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Wie plotabhängig sind eure Charaktere?

Begonnen von Gwee, 26. Mai 2013, 13:55:34

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Gwee

Nachdem ich nun die Weiten des Tintenzirkels durchstöbert habe und keinen ähnlichen Thread gefunden habe, möchte ich dazu einen aufmachen.
Angeregt durch den Thread "Männlein oder Weiblein?" hat sich mir die Frage aufgedrängt, wie sehr die Charaktere eigentlich vom Plot abhängen. Sind sie völlig eigenständig und werden eigentlich nur noch brav dazugegeben oder entwickeln sie sich mit dem Plot?
Jetzt habe ich mir mal überlegt, wie das bei mir so abläuft, aber da ist es irgendwie immer unterschiedlich. Allein in meinem Roman "Drachenretter" habe ich beide Variante benutzt. Zwei der Hauptcharaktere schwirrten schon lange in meinem Kopf herum und die hab ich dann direkt da rein verfrachtet, während ich eigentlich fast alle anderen zusammen mit dem Plot geschustert habe. Ich finde eigentlich beide Varianten gut, aber bei mir ist es mal so, mal so. Ich benutze da kein Schema F. Manchmal baue ich auch einfach einen Plot um den Charakter herum, was ja auch wieder in eine ganz andere Richtung geht.
Aber wie macht ihr das? Stützt ihr euch dabei am Plot ab oder gestaltet ihr den Charakter schon im Vorfeld? Was von beidem fällt euch leichter? Nehmt ihr das gar nicht richtig bewusst wahr oder achtet ihr da aktiv drauf?
Ich bin gespannt auf eure eigenen Meinungen.
Es ist so eine Art Obsession, glaube ich. Das Schreiben fasziniert mich so sehr,
daß, wenn es mir verboten würde, ich langsam daran sterben würde.
Johannes Mario Simmel

Coppelia

Die Charaktere hängen bei mir überhaupt nicht vom Plot ab. Dagegen hängt der Plot vollständig von den Charakteren ab. Beides ist also untrennbar, aber Ausgangspunkt sind bei mir immer die Charaktere. Sie bringen den Plot hervor.

Alana

Bei mir ist das ein Geben und Nehmen. Meist habe ich eine Grundidee für einen Plot und die Charas, die ich dafür brauche, kommen erst danach. Die bringen dann aber auch durchaus Eigenschaften mit, die teilweise für den Plot sogar unpraktisch sind. Ich entwickle dann Plot und Charaktere meist gleichberechtigt nebeneinander weiter, sie sind also untrennbar ineinander verflochten.
Alhambrana

Merlinda

Bei mir ost es meistens so, dass mir die Idee für einen Plot kommt. Dann überlege ich kurz und plötzlich klopfen ganz viele mögliche Charaktere bei mir an, die unbedingt mitmischen wollen. Ich überleg mir dann immer, wer am Besten passt und die nehm ich. Der Rest bekommt meistens eine kleinere Nebenrolle oder wird für das nächste Projekt aufgehoben.

Joel

Bei mir ist es so, dass ich mich zuerst einmal frage: Was ist das Thema meines Romans? Was möchte ich mit der Geschichte (wie immer diese auch aussieht) erzählen?
Der Hauptcharakter ist dann die Figur, an der ich das Thema transportieren möchte. Der Plot ist das Hintergrundgerüst, auf welchem der Hauptcharakter agiert. Die Charaktere geben damit den Plot vor.
In meinem Kopf ist der Plot damit "untergeordnet", auch wenn im Roman dann beides (Charakter-Plot) gleichberechtigt nebeneinander stehen soll und man als LeserIn nicht das Gefühl hat, dass der Plot nur schmückendes Beiwerk ist  ;)

Szazira

#5
Bei mir bestimmen Handlungsweisen von Figuren den Plot.

