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Stimmen (und ihre Betonungen) beschreiben

Begonnen von Schreiberling, 06. Oktober 2009, 15:13:21

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Pandorah

Zitat von: HauntingWitch am 06. Juni 2014, 11:52:31
Hinzu kommt, dass rau/hart/weich usw. ja von jedem anders wahrgenommen wird und sich daher unter den entsprechenden Begriffen jeder etwas anderes vorstellen wird. Aber damit muss man als Autor wohl leben.

Ich finde, damit muss man als Autor nicht leben, sondern man darf sich daran freuen! :D Wenn ich "harte" Stimme schreibe, habe ich etwas Konkretes im Kopf. Aber was, wenn das, was ich im Kopf habe, für den Leser keine harte Stimme wäre, sondern vielleicht eine energische? Ich will aber, dass mein Leser eine harte Stimme bei dem Sprechenden hört. Prima! Da hat er ganz und gar seine eigene Version von "harter Stimme" im Kopf.


Zitat von: Sanjani am 06. Juni 2014, 12:18:58
Ich habe oft das Gefühl, dass mir Stimmen viel mehr auffallen als sehenden Menschen.
Das halte ich für sehr wahrscheinlich und normal. Optik erweckt gewisse Erwartungen. Und wenn die nicht erfüllt werden, passt man die entweder - wenn sie nicht zu sehr abweichen - an die Erwartung an oder wird total überrascht. Du hörst die Stimme ohne die Optik und konzentrierst dich einfach auf das, was sie vermittelt - wobei du dann an die Stimme die Erwartungen knöpfst (mach ich auch, wenn ich die Augen zumache und erst etwas höre und dann sehe). Siehe Milchbubi. ;D

HauntingWitch

Zitat von: Sanjani am 06. Juni 2014, 12:18:58
Möchtest du über Sänger schreiben oder wieso kommst du gerade auf Sänger? Wenn es dir eher um das Gesprochene geht, würde ich dir empfehlen, dieselbe Übung mit Sprechstimmen durchzuführen, zumal Sprechstimmen häufig ganz anders klingen als Singstimmen, auch bei derselben Person.

Stimmt, daran habe ich noch gar nicht gedacht, danke für den Hinweis. ;D Es hat schon Gründe, warum ich zunächst mit Sängern anfange. Zum einen ist mein neuer Prota Sänger und zum anderen kann ich die leichter erfassen als reine Sprecher. In dem Fall werde ich das aber auch noch tun.

Zitat von: Sanjani am 06. Juni 2014, 12:18:58
Diese Begriffe finde ich persönlich ohnehin überhaupt nicht passend. Die beschreiben mir viel zu ungenau den Klang der Stimme. Ich würde z. B. wenn ich Tarja Turunen oder Flor Jansen reden höre, auch gar nicht auf die Idee kommen, dass die Sopran singen können, weil die sprechenderweise für mein Empfinden eher tief klingen.

Das finde ich eben auch, deshalb schlage ich das hier so breit. Hinzu kommt der Himmelweite Unterschied zwischen den beiden.

Zitat von: Sanjani am 06. Juni 2014, 12:18:58
Davon abgesehen gibt es übrigens auch Studien, die sich mit dem Thema beschäftigen und nach Determinanten z. B. einer attraktiven Stimme gesucht haben. Die Ergebnisse weiß ich nicht mehr, könnte ich bei Gelegenheit mal nachsehen, wenn du willst.

Das würde mich tatsächlich interessieren. Ich beschäftige mich in letzter Zeit auch sehr stark damit, warum ich gewisse Stimmen gut finde und andere nicht bzw. was genau es ist, das mir gefällt oder eben nicht... aber das driftet jetzt, glaube ich, ein wenig ins OT ab.

Zitat von: Sanjani am 06. Juni 2014, 12:18:58Was ich auch gerne nutze, sind Vergleiche oder Metaphern, z. B. ihre Stimme klang wie Schmirgelpapier oder so etwas. Das impliziert für mich dann z. B. den Aspekt Rauheit, aber ist in einen Vergleich gekleidet.

Naja, das finde ich persönlich jetzt wieder etwas unglücklich. Papier und Stimme haben für mich nichts miteinander zu tun, plump gesagt. Das passt für mich nicht. ;) Aber das mit den Vergleichen finde ich auch schwierig, ich rede z.B. viel von katzenhaftem Gesang und ich meine damit eine bestimmte Art, wie die Leute teilweise nicht artikulierte Geräusche wie summen oder mhmhms oder bestimmte schrei-ähnliche Töne einbauen, ganz schwierig zu erklären. Es sind auch sehr verschiedene Sachen, es ist mehr die Art und Weise, wie es dargebracht wird, die für mich unter "katzenhaft" fällt. Das kann aber einen Schreier genauso treffen wie einen Schnulzensänger. Während das also nun für mich ein sehr eindeutiger Begriff ist, können andere überhaupt nichts damit anfangen.

Irgendwo verstehe ich deinen Gedanken, nur für Stimmen geeignete Worte zu nehmen. Aber das ist meiner Meinung nach ein zu kleines Spektrum, denn das ist ja nicht das einzige, was eine Stimme prägt. Es macht ja wie du auch sagst schon einen Unterschied, wie die Person gerade drauf ist, wenn sie spricht. Ich würde noch einen Schritt weitergehen, ich glaube sogar, dass das Wesen einer Person die Stimme mitbeeinflusst. Unsicheren Menschen z.B. hört man das oft an, bilde ich mir ein.

