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Rache als Sympathie-Faktor? (Prota-/Antagonisten)

Begonnen von Fianna, 20. Januar 2013, 21:03:17

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Fianna

Wie steht ihr zu dem Antrieb "Rache" bei Protagonisten und Antagonisten?

Oft meine ich rauszulesen, dass Rache die Taten eines Protagonisten entschuldigt. Der Verlust zusammen mit der Affekthandlung scheint für viele Leser die Taten zu entschuldigen - zumindest zu einem gewissen Grad, so dass man weiter liest und für seine Anfangsziele mitfiebert.
Geht euch das auch so?

Jetzt die für mich momentan spannendere Hälfte: meint ihr, es gibt diesen Effekt auch bei Antagonisten? Negative Taten aus Rache (also einem Verlust/Verrat etc) machen ihn "grauer", heben ihn vielleicht sogar aus der klaren Antagonistenschiene raus - weil es einen Grund gibt und - eventuell - Taten im Affekt geschehen oder Pläne unter diesem Zorn beschlossen werden?
Rache fungiert handwerklich ein Stück weit als Sympathiefaktor für den Bösewicht?
Und abseits von dem, was "die Leser" denken könnten: wie ist Deine persönliche Meinung?

Gwee

Naja, Rache allgemein finde ich ein eher neutrales Mittel. Es kommt immer auf den Hintergrund an, der zur der Rache führt. Manchmal kann Rache auch sehr unsympathisch machen, besonders beim Protagonisten. Denn Rache ist ja auch ein sehr aggressives Verhalten, dass man eigentlich beherrschen können sollte.
Beim Bösewicht bin ich da anderer Meinung. Rache zeigt, dass er nicht bloß eine flache Figur ist, sondern etwas in ihm steckt. Man kann ihn besser verstehen und er wirkt dadurch nicht mehr ganz so böse. Das liegt aber eher daran, dass man den Bösewicht normalerweise als den Ultrabösen einstuft und jede Erklärung über ihn kann ihn besser darstellen. Wenn es Gründe gibt, die einen Bösewicht 'böser' machen überrascht das wenig, andersrum aber schon.
Es ist so eine Art Obsession, glaube ich. Das Schreiben fasziniert mich so sehr,
daß, wenn es mir verboten würde, ich langsam daran sterben würde.
Johannes Mario Simmel

Lemonie

Ich denke auch, dass Rache zumindest den Antagonisten sympathischer machen kann, da es zwar nicht moralisch wünschenswert, aber immerhin nachvollziehbar ist, was bei größenwahnsinnigen Weltherrschafts - Antas ja nicht der Fall ist.

Bei Protagonisten kommt es für mich drauf an, ob das Ganze da diskutiert wird. Es kann einen Prota sympathisch machen, wenn im Buch auch damit umgegangen wird, vielleicht auch gezeigt wird, dass es eigentlich nicht der richtige Weg ist.
Meiner Meinung nach ist Rache nämlich keine Entschuldigung für schlechte Taten, es macht sie zwar nachvollziehbar, aber entschuldigt sie nicht. Stören würde es mich aber nur in Geschichten, wo es falsch dargestellt wird (also genau so, dass es alles moralisch richtig macht was der Prota tut).

Ryadne

In den fiktionalen Medien ist die Rache in der Tat ein häufig auftauchender und akzeptierter Rechtfertigungsgrund, allerdings ist natürlich auch immer die Frage, wofür die Figur Rache nimmt, egal ob sie nun Protagonist oder Antagonist ist. Es muss schon ein triftiger Grund sein; beliebt und "angesehen" ist natürlich der gewaltsame Tod oder die Schädigung einer der jeweiligen Figur nahestehenden "Person".
Aber es geht auch kreativer. ;) In Snow White and the Huntsmen wurde angedeutet, dass die Königin irgendwie Rache dafür nimmt, dass Frauen unter der Herrschaft der Männer zu leiden haben, mal ganz grob gesagt (an die Einzelheiten kann ich mich leider nicht mehr so ganz erinnern). Das war als Rechtfertigungsgrund in Relation zu den ganzen Untaten der Königin zwar nicht so der Bringer, als Versuch war es aber mal nett und hat sie zumindest ein bisschen zu einer "grauen" Antagonistin werden lassen.

Zitat von: Lemonie am 20. Januar 2013, 21:15:46
Bei Protagonisten kommt es für mich drauf an, ob das Ganze da diskutiert wird. Es kann einen Prota sympathisch machen, wenn im Buch auch damit umgegangen wird, vielleicht auch gezeigt wird, dass es eigentlich nicht der richtige Weg ist.
Meiner Meinung nach ist Rache nämlich keine Entschuldigung für schlechte Taten, es macht sie zwar nachvollziehbar, aber entschuldigt sie nicht. Stören würde es mich aber nur in Geschichten, wo es falsch dargestellt wird (also genau so, dass es alles moralisch richtig macht was der Prota tut).

Dem schließe ich mich an. Gerade, wenn man auf Graustufen setzt - was ich grundsätzlich schätze - sollte man beim Protagonisten möglichst auf Selbstreflexion achten, wenn er sympathischer sein soll als der Antagonist.

Fianna

Das ist ja spannend.
Irgendwie haben Diskussionen aus diversen Autorenforen sowie Rezensionen allgemein diesen Eindruck hinterlassen. Aber bei euch ist es ja KEIN Sympathiefaktor (dieses Wort ist etwas zu stark) für den Protagonisten.

Gerade wenn die wahre Liebe getötet wird, wird Rache nicht so negativ eingestuft. Hm... Da fällt mir grad kein Beispiel ein. Ich lese zuviele Buchrezensionen *lach*

Runaway

#5
Wenn's erlaubt ist, zitier ich mich mal selbst, denn ich find Rache ziemlich nachvollziehbar. Ob es sympathisch macht, weiß ich nicht ... aber ich hab zumindest noch keine Haue dafür gekriegt.

Zitat von: Dani am 12. Januar 2013, 20:03:16
In meinen Geschichten gab es immer mal wieder Protagonisten, die Menschen getötet haben. Teilweise nicht auch einfach nur so, sondern auf ziemlich unschöne Art. Dem vorausgegangen waren aber auch unschöne Taten derjenigen, die die Protas da getötet haben. Ich kann das pauschal auf das Stichwort Rache runterbrechen.
Beim Schreiben habe ich mir auch die Frage gestellt, ob es okay ist, meiner Protagonistin eine Waffe in die Hand zu drücken, nachdem sie von zwei Männern vergewaltigt wurde. Lustigerweise haben dann hinterher sogar die Leser gesagt "wie, die hat die einfach nur erschossen? Also ich hätte ja noch ..."

"Noch" gab es in meiner Dark Fantasy-Geschichte. Auch da ging es um eine Vergewaltigung. Als mein Protagonist spitz gekriegt hat, was die Typen mit seiner Frau gemacht haben, hat er sein superscharfes Schwert gezückt und dann mit dem verbliebenen Täter ein paar unschöne Dinge gemacht. Er selbst hat in diesem Moment eine Art Blutrausch - ihm geht es tatsächlich darum, den Kerl möglichst brutal umzubringen. Seine Frau, seelisch immer noch tief verletzt, sieht ungerührt dabei zu.
Daneben steht dann die Freundin, die die Brücke zum Leser schlägt und nicht hinsieht, weil ihr das zuviel ist. Sie wundert sich auch darüber, daß der Mann, den sie als sanftmütig kennengelernt hat, zu so etwas in der Lage ist. Aber sie versteht es auch.
Sie drückt im Prinzip Zweifel und Skrupel aus und versucht, dem Leser zu erklären, warum er das tut.
Bis heute habe ich keine Klagen bezüglich dieser Stelle bekommen.

Kati

Ich finde nicht, dass Rachegedanken sympathischer machen. Aber auf jeden Fall interessanter. Ich bin ja eh kein Freund davon, dass oft mit zweierlei Maß gemessen wird: Mordet der Antagonist Unschuldige, ist er böse und fies. Tut der Held dasselbe, ist es für den guten Zweck. Oder können die erschlagenen Wachen etwas dafür, dass sie ihren Lebensunterhalt bei einem bösen König verdienen? Ich mag es nicht, wenn Helden, die sich durch die Welt morden als sympathisch und heldenhaft dargestellt werden. (Das heißt nicht, dass Helden nicht mehr morden dürfen. Mir fehlt da nur die Reflektion der Tat.) Auch nicht, wenn es aus Rache geschieht. Ich kann verstehen, dass es sehr heldenhaft und episch wirkt, wenn ein Held alles daran setzt, den Mann zu töten, der seine Geliebte auf dem Gewissen hat. Ich finde das auch interessant... aber nicht sympathisch. Sympathisch machen ihn für mich vielleicht Charaktereigenschaften.


Alia

Ein spannendes Thema. So etwas ähnliches habe ich vor einiger Zeit im realen Freundeskreis diskutiert.

Bösen Menschen (Mörder, Vergewaltiger, Kindesmisshandler, Tierquäler, Evil Overlord etc.) darf man als guter Mensch Böses zufügen. Das ist moralisch nicht verwerflich. Sieht man zB an so Diskussionen darüber, ob man bestimmte Straftäter in Gefängnissen schützen soll/muss/darf, die sich zB an Kindern vergangen haben. Es gibt immer sehr viele Stimmen, die  Parolen, wie "Haben die nicht anders verdient!", "Wenn der drauf geht, ist das kein Verlust!", etc. rufen. Auch sehr drastische Strafen, die bei solchen Verbrechen gefordert werden, sind anscheinend sehr "beliebt".

Das schlägt sich auch in Büchern/Filmen nieder:
Folter ist zB im Krimi oder Thriller auch durchaus moralisch vertretbar, wenn der Bösewicht zB ein Kind irgendwo versteckt hat, was dringend ein Medikament braucht und sonst stirbt. Der Ermittler, der da mal fünf Minuten mit dem Kerl allein in der Zelle war, ist dann der Held. Er hat schließlich das Kind vor dem Tod gerettet. Folter ist in so einem Moment anscheinend ein probates Mittel.

Wenn ich also als guter Prota an dem Bösen Overlord Rache für den Tod meiner kleinen Kinder nehme, ist das vollkommen ok. Wenn dabei ein paar (gesichtslose) Schergen des bösen Overlords dran glauben müssen, ist das auch ok. Gut wird die Geschichte m.E. dann, wenn der Prota erst ganz schreckliche Rache nehmen will, dann aber als er die Gelegenheit hat mit sich selbst hadert und letztlich den Weg von Recht und Gesetzt geht. Einfach weil er eingesehen hat, dass alleine ein Motiv die Tat nicht rechtfertigen kann und er sich in der Geschichte moralisch weiterentwickelt hat. Kann man natürlich auch genau andersrum machen. Erst will der Prota den Anta nur dem Gericht vorführen und er soll seine gesetzliche Strafe bekommen. Im Laufe des Buches wird aber der Zweifel an dem Rechtssystem immer größer (korrupte Richter, käufliche Zeugen, etc.) und die Taten des Anta werden immer schrecklicher, so dass dem Prota am Ende nur die Möglichkeit bleibt den Anta komplett zu vernichten, wenn er möchte, dass diese Taten aufhören. Selbstverständlich tut er das nur sehr ungern und mit erheblichen Gewissensbissen. Hier ist auch Entwicklung drin. Der Fall "Prota will sich rächen, versucht es das ganze Buch über und schafft es am Ende", ist mir persönlich etwas zu flach.

