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Verwertungsrechte (Nachdenklichkeiten)

Begonnen von Tintenweberin, 13. April 2012, 12:39:24

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Debbie

Zitat von: treogen am 14. April 2012, 12:50:22

Ich glaube nicht, dass der Bohlen wegen 1,50 rumflennt, wenn man die Gewinne aus seinen Büchern nimmt, um ein paar Tintenzirkler aufzubauen.


Wenn ich der Bohlen wäre, würde ich deswegen wohl auch nicht "rumflennen" - für den war/ist das ja auch nur ein einträgliches Nebengeschäft. Und wenn man sich deine Rechnung unten ansieht

Zitatbleiben 4,66 Euro, aus denen der Verlag Druck, Lektorat, Cover und Werbung bezahlen soll, Rücklagen für Flops und schlechte Zeiten aufbauen muss und sich selbst am Leben erhalten will

Einem Verlag bleiben 50 Cent bis 1,50 Euro je Buch.

frag ich mich gerade, was bei Erstautoren da soviel teurer ist (Aufbau?) als bei Nicht-Erstautoren. Zumal ihre Bücher in den Medien keineswegs so intensiv beworben werden, wie die Bücher renomierter Autoren... Ganz im Gegenteil - den Erstautoren wird doch immer vehementer dazu geraten "intensive Eigenwerbung" zu betreiben.


Zitat von: FeeamPC am 14. April 2012, 12:58:34
@Debbie:
Wenn, wie du sagst, 150:78 eine Frechheit sind (gegenüber dem Autor)- dann versuch bitte einmal, ein Buch selbst zu verlegen. Inklusive externes Lektoret (die Rechtschreibprüfung des eigenen Word-Editors reicht leider nicht), inklusive vernünftiges Cover (für das selbst der preiswerteste Künstler um die 100 Euro verlangt- und das ist schon ein Dumpingpreis), unklusive vernünftiger Buchsatz (das Buch soll schließlich auch optisch ansprechend sein), und das Ganze bei einer Kleinst-Auflage von 100-300 Stück...
ich glaube kaum, dass du dann auch nur die 78 Cent pro Buch übrig hast.
Ich habe das auf die harte Tour selbst gelernt, als ich meinen eigenen Verlag gründete. Ein Buch verlegen kostet tatsächlich erst einmal eine Menge Geld, bevor es etwas einbringt. Oder aber man macht ausschließlich BOD und stellt damit die einzelnen Bücher so teuer her, dass sie weder über Buchhandlungen noch über Buchgroßhandel vertrieben werden können (weil sie dann nämlich im Verkauf so teuer sein müssten, dass kein Mensch sie bezahlt).


Ein renomierter Verlag wird wohl kaum eine Kleinst-Auflage von 100-300 Exemplaren drucken - und je mehr, desto günstiger. Wenn man das als Kleinst-Verlag macht, ist das bestimmt nochmal was anderes. Und BOD ist sicher keine Alternative für jemanden, der es mit dem Schreiben ernst meint...

Zitatund dann wollen die Autoren auch noch mehr Geld und mehr Rechte.

Finde ich auch extrem unverschämt  :snicker:

ZitatDa auch Lektoren von ihrer Arbeit leben wollen, ändern sie ihre Arbeitsweise. Sie kriegen heute für die Normseite nur noch halb so viel wie vor ein paar Jahren.

Bücher sind aber nicht günstiger geworden - wer bekommt denn dann die andere Hälfte, die die Lektoren jetzt nicht mehr bekommen?

ZitatAm Ende ist das Problem natürlich hausgemacht.
Der Kunde ist nicht bereit, für Qualität mehr zu zahlen, also kriegt er die Qualität, die er gewillt ist zu zahlen.

Liegt vielleicht daran, dass mit nicht angepassten Löhnen (jetzt nicht nur im Bezug auf die Autoren...) halt eben auch die Kaufkraft sinkt. Womit wir dann wieder beim eigentlichen Thema wären...
Wenn das so weiter geht, macht es für mich als Leser jedenfalls bald keinen qualitativen Unterschied mehr, ob ich mir 5 selbstverlegte ebooks kaufe oder ein vom Verlag vertriebenes Buch zum gleichen Preis - für den Autor macht es dann übrigens auch bald keinen Unterschied mehr, wie er sein geistiges Eigentum vertreibt.

Rigalad

#31
Zitat von: treogen am 14. April 2012, 13:02:44
Der Kunde ist nicht bereit, viel für Bücher zu zahlen,

Naja, was heißt denn "viel"? Am Preis hat sich doch auch einiges getan. Ich finde 24,99 € für ein Hardcover ist viel Geld. Ich kann mich nicht erinnern, früher 50 DM für ein Buch bezahlt zu haben. War das mal so? Von daher haben Buchpreise mit der Zeit auch etwas aufgeschlagen, und dass man als Leser irgendwann kapituliert, kann ich auch verstehen.
Dass du als Kleinverleger strikter rechnen musst, kann ich ebenfalls nachvollziehen. Bei einem Großverlag kann ich es nicht, was aber zum Teil einfach daran liegt, dass ich nicht weiß, wie viel die einzelnen Kalkulationsposten kosten. Trotzdem denke ich, dass man an Dingen wie einem vernünftigen Lektorat nicht sparen muss. Gerade die Fixkosten sind ja bei den höheren bis hohen Auflagen auf die Auflagenzahl verteilt.

Aber am Ende muss doch trotzdem irgendwas verkehrt laufen, wenn ein Großverlag seinen Mitarbeitern ein monatliches Entgelt garantieren kann, während der Autor, der all dies erst möglich macht, zusehen muss, wo er bleibt.

treogen

Zitat von: Debbie am 14. April 2012, 13:21:01
frag ich mich gerade, was bei Erstautoren da soviel teurer ist (Aufbau?) als bei Nicht-Erstautoren. Zumal ihre Bücher in den Medien keineswegs so intensiv beworben werden, wie die Bücher renomierter Autoren... Ganz im Gegenteil - den Erstautoren wird doch immer vehementer dazu geraten "intensive Eigenwerbung" zu betreiben.

Ganz einfach.
Bei einem Nicht-Erstautoren weiß man, wie gut sich die Erstauflage verkauft hat. Da kann man ausrechnen, dass das 2., 3., 4. Buch ähnlich läuft. Ein neues Projekt ist damit ein nicht ganz so großes Risiko.
Eine 5000er Auflage kostet ca. 5000 Euro. Dazu Lektorat und Cover, sagen wir mal 2000 Euro. Dazu noch Werbung im kleinen Maßstab, den du ja bemängelst - 3000 Euro.
Die Buchhandlungen reagieren verhalten, da sie nicht wissen, wie der Neuling beim Publikum ankommt. Damit wird die 10.000 Euro Investition zu einem größeren Risiko als 2002 eine Investition am Neuen Markt.

Zitat von: Debbie am 14. April 2012, 13:21:01
Finde ich auch extrem unverschämt  :snicker:

Och Debbie - ich wollt halt auch mal zurückprovozieren  :P
Aber ich weiß, pauschal auf die Verwerter hauen ist ok und gehört zum guten Ton, auf Urheber nicht  :ätsch:

Zitat von: Debbie am 14. April 2012, 13:21:01
Bücher sind aber nicht günstiger geworden - wer bekommt denn dann die andere Hälfte, die die Lektoren jetzt nicht mehr bekommen?

Buchhandel, Zwischenbuchhandel, Papierfirmen, ...

Zitat von: Debbie am 14. April 2012, 13:21:01
für den Autor macht es dann übrigens auch bald keinen Unterschied mehr, wie er sein geistiges Eigentum vertreibt.

Anscheinend doch - für viele Autoren ist die Selbstverlegung immer noch kein Thema. Weil ein Verlag selbst mit reduzierten Werbeaufwand immer noch mehr leisten kann, als ein Autor, der schreibt UND sich selbst vermarktet.
Oder was glaubst du, warum ich nicht mehr zum schreiben komme?