Auch deine restlichen Ausführungen finde ich sehr spannend, danke. :)

Mir fällt gerade auf, vielleicht kann ich Stimmen auch einfach so schlecht beschreiben, weil ich mir zu viele Gedanken darüber mache. :lol:

Zitat von: Pandorah am 06. Juni 2014, 15:30:22
Ich finde, damit muss man als Autor nicht leben, sondern man darf sich daran freuen! :D Wenn ich "harte" Stimme schreibe, habe ich etwas Konkretes im Kopf. Aber was, wenn das, was ich im Kopf habe, für den Leser keine harte Stimme wäre, sondern vielleicht eine energische? Ich will aber, dass mein Leser eine harte Stimme bei dem Sprechenden hört. Prima! Da hat er ganz und gar seine eigene Version von "harter Stimme" im Kopf.

Das hast du wunderbar treffend ausgedrückt. Deshalb bin ich überhaupt darauf gekommen, nachdem in einem Buch eine "seidig weiche Stimme" beschrieben wurde. Da hatte ich gleich eine bestimmte Art von Stimme im Kopf und nun stelle ich fest, dass es ebesnso seidig weiche Stimmen gibt, die aber eigentlich überhaupt nicht gleich klingen, wie das, was ich im Kopf hatte. Theoretisch könnte ich da jetzt auf zwei Versionen zurückgreifen.

Zitat von: Pandorah am 06. Juni 2014, 15:30:22Das halte ich für sehr wahrscheinlich und normal. Optik erweckt gewisse Erwartungen. Und wenn die nicht erfüllt werden, passt man die entweder - wenn sie nicht zu sehr abweichen - an die Erwartung an oder wird total überrascht. Du hörst die Stimme ohne die Optik und konzentrierst dich einfach auf das, was sie vermittelt - wobei du dann an die Stimme die Erwartungen knöpfst (mach ich auch, wenn ich die Augen zumache und erst etwas höre und dann sehe). Siehe Milchbubi. ;D

Das hat natürlich etwas. Manchmal habe ich es, dass ich jemanden höre und ein bestimmtes Bild vor dem inneren Auge habe - und dann sieht der Mensch völlig anders aus. Und bei anderen stimmt es genau überein. :D

Sorry für den Roman.

Sanjani

Hallo Witch,

Zitat von: HauntingWitch am 06. Juni 2014, 15:37:43
Das würde mich tatsächlich interessieren. Ich beschäftige mich in letzter Zeit auch sehr stark damit, warum ich gewisse Stimmen gut finde und andere nicht bzw. was genau es ist, das mir gefällt oder eben nicht... aber das driftet jetzt, glaube ich, ein wenig ins OT ab.

Aber nur ein wenig :) Finde ich jedenfalls. Es ist ja auch fürs Schreiben nicht uninteressant, wenn man weiß, was eher als attraktiv wahrgenommen wird. Hier mal die Ergebnisse:

Zitat
... wobei sechs Variablen im Zusammenhang mit attraktiven Stimmen standen. Attraktiv sind eine mittlere Stimmlage, eine besonders klare Aussprache, ein geringer bis durchschnittlich großer Tonumfang und ein voller Stimmklang. Außerdem sollte die Stimme möglichst nicht nasal und wenig bis durchschnittlich schrill sein (Zuckerman & Miyake 1993).

Du hast Recht, dass man auch Unsicherheiten in Stimmen hören kann. Häufig werden Stimmparameter auch mit Persönlichkeitseigenschaften gleich gesetzt und die Stimme wird darüber beschrieben. Hier z. B.:

Zitat
... Faktor attraktive Stimme, der für Frauen die Eigenschaften Zugänglichkeit, Wahrscheinlichkeit ein Date zu haben, Sinnlichkeit und Wärme beinhaltete (Hughes et al. 2008).

Einige der Parameter sind vllt missverständlich, aber da wurde gefragt, wie wahrscheinlich es ist, dass jemand mit dieser Stimme ein Date haben wird. Außerdem sind sinnliche, warme Stimmen attraktiv, die Zugänglichkeit vermitteln.

Oder hier, meine Lieblingsjapaner :)

Zitat
Oguchi & Kikuchi (1997) fanden, dass attraktive Männerstimmen besonders gut durch die folgenden englischen Adjektive beschrieben wurden: bright (etwa: heiter), sweet (etwa: sanft), tasty (etwa: geschmackvoll), generous (etwa: freundlich) und articulate (etwa: deutlich; bezog sich auf die Sprechweise). Für attraktive Frauenstimmen waren die Adjektive: bright, generous und affectionate (etwa: herzlich) ausschlaggebend.

Ich hatte damals die englischen Adjektive mit angegeben, weil die Studie ja schon aus dem Japanischen ins Englische übersetzt worden war. Dadurch ist natürlich nicht klar, ob die Bedeutungen immer noch dieselben sind, wie sie von den Japanern erdacht wurden. Aber es gibt immerhin einen groben Überblick. An der Vielfalt der Wörter, die zur Stimmbeschreibung herangezogen wurden, sieht man, finde ich, auch ganz gut, dass es da einfach keine Einigung und keinen wirklichen Konsens gibt. Das gibt uns Schriftstellern wiederum viel Freiheit :)

VG Sanjani
Die einzige blinde Kuh im Tintenzirkel :)

HauntingWitch

Hallo Sanjani

Das ist sehr aufschlussreich, vielen lieben Dank für deine Mühe!  :)

Sanjani

Freut mich, dass meine Diplomarbeit auch 3 Jahre nach Abgabe noch zu etwas nütze ist :)
Die einzige blinde Kuh im Tintenzirkel :)