Ein Anta wird dagegen ein Motiv haben, was relativ klein ist und in keinem Verhältnis mehr zu den Taten steht. (z.B. Ein Zwerg hat ihn mal böse übers Ohr gehauen und dafür versklavt er jetzt alle Zwerge und lässt sie bis zum Umfallen in den Minen schufften.) Wenn der Grund zu gut ist, wird der Anta zu "gut". Ein bisschen grau ist m.E. gut. Aber die Schattierungen zwischen dem Prota und dem Anta sollten noch so unterschiedlich sein, dass der Leser eindeutig Stellung beziehen kann.

In Disneyfilmen ist es ganz oft so, dass der Gute am Ende gegen den Bösen kämpft. Dann ist der Gute in der Oberhand und führt den letzten Streich nicht aus, bzw. hilft dem Bösen. Der Böse versucht dann den Guten zu töten und stürzt dafür dann irgendwo runter, etc. Der Tod des Anta ist dort eigentlich immer selbstverschuldet. Den tötlichen Schlag führt der Held nie aus.

In normalen Märchen ist das nicht immer so. Hänsel und Gretel schubsen die Hexe ja zB in den Backofen, die böse Königin tanzt in glühenden Schuhen bis sie stirbt, etc. Da ist Rache noch ganz stark vorhanden. Die Bösen sollen für das, was sie den Guten angetan haben, bluten.

Interessant in der Hinsicht finde ich das Märchen vom Rattenfänger. Hier ist die Rache "alle Kinder der Stadt wegführen" vollkommen außer Verhältnis zu "keinen Lohn bekommen". Ein ziemlich zwielichtiger Geselle. Einen richtigen "Guten" und einen "Bösen" kann ich ihn dem Märchen nicht finden.

Ich denke in Hameln haben die Menschen einfach eine Begründung dafür gesucht, dass so viele "Kinder der Stadt" ausgewandert sind. Zu der Zeit gab es Männer, die junge Leute abgeworben haben, um diese gezielt wo anders anzusiedeln. Der "Auszug der Kinder" hat wohl tatsächlich stattgefunden und fällt in die Zeit, wo diese Werber durch die Städte zogen. Es gibt Wissenschaftler, die behaupten, dass so ein Ereignis Pate für das Märchen stand. Um sich selbst zu erklären, warum die jungen Leute weggegangen sind, hat man dann die Geschichte mit dem nicht bezahlten Rattenfänger erfunden. Einfach, weil man eine Begründung für so eine schreckliche Sache haben wollte. So waren letztlich die Stadtoberen Schuld, dass die Kinder gegangen waren, weil die so knausrig gewesen sind und ihr Wort nicht gehalten haben.

Auch Rumpelstielzchen ist so ein Fall. Sicher muss man seine Versprechen halten. Aber das Kind von jemandem fordern ist wirklich heftig. Dass Rumpelstielzchen sich aber gleich zerreißen muss, finde ich dann doch etwas zu schlimm.
Erst wenn man über die Geschichte hinausschaut macht es Sinn: Auf Meta-Ebene wird Rumpelstielzchen oft mit einem sehr großen Talent gleich gesetzt (aus Stroh Gold spinnen). Eine derartige Meisterschaft auf einem Gebiet fordert jedoch Opfer. (Die Königin hat ja die Wahl zwischen "Stroh zu Gold spinnen" und "Kind". Also zwischen einer meisterlichen Fähigkeit/Kunst und Familie/irdischem Leben) Sie wählt zunächst die Kunst und will dann aber dennoch die Familie/ein normales Leben. Beides geht nicht. Daher "zerreisst" sich das Rumpelstielzchen. Die Königin wählt also nun normales Leben/Familie und opfert dafür die Kunst/besondere Fähigkeit/das Talent.

Envo

Kein Mensch wird mit boshaften Gedanken in die Welt geboren. Deshalb gibt es in meinen Erzählungen keine "Helden" und "Bösewichte". Es gibt nur Charaktere. Alle haben ihre Gründe. Und ob jemand, der aus Rache handelt, Sympathieträger einer Geschichte werden kann, hängt wohl von der Erzählperspektive ab. Und von der moralischen Einstellung des Rezipienten ^^

Zurvan

Rache ist kein Sympathie-Faktor - einzige Ausnahme: verbitterte Anthagonisten.

Ich persönlich benutze den Grund der Rache sehr, sehr häufig und ausgiebig in Geschichten. Ich halte es ganz ähnlich wie Envo mit meinen Charakteren. Sie sind neutral betrachtet weder gut noch böse und folgen ihren eigenen Interessen und Zielen. Wenn jemand dazwischen kommt, dann wird daran etwas geändert. Wie das aussehen mag, sei dahingestellt.
Anthas ohne Hintergrund und gleichzeitigem Größenwahn, der nie erklärt wird, wirken auf mich flach und machen nie und nimmer einen guten Bösewicht aus (typischer Weltherrscher-Stereotyp bis zum Berater-der-die-Macht-will-Stereotypen). Bücher bei denen ich das bemerke sind bei mir ganz schnell unten durch.

Moralische Vertretbarkeit ist auch so eine Sache. Wie weit darf man gehen? Ich finde, man darf recht weit gehen. Aber man muss es angemessen behandeln. Man muss nicht alles ausschmücken, damit der Leser weiß, was abgeht.

Aber.
Die Rache muss glaubwürdig sein. Ganz unbedingt.
Ein unglaubwürdiger Rachegrund und eine Tat außerhalb des Verhältnisses macht alles kaputt.

Fianna

@Alia
@Zurvan

Danke für eure Meinungen.


Wie seht ihr es jetzt in meinem konkreten Fall? Zuviel Hintergrund, zu grau - oder kann man die Rachekombi nehmen?

Zurvan

Ich bin mir nicht ganz sicher in welchem Bezug du das meinst.

Dani hat ein Beispiel genannt, wobei ich letzteres ein wenig übertrieben finde. (Mann bringt zwei Kerle möglichst grausam um, um seine Frau zu rächen.) Da denke ich eher an Eigeninteresse, als an pure Aufopferung und Rache für seine Frau. Quasi weil er selbst auch durch ihre Vergewaltigung entehrt wurde oÄ. Zumal es auch kritisch ist Rache für jemand anderen zu nehmen. Da kommt einem viel schneller der Selbstjustizgedanke. Zumindest ist es bei mir so. Das macht die handelnde Person noch sehr viel aggressiver als wenn er sich dafür rächt, dass seine Frau ermordet wurde und seitdem keine Ruhe mehr findet.

Liebe + Rache = Geht ziemlich immer.
Verlust + Rache = Geht mit Sicherheit.
Machtbestrebungen + Rache = Heikel.

Gib deinem Antagonisten einen guten Rachegrund. Möglicherweise sogar einen, der mit dem Prota gar nichts zu tun hat und der Prota gerät irgendwie dazwischen und somit in die Schusslinie des Antas, der so verbittert und verrannt ist, dass es ihm egal ist.

Alia hat da einige wirklich gute Beispiele genannt.

Alia

Zitat von: Fianna am 21. Januar 2013, 14:58:05
Wie seht ihr es jetzt in meinem konkreten Fall? Zuviel Hintergrund, zu grau - oder kann man die Rachekombi nehmen?

Wie schon geschrieben. Rache bei Antagonisten würde ich persönlich immer außer Verhältnis zu der ursprünglichen Tat stellen. Ich möchte, dass die Leser mit meinem Protagonisten fühlen und sich gegen den Antagonisten wenden und mitfiebern, ob und wie er den Antagonisten besiegt. Daher würde ich niemals Antagonist und Protagonist gleich grau zeichnen. In Kinderbüchern würde ich sogar noch krasser ganz klar schwarz und ganz klar weiß schreiben. Kinder denken noch viel mehr in Schemata. Da gibt es "die Guten" und "die Bösen".  Die Guten sollen gewinnen. Man darf im Kasperl-Theater vollkommen ohne Grund auf den Räuber, die Hexe oder den bösen Zauberer einhauen. Die Kinder freut es. Denen reicht es einfach, dass die genannten Figuren "die Bösen" sind. Genau wie in Kinderbüchern (und auch bei Spielzeug) Charaktere stark überzeichnet werden dürfen/müssen. Zumindest bis zu einer bestimmten Altersgruppe.

Wenn ich zwei Figuren habe, die beide grau sind und der Leser mit beiden Mitfühlen kann, dann haben wir m.E. kein Buch, das den Leser bei der Stange hält. Das ist als ob ich einen Sportwettkampf anschaue, bei dem mir egal ist, wer gewinnt. Absolut langweilig... ich fiebere nicht mit. Freue mich höchstens mal über ein gelungenes Tor oder einen schönen Spielzug.
Zwei graue Personen geht m.E. nur, wenn das nur so ein kleiner Nebenschauplatz ist. ZB zwei Forscherteams wollen in abgeschlagener Wildnis etwas zu erst erreichen. Es geht um einen Wettkampf zwischen den beiden Gruppen (die beide eigentlich gleich sympathisch sind) aber vorallem geht es um das Überleben in der Wildnis. Hier kann man dann zum Schluss auch gut mit dem "kleinen Anta" spielen. Helfen die Forscher sich gegenseitig, damit sie überleben? Opfert sich einer für den anderen (der alte Prof, der krank ist, für den jungen Dr. zB)? Oder stellt sich eine Seite im Showdown dann als ganz fieser Typ raus, der über Leichen geht und der Leser bezieht dann eindeutig Stellung?

Anders beim Protagonisten:
Ein Protagonist soll meinem Gefühl nach eine Person sein, mit der sich der Leser identifizieren kann. Wenn der Leser auch nicht so handeln würde, muss er doch zumindest für das Handeln Verständnis aufbringen und darf es nicht vollkommen ablehnen. Bei einem Antihelden muss ich den Leser irgendwie anders bei der Stange halten. Evtl. hat der einen Kumpanen, mit dem man mitfiebern kann. Oder der Typ ist zwar fies, aber man fiebert aus anderem Grund mit, dass er gewinnt. (Selbst eingefleischte Fußballfeinde dürfen mal gewinnen, wenn sie einem damit dann den Nichtabstieg sichern.  ;) )
Also bei der Fantasy zB fieser Typ TM will Rache an Evil Overlord TM. Leser weiß, dass nur so die Welt gerettet werden kann (was der fiese Typ eigentlich ja gar nicht will - der hat nur seine Rache im Kopf).
Oder: Unsympathischer und blöder Kommissar jagd fiesen Serienmörder. Die Gerechtigkeit kann nur siegen, wenn der blöde Kommisar Erfolg hat. Das dem die Opfer vollkommen egal sind und er nur auf die Beförderung schielt, spielt für den Leser keine so große Rolle, solange am Ende die Gerechtigkeit siegt und am Besten noch ein unschuldiges Opfer TM gerettet wird.

Fianna

Verzeihung, ich dumme Nss.
Ich hab meine Frage vorm Posten in 2 Teile geteilt, "allgemein" und "projektbezogen".  :wums:

Ignoriert meinen letzten Post. Ich habe die beiden auf meinen Thread bei "Autoren helfen Autoren" aufmerksam gemacht.

Ich fand das Thema zu wichtig und hatte deshalb eine allgemeine, nicht problembezogebe Diskussion machen wollen... Sorry!!

Fianna

Zum Thema "Es ist egal, wenn der Held aus guten Gründen tötet": Sauron wird nicht getötet, sondern destroyed.