• Willkommen im Forum „Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum“.
 

Sind Fantasy-Autoren Autoren 2. Klasse?

Begonnen von Luciel, 29. Januar 2013, 20:33:20

« vorheriges - nächstes »

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Drachenfeder

Zitat von: Jenny am 13. April 2013, 16:11:53
Ich war zunächst auch ganz angetan, dass Thalia in meiner Nähe der Fantasy immer mehr Raum zur Verfügung stellt. Aber wenn ich mir dann anschaue, WAS da steht...  :no: Ich fühle mich jedes Mal wie eine Schatzsucherin, die unter all dem Einheitsbrei von Vampir- und Gestaltwandler-Romanzen ein einziges Juwel sucht.  :seufz: Ich habe mich an der Uni mal kurz mit einer Kommilitonin unterhalten, die früher gerne Vampir-Romane gelesen, es seit Twilight aber aufgegeben hat. Ich finde es schade, wie einzelne - warum auch immer erfolgreiche - Romane ein ganzes Genre, bzw. Subgenre in ein bestimmtes Licht tauchen können.

Bei unserem Thalia kam mir das nicht so vor. Oder blende ich diese Bücher schon irgendwie aus, damit es nicht schmerzt?
So wie deiner Kommilitonin ging es mir auch. Ich habe Vampirbücher geliebt, bis es dann begonnen hat zu klitzern und romantisch zu werden.

Es ist noch gar nicht lange her, da fragte mich jemand, was ich denn so lesen würde. Als ich antwortete "Meist Fantasy", zog der jenige die Augenbrauen in die Höhe und meinte "Ach, dieses Vampirzeug?". Ich finde es schon traurig, das Fantasy immer gleich mit Twilight in Verbindung gerbracht wird. Dabei hat das Genre doch so viel mehr zu bieten. Zum Glück kam das von einem Typ der selbst gar nicht liest und daher auch keine Ahnung hat  ;D



Adam_Charvelll

Ich meinte nicht generell den Einsatz von Magie. (Ich mag ja selbst in meinen Geschichten auch nicht auf Magie verzichten :) ).
Aber dann, wenn sie schwierige Probleme mit einem Fingerschnippsen löst, ist sie durchaus diskutabel. Hauptsächlich Außenstehende finden dann sicher Ansatzpunkte für Kritik. Beispiel: Protagonistin ist unsterblich in Prinzen verliebt, der sie nicht beachtet und vielleicht sogar nicht mag. Daraufhin durchstreift Protagonistin das ganze Land und sucht  Kräuter für einen Liebestrank. Kräuter werden gefunden und Trank gemixt --> Am Ende liebt Prinz Protagonistin. Da könnte man durchaus (meiner Meinung nach zurecht) behaupten, dass das Buch kein Interesse zeigt, dem Leser eine Verarbeitung seiner unerwiderten Gefühle nahe zu bringen und stattdessen ein magisches Element einführt, damit es zum Happy End kommen kann.
Kommt sicher in dieser Form in irgendeiner oder sogar mehreren Geschichte(n) vor, und da kann man wohl darüber diskutieren ob diese Form von Unterhaltung bzw. Eskapismus evtl. nicht so positiv ist.

Natürlich gibt es zahlreiche Formen von Magieeinsatz, die menschliche Kompetenzen und Fähigkeiten symbolisieren, gar kein Widerspruch! Magie ist doch auch super und eröffnet zahlreiche Möglichkeiten für eine Geschichte.
Dort, wo Magie einen alternativen Lösungsansatz für ein Problem darstellt und tatsächlich realitätsfern ist, kann es aber zu Kritik von Fantasykritikern kommen.

Alaun

Zitat von: Adam_Charvelll am 13. April 2013, 16:47:48
Beispiel: Protagonistin ist unsterblich in Prinzen verliebt, der sie nicht beachtet und vielleicht sogar nicht mag. Daraufhin durchstreift Protagonistin das ganze Land und sucht  Kräuter für einen Liebestrank. Kräuter werden gefunden und Trank gemixt --> Am Ende liebt Prinz Protagonistin. Da könnte man durchaus (meiner Meinung nach zurecht) behaupten, dass das Buch kein Interesse zeigt, dem Leser eine Verarbeitung seiner unerwiderten Gefühle nahe zu bringen und stattdessen ein magisches Element einführt, damit es zum Happy End kommen kann.

Ah, okay. Aber das ist auch keine gute Geschichte, sondern einfach eine ziemlich stumpfe Idee, nebenbei auch noch "schwarzmagisch" manipulativ. Zurecht zu kritisieren.

Lucien

Da stimme ich zu! So etwas würde ich gar nicht lesen wollen.  :no: Das wäre erst wieder interessant für mich, wenn die Geschichte noch weitergehen und die Protagonisten einen ernsthaften Gewissenskonflikt mit sich selbst deswegen ausfechten würde.

@ Drachenfeder: Zum Glück habe ich meinem persönlichen Umfeld schon vor diesem Twilight-Hype klar gemacht, dass ich Fantasy schreibe. Dann kam meistens: "Ach, so wie die mit Harry Potter?" Und meine Mutter kam mir mit der Zukunftsprognose: "Vielleicht schreibst du ja dann mal Harry Potter in weiblicher Form!"  :seufz: Ob ich wohl je aus Harrys Schatten treten werde? 

Lemonie

ZitatBeispiel: Protagonistin ist unsterblich in Prinzen verliebt, der sie nicht beachtet und vielleicht sogar nicht mag. Daraufhin durchstreift Protagonistin das ganze Land und sucht  Kräuter für einen Liebestrank. Kräuter werden gefunden und Trank gemixt --> Am Ende liebt Prinz Protagonistin. Da könnte man durchaus (meiner Meinung nach zurecht) behaupten, dass das Buch kein Interesse zeigt, dem Leser eine Verarbeitung seiner unerwiderten Gefühle nahe zu bringen und stattdessen ein magisches Element einführt, damit es zum Happy End kommen kann.

Das liegt ja dann aber nicht primär an der Fantasy/Magie, sondern einfach am Autor. Das könnte man auch als realistische Handlung aufziehen und dann am Ende sagen, sie wird am Ende reich und plötzlich will ihr Traummann sie, oder so... dass das am Leben vorbei geht und bescheuert ist werden die meisten Leser ja wohl durchschauen. ;)

Ich finde auch, das Unterhaltungsliteratur und "ernste Literatur" nicht so getrennt werden sollten. Mir geht diese ständigen hochgezogenen Augenbrauen, wenn es um Unterhaltungsliteratur geht, total auf die Nerven. Von unseren Lehrern machen das einige, was dann manchmal schon so rüberkommt, als würden sie die "U" - Literatur als minderwertig betrachten. Dabei ist es doch handwerklich genauso eine Leistung, wenn ich eine spannende Geschichte mit überzeugenden Charakteren in gutem Schreibstil rüberbringe, wie wenn ich ein "großes Thema des Lebens" verarbeite...
Außerdem finde ich es ziemlich schwer, aus Büchern eine Lehre zu ziehen, wenn sie nicht unterhalten. Da kann der Schreibstil noch so literarisch wertvoll sein, wenn er dafür abgehoben und mir total fremd ist, kann ich damit trotzdem nichts anfangen, egal wie wichtig das Thema ist.

Fianna

Zitat von: Ludovica am 12. April 2013, 13:45:42
Da kann meiner Meinung nach gern noch mehr nachkommen (auch wenn ich gerne mal wieder ein paar WIRKLICH tolkien-typische Elben hätte, die sich auch mal gegenseitig den Schädel einschlagen, gegeneinander brutale Krieg führen wegen ein paar leuchtenden Steinen oder aufgrund ihres Stolzes oder unerwiderter Liebe ihr Volk fast ins Verderben führen; anstatt immer den typischen Waldbewohner-Hippie-Elfen, die oh so viel moralischer sind als Menschen und immer in Harmonie mit der Natur leben...)
Das ist mein Hauptprojekt :vibes: Sehr naturbewusste Waldbewohner, die aufgrund diverser innerer Spaltungen (sowie einem ordentlichen Anreiz von aussen) einen enormen Krieg führen und die Symbiose von 3 nebeneinander liegenden Kulturen zerstören...
Im Prinzip war es eine Gemeinschaftsarbeit aus Elben und Menschen, aber wegen ihrer überlegenen Waffentechnologie spielen die Elben - als der Krieg erstmal begonnen hat - die wichtigrre Rolle.

Ludovica

Zitat von: Fianna am 13. April 2013, 19:08:00
Das ist mein Hauptprojekt :vibes: Sehr naturbewusste Waldbewohner, die aufgrund diverser innerer Spaltungen (sowie einem ordentlichen Anreiz von aussen) einen enormen Krieg führen und die Symbiose von 3 nebeneinander liegenden Kulturen zerstören...
Im Prinzip war es eine Gemeinschaftsarbeit aus Elben und Menschen, aber wegen ihrer überlegenen Waffentechnologie spielen die Elben - als der Krieg erstmal begonnen hat - die wichtigrre Rolle.

Das mit der überlegenen Waffentechnologie klingt ausgesprochen gut  :jau:

Wobei ich gerne wieder mal Elben sehen würde, die von dieser ganzen Naturverbundenheitssache abgelöst sind... Ich meine, da bin ich jetzt voreingenommen, weil ich ein riesiger Fan von Tolkiens Noldor bin, die um einiges lieber in ihren Schmieden rumbasteln oder Fehden mit ihren Cousins ausfechten als durch die Wälder zu streifen, und wenn sie das doch mal tun, dann als Jäger  :rofl: (wobei die meisten von Tolkiens Elben erst zur Zeit des Herrn der Ringe mehr oder weniger naturverbunden gelebt haben; im ersten Zeitalter waren die alle entweder in Hafenstädten, in befestigten Städten aus Stein oder in komplizierten Höhlenhallen... Die modernen Waldbewohner-Elben haben wir wohl der vergleichsweisen Unbekanntheit des Silmarillions zu verdanken)

Aber das ist OOT, also  :-X


Zitat von: Lemonie am 13. April 2013, 18:19:41
Ich finde auch, das Unterhaltungsliteratur und "ernste Literatur" nicht so getrennt werden sollten. Mir geht diese ständigen hochgezogenen Augenbrauen, wenn es um Unterhaltungsliteratur geht, total auf die Nerven. Von unseren Lehrern machen das einige, was dann manchmal schon so rüberkommt, als würden sie die "U" - Literatur als minderwertig betrachten. Dabei ist es doch handwerklich genauso eine Leistung, wenn ich eine spannende Geschichte mit überzeugenden Charakteren in gutem Schreibstil rüberbringe, wie wenn ich ein "großes Thema des Lebens" verarbeite...
Außerdem finde ich es ziemlich schwer, aus Büchern eine Lehre zu ziehen, wenn sie nicht unterhalten. Da kann der Schreibstil noch so literarisch wertvoll sein, wenn er dafür abgehoben und mir total fremd ist, kann ich damit trotzdem nichts anfangen, egal wie wichtig das Thema ist.

Du sprichst mir aus der Seele, Lemonie  :) Und ehrlich, ich halte es nicht für Zeitverschwendung, ein Buch zu lesen, das einem nachher nicht mehr nachhängt. Solange man währenddessen gut unterhalten wurde.... Allerdings könnte das auch eine Erziehungssache sein - bei uns werden zuhause einfach öfter Bücher gelesen, wenn man einfach mal einen gemütlichen, faulen Abend verbringen will. Und meine Mutter liest aus Prinzip keine 'schweren' Bücher, wenn sie sich nicht 100% konzentrieren kann, was ich mir auch ein wenig von ihr abgeschaut habe  ;D

Kati

ZitatIch denke der Hauptpunkt am Eskapismus-Vorwurf ist nicht, dass man in fremde Welten bzw. aus der echten Welt flieht, sondern dass die Probleme, die in der Fantasyliteratur auftreten, mit Werkzeugen und Hilfsmittel gelöst werden, die uns im echten Leben nicht zur Verfügung stehen. Meistens natürlich mit Magie. Dies widerspricht dem klassischen Lehrbuch, da man hier keine Lösungsstrategien analysieren, verstehen oder nachahmen kann, die dem Leser vlt im echten Leben helfen könnten. Komplexe Probleme werden ruckzuck mit simplen Gegenständen oder Mächten gelöst. Mich wundert es nicht, dass das einige Leute stört.

Ich weiß ja nicht, wie das bei euch ist, aber ich mache es so, dass die realen Probleme in meinen Romanen auch reale Lösungen kriegen. Die magischen Sachen laufen nebenher. Und ich kenne viele Fantasyromane wo das auch so läuft. Dass es zum Beispiel darum geht feindliche Werwölfe zu besiegen, aber die ganz realen Probleme wie zum Beispiel, was weiß ich, Beziehungsstress, werden auf realem Weg gelöst und nicht durch Magie gelöst und wenn das so ist, gefällt es mir auch nie und ich kann verstehen, dass das viele Leute stört, weil es eben aussieht wie der Gott aus der Theaterkiste. Aber an sich begegnet es mir viel öfter, dass die Figuren ihre alltäglichen Probleme auch auf alltägliche Weise lösen und ihre magischen Probleme auf magische Weise. Das Beispiel mit der Prinzessin zum Beispiel finde ich unter aller Kanone und so ein Buch wird zurecht zweifelnd betrachtet.

Und ich kann auch nicht behaupten aus "wichtiger" gehobener Literatur viel mitgenommen zu haben. Viel davon ist so abgehoben, dass man den tieferen Sinn dahinter nicht einmal begreift und das wird nicht daran liegen, dass man zu blöd dafür ist. Deshalb: Ja, ich bin auch dafür, diese Grenze endlich mal zu vergessen und Bücher einfach Bücher sein zu lassen. Dazu gehört aber auch, dass wir aufhören zum Beispiel "Twilight" als "allerschlichteste Literatur" zu bezeichnen oder irgendwie als schlechter bezeichnen, als andere Fantasy. Natürlich hat jeder einen persönlichen Geschmack, aber der Haupttenor ist ja schon, dass Bücher wie Twilight als schlechter als andere Fantasy bezeichnet werden und ich erwische mich selbst auch dabei, dass ich das manchmal mache. Aber wie wollen wir die Grenze zwischen U-Literatur und gehobener Literatur einreißen, wenn wir jetzt sogar schon die U-Literatur in gut und schlecht einteilen und so neue Grenzen bauen?

Adam_Charvelll

Zitat von: Ludovica am 13. April 2013, 19:33:06
Und ehrlich, ich halte es nicht für Zeitverschwendung, ein Buch zu lesen, das einem nachher nicht mehr nachhängt. Solange man währenddessen gut unterhalten wurde.... Allerdings könnte das auch eine Erziehungssache sein - bei uns werden zuhause einfach öfter Bücher gelesen, wenn man einfach mal einen gemütlichen, faulen Abend verbringen will. Und meine Mutter liest aus Prinzip keine 'schweren' Bücher, wenn sie sich nicht 100% konzentrieren kann, was ich mir auch ein wenig von ihr abgeschaut habe  ;D

Wenn sich das auf meine Aussage bezieht, muss ich darauf aufmerksam machen, dass von Zeitverschwendung nie die Rede war. Zwischen Zeitvertreib und Zeitverschwendung gibts einen großen Unterschied. Und wenn man sich an einem gemütlichen Abend einfach die Zeit vertreiben und unterhalten will, ist es bestimmt schön, einfach ein Buch zu lesen, das gar nicht so viel Wert auf Inhalt oder hintergründige Problematiken legt. Ich schau mir viel Fußball an und was hab ich davon? Genauso wenig :D

Bei Büchern ist's bei mir jedoch so, dass ich mich ärgere, wenn mich ein Buch im Nachhinein nicht gefordert hat. Selbst wenn es einen amüsanten Inhalt hatte, aber dennoch oberflächig blieb, denke ich mir, dass ich in der Zeit genauso gut 4-5 DVDs ansehen hätte können.  ;D Aber sicher Geschmacks- und Erziehungssache (Obwohl ich in meiner Kindheit sehr viel gelesen habe). Vielleicht stecke ich allerdings auch schon in einer Midlife-Crisis, in der ich keine Minute falsch investieren möchte. Beunruhigend, wenn es bereits mit Mitte 20 so weit ist.  ;D

Zitat von: Kati am 13. April 2013, 20:08:27
Ich weiß ja nicht, wie das bei euch ist, aber ich mache es so, dass die realen Probleme in meinen Romanen auch reale Lösungen kriegen. Die magischen Sachen laufen nebenher. Und ich kenne viele Fantasyromane wo das auch so läuft. Dass es zum Beispiel darum geht feindliche Werwölfe zu besiegen, aber die ganz realen Probleme wie zum Beispiel, was weiß ich, Beziehungsstress, werden auf realem Weg gelöst und nicht durch Magie gelöst und wenn das so ist, gefällt es mir auch nie und ich kann verstehen, dass das viele Leute stört, weil es eben aussieht wie der Gott aus der Theaterkiste.

Genau, so würde ich das auch bevorzugen!

Coppelia

#69
Das mit der Magie sehe ich noch mal anders.  Fantasy kann psychische Vorgänge in sehr ausdrucksstarke Bilder umsetzen. Stellt euch vor, jemand verwandelt sich in einen Werwolf, kann sich unsichtbar machen oder verkauft seine Seele an einen Dämon. Wo ist der Wolf oder das Unsichtbare oder die Bereitschaft, sich selbst zu verraten, in einem solchen Menschen? Für mich sind so etwas Bilder, die sich auf "nichtmagische" Realitäten übertragen lassen, nicht ausschließlich Fakten in ausgedachten Welten. Das ist etwas, was mich an diesem Genre auch besonders fasziniert.
Daher lassen sich "magische" Probleme unter Umständen auch "nichtmagisch" lösen.

Viele Bilder (wie das des Werwolfs) sind aber leider ein bisschen ausgelutscht.

Was das Beispiel mit dem Zaubertrank betrifft: Es würde in diesem Plot vermutlich nicht darum gehen, dass ein Zauber erzeugt wird, der dann die Gefühle des Prinzen mechanisch manipuliert. Die Reise, die zur Anfertigung des Zaubertranks nötig ist, würde die Protagonistin verändern, dass sie schließlich die Liebe des Prinzen gewinnt - nicht durch den Trank, sondern dadurch, dass sie jemand anders geworden ist.

Debbie

#70
Zitat von: Coppelia am 13. April 2013, 22:02:59
Das mit der Magie sehe ich noch mal anders.  Fantasy kann psychische Vorgänge in sehr ausdrucksstarke Bilder umsetzen. Stellt euch vor, jemand verwandelt sich in einen Werwolf, kann sich unsichtbar machen oder verkauft seine Seele an einen Dämon. Wo ist der Wolf oder das Unsichtbare oder die Bereitschaft, sich selbst zu verraten, in einem solchen Menschen? Für mich sind so etwas Bilder, die sich auf "nichtmagische" Realitäten übertragen lassen, nicht ausschließlich Fakten in ausgedachten Welten. Das ist etwas, was mich an diesem Genre auch besonders fasziniert.
Daher lassen sich "magische" Probleme unter Umständen auch "nichtmagisch" lösen.

Viele Bilder (wie das des Werwolfs) sind aber leider ein bisschen ausgelutscht.

Das unterschreibe ich mal alles - weil es praktisch eins zu eins meine Meinung widergibt!  :prost:  Allerdings bin ich inzwischen auch schon soweit, dass es mich überhaupt nicht mehr interessiert, was ausgelutscht ist, und was nicht. Wenn ich einen gottverdammten Vampir verwenden will, dann tue ich das - gut, der glitzert dann halt nicht und lebt nicht vegetarisch, aber ich lass mir weder von Trends, noch Verlagen, noch Lesern mehr diktieren was ich noch verwenden darf, und auf was ich bitte verzichten soll. Das ändert sich so schnell ... Da kriegt man ja einen Drehwurm, wenn man versucht hinterher zu hetzen  :d'oh:

Zitat von: Kati am 13. April 2013, 20:08:27
Und ich kann auch nicht behaupten aus "wichtiger" gehobener Literatur viel mitgenommen zu haben. Viel davon ist so abgehoben, dass man den tieferen Sinn dahinter nicht einmal begreift und das wird nicht daran liegen, dass man zu blöd dafür ist.

Kann ich auch nicht behaupten. Wenn es jetzt nicht gerade um die Klassiker geht (Goethe, Homer, Shakespeare, etc. - wobei man die wohl als frühe U-Literatur-Autoren bezeichnen könnte). Ich finde es meist nicht mal abgehoben, sondern einfach gähnend langweilig. Die Message ist meist nicht wirklich tief vergraben, und wenn ich dann durch bin, denke ich oft: "Den Standpunkt/Die Moral hätte man auch spannender verpacken können." Jeder halbwegs intelligente Mensch versteht die Message von Homo Faber, Der Besuch der alten Dame oder Andorra - aber diese Themen kann man eben auch ansprechender gestalten, finde ich. Bei manch anderen Büchern wiederum ist die Message so "banal", dass es mitnichten an der eigenen beschränkten Intelligenz liegt, dass man ihre "Bedeutung für die literarische Entwicklung" nicht erkennt - viel mehr liegt es dann oftmals an der Oberflächlichkeit und Selbstüberschätzung des Autors.


ZitatDeshalb: Ja, ich bin auch dafür, diese Grenze endlich mal zu vergessen und Bücher einfach Bücher sein zu lassen. Dazu gehört aber auch, dass wir aufhören zum Beispiel "Twilight" als "allerschlichteste Literatur" zu bezeichnen oder irgendwie als schlechter bezeichnen, als andere Fantasy. Natürlich hat jeder einen persönlichen Geschmack, aber der Haupttenor ist ja schon, dass Bücher wie Twilight als schlechter als andere Fantasy bezeichnet werden und ich erwische mich selbst auch dabei, dass ich das manchmal mache.

Dieses Twilight-Bashing kommt mir auch schon lange aus den Ohren raus ... Und v. a. da es zu 90% von Leuten betrieben wird, die die Bücher entweder nicht gelesen haben, oder sie nicht weglegen konnten und jetzt nachtreten, weil es gerade "Mode" ist und eine zwingende Voraussetzung für Niveau und Intellekt. Es stimmt auch überhaupt nicht, dass die Bücher "schlecht" geschrieben wären - die deutsche Übersetzung ist grottig, aber das englische Original ist alles andere als "mieser Stil". Die Autorin hat englische Literatur studiert und erfolgreich ihren Abschluss gemacht - selbst dem Dümmsten sollte klar sein, dass ein gewisses Maß an stilistischem Mindeststandard in diesem Fall wohl unumgänglich war.

Und ja, die Twilight-Bücher haben viele "Messages", die einem vielleicht nicht immer gleich anspringen und auch nicht immer mit den eigenen Überzeugungen übereinstimmen müssen, aber wenn man die Bücher nicht komplett (und unvoreingenommen) gelesen hat, halte ich es für angemessener vielleicht einfach lieber still zu sein, anstatt ständig nur die unqualifizierte Meinung anderer nachzuplappern, die genauso wenig Ahnung haben  :pfanne:

Lucien

@ Debbie: Bevor Missverständnisse aufkommen: Ich habe mir ganz artig die Hörbücher angehört, da ich, was Bücher oder Filme angeht, die so kontrovers diskutiert werden, bevorzuge, mir ein eigenes Bild zu machen. Was mich persönlich an der Geschichte sauer aufstößt, ist dieses ständige, penetrante darauf beharren, wie perfekt doch Edward ist (das kann die Übersetzung unmöglich nachträglich reingezaubert haben). Und insgesamt ist das alles etwas zu ... reibungslos. Gerade das große Finale bietet so viele Möglichkeiten. Ich persönlich habe mich schon fast betrogen gefühlt, als es zum großen, alles entscheidenden Zusammentreffen kommt und dann ... tja ... puff. Alle Probleme lösen sich quasi mit einem Fingerschnipsen auf. Man hätte mehr aus der Geschichte machen können. Und ja, ich gebe es zu, ich stehe nicht so auf glitzernde Vampire.
Was die "Messages" angeht, habe ich das Gefühl, dass manche Leute so tun, als wäre Twilight DER Roman, auf den die Jugend von heute sehnsüchtig gewartet hat, um der Welt endlich klar zu machen, was in ihren Köpfen vorgeht. Ich will nicht behaupten, dass gar kein tieferer Sinn dahinter steht, aber SO tiefsinnig ist es dann auch wieder nicht.

Und um dem eigentlichen Thema wieder etwas näher zu kommen: ich glaube, ein großer Teil meiner Abneigung gegen Twilight ist noch nicht einmal so sehr die Geschichte selbst, sondern für mich ist es schlicht und ergreifend auch ein Stück weit Sündenbock für das, was ich immer wieder beobachte: dass etwas plötzlich toll ist, weil irgendjemand mit wirtschaftlichen Interessen sagt, dass wir das jetzt toll zu finden haben. Passend dazu:

Zitat von: Debbie am 13. April 2013, 22:31:44
Allerdings bin ich inzwischen auch schon soweit, dass es mich überhaupt nicht mehr interessiert, was ausgelutscht ist, und was nicht. Wenn ich einen gottverdammten Vampir verwenden will, dann tue ich das - gut, der glitzert dann halt nicht und lebt nicht vegetarisch, aber ich lass mir weder von Trends, noch Verlagen, noch Lesern mehr diktieren was ich noch verwenden darf, und auf was ich bitte verzichten soll. Das ändert sich so schnell ... Da kriegt man ja einen Drehwurm, wenn man versucht hinterher zu hetzen  :d'oh:
Und gerade, wenn dieses Diktat von den Verlagen kommt, dann frage ich mich, welchen realen Wert das hat, was ich schreibe, wenn am Ende nur zu zählen scheint, ob die Verlage den Lesern "erlauben", meine Geschichten in großer Anzahl vorzufinden und zu lesen. Ich habe mich auch bei Harry Potter schon aufgeregt, dass ganze Regalreihen alle mit den gleichen Büchern gefüllt waren auch noch Wochen nach dem großen Ansturm. Diesen Platz hätte man einer wesentlich größeren Vielfalt an Romanen zur Verfügung stellen können.Und von den Büchern schließe ich dann zurück auf die Personen dahinter: hätten die genauso einen großen Erfolg, wenn sie auch nur mit wenigen Exemplaren vertreten wären?
Und zu guter letzt führt mich das zu der deprimierenden Frage, ob phantastische Literatur nur so hoch gekommen ist, weil die Verlage es "erlaubt" haben.  :wart:

Coppelia

Noch mal zu dem, was ich gestern Abend geschrieben habe, wegen der zweiten Ebene: Für mich ist es ein Zeichen eines anspruchslosen Textes, wenn die zweite Ebene vernachlässigt wird. Jemand ist einfach "nur" ein Werwolf oder ein Vampir, oder es gibt Zombies, den Stein der Weisen oder was auch immer, ohne dass die übertragene Bedeutung dessen auch nur im Geringsten in irgendeiner Form relevant wäre. Dann, finde ich, macht der Text eine Art "Nullaussage". Und solche Texte sind durchaus nicht selten.
Natürlich kann man die ursprünglichen Ängste oder was auch immer zur Entstehung eines Mythos führte, umdeuten und der Magie eine neue Symbolik verleihen. Aber das muss auch Sinn ergeben. Magie ist keine Kleinigkeit, sondern geht an die Substanz. ;)

Und natürlich sagt eine Veröffentlichung oder ein Verkaufserfolg nur wenig über die Qualität eines Textes aus.  Ich kenne mich in der Self-Publisher-Szene nicht aus, aber ich glaube, Werbung des Verlags ist auf jeden Fall sehr wichtig, damit ein Roman erfolgreich wird. Das ist aber wohl wieder ein anderes Thema.

Minhael

#73
Beim Genre der Fantasy, habe ich tatsächlich das Gefühl, dass nahezu ein jeder sich eine Meinung erlaubt, in vielen Fällen dann natürlich eine negative, leider aber kaum bis niemand von diesen Kritikern je einen Fantasyroman in der Hand hatte. Das ist der Punkt den ich bedauerlich finde. Ich kann etwas lesen und es schlecht finden, aber Kritiken ohne jegliche Substanz kundzutun finde ich unmöglich. Und sei es auch nur diese gutbekannte Art des ,,Belächelns". Es gibt Genres aus denen ich bisher noch kein einziges Buch in der Hand hatte, dass sage ich dann aber auch so und deklariere das Ganze nicht einfach als schlecht, nur weil es evtl. meinen persönlichen Geschmack nicht trifft bzw. sich ein einlesen bisher noch nicht ergeben hat.

In meinem Umfeld sieht es für die Fantasy schlecht aus, bis auf meinen Freund kenne ich keine Person die Fantasyromane liest. Und dabei ist es nicht so, als seien Bücher in meinem Freundeskreis generell ein seltenes Gut. Im Gegenteil. Nur Fantasy, die gibt es hier eben nicht. Aber wie gesagt, damit kann ich sehr gut leben, solange es keine stichelnden Kommentare gibt und die gibt es ja, in der Regel, in einem Freundeskreis schon mal nicht.

Während meiner Ausbildung gab es da eine lustige Geschichte, meine Kollegen schenkten mir, auf Nachfrage, dass Silmarillion. Einer von Ihnen fuhr also in den Thalia unserer Stadt, fragte nach dem Buch, bekam es rasch und ließ es nach dem bezahlen einpacken. Die nette Dame wollte tatsächlich Kindergeschenkpapier nutzen, für dieses ,,Kinderbuch".  :pfanne: Natürlich stand er dann breitgrinsend da und wollte wissen, was für ein Buch ich mir da ausgesucht hatte. Tja, was will man machen. Mittlerweile lassen mich derartige Vorfälle aber relativ kalt und ich muss mich auch nicht mehr stundenlang über sie ärgern.  ;)  Allerdings musste ich bisher auch noch keine belächelnden Äußerungen bzw. meiner schriftstellerischen Tätigkeiten ertragen, dass damit ein ganz anderer Nerv getroffen wird ist klar. (Aber mal ehrlich, ich würd's in Kauf nehmen.  ;D)

Insgesamt freue ich mich über jeden der Fantasy schreibt oder liest. Das ich mich mit meinen Vorlieben nicht im populärsten Genre befinde, ist vollkommen in Ordnung für mich. Abgesehen davon, meine ich auch das es dahingehend eine positive Entwicklung gibt.

Den Vorwurf des Eskapismus kann ich übrigens nicht nachvollziehen, meiner Meinung nach kann man diese zumindest fast jedem Romanleser vorwerfen. Aber das ist ein anderes Thema. Wenn ich mir die Zeit nehme ein Buch zu lesen, schätze ich doch ganz besonders  die Tatsache, dass ich Abstand von meinem Alltag nehmen kann und in eine ,,fremde" Welt eintauchen kann. Ich wüsste nicht was daran schlecht sein sollte.