Zitat von: Debbie am 14. April 2012, 13:21:01Aber am Ende muss doch trotzdem irgendwas verkehrt laufen, wenn ein Großverlag seinen Mitarbeitern ein monatliches Entgelt garantieren kann, während der Autor, der all dies erst möglich macht, zusehen muss, wo er bleibt.

Naja, irgendwie hast du recht.
Wenn ein Verlag die hauseigene Druckerei abstößt und stattdessen im Ausland druckt, wenn er das Lektorat auslagert und projektweise wieder zurückkauft, damit ein Buchprodukt überhaupt noch produziert werden kann ...
Wenn ein Verlag mit anderen Verlagen beim Weihnachtsgeschäft beim Hugendubel darum pokern muss, wer die Rolltreppe für das Gebäude bezahlt, damit man seine Bücher auf den Tischen im Eingangsbereich anbieten darf ...
Wenn es normal ist, dass mehr als 50 % Rabatte gewährt werden müssen ....
Wenn ein Verlag seine Slots für Neuautoren streichen muss, weil er in den letzten 2 Jahren mit seinen Stammautoren und Neuautoren zu wenig Geld verdient hat, Experimente einzugehen ...
... da läuft wirklich irgendwas Grundlegendes falsch.
www.verlag-torsten-low.de

Phantastik vom Feinsten

Debbie

ZitatOch Debbie - ich wollt halt auch mal zurückprovozieren  :P

Unbedingt mein Lieber - Provokation ist doch das Salz in der Suppe! Sarkasmus der Pfeffer  ;)

ZitatAber ich weiß, pauschal auf die Verwerter hauen ist ok und gehört zum guten Ton, auf Urheber nicht  :ätsch:

Was wiederum daran liegen könnte, dass der Urheber im Endeffekt einfach doch mehr Arbeit damit hat als der Verwerter...
Ich hoffe das zählt jetzt noch nicht als "böswillige Verleumdung"  :hmmm:  Meine diesbezügliche Meinung zur Vergütung hab ich ja bereits kundgetan.

ZitatBücher sind aber nicht günstiger geworden - wer bekommt denn dann die andere Hälfte, die die Lektoren jetzt nicht mehr bekommen?


Buchhandel, Zwischenbuchhandel, Papierfirmen, ...

Vielleicht sollten die dann einfach von Verlag und Leser umgangen werden?! Irgendwie beschleicht mich da aber gleich wieder das Gefühl, dass der Autor am Ende wieder der ist, der am wenigsten davon profitieren würde. Wahrscheinlich bin ich einfach viel zu pessimistisch  ::)

ZitatOder was glaubst du, warum ich nicht mehr zum schreiben komme?

Doch nicht etwa weil der Job als Verleger am Ende doch einträglicher ist, als der Job des Autors??


Schommes

Nachdem was Torsten jetzt vorgerechnet hat, kann aber finde ich wirklich keiner mehr sagen, dass die Verlage die Autoren hemmungslos ausbeuten. Das ist aber genau das, was man in den Diskussionsthreads der PP auf FB immer wieder zu hören bekommt. Das gipfelt dann alles in der Forderung, man müsse nur die bösen Verwerter (vulgo Verlage) beseitigen und schon herrschte zwischen Produzenten und Konsumenten nichts als traute Zweisamkeit. Da kommt mir regelmäßig das Kotzen. Ich bin sehr zufrieden mit meinem Verlag und möchte mich mit dem ganzen Werbungs-, Lektorats-, Korrektoratsgedöns plus Overhead etc. nicht im Mindesten rumschlagen. Ich will schreiben und sonst nix. Dafür können Torsten und seine Kollegen sich meinethalben ruhig ein paar Extracents einstecken. Die Beteiligungsstaffeln sind im Übrigen vom Schriftstellerverband in einer fairen Verhandlung mit den deutschen Großverlagen ausverhandelt und in einem Mustervertrag niedergelegt worden, den jeder im Internet einsehen kann. Davon wird in seriösen Häusern kaum abgewichen. Wenn die Piraten diese Positionen nun (warscheinlich aus purer Unkenntnis) kritisieren könnten sie genauso gut den letzten Tarifabschluss im öffentlichen Dienst kippen und behaupten sie könnten das noch besser als Verdi. Sorry, aber ich habe noch keine ahnungslosere Meute gesehen als die Piraten und meine Parteifreunde von den Grünen, soweit es dieses Thema betrifft. Das Problem ist nicht das Urheberrecht, sondern das Zivilprozessrecht, dass diese Abmahnorgien ermöglicht und außerdem der immense Preisdruck der durch immer stärker werdende Monopolisten wie Google, Youtube, Amazon und Co. entfesselt wird (die paradoxerweise von den Piraten immer als leuchtende Beispiele der Freiheit im Netz hingestellt werden).

Alia

Zu den Piraten: Wenn man ein Schiff entern möchte, sollte man schon wissen, wie ein Schiff funktioniert, wie man es seetauglich behält und steuert...
Damit scheinen sie so ihre Probleme zu haben.
Bloß - wenn ich das als Piratenkapitän nicht weiß, muss ich ein paar fähige Vollmatrosen anheuern.
Dann blamiere ich mich nicht damit, dass ich z.B. unzuständige Gerichte anrufe.

Debbie

Zitat von: Schommes am 14. April 2012, 14:39:43
Nachdem was Torsten jetzt vorgerechnet hat, kann aber finde ich wirklich keiner mehr sagen, dass die Verlage die Autoren hemmungslos ausbeuten.

Ich bin sehr zufrieden mit meinem Verlag und möchte mich mit dem ganzen Werbungs-, Lektorats-, Korrektoratsgedöns plus Overhead etc. nicht im Mindesten rumschlagen.

und außerdem der immense Preisdruck der durch immer stärker werdende Monopolisten wie Google, Youtube, Amazon und Co. entfesselt wird (die paradoxerweise von den Piraten immer als leuchtende Beispiele der Freiheit im Netz hingestellt werden).

Von "hemmungsloser" Ausbeutung war doch eigentlich auch keine Rede, oder? Nur von einem falschen Verhältnis, was den Gewinn angeht.

Und das ist ja toll, dass du so einen großartigen Verlag hast, dass du dich überhaupt nicht mit Werbung rumschlagen musst  :) Ich hatte gemeint mich zu erinnern, dass du ebenfalls einmal nach weiteren Wegen zur Eigenwerbung gesucht hast - aber da hab ich mich dann wohl völlig getäuscht...

Bezüglich des Preisdrucks bei Büchern: Ich dachte immer, amazon müsste den Buchhandelspreis genauso einhalten wie alle anderen  :hmmm: Wie können sie da den Preis drücken?

@Alia: Die Piraten kann man doch eigentlich nicht wirklich ernst nehmen - wie Aqua bin ich der Meinung, dass viele ihrer Stimmen von Protestwählern kommen. Gefährlich wird es erst dann, wenn sie mit ihren Ansichten bei etablierten Parteien auf fruchtbaren Boden stoßen...

treogen

#37
Zitat von: Debbie am 14. April 2012, 14:11:05
Was wiederum daran liegen könnte, dass der Urheber im Endeffekt einfach doch mehr Arbeit damit hat als der Verwerter...

Ein Buch besteht aus:
Der Geschichte, dem Lektorat, dem Cover, eventuellen Innenillustrationen, dem Material, den Druckkosten, dem Vertrieb und der Werbung
Jeder einzelne dieser Posten kostet Zeit und ein paar kosten richtig viel Geld.
Was war jetzt nochmal dein Grund, warum derjenige, der die Geschichte liefert, so viel mehr bekommen sollte, als jener, der nicht nur Zeit, sondern auch haufenweise Geld investiert?
Ich meine, gerade die letzten 2 Punkte werden doch von manchen oder auch vielen Autoren vollkommen unterschätzt.

Was ist denn der Durchschnittsverkauf eines BoD-Buches?
75 Ex (bitte kommt mir nicht mit Sachbüchern - wir reden von Belletristik).
Und wenn sich der Autor da 3 Euro