelszene angeht, muss ich Siara im Prinzip zustimmen, obwohl ich jetzt auch nicht so ein großes Problem damit hätte. Allerdings würde ich mich dann wirklich nur auf 1-2 Aussehensmerkmale konzentrieren, statt das zum Anlass für eine regelrechte Aufzählung zu nehmen. Mit den genannten Beispielen, wie man das ein bisschen geschickter lösen kann, könnte ich leben. Das restliche Aussehen (oder zumindest das, was man dem Leser preisgeben möchte) würde ich dann aber auch eher Stück für Stück einflechten.

Ansonsten fällt mir noch das Beschreiben mittels eines Vergleiches ein. Wenn zum Beispiel ein Familienmitglied dieselbe Haarfarbe hat, kann man so auch auf die des Protagonisten hinweisen. Zum Beispiel so was wie "Die Haare seiner Schwester glänzten in der Sonne. Genau wie [Protagonist] hatte sie die goldblonden Locken ihrer Mutter geerbt." Okay, das ist jetzt nicht das beste Beispiel aber ich hoffe mal, dass ihr versteht, was ich meine.
Man kann es auch andersherum machen, also auf einen Unterschied eingehen. "Auf den ersten Blick hätte sie niemand für Geschwister gehalten. Während sie das südländische Aussehen ihrer Mutter geerbt hatte, war er das Ebenbild seines blonden und blauäugigen Vaters."

HauntingWitch

Ich finde Franziskas Ausführungen sehr interessant und auch treffend. Dem meiste Stimme ich zu. Aber zum "nicht einfach Haar- und Augenfarbe" abhaken und im personalen Erzähler erst recht nicht, hatte ich kürzlich ein Aha-Erlebnis. Grundsätzlich finde ich das auch nicht optimal, weil ich ein grosser Fan von stay-in-character bin, sprich, der Chara denkt ja nicht von sich selbst: "Meine grünen Augen". Dieses Aha-Erlebnis hatte ich also nun, als ich meine Leseprobe meiner Nachbarin zum betalesen gegeben habe. Sie ist ein sehr visueller Mensch und macht sich sehr schnell ihr eigenes Bild. Die optische Beschreibung meines Protagonisten kommt aber erst im nächsten Kapitel, durch die Augen einer anderen Person (ebenfalls personaler Erzähler). Sagt meine Nachbarin zu mir: "Das ist alles recht gut, aber was mir am meisten fehlt, sind Haar- und Augenfarbe von dem guten Mann, so kann ich mir kein richtiges Bild machen." Ich habe ihr dann das obige erklärt. Darauf sagte sie, dass ihr so etwas gar nicht auffällt, es ihr aber als störend auffällt, wenn gar keine Beschreibung vorhanden ist. Sie ist eine Vielleserin.

Da stelle ich mir einfach wieder einmal die Frage: Machen wir Autoren uns nicht zu viele Gedanken? Wir achten auf Dinge, die den Leser gar nicht kümmern. Kein Leser, der nicht selber schreibt, wird einen Perspektivbruch darin sehen, wenn mal kurz zwischendurch eine Augenfarbe fallen gelassen wird. Ich habe das dann eingewoben und dann war sie glücklich. Wie gesagt, vor ein paar Wochen hätte ich so etwas noch jedem ausgeredet. Aber mittlerweile denke ich, dass man halt manchmal auch einen Kompromiss eingehen muss. Es reichen übrigens grobe Beschreibungen, zu detaillierte zerstören das Bild wieder. Das fällt mir auch bei mir selber auf, wenn ich Bücher lese.

Guddy

#80
Zum Spiegelthema:
Es ist natürlich die einfachste Art, das Aussehens des Protas zu beschreiben. Leider wird es daher mMn. fälschlicherweise als schlecht empfunden - was es nicht automatisch ist. Ich finde es generell schade, wenn per se etwas als streichwürdig empfunden wird, nur weil es angeblich verpöhnt ist.

Mir persönlich stößt die Spiegelproblematik etwas sauer auf, da mein Hauptchar ständig in den Spiegel guckt - nicht, weil ich ihn beschreiben möchte, sondern weil es schlichtweg zu seinem Charakter dazu gehört. Er liebt sein Aussehen und sieht sich gerne und häufig an. Trotzdem habe ich bisher nur eine einzige, kleine Spiegelszene integriert. Ich finde es schade, wenn man sie streichen müsste, nur weil "man" die nicht gerne liest. Man würde meinem Prota ein Stück seines Charakters nehmen.
Egal, wie viele Betaleser diesen Absatz streichen würden - er bleibt drin. Da bin ich stur.

canis lupus niger

#81
Du kannst deinen Prota beliebig oft in einen Spiegel gucken und sein eigenes Aussehen bewundern lassen. Dabei musst Du dich nur nicht verleiten lassen, ihn über sein LOCKIGES, SCHWARZES Haar streichen und die Farbe seiner BLAUEN Augen interessant finden zu lassen, während er seine HOHEN WANGENKNOCHEN und seinen BLASSEN TEINT überhaupt nicht mag, seine HOCHGEWACHSENE, SCHLANKE GESTALT aber sehr. Er kann ja in den Spiegel gucken, ohne dass Du ihn jedesmal beschreibst. Die wenigsten Menschen machen sich Gedanken darüber, dass ihre Augen blau sind, wenn sie in den Spiegel gucken. Das wissen sie meist schon, denke ich. Aber dass jemand gewohnheitsmäßig sein gepflegtes Aussehen im Spiegel überprüft, ehe er die Wohnung verlässt, das beschreibt den Charakter der Person schon ganz gut.

Guddy

#82
Na, wo habe ich denn gesagt, dass ich ihn über den Spiegel beschreibe? :) Genau genommen habe ich sogar gesagt, dass ich da eben nicht beschreibend tätig bin.
Leider sind viele Autoren nur derart gegen Spiegelszenen geeicht, dass sie sie kategorisch ablehnen, sobald ein Spiegel auch nur in die Nähe des Erzählten kommt. Und das finde ich schade.

Wobei gerade dieser Prota von mir auch sehr wohl Dinge denken könnte wie "Hach, meine schöne Nase, kann nicht jeder so einen geraden Nasenrücken haben! Haaaach und wie hübsch die Sonne gerade auf meine Haare scheint.. dieser rötliche schimmer... wo sie doch sonst so schwarz sind...! Aber pfui, dieser eine Bartstoppel dort... DER ist zu viel!"
Ich selber denke auch, wenn ich mich im Spiegel ansehe. Und ja, dann denke ich auch zB. über meine Haarfarbe nach. Allerdings, weil ich besonders kritisch bin.
Daher sehe ich auch so etwas nicht als Problem an.

Franziska

Zitat von: Serafina am 12. Juli 2014, 11:07:48
Ich bin auch gerade vom anderen Thread hierher rübergewandert.

Franziska, ich bin wahrscheinlich die erwähnte Betaleserin, die nach dem Aussehen deines Protas gefragt hat, also hoffe ich, dass es okay ist, wenn ich mal kurz meinen Senf dazu gebe. ;)
Mal kurz direkt auf deinen Roman bezogen: An sich finde ich es auch nicht so schlimm, keine genaue Beschreibung zu bekommen. Allerdings würde ich das dann mit allen Figuren so halten, sonst ist es etwas verwirrend, dass man von vielen wichtigen Personen eine ungefähre Vorstellung hat, aber von der Hauptfigur eben nicht. Zumindest nach meinem persönlichen Empfinden.

Was die Spiegelszene angeht, muss ich Siara im Prinzip zustimmen, obwohl ich jetzt auch nicht so ein großes Problem damit hätte. Allerdings würde ich mich dann wirklich nur auf 1-2 Aussehensmerkmale konzentrieren, statt das zum Anlass für eine regelrechte Aufzählung zu nehmen. Mit den genannten Beispielen, wie man das ein bisschen geschickter lösen kann, könnte ich leben. Das restliche Aussehen (oder zumindest das, was man dem Leser preisgeben möchte) würde ich dann aber auch eher Stück für Stück einflechten.

Ansonsten fällt mir noch das Beschreiben mittels eines Vergleiches ein. Wenn zum Beispiel ein Familienmitglied dieselbe Haarfarbe hat, kann man so auch auf die des Protagonisten hinweisen. Zum Beispiel so was wie "Die Haare seiner Schwester glänzten in der Sonne. Genau wie [Protagonist] hatte sie die goldblonden Locken ihrer Mutter geerbt." Okay, das ist jetzt nicht das beste Beispiel aber ich hoffe mal, dass ihr versteht, was ich meine.
Man kann es auch andersherum machen, also auf einen Unterschied eingehen. "Auf den ersten Blick hätte sie niemand für Geschwister gehalten. Während sie das südländische Aussehen ihrer Mutter geerbt hatte, war er das Ebenbild seines blonden und blauäugigen Vaters."