Debbie

Zitat von: Jenny am 13. April 2013, 23:59:53
@ Debbie: Bevor Missverständnisse aufkommen: Ich habe mir ganz artig die Hörbücher angehört, da ich, was Bücher oder Filme angeht, die so kontrovers diskutiert werden, bevorzuge, mir ein eigenes Bild zu machen. Was mich persönlich an der Geschichte sauer aufstößt, ist dieses ständige, penetrante darauf beharren, wie perfekt doch Edward ist (das kann die Übersetzung unmöglich nachträglich reingezaubert haben). Und insgesamt ist das alles etwas zu ... reibungslos. Gerade das große Finale bietet so viele Möglichkeiten. Ich persönlich habe mich schon fast betrogen gefühlt, als es zum großen, alles entscheidenden Zusammentreffen kommt und dann ... tja ... puff. Alle Probleme lösen sich quasi mit einem Fingerschnipsen auf. Man hätte mehr aus der Geschichte machen können.

Das Ende war tatsächlich eine schwere Enttäuschung. Da habe ich mich auch tierisch vera..... gefühlt  :wums: - aber deswegen ist ja nicht alles, was mir vorher so gut gefallen hat (und die Schwärmerei von Bella gehörte nicht dazu), plötzlich nichts mehr wert. Als eingefleischter Fantasy-Leser hatte man ein episches Finale erwartet, aber naja - Meyer ist ganz sicher nicht der Welt beste Plotterin, es gibt Hunderttausende, wenn nicht Millionen andere Bücher, mit einem komplexeren Plot. Ob sie das Ende jetzt absichtlich so gestaltet hat (um nicht dem Klischee zu entsprechen) oder aus mangelndem Plotgeschick, enger Deadline, Nachlässigkeit, oder aus der Furcht vor dem Schreiben einer detailierten Kampfszene - ich weiß es nicht  ???  Als Leser ist das Ende für mich die absolute Schwachstelle der Reihe, aber es steht mir natürlich auch nicht zu, irgendeinem Autor vorzuschreiben, wie seine Figuren enden sollen oder nicht. Wenn ich plotte (was zunächst meist unbewusst geschieht), interessiert mich die Erwartungshaltung der Leser, was das Schicksal meiner Figuren angeht, auch recht wenig bis garnicht. Das Recht nehme ich mir raus  :ätsch:

Twilight ist aber auch keine "klassische Fantasy" - deswegen wurde ja praktisch eigens für diese Reihe das neue Subgenre der "Romantasy" eingeführt. Und als Romanze mit fantastischen Elementen erfüllt das Buch seinen Zweck voll und ganz. Natürlich wird Edward von Bella idealisiert (und da es in Ich-Perspektive verfasst ist, entgeht dem Leser natürlich kein einzelner Gedanke) - erste Liebe, rosarote Brille, Teenage-Schwärmerei etc.. Ich finde es immer traurig, wenn jemand das nicht nachvollziehen kann, weil ich es für eine der schönsten Erfahrungen halte, die man im Leben macht.  :vibes:  Aber das ist natürlich subjektiv.

Zitatich glaube, ein großer Teil meiner Abneigung gegen Twilight ist noch nicht einmal so sehr die Geschichte selbst, sondern für mich ist es schlicht und ergreifend auch ein Stück weit Sündenbock für das, was ich immer wieder beobachte: dass etwas plötzlich toll ist, weil irgendjemand mit wirtschaftlichen Interessen sagt, dass wir das jetzt toll zu finden haben.

Genau das ist es was ich meine, und was mich stört! Wenn jemand ein Buch/eine Geschichte nicht mag, ist das kein Problem. Ich mag sehr viele Bücher nicht, würde mich aber davor hüten, sie noch mieser oder eben zum Sündenbock zu machen. Tausende Bücher, die jedes Jahr verlegt werden, sind schlechter als Twilight. Und das das Buch jetzt stellvertretend für "Fantasy" steht, ist weder die Schuld der Autorin noch der Geschichte. Den Anspruch haben beide nie gehabt (siehe eigenes Subgenre, etc.).

ZitatBeim Genre der Fantasy, habe ich tatsächlich das Gefühl, dass nahezu ein jeder sich eine Meinung erlaubt, in vielen Fällen dann natürlich eine negative, leider aber kaum bis niemand von diesen Kritikern je einen Fantasyroman in der Hand hatte. Das ist der Punkt den ich bedauerlich finde.

Das kommt mir wahnsinnig bekannt vor! Die meisten meiner Bekannten und Freunde lesen (viel) - aber keiner liest Fantasy. Sie lieben der "Herr der Ringe", "Harry Potter", "Twilight", "City of Bones", "Hush Hush" oder Walter Moers, aber nur wenn es entweder 1) gerade sowieso ein Hype ist, und man es sich ja mal "anschauen" kann, oder 2) ich ihnen die Bücher empfehle ohne vorher zu erwähnen das es Fantasy. Denn Fantasy liest ja keiner, das ist ja Kinderkram ...  :snicker: