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Gewalt, Blut und Gemetzel

Begonnen von Zealot, 31. Oktober 2006, 20:46:02

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Coppelia

ZitatWie weit geht ihr in der Beschreibung von Folter? Was bevoirzugt ihr an Gewaltarten und wie pervers, bzw. grausam werdet ihr?
Ich gehe da nicht sehr weit. Ich finde Folter an sich schon schlimm genug, denn es ist keine Geschichtensache, sondern ein Fakt. Da ist jede Story, in der auch nur der Hauch von positiver Darstellung von Folter enthalten ist (z. B. dass es erotisch ist) bei "echter" Folter meiner Meinung nach fehl am Platz. Sowas finde ich irgendwie mit Gedanken darauf, dass jeden Tag wirklich Leute gefoltert werden (die das garantiert nicht erotisch finden), nicht richtig.  :nöö:

Bei psychischer Folter hab ich da weniger Bedenken.

Wenn bei mir mal von Folter die Rede ist - dass es dazu kommen könnte, ist eigentlich häufiger klar, wirklich soweit kommt es aber nur selten - dann geht es bei mir meist nicht weiter als bis zum schlichten Verprügeln.

Eine "Folterszene" handelte nur vom Zeigen der Folterinstrumente. Mein Magier wurde sofort sehr gesprächig. Und ich fand das vollkommen ausreichend - jemand, der allein Folterinstrumente besitzt, die jemanden durchs Zeigen gesprächig machen können, ist meiner Meinung nach grausam genug charakterisiert. Er muss sie nicht benutzen.

Hr. Kürbis

Jup, da kann ich mich Coppelia nur anschließen, genau so würde ich es auch machen...

Silvia

Zumal das im Mittelalter bei den hochnotpeinlichen Befragungen in der Inquisitionszeit oft auch vollauf gereicht hat.

Linda

Zitat von: Silvia am 08. November 2006, 13:22:27
Zumal das im Mittelalter bei den hochnotpeinlichen Befragungen in der Inquisitionszeit oft auch vollauf gereicht hat.

Wobei man noch mal darauf hinweisen sollte, dass die Inquisitionshochzeit nicht das Mittelalter war. Der überwiegende Teil z. B. der Hexenprozesse fand in der Zeit danach statt. Als die Kirche selbst im Innersten erschüttert war und sich, logisch, einen neuen äußeren Feind zuwandte - den Hexern und Hexen. Wobei sie selbst den Glauben an Hexerei im Mittelalter zumeist als abergläubisches Bauerngeschwätz abgetan hat.

Gruß,

Linda

LaMaga

Ich bin kein Fan von plastischen "Splatterszenen". In meinem aktuellen Projekt habe ich erstmals willentlich eine etwas blutigere Metzelszene eingebaut, die aber in die Handlung passt und nicht unmotiviert erscheint (die Nachwelt möge entscheiden, ob es gelang ;)  ).
Aufwändiges Gemetzel (im Sinne von z.B. Schlachtengetümmel) und explizite Folterszenen (davon gibt es bei mir wenige, und schon gar keine erotisierende Darstellung in solchen Zusammenhängen *Coppelia zustimmt*) sind bei mir ein Off-Page-Thema, ansonsten schließe ich mich der hier schon angesprochenen Strategie von ,,andeuten" bzw. ausblenden und den Rest der Phantasie des Lesers überlassen an, ggf. auch durch eine Darstellung des Ergebnisses (Leichen an Kampfschauplätzen, ramponierter Zustand einer Figur in einer späteren Szene.).
M.E. kann gerade durch das, was nicht geschildert wird, ein stärkerer Effekt erzielt werden als durch detailfreudige Beschreibungen. (Das gilt im Übrigen auch für Sexszenen.).
Ein Beispiel: Einer meiner Lieblingscharaktere fällt Schurken in die Hände, die ihn zu etwas ,,überreden" wollen. Diese Szene endet damit, dass der Oberschurke gedankenverloren mit einer Nadel spielt. Einige Szenen später taucht die Figur mit radikal geänderter Meinung und blutigen Fingern (einer anderen arglosen Figur fällt Blut am Handschuh des Charas auf, ganz beiläufig)  wieder auf. Der Leser sollte sich denken können, was dem armen Kerl zwischenzeitlich zugestoßen ist; ich muss das nicht im Einzelnen schildern.  Trotzdem halte ich diese ,,Gewaltdarstellung" für erzähltechnisch ganz gut gelöst.

Sphinx

Ich hatte mal irgendwann einen Chara, der ein perverses Vergrnügen daraus zog, Gefangene körperlich und seelisch zu quälen; und da war auch ganz klar eine sexuelle Komponente enthalten. Er war der Anführer einer schwarzen Sekte und wurde von einem Dämon besessen - ein Scheusal durch und durch :darth:.
Damals hat mit die Szene Spaß gemacht, weil ich gerade in einer absolut miesen Phase war und irgendwie Dampf ablassen musste. Besser die eigenen Charas auseinanderzupflücken als auf die lieben Mitmenschen loszugehen ...

Aber normalerweise finde ich Folterszenen nicht sonderlich prikelnd. Besser ist es, mit subtiler Anteutung zu arbeiten und dem Leser nur das Resultat zu präsentieren, so dass er sich den genauen Hergang selber zusammenreimen kann. Zu extreme Darstellungen finde ich in diesem Bereich einfach nur ekelerregend. :seufz:

Coppelia

ZitatDiese Szene endet damit, dass der Oberschurke gedankenverloren mit einer Nadel spielt. Einige Szenen später taucht die Figur mit radikal geänderter Meinung und blutigen Fingern (einer anderen arglosen Figur fällt Blut am Handschuh des Charas auf, ganz beiläufig)  wieder auf.

Die radikal geänderte Meinung würde meiner Meinung nach absolut reichen, vielleicht gepaart damit, dass der Charakter ungeschickt und schweigsam ist. Das Blut wär mir schon wieder zu viel. Das finde ich schon wieder unnötig "blutig" - obwohl das Blut ja nicht wirklich in Strömen fließt.

Aber ich glaube, solche sehr dezenten Andeutungen sind bei meinen Geschichten schnell mal ein Grund dafür, warum die Leser manchmal nicht so gut mitkommen.  ::) Ich erwarte immer sehr viel Denken von ihnen.

Manja_Bindig

Wie gesagt, ich schreib Folterszenen... weil es interessant ist, wenn einer extrem gedemütigt wird und der andere sich daran wirklich aufgeilt. Und dann dieser Switch hin und her.

Ansonsten... wenn ich eine Szene lese und danach kotzen muss weiß ich, dass es zu viel ist.

LaMaga

Zitat von: Manja am 08. November 2006, 18:01:26
Ansonsten... wenn ich eine Szene lese und danach kotzen muss weiß ich, dass es zu viel ist.

@Manja:  :o  Du meine Güte... meinst Du in dem Zusammenhang Selbstgeschriebenes oder allgemeine Lektüre?

@Coppelia: Das Blut passte im Gesamtzusammenhang schon, wegen Metaphorik und so  ;)  Betreffender Chara steht zu diesem Zeitpunkt unter Mordverdacht, der Leser weiß zu dem Zeitpunkt noch nicht, ob er's war. Eine Assoziation mit "Blut an den Händen haben" war gewollt, aber das führt jetzt zu weit vom Thema weg. (@Denkerwartungshaltung an den Leser: Das kenne ich  :D  Man darf einfach nicht zu viel zwischen die Zeilen schreiben...)

Roland

Oh! Diesen Thread habe ich sehr lange übersehen ...
Also was die Gewalt in meinen Storys angeht ... mhm ... als ich anfing zu schreiben, schrieb ich sehr blutrünstig. Ich weiß aber auch nicht, woran das liegt. Mit der Zeit bin ich meiner Meinung nach "milder" geworden. Aber ich schätze, ich denke mir auch immer Storys aus, wo man ein gemisses Maß an Gewalt nicht weglassen kann.

Mag sich für manche komisch anhören, aber es sind natürlich auch so kranke bzw. geniale Killer wie Mr. Hannibal Lektor groß raus gekommen. Ich schätze, das muss auch jeder für sich ausmachen. Wenn ich Kindergeschichten schriebe, wäre Gewalt, zumindest größere Darstellungen mit Blut usw. tabu. Ich schreibe aber nun mal Fantasy, was für ausgewachsene Leute gedacht ist und da kann es schon mal etwas heftiger zugehen.

Nichtsdestotrotz (wird es zusammen geschrieben? *gg*) denke ich seit meinem neuen Roman genau nach, wie ich und vor allem wo und wie hart ich Gewalt einsetze bei welchen Charakteren, obwohl ich schätze, dass auch der neue Roman an manchen Stellen dem Tod öfter begegnen wird als ich jetzt noch erwarte ... schließlich muss der dunkle Massenmörder gefasst werden. *gg*

Mit diesen Worten wandere ich über zu den nächsten Threads!

Lg, Wulli!

Manja_Bindig


Arielen

Zitat von: Manja am 08. November 2006, 18:01:26Wie gesagt, ich schreib Folterszenen... weil es interessant ist, wenn einer extrem gedemütigt wird und der andere sich daran wirklich aufgeilt. Und dann dieser Switch hin und her.
Ansonsten... wenn ich eine Szene lese und danach kotzen muss weiß ich, dass es zu viel ist.


Das tun sich ja Abgründe auf...

Aber manchmal tut es auch gut, so was zu schreiben. Auch wenn ich dann später dazu neige, so was zusammen zu kürzen, bevor ich es freigebe. Aber dazu zu stehen ist gut.
Alles liegt im Auge des Betrachters

Manja_Bindig

Wieso tun sich bei mir Abggründe auf? Ihr wusstet ja schon alle seit langem, dass ich ziemlich brutal sein kann, wenn es um meine Figuren geht(gut - ich kann auch im realen Leben brutal sein, wenn man mich nur genug provoziert, aber das legen wir mal beiseite)

Arielen

Ich glaube ich habe noch nix von dir gelesen...
Alles liegt im Auge des Betrachters

Manja_Bindig

Ja... bis auf das, was ich erzähle. :)