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Eure besten Schreibtipps

Begonnen von Franziska, 25. Juni 2017, 15:52:13

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Fledermaus

Ui, spannendes Thema!
Ich bin eine extreme "Bauchschreiberin" und plotte insgesamt wenig, zumindest nicht im Vorfeld. Es klappt einfach nicht bei mir, weiß der Geier warum (Meine Vermutung ist aber, dass ich zuerst mal in der Welt "drinnen" sein muss, um zu verstehen, wie es dort läuft :hmmm:) Also, ich habe schon immer eine "Notiz-Datei", in der ich den Plot grob umwerfe, aber eigentlich entwickelt sich der Plot bei mir immer parallel zum eigentlichen Schreiben. Deshalb funktioniert mein "Aha-Moment" vielleicht nicht für jeden, aber ich gebe trotzdem mal meinen Senf dazu.

Den besten Tipp habe ich interessanterweise von einem Professor im Zusammenhang mit wissenschaftlichem Schreiben bekommen. Er meinte, sobald man das Gefühl hat, dass es an der Stelle, an der man gerade ist, "hakt", sollte man den Text für eine Weile völlig links liegen lassen und etwas anderes machen. Manchmal reichen zehn Minuten, aber es können auch durchaus ein paar Tage/Wochen werden (weswegen sein zweiter Tipp war, immer so früh wie möglich zu beginnen ;))
Also nichts unbedingt in diesem Moment an dieser Stelle erzwingen wollen, egal wie schwer es fällt.

Ich habe das dann auf mein Schreiben so umgelegt: Wenn ich an einer bestimmten Stelle nicht weiterkomme, gibt es immer noch etwas anderes zu tun. Entweder an einem anderen Projekt oder an einer Illustration, manchmal erstelle ich auch einfach ein neues Dokument und schreibe wild alle möglichen Szenen drauflos, die ich irgendwo irgendwann noch reinpacken will.

Mir hat es total geholfen, weil ich früher oft das Gefühl hatte, zu einem bestimmten Punkt im Plot "weiterzuwollen" und die Seiten bis zu diesem Punkt waren dann meist einfach nur zum vergessen. Und am Ende ist es dann frustrierend, dieses "Füllmaterial" wieder aufzuspüren und zu eliminieren. Wenn ich ein bisschen Geduld habe und mich mit etwas anderem beschäftige, kommt eigentlich immer irgendwann die rettende Idee, wie ich diese bestimmte Szene lösen könnte.

Ist vielleicht total banal, aber für mich war es ein Riesenschritt zu lernen, dass es auch durchaus mal "haken" darf und dass das keine Tragödie ist. Klappt sicher auch nicht für jeden, aber für mich war es eine sehr wichtige Hilfe.

@Marta jetzt musste ich gerade lachen ;D Ich trinke auch gerne was beim Schreiben, weil ich mich dann extrem "reinsteigern" kann, beziehungsweise alle Emotionen, die nichts mit dem Buch zu tun haben, völlig ausblende. Und interessanterweise gefällt es mir dann auch meist am nächsten Morgen noch. Aber umgekehrt war es für mich auch ein großer Schritt, zu bemerken, dass ich auch schreiben kann ohne mir vorher Inspiration anzutrinken ::) Mit der richtigen Musik und Koffein (ganz kann ich es doch nicht lassen mit den Hilfsmitteln) beziehungsweise auch mit oben genannter Erkenntnis "es darf auch mal nicht klappen" klappt es inzwischen auch so. Also zusammengefasst: Nicht verkrampfen, nichts erzwingen, die Ideen kommen sowieso wann sie eben kommen!

HauntingWitch

Ui, ein tolles Thema. Ich habe leider gerade nicht so viel Zeit, ich muss eure Beiträge später alle nachlesen.

Zitat von: Christopher am 25. Juni 2017, 16:59:53
Sinngemäß ist war es so, dass man sich für einen guten Dialog vor Augen halten sollte, dass jede beteiligte Figur ein Ziel bei dem Dialog hat. Das muss nichts großes sein. Das kann auch der Ticketverkäufer sein, der bloß will, dass der Spinner (der Prota) schnell fertig macht, damit er gleich in den Feierabend gehen kann. Oder der Lehrer, der schon lange keinen Enthusiasmus mehr hat und bloß die Stunden irgendwie voll kriegen und am Ende seines Monats sein Gehalt kassieren will.

:o Du hast keine Ahnung, wie gross das Licht ist, das mir gerade aufgeht...  ;D

@Marta: Oh ja, der Mut, sich zu getrauen, zu schreiben, wie einem der Schnabel gewachsen ist... Das ist auch etwas, was ich noch übe.

Es gibt sehr viele gute Tipps und auch viele nicht so gute, die eher verwirren, aber ich sage immer, das Wichtigste bleibt sowieso hängen. Deshalb hier einige, die mir geblieben sind:
- Gute Autoren machen die Situation für ihre Protagonisten immer noch schlimmer (bis zur Auflösung, natürlich und Auflösungen können auch zwischendurch auftreten)
- Der Klassiker von King: "Write what you know." - Schreibe, was du weisst. Was er meint ist, dass man über Dinge, mit denen man sich auskennt, besser schreibt. Nicht, dass man nicht recherchieren soll und nicht, dass man über nichts schreiben soll, was man nicht kennt. Aber dass man das, was man kennt, viel rüberbringen kann.
- Etwas von Elizabeth George: Setting, Setting, Setting. Das Setting beinhaltet nicht bloss den Namen eines Ortes und eine Zeit, sondern viel mehr: Was für eine Stimmung herrscht dort, weshalb, wie untermalt diese Stimmung die Geschichte als ganzes, was sagt z.B. eine Wohnung über ihren Bewohner aus usw. usw. Sie hat in ihrem Schreibratgeber daraufhin einen Auszug aus einem Roman, wo ca. zwei Seiten lang nur die Wohnung des Ex-Mannes der Protagonistin beschrieben wird und was für Gefühle das in ihr auslöst. Man hat ihn noch nicht einmal gesehen und weiss nichts über sie. Aber am Ende dieser Beschreibung weiss man genau, was er für ein Typ ist, was sie für ein Typ ist und warum das mit den beiden nicht funktionieren konnte. Das finde ich persönlich genial und ich strebe an, dahin zu kommen. Aber ich glaube, ich muss noch viel, viel üben.

Und etwas, das mir selbst aufgefallen ist: Gute Geschichten haben für mich mindestens eins von zwei Dingen in hohem Mass: Action oder Drama. Wenn eine Geschichte beides hat, umso besser. Aber ich brauche viel von mindestens einem, damit mir nicht langweilig wird.

Silvasurfer

@Marta: Von deiner Story inspiriert, bekämpfe ich gerade meine Schreibblockade mit Bier! Es funktioniert. Ein Glas und ich kann es gar nicht abwarten, die nächste Szene zu schreiben, weshalb ich mich jetzt auch kurz fasse. Wobei ich sagen muss, dass ich echt schon lange nicht mehr feiern war, weil ich mitlerweile zu einem Einsiedler mutiert bin, der nur noch sein Haus verlässt um zum Supermarkt zur Arbeit oder zum Strand zu gehen und das so selten, wie möglich.

Marta

Moment mal, mein Tipp war doch gar nicht, dass man betrunken schreiben soll!  :o Wobei ich nicht sage, dass es nicht helfen kann. Ich erinnere mich gern an das Nanowrimo-Bergfest im Pub. ;) Allerdings war mir nach der Erfahrung auch klar, warum viele große Autoren Alkoholiker waren. Es ist einfach so verführerisch, während des Schreibens Moral und Bedenken abzuschalten ... und genau deshalb trinke ich bei 99,7% meiner Schreibsessions nicht. Ich bin so stolz auf mich.

Silvasurfer

#19
Deshalb sage ich ja auch, dass ich von deiner Story inspiriert worden bin und behaupte nicht etwa, dass ich deinem Rat folge, was ich zuerst schreiben wollte. Mir ist dann allerdings sofort klar geworden, dass du uns nicht in Versuchung bringen willst, ein Alkoholikerdasein zu fristen.

Marta

Ach so, dann ist ja gut. Und schön, dass es funktioniert hat!  ;)

Churke

Mein Tipp ist unkonventionell:
Besuch die Schauplätze, an denen deine Geschichte spielt.
Und wenn sie nicht real sind, dann lass dich von realen Schauplätzen inspirieren.



Leann

Wieso ist das unkonventionell? Ist das nicht normal?  ??? 

Churke

Ist eben kein klassischer Schreibtipp wie "Gaming-Tastatur" oder "Schneeflocken-Methode".

Trippelschritt

Und ein guter Ratschlag dazu.  :pompom: Selbst Elisabeth George befolgt diesen Ratschlag  ;) Wenn das keine Empfehlung ist, dann weiß ich es auch nicht.

Liebe Grüße
Trippelschritt

Galaksy

Einige der besten Erkenntnisse, die ich in letzter Zeit hatte, stammen aus dem Podcast "Writing Excuses" - den ich übrigens wirklich JEDEM schreiberling empfehlen kann - er ist eben nur leider auf Englisch, aber wenn die Sprachbarriere kein Problem ist. Ganz besonders wichtig in letzter Zeit war für mich folgende Erkenntnis:

Charakter-"Schieber": Es geht dabei darum, dass besonders drei Dinge einen Charakter für einen Leser oder Zuschauer innerhalb einer Geschichte interessant machen. Diese "Schieber" sind:

  • Kompetenz: Wie Fähig ist dein Charakter? Beispiele für extrem fähige Charaktere: Superman, Sherlock Holmes...
  • Proaktivität: Wie aktiv handelt dein Charakter? Reagiert er lediglich auf die Aktionen anderer Charaktere, so ist seine Proaktivität gering. Falls er sich selbst viele eigene Ziele setzt und diese stur verfolgt, ist seine Proaktivität hoch. Häufig ist die Proaktivität der Antagonisten deutlich höher als die der Protagonisten! Beispiele für sehr proaktive Charaktere: Marvel-Loki, Oliver Queen aka Arrow...
  • Sympathie: Meines Erachtens nach der schwierigste Schieber, denn Sympathie ist schwer zu definieren. Meistens finde ich ist es am leichtesten dadurch zu erreichen, Charaktere leiden zu lassen, aber über Sympathie kann man eine ganz eigene Diskussion führen... Als Beispiel haben sie hierbei übrigens Harry Potter genannt, als ein Charakter, der hauptsächlich über diesen Schieber funktioniert.
Interessant daran: Wenn man alle Slider nach oben setzt endet man eigentlich praktisch immer bei einem Mary-Sue-Charakter! Man kann anhand dieses Schieber-Systems relativ leicht überprüfen, ob man einen ausgewogenen Charakter hat, finde ich.

Galaksy

Zitat von: Churke am 28. Juni 2017, 14:46:21
Mein Tipp ist unkonventionell:
Besuch die Schauplätze, an denen deine Geschichte spielt.
Und wenn sie nicht real sind, dann lass dich von realen Schauplätzen inspirieren.

Also es kommt ein bisschen darauf an, wo deine Geschichte spielt, wie viele wie weit auseinander liegende Schauplätze du hast, ob das überhaupt möglich ist. Oder in welcher Zeit sie spielt. Ich habe eine Geschichte die 1648 in London spielt. London ist allerdings 1666 nahezu vollständig abgebrannt. Da ich leider keine Zeitmaschine habe, ist es mir also nicht möglich "den Schauplatz zu besuchen". Worin ich dir allerdings absolut zustimme, ist, dass du so viel wie nur möglich über deinen Schauplatz wissen solltest. Das heißt: Recherche. Du kannst auch, wenn du in aktueller Zeit spielt, Google Street View verwendet. Klar, ist das nicht ganz so toll wie tatsächlich dort zu sein, aber ich könnte mir z.B. gerade keinen Flug nach Sidney oder New York leisten. Das ist einfach nicht im Budget drin ^^

HauntingWitch

Zitat von: Churke am 28. Juni 2017, 14:46:21
Mein Tipp ist unkonventionell:
Besuch die Schauplätze, an denen deine Geschichte spielt.
Und wenn sie nicht real sind, dann lass dich von realen Schauplätzen inspirieren.

Ja, das mache ich auch! Sofern möglich. :) Ich habe jetzt sogar angefangen, nur noch Schauplätze zu verwenden, die ich kenne. Oder Settings, bei denen es keine Rolle spielt. Nehmen wir an, eine Szene spielt komplett in einem Supermarkt. Die sehen überall etwa gleich aus. ;)

Mir ist noch etwas eingefallen, was uns in der Berufsschule immer gesagt wurde, wenn es ums Schreiben von Arbeiten etc. ging. Ich finde, man kann es sehr gut auf kreatives Schreiben umwälzen: "Erstelle zuerst 100% Inhalt." Das ist effizient und ich halte mich daran. Beim ersten Entwurf geht es nur um die Geschichte, vielleicht noch um die richtigen Worte, und erst bei der Überarbeitung kümmere ich mich um Details, Verbesserungen, Spezialfragen...

Archivarin

Zitat von: Churke am 28. Juni 2017, 14:46:21
Mein Tipp ist unkonventionell:
Besuch die Schauplätze, an denen deine Geschichte spielt.
Und wenn sie nicht real sind, dann lass dich von realen Schauplätzen inspirieren.
Ich schreibe eigentlich auch nur über Orte, die ich schon besucht habe (zumindest so die Gegend, den exakten Ort muss es nicht geben). Allerdings habe ich in meiner Japanliebe ein Ereignis meiner Geschichte auf der Insel Yakushima geplant. Nun, jetzt wird mir wohl nichts anderes übrig bleiben, als dorthin zu gehen...  :engel: