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Die Heldenreise: Einfach abkürzen?

Begonnen von Zit, 22. Juli 2012, 18:29:51

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Zit

Aus einem persönlichen Problem heraus, zermarter ich mir seit einigen Tagen den Kopf über die Frage: Kann ich die Heldenreise nicht auch abkürzen?

Muss ich tatsächlich immer so chronologisch vorgehen, dass zuerst die Welt des Helden gezeigt wird, dann der Ruf kommt, der ihn in die Welt führt, etc.? Oder kann ich es nicht einfach wie in Kurzgeschichten machen, in media res sozusagen, und gleich bei der ersten Bewährungsprobe einsteigen (Punkt 6 nach Vogler)? Prinzipiell ja, denke ich.
Nur erkenne ich gleich ein paar Probleme: Es ist ja nicht völlig sinnentlehrt, dass wir den Weg des Helden chronologisch verfolgen, so erledigen sich von Anfang an Verständnisfragen: Wer, Was, Wie und vor allem Warum. So kann man sich im restlichen Roman dann auf die zentrale Frage konzentrieren, ob der Held seine Reise nicht nur beendet, sondern auch auf die Art, die er anstrebt. (Wird also der Ring vernichtet und wenn ja, ist es auch tatsächlich Frodo, der das tut?) Wenn ich nun abkürze, hieße das ja, dass ich die grundlegenden W-Fragen erst noch klären müsste. Und wie? Rückblenden und häppchenweise Infodumps? Hält das den Leser denn bei Stange, wenn er meinen Helden dabei zusieht, wie sie Artefakt für Artefakt suchen, ohne dass er sofort über alles im Bilde ist? Ist es ihm zu viel, wenn er nicht nur wissen will, ob meine Helden ihr Ziel schaffen, sondern er auch nicht mal genau weiß, worin dieses Ziel im Ganzen besteht und wieso es dieses Ziel überhaupt gibt? Und warum ausgerechnet diese beiden, oder mehrere, zusammen reisen?

Meine Fragen an euch wären: Geht ihr die Heldenreise immer chronologisch Punkt für Punkt durch? Würde euch ein in media res u.U. besser gefallen oder nicht? Wieso? Habt ihr schon selbst das Vorgeplänkel bei der Heldenreise weggelassen? Oder kennt ihr andere Autoren, die das so machen (und die entsprechenden Geschichten)?
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt

Snöblumma

Mein erster Gedanke dazu: Natürlich kannst du auch abkürzen. Die Heldenreise ist eine idealtypische Struktur, die nicht immer komplett da sein muss. Manchmal fehlt der Mentor. Manchmal fehlt ein anderes Element. Manchmal sind nur Fragmente davon vorhanden.

Ob du nun allerdings gerade den Anfang weglassen kannst? Das würde ich auch eher kritisch sehen. Gerade der Beginn der Heldenreise-Struktur dient ja dazu, den Helden erst einmal in einer Situation kennenzulernen, die auch als heile Welt bezeichnet werden kann. Dieses Setting dient m.E. auch dazu, klarzumachen, was der Held verlieren bzw. wiedergewinnen kann, wenn er seine Aufgabe erfüllt: Nämlich diese heile Welt. Sie ist seine Motivation. Die Personen um ihn herum, die er mit seiner Aufgabe beispielsweise verteidigt, dienen ihm als Ansporn. Von daher würde ich spontan dazu tendieren, gerade diesen Anfang als "nicht weglassbar" zu kennzeichnen. Den Mentor, den Ruf des Abenteuers - das lässt sich dagegen sicher abkürzen. Vielleicht braucht dein Held gar keinen Mentor? Dann lass ihn weg. Das stört die Struktur der Heldenreise nicht so stark, dass sie dann nicht mehr funktionieren würde.

Die Einführung des Helden in einer heilen Alltagswelt dagegen würde ich als elementar ansehen, wenn man sich an die Struktur der Heldenreise denn halten will. Gerade das ist es auch, was mir an dieser Grundstruktur so missfällt. Ich persönlich gehe lieber in medias res und starte mit irgendeiner an sich bedrohlichen Situation. Langes Vorgeplänkel ist meines nicht. Andererseits habe ich da immer diesen Ratschlag im Ohr, dass man die Identifikation mit der Figur braucht, ehe ihr etwas Schlimmes passiert...

Zit

Zitat von: LindaWelcher Leser mag Superkrieger xy, wenn er nicht vorab 10 Jahre harter Ausbildung miterleben konnte, oder wer will sich mit zynischem Antiheld abisz auseinandersetzen, ohne wenigstens ansatzweise zu sehen, wie er so wurde.

Gerade das ist es ja. Wenn es nur darum geht, dass Superkrieger xy Over-evil-Lord AB zur Strecke bringt, interessiert es mich nicht die Bohne, wie die 10 Jahre Training dafür aussahen. Dann will ich wissen, was er danach macht, wie er also den Schurken zu Fall bringt. Bei Antihelden ist es genauso, wenn es in der Geschichte nicht gerade darum geht, wie jemand von gut zu zebrochen kommt. Sonst interessiert mich das nicht ganz so stark. Vll. eine kleine Erklärung, klar, aber viel Worte müssen da nicht verloren werden, warum jemand so ist wie er ist. :/

Zitat von: Snöblumma[...] dient ja dazu, den Helden erst einmal in einer Situation kennenzulernen, die auch als heile Welt bezeichnet werden kann. Dieses Setting dient m.E. auch dazu, klarzumachen, was der Held verlieren bzw. wiedergewinnen kann, wenn er seine Aufgabe erfüllt: Nämlich diese heile Welt.

Da sprichst du etwas an, woran ich gerade nicht gedacht habe. Einfach weil bei meinem persönlichen Problem der Held nicht in einer perfekten Welt lebt. Im Gegenteil. Das Ziel besteht darin seine Welt perfekt zu machen, indem er sich seine tote Frau wieder zurück holt. Mein (Anti)Held kann also nichts verlieren ... Und wenn ich mich jetzt auf Linda beziehe: Da müsste ich ja noch früher als bisher ansetzen. Da müsste ich da ansetzen, wie er die perfekte Welt/seine Frau noch hatte, wie er sie verlor -- und dann all die Jahre dazwischen, in denen er emotional verbitterte bis er dann tatsächlich eines Tages plötzlich die Chance erhält, wieder die perfekte Welt zurück zu bekommen. Oder?
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getting a headache."
Unbekannt

Fianna

Ich bin da zwiegespalten und kann es nicht so pauschal beantworten.
Einerseits denke ich, dass man die Erfahrungen, an denen der Held wächst, und notwendige Erklärungen zur Welt auch anders anbringen kann.
Andererseits ist eben wichtig, was genau das für ein Projekt ist. Plot-driven, character-driven oder beides zu gleichen Teilen? Was würdest Du als Autor als wichtigstes Element ansehen? Was ist deine Prämisse?

Und dann würde ich eben schauen, was es da so an Stereotypen gibt, und diese dann falls möglich aufbrechen.

Aber das kommt immer auf die Geschichte und die oben angesprochenen Punkte an: bei manchen Projekten funktioniert es sehr gut, bei anderen nicht. Pauschal kann man da nichts sagen.


Wobei: wenn weder die Welt noch die Prüfungen oder Charaktere etwas wirklich Innovatives bieten, würde ich ein Abkürzen der Heldenreise bevorzugen. Ich möchte nicht zum 20. Mal dieselbe Geschichte lesen, bevor ich an den spannenden Teil komme, der das Buch von anderen unterscheidet (solange lese ich dann vielleicht gar nicht).
Wenn andererseits die Welt auf einer bestimmten und komplexen Ordnung gründet, die zwingend notwendig für den Plot ist, oder es einen Konflikt des Helden mit einem anderen Charakter gibt (und das Ganze interessant und nicht so 0815) - muss es gar nicht abgekürzt werden, denn dann macht es mir als Leser auch Spaß, "schon wieder" eine Heldenreise-Geschichte von Beginn an zu lesen.


Wenn Du also den Helden aus einer nicht-idealen Welt seine Heldenreise starten lässt, wäre das natürlich wieder ein Unterschied, der das Buch für mich interessant machen würde - dieses Aufbrechen/Verdrehen von Genreregeln.
Allerdings weiß ich nicht, ob mein Geschmack massentauglich ist  :D

Tanrien

#4
Genau darum verwende ich die Heldenreise nicht zum Plotten. Man sieht ja bei den gängigen Hollywood-Streifen, was dabei herauskommt, wenn ein bestimmtes strenges Schema immer und immer wieder stur abgehandelt wird. Andere Plotschemata sind da viel offener und unterstützen auch durch ihre Offenheit die Idee, Sachen anders zu interpretieren. Warum sollte nicht die Situation, dass die Helden umherziehen und Artefakte sammeln, die Ausgangslage, die heile Welt sein? Warum sollte nicht der überbegabte Krieger mitten im Todesschlag seines Todfeindes die Geschichte beginnen? Es kommt immer drauf an, wie man die Geschichte danach entwickelt und allein davon abhängig wählt man die Ausgangslage, und die ist dann doch automatisch die heile Welt, weil es sich -- Plot, Plot, Plot -- danach eh verschlechtert.

Ein Anhänger des Heldenreiseschemata kann dieses ja dann immer noch zur Überarbeitung und/oder Analyse heranziehen. Denn wenn man dann fertig ist mit schreiben, kann man viel eher sehen, dass der Mentor-Aspekt vielleicht jetzt in diesem einen Punkt drin war, bei dem man aber, hätte man nach einem Mentor-Aspekt aktiv gesucht, nie drauf gekommen wäre.

Hier ist eine unterhaltsame Kritik der Heldenreise: Film Critic Hulk

Fianna

Zitat von: Tanrien am 22. Juli 2012, 19:34:17
Hier ist eine unterhaltsame Kritik der Heldenreise: Film Critic Hulk
uuuh... Alles in Blockbuchstaben, da tun einem ja die Augen weh.

Pestillenzia

Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass eine Geschichte auch dann funktioniert, wenn die Heldenreise nicht klassisch am Anfang beginnt sondern dann, wenn der Held bereits in der Klemme steckt, dass sich der Leser auch dann mit ihm identifizieren bzw. Interesse an ihm bekommen kann, obwohl er zuvor nicht die Zeit hatte, ihn kennenzulernen. Wenn ich das Gefühl habe, dass der Held unschuldig in der Klemme sitzt, sympathisiere ich automatisch mit ihm - und wenn sich hinterher herausstellt, dass er der Böse ist und eine fiese Attacke fehlschlug und er deshalb in der Bredoullie war, dann bin ich erst recht gebannt und hoffe, dass der Autor ihm im Lauf der Geschichte ordentlich Feuer unterm Hintern macht.

Natürlich wird man die Vorgeschichte einfließen  lassen müssen, um den Leser entweder noch mehr für den Helden brennen zu lassen oder - wie oben gesagt - ihn richtig wütend auf den Fiesling zu machen. Gut, dafür braucht es Rückblenden, Gespräche, Träume - aber die muss man ja nicht bis zum Exzess ausdehnen, sondern wirklich nur das einstreuen, das unbedingt nötig ist.

Wenn eine Geschichte ohne ausführliche Beschreibung der heilen Welt nicht funktioniert, dann plädiere ich auch dafür, sie von Anfang an chronologisch zu erzählen.

Ich bin der Meinung, dass die Heldenreise ein gutes Gerüst ist, um das man seine Geschichte bauen kann, dass man sich aber nicht sklavisch daran halten muss. Es hängt davon ab, ob sich die Geschichte dazu eignet, als abgekürzte Heldenreise erzählt zu werden. Funktionieren kann es durchaus.

K a t e

Zitat von: Zitkalasa am 22. Juli 2012, 18:29:51
Meine Fragen an euch wären: Geht ihr die Heldenreise immer chronologisch Punkt für Punkt durch? Würde euch ein in media res u.U. besser gefallen oder nicht? Wieso? Habt ihr schon selbst das Vorgeplänkel bei der Heldenreise weggelassen? Oder kennt ihr andere Autoren, die das so machen (und die entsprechenden Geschichten)?

Meiner Meinung nach muss die Heldenreise nicht unbedingt "am Anfang" beginnen, sondern kann ähnlich wie bei einer Kurzgeschichte mitten drin anfangen. Selbst habe ich das aber noch nicht ausprobiert, aber ich habe in einer meiner Fanfiktions schon einmal die Vergangenheit meiner Hauptfigur in kleinen Rückblenden den Lesern Häppchenweise zugeworfen und ich muss zugeben, dass das ziemlich gut angekommen ist und die Spannung gesteigert hat. ;)

Ein Beispiel wäre meiner Meinung nach "Bartimäus". Die Geschichte beginnt mit der Beschwörung des Dschinns, der von dem jungen Nathanael einen Auftrag erhält. Während er den Auftrag ausführt, wird in einigen langen Kapiteln die Vergangenheit des Jungen erzählt. Das Buch beginnt also "mittendrinnen" und erst ab dem 16. Kapitel - oder sogar noch später? - ist es mit den Rückblenden vorbei und es wird nur noch die gegenwärtige Geschichte erzählt.
In diesem Buch finde ich es wirklich gut, er nach und nach mithilfe von Rückblenden die Vergangenheit von Nathanael zu erzählen, da es die Spannung steigt und die Auftrag von Bartimäus immer an den spannendsten Stellen unterbricht und zum Weiterlesen animiert.

Fazit: Man kann es durchaus machen, aber ich denke, es hängt auch von der Geschichte und den jeweiligen Hauptpersonen ab. Aber wer kein Fan von Rückblenden, Erinnerungen in Form von Träumen und etc. ist, der sollte vielleicht die Reise am Anfang beginnen lassen.

Sprotte

Ich kürze das grundsätzlich ab, habe ich inzwischen kontrolliert.
Meine Romane beginnen stets mit dem Zusammentreffen meines Pärchens in Krisensituation (Heroic Romantasy), und die Heldin darf Stück für Stück die Vergangenheit des Helden rekonstruieren.

Farean

Zitat von: Zitkalasa am 22. Juli 2012, 18:29:51
Meine Fragen an euch wären: Geht ihr die Heldenreise immer chronologisch Punkt für Punkt durch? Würde euch ein in media res u.U. besser gefallen oder nicht? Wieso? Habt ihr schon selbst das Vorgeplänkel bei der Heldenreise weggelassen? Oder kennt ihr andere Autoren, die das so machen (und die entsprechenden Geschichten)?
Außer in meinem letzten Projekt bin ich eigentlich nie die Heldenreise komplett durchgegangen.

In meinem ersten veröffentlichten Roman bin ich sofort "in medias res" gegangen und habe die Vorgeschichte in Rückblenden erzählt. Und selbst in diesen Rückblenden war die Ausgangslage keine heile Welt, sondern im Gegenteil so, daß die Welt meines Protas aus den Fugen war und sich ihm ein scheinbarer, verlockender Ausweg bot... der ihn in die Krise, in der er zu Beginn der Haupthandlung steckte, stattdessen erst richtig reingeritten hat.

Bei meinem zweiten veröffentlichten Roman habe ich ebenfalls da begonnen, wo für den Prota das "Abenteuer" begann. Seine Vorgeschichte, insbesondere das Zusammenbrechen seiner "heilen Welt", wurde immer nur in Gesprächen und Gedanken umrissen, aber nie in voller epischer Breite vor dem Leser ausgewalzt.

Eine durch und durch klassische Heldenreise von Anfang bis Ende hatte ich eigentlich zum ersten Mal in meiner Trilogie, die derzeit beim Verleger liegt und ihrer Veröffentlichung harret.

Alessa

Ich bin der Meinung, dass die Heldenreise auch dann funktionieren kann, wenn man nicht alle Punkte sklavisch durchgeht. Sicher, wenn man sich die vielen erfolgreichen Romane ansieht, die die Heldenreise Punkt für Punkt durchgehen, mag man da ins Grübeln kommen. Aber ich denke, es liegt in der Kunst des Autors, sein Projekt auch glaubhaft dazustellen, wenn der eine oder andere Weg von der Heldenreise abweicht.

Bei meinem letzten Projekt habe ich die Heldenreise als Grundlage genommen, hatte jedoch das Problem, dass die heile Welt meiner Prota bereits drei Jahre bevor die eigentliche Geschichte beginnt, völlig aus den Fugen geraten war.

Ich hatte die Wahl, das erste Kapitel mit der heilen Welt zu beginnen, um dann am Ende den Zusammenbruch darzustellen. Dann wäre aber zum zweiten Kapitel ein Zeitsprung von drei Jahren erfolgt und das wollte ich nicht. Von daher habe ich an den Anfang des ersten Kapitels einen Tagtraum gesetzt, in dem meine Heldin die Katastrophe noch einmal erlebt, um dann in ihrer zerstörten Welt aufzuwachen. Damit hat der Leser nicht das Gefühl, sich in einer Rückblende zu befinden, sondern bemerkt es erst, wenn meine Prota aus dem Traum erwacht. Auf die Weise fehlt zwar die heile Welt meiner Heldin, aber die Chance sie so wieder herzustellen, wie sie war, hat sie sowieso nicht. Ihr geht es einzig um Schadensbegrenzung und mit der Hoffnung darauf, geht das erste Kapitel nach dem Tagtraum weiter.

Mir erschien das als die bessere Lösung, da ich Rückblenden als Stilmittel nur sehr sparsam verwende.

Churke

Zitat von: Zitkalasa am 22. Juli 2012, 18:29:51
Frage: Kann ich die Heldenreise nicht auch abkürzen?

Wenn man die Heldenreise abkürzt, dann streicht man ein Element aus dem Aufbauschema heraus. Ob das nun die heile Welt ist oder der Mentor oder sonst etwas - einerlei. Ich persönlich halte das jedenfalls für ein taugliches Mittel, um ein bewährtes Muster zu variieren.

Nirathina

Die Heldenreise abzukürzen, denke ich, ist eine gute Methode: So könnte beispielsweise der (häufig kritisierte) Prolog entfallen, wenn man das "Heile Welt zerbricht"-Schema einfach weglässt und mittendrin einsteigt. Die Vorgeschichte zu erzählen, das ist auch schwierig, weil man die Seelenqualen des Charakters sehr authentisch rüberbringen muss. Wer das nicht machen will, wäre mit einer Kürzung gut beraten.
Man könnte auch das Drängen des Mentors/einer anderen Person weglassen, dass der Charakter zum Abenteuer aufbrechen soll. Oder: Warum nicht mal umdrehen? Schreiben, dass der Charakter aufbrechen will, der Mentor ihm aber davon abrät? Damit hätte man gleich zu Beginn einen ausbaufähigen Konflikt.
Ich denke, die Heldenreise als solche ist vor allem bei jungen Protagonisten ratsam, also bei Menschen, die im Grunde ihre Welt erst richtig kennen lernen müssen. Wenn dein Prota schon älter ist (sagen wir ... ab 30 Jahre), halte ich den gesamten Anfang der Heldenreise dahingehend für nutzlos. Ein 30-jähriger Mann wird wohl eher wissen, wie er mit Welt und Leuten umzugehen hat, als ein fünfzehnjähriger Junge; obendrein ist man in höherem Alter entscheidungsfreudiger und braucht keinen Mentor mehr oder zumindest einen, der nicht den ganzen Weg bestimmt, sondern nur gelegentliche Hinweise gibt.
Aber am Ende liegt das bei jedem anders. Ich für meinen Teil würde auch eine komplette Heldenreise lesen, beziehungsweise schreiben.

Junipera

Wie schon erwähnt kann man bestimmt den einen oder anderen Punkt der Heldenreise vernachlässigen, aber einfach so mitten drin einzusteigen finde ich verkehrt. Warum?
Nehmen wir an du willst mitten in einer Schlachtsequenz einsteigen, dein Prota kämpft verbissen, trotz schwerer Verletzung........usw. Du weißt schon wofür und warum, weil du deine Geschichte kennst, der Leser nicht.  Der Leser hat in dem Moment das Problem mit deiner Figur zu fühlen.
Emotional lässt du den Leser auf dem trockenen sitzen. Nun kommen deine Rückblenden und der Leser erfährt erst hinterher das dein Prota durch den Feind seine Familie verloren hat.
Wenn du von vorne beginnst, beim Prota mit seinen Kindern, seiner lieben Frau und dem süßen Hund, dann das Geschehen; Männer überfallen seinen Hof, erschlagen die Kinder und den Hund und verschleppen seine Frau.........usw. Und am Ende kämpft er so verbissen um seine Frau zurück zu bekommen. Dann hat der Leser das Gefühl, warum dein Prota es tut. Als Leser will man doch das in einem Gefühle geweckt werden, man will mit der Figur lieben , leiden , lachen und nicht in der Rückblende wenn die Schlacht schon vorbei ist.

Liebe Grüße Juni

Churke

Zitat von: Junipera am 24. Juli 2012, 11:33:23
Als Leser will man doch das in einem Gefühle geweckt werden, man will mit der Figur lieben , leiden , lachen und nicht in der Rückblende wenn die Schlacht schon vorbei ist.

In deinem Beispiel willst du das Weggelassene erzählen, weil du es für plotrelevant hältst. Etwas Wesentliches in Rückblenden erzählen zu wollen, ist normalerweise keine gute Idee.
Das ist aber etwas völlig anderes als diesen Part einfach wegen Irrelevanz aus dem Plot zu streichen. Wenn ich, wie in deinem Beispiel, mit der Schlacht einsteige, dann deshalb, weil die "Vorgeschichte" einfach nicht interessiert.