Ja, genau du warst das. ;D Ich überlege, ob ich das noch irgendwie anders machen kann. Aber jetzt zum Beispiel zu schreiben, die Schwester hat rote Haare und er selbst hatte eher die braunen Locken und die breiten Schultern seines Vaters geerbt? Klingt das nicht viel konstruierter, als ihn vor den Spiegel zu stellen? Man kann das finde ich nur schreiben, wenn man in einer auktorialen Perspektive ist. Da kann man dann ja alles beschreiben. Ich weiß nicht, vielleicht macht man sich wirklich zu viele Gedanken und normale Leser merken den Perspektivbruch nicht. :-\

Ich habe bisher eigentlich nur einmal meinen Prota vor den Spiegel gestellt, jetzt ein ganz anderer Text, da versucht er auch erst, gar nicht in den Spiegel zu sehen, um sein kümmerliches Aussehen nicht sehen zu müssen. Da er aber gleich ein Date hat, tut er es doch und bemerkt, wie panne seine langen Haare aussehen. Also schneidet er sie sich ab. Dann beschreibt er, wie gut er jetzt mit den kurzen Haaren aussieht. Bisher hat sich noch niemand beschwert über die Szene. Außer den Haaren habe ich in der Szene aber auch nicht sein komplettes Aussehen beschrieben.

Norrive

Ich muss gestehen, die Spiegelszene auch schon benutzt zu haben und dass das katastrophal daneben gegangen ist, weil es genauso war, wie canis es beschrieben hat.

Haarfarbe baue ich gerne ein, indem ich irgendwo ein ausgefallenes Haar herumliegen lasse. Entweder vom Ich-Erzähler, oder eben nicht von ihr/ihm (gerade in Romance funktioniert das fremde Frauenhaar in der Wohnung ziemlich gut ;D ). Augenfarbe ergibt sich über Kleidungsfarbe oder Makeup, ebenso wie der Hautton, und gerade bei weiblichem Erzähler bietet sich für mich ein Kompliment einer Freundin des Erzählers an.

Und ich muss HauntingWitchs Nachbarin/Betaleserin zustimmen, Augen- und Haarfarbe gehört ins erste Kapitel, und ich als Leser störe mich an solchen Aussehensbeschreibungen nur dann, wenn es ein Infodump wird. Früher sind mir solche etwas unauffälligeren Konstruktionen zum Beschreiben vom Aussehen gar nicht bewusst gewesen. Als Autor sieht man solche Eingriffe in den Text natürlich viel schneller.

HauntingWitch

Zitat von: Franziska am 12. Juli 2014, 18:10:01
Aber jetzt zum Beispiel zu schreiben, die Schwester hat rote Haare und er selbst hatte eher die braunen Locken und die breiten Schultern seines Vaters geerbt? Klingt das nicht viel konstruierter, als ihn vor den Spiegel zu stellen?

Warum nicht? Wenn man sich selbst reflektiert, dann ja meistens über Vergleiche oder aus gegebenem Anlass. Er muss nur einen Grund haben, sich mit ihr in einen Vergleich zu stellen. Könnte er z.B. neidisch sein auf die roten Haare oder froh sein, dass er eher nach seinem Vater kommt? In etwa so: "Diese roten Haare hatte er schon immer beneidet. Er hingegen musste sich mit den langweiligen, braunen Locken seines Vaters zufrieden geben." Ich finde nicht, dass das konstruiert oder unnatürlich wirkt, im Gegenteil.

HauntingWitch

So, ich zerre den Thread hier mal nach oben, weil mich da etwas beschäftigt und entschuldige mich auch gleich für den Doppelpost.  :engel:

Ich bin ja eigentlich der Meinung, dass man grundsätzlich nicht zu detailliert beschreiben muss, weil sowieso jeder Leser sich die Figur anders vorstellt. Ich bin auch von diesem "Ich möchte aber, dass er genau so und so wirkt", weggekommen. Trotzdem beschäftigt mich gerade ein Thema, das ich hier in die Runde werfen möchte.

Die Frisur. Ja, wie beschreibt man Haare, damit möglichst klar wird, was man meint? Schreibt ihr da einfach lang/kurz/braun/blond (oder was es noch alles gibt) und gut ist? Ich meine, da gibt es ja Abstufungen und teilweise sind diese so fein... Lockig, z.B. Was sind Locken? Bis wohin sind es einfach nur Wellen und ab wann kann man sagen, es sind Locken? Blond: Was ist blond? Platinblond, dunkelblond, hellblond, natürlich oder künstlich... Klar, das sind alles Beschreibungsworte, aber man möchte ja nicht pausenlos Adjektive aneinanderreihen (auch wenn ich nichts gegen Adjektive habe, nur nicht mehr als zwei nacheinander, worauf es bei mir aber meistens hinausläuft). Wie handhabt ihr das? Oder bin ich da viel zu pingelig?

Siara

@Witch: Es stimmt schon, zu viele Adjektive gefallen mir auch nicht. Aber meistens schafft es da schon Abhilfe, wenn es nicht heißt "Sie hatte lange, platinblonde, leicht gelockte Haare", sondern "Die platinblonden Haare fielen ihr in Wellen bis zur Hüfte hinab." Ich selbst habe einen sehr bildlichen Stil und lese solchen auch gerne. Vergleiche zum Beispiel können noch eine intensivere Wirkung haben, finde ich. Auch dadurch kann man Adjektive wieder umgehen.

Ein anderes Thema: Inzwischen bin ich zu den Schluss gekommen, dass Aussehensbeschreibungen beim Schreiben vielleicht ähnliche Ansprüche haben wie Karikaturen. Karikaturisten haben ja das Talent, die charakteristischen Merkmale eines Menschen zu erfassen und genau diese so hervorzuheben, dass das Gesicht unverkennbar wird - wenn auch verzerrt. Wenn man als Autor dasselbe schafft, bleibt das Aussehen am ehesten hängen, denke ich, und schafft die meiste Nähe zur Figur.
I'm going to stand outside. So if anyone asks, I'm outstanding.

FeeamPC

ich hatte mal eine Szene, wo ein Königssohn das erste Mal auf einen Bauernsohn trifft und dabei feststellt, dass sie sich kaum unterscheiden, nur dass er selbst eine größere Nase hat und seine Haare nicht so stark gewellt sind. Das und die Tatsache, dass alle aus dem Volk dunkle Haare haben, ist so ziemlich alles, was der Leser überhaupt an Beschreibung gekriegt hat.

Fafharad

@Siara : Den Vergleich der Charakterbeschreibung mit einer Karikatur finde ich sehr treffend. Das ist genau das Ideal, das ich erreichen will - wenn es nur nicht so schwierig wäre.  :brüll: Vielleicht sollte ich meine Betas mal gezielt fragen, wie die Beschreibungen auf sie wirken.
Wobei der Trick hierbei wahrscheinlich das unerschöpfliche Gesichterverzeichnis im Gedächtnis des Lesers (oder der Menschen an sich) ist: Einige Eckpunkte reichen aus, um den Rest aus diesem Repertoire aufzufüllen. Wie bei den Szeätn mit den vascehturetn Bsahcubsetn  ;).

Am liebsten würde ich mich vor Personenbeschreibungen ganz drücken. Da ich kein großes Talent dafür habe, rutsche ich ständig in unsägliche Klischees ab ("ihre mattschwarzen Haare umflossen ihr Gesicht wie ..." - "... ihre kühn geschwungenen Lippen ..." Bah!).

Dann ist da noch die Frage des richtigen Zeitpunkts. Einen neuen Charakter gleich bei seiner Einführung beschreiben? Oder Merkmale nach und nach in Dialoge einstreuen ("... sagte er abfällig und blies sich eine Strähne schwarzen Haars aus der Stirn.")? Oder warten, bis die äußerlichen Merkmale handlungsrelevant werden?
Allerdings: Je länger man mit der Beschreibung wartet, desto größer die Gefahr, dass der Leser sich bis dahin ein völlig anderes Bild von der Person gemacht hat.
Ich tendiere zu einer Mischung der ersten beiden Punkte.

Um auf die Frisur-Frage zurückzukommen: Die Haare sind ein wichtiger Eckpunkt. Ich finde es immer wieder erstaunlich, wie sehr eine neue Frisur (oder schon eine andere Haarlänge) das Aussehen eines Menschen verändert. Trotzdem gehören sie oft zu den Merkmalen, die ich weglasse.
Warum? Ich finde es schwierig, das richtige Vokabular parat zu haben. Wie beschreibt man z.B. diese komische kurze Damenfrisur im frühen zwanzigsten Jahrhundert, bei der die Locken seitlich zu Dreiecken geformt wurden? Eine Stunde recherchiert - dann aufgegeben und die Haare mit keinem Wort erwähnt  :(.
Vielleicht bilde ich mir auch nur ein, dass Leserinnen falsch beschriebene Frisuren als entlarvend empfinden - ich bin da jedenfalls etwas gehemmt  :-[. Dann lieber gar nicht.