Erst kommen Figuren, dann die Welt (selten umgekehrt, irgendwer muss mir ja von der Welt erzählen), dann nisten sich die Figuren in der Welt ein und beginnen zu agieren. Miteinander, gegeneinander, unabhängig voneinander. Dabei erfahre ich dann auch (meistens) etwas über die Vergangenheit der Figuren und deren Motivation. Daraus entsteht dann der Plot. Nur weil eine Figur im Mittelpunkt des einen Plottes steht, heißt dies noch lange nicht, dass nicht eine andere im Mittelpunkt eines anderen Plottes in dieser Welt steht. Manchmal berühren sich die Handlungsstränge, der eine ist ursächlich bzw. leistet einen Beitrag für den anderen und manchmal sind sie unabhängig voneinander. Das sie unabhängig voneinander sind, heißt aber nicht, dass sie nicht einen Dritten beeinflussen können und eine andere Figur zum handeln bringen.

Meine Signatur trifft für mich den Nagel auf den Kopf ;)

Sternenlicht

#6
Was mich zum Schreiben treibt, könnte man vielleicht als Idee bezeichnen. Eine Idee kann alles sein, eine Situation, ein Konflikt, eine Gefühlslage, bestimmte Charakterzüge oder Lebenserfahrungen (aber noch keine Person). Diese Idee ist sehr vage, ich kann sie nicht greifen, sie schwebt wie ein einsamer Planet im leeren Raum. Aber irgendwie nagt sie an mir, lässt mich nicht los, so dass ich versuche, sie weiter auszuspinnen. Mit mehr oder weniger Erfolg...
Beim Auspinnen kommen zunächst die Hauptpersonen, ohne sie bleibt alles abstrakt und farblos. Ich versuche, die Personen zu entdecken, wie sie denken, fühlen und handeln. Wenn ich Glück habe, fangen sie an, ihr Eigenleben zu führen und füllen die Idee mit Leben. Allerdings bewegen sich nicht immer in die Richtung, die ich für sie vorgesehen hatte ;).

Coryza

Bei mir ist meist der Prota zu erst da und dann beginnt dieser mir seine Geschichte zu erzählen. Aus dem was mir er so erzählt wird dann meist der Plot und erst dann kommen die anderen Charaktere dazu.Zu erst der Plot und dann die Figuren geht bei mir grundsätzlich nach hinten los. Und jetzt fragt nicht warum, denn das weiss ich selber nicht. :)

HauntingWitch

Bei mir ist es eher so, dass der Plot von den Charakteren abhängt. Als erstes steht vor jeder Geschichte ein Charakter und eine schwammige Idee, was ich mit diesem machen könnte. Daraus entsteht dann die Welt (oder Teile davon) und daraus entwickelt sich wiederum der Plot. Ist der Plot einmal umrissen, müssen die Charaktere sich dem natürlich bis zu einem gewissen Grad fügen, die Geschichte soll ja noch funktionieren.  ;D Somit entsteht dann eine Wechselwirkung, dass sich die Charaktere mit dem Plot weiter entwickeln und ihrerseits den Plot vorantreiben, in dem sie neue Impulse geben.

Oft kommt es vor, dass die eine oder andere Figur noch etwas mehr Raum braucht oder irgendeine Hintergrundgeschichte mitbringt. Nach Möglichkeit versuche ich, das dann ebenfalls in den Plot einfliessen zu lassen. Und manchmal baue ich auch ganze Plot-Parts um, damit ich ihnen gerecht werden kann. Ich finde das völlig in Ordnung so, denn ich bin der Meinung, dass Charaktere Geschichten stärker formen als die Geschichten die Charaktere.

dat xrüsli

Zitat von: Coppelia am 26. Mai 2013, 14:06:28
Die Charaktere hängen bei mir überhaupt nicht vom Plot ab. Dagegen hängt der Plot vollständig von den Charakteren ab. Beides ist also untrennbar, aber Ausgangspunkt sind bei mir immer die Charaktere. Sie bringen den Plot hervor.

Das kann ich so unterschreiben. Meistens ist es nämlich so, dass der Ausgangspunkt eines Plots für mich immer ein Wunsch ist oder aber ein Ziel, das der Protagonist, selten auch mal der Antagonist, erreichen will. Bei mir schlittert keine meiner Figuren einfach so in eine Geschichte, es gibt immer eine innere Motivation, die ganz entscheidend für den Beginn und Verlauf der Handlung ist.

Eine andere Herangehensweise kommt für mich auch kaum in Frage. Ich will schließlich eine Geschichte erzählen und Geschichten handeln immer von Charakteren. Ohne Menschen existieren keine Probleme, keine Wünsche, keine Entwicklungen und demnach auch nichts, das es zu erzählen wert ist, abgesehen vielleicht von schönen Landschaftsbeschreibungen.

Rhiannon

Das ist bei mir ganz unterschiedlich, je nachdem, wie die Geschichte auftaucht.
Manchmal überlege ich mir irgend etwas, über das ich gern schreiben würde, dann taucht ein Prota auf, der auf diese "Stellenausschreibung" passt. Diese Protas halten sich im REgelfall an den Plot, den ich für die Geschichte entworfen habe. Manchmal sind aber auch Protas da, für die ich eine Geschichte stricken muss und die erzählen mir dann oft, dass ich den Plot in die total falsche Richtung gestrickt habe.
Es ist manchmal ein hin und her.
Aber natürlich funktioniert kein Plot ohne Charas... Von daher würde ich behaupten, dass der Plot abhängig von den Protas ist, nicht unbeding andersrum.

Berjosa

Mir geht es ziemlich ähnlich wie Rhiannon.

Ich nehme oft Ausschreibungen oder Ähnliches als Aufhänger zum Schreiben. Daher weiß ich ungefähr, welche Art von Geschichte es werden soll und welche "Stellen" darin zu besetzen sind. Wenn ein gewisser Zeitdruck besteht, kann ich schon mit Pappkameraden anfangen zu schreiben - nach dem alten Motto "Überarbeitet wird ja sowieso noch". Aber nach ein paar Seiten muss ich dann merken, dass die Figuren sich selbständig bewegen, dass vielleicht ein paar Unbekannte auf die Bühne getapert kommen, die ich gar nicht eingeplant hatte ... dass das Ganze irgendwie lebt.

Wenn nicht, weiß ich, dass ich auf dem Holzweg bin und probiere was Neues.

FeeamPC

Ich weiß nicht. Ich glaube, das, was ich mache, würde man mit einem Hologramm vergleichen können. Bei mir beginnen die meisten Geschichten mit einer Szene, die aus dem Nicht auftaucht und das Setting, mindestens einen Hauptcharakter und eine ganz grobe Ahnung vom Plot vorgibt. Ich würde also sagen, es ist ununterscheidbar.

Churke

Zuerst kommt die Idee. Noch keinen richtigen Plot, aber eine konkrete Vorstellung, wohin die Reise gehen soll. Danach mache ich die Figur(en) dazu. Die Figuren sind noch nicht fertig im Sinne eines Charakterbogens, sondern sie werden werden während der Geschichte dramaturgisch optimiert.

Wenn die Figuren vorgegeben sind, etwa bei einer Fortsetzungsgeschichte, dann tue ich mich damit schwerer. Das ist wie wenn man backen will und dabei feststellt, dass wichtige Zutaten fehlen. Dann muss man entweder das Rezept ändern oder sich das Fehlende besorgen.

Melenis

Ich habe bei den "guten" Ideen immer zuerst eine Idee für den Plot. Sobald die Idee steht (ist manchmal nicht mehr als nur eine ganz fixe Idee, die man locker in einem Satz zusammen fassen könnte) kommen sofort einige Figuren anmaschiert, die sich für die Geschichte eignen. Anders rum ist auch denkbar und ab und an auch schon passiert, aber mir ist dann der Plot nicht komplex genug. Ist schwer zu erklären, aber wenn ich die Geschichte um die Figuren herum baue, wird mir das alles zu eindimensional, zu Figuren-betont. Daran liegt es wohl auch, dass diese Ideen bisher kaum ausgearbeitet wurden und in einer Ecke vergammeln, während die anderen fleißig weiterwachsen, auch wenn ich nicht aktiv an ihnen plotte.
Das bedeutet natürlich nicht, dass meine Figuren nur Schachfiguren oder total statisch sind, aber sie haben sich gefälligst zu fügen. Hier und da mal eine Abweichung ist okay, aber an sich müssen sie sich dem Plot unterordnen. Ich bin ja so böse  :pfanne: :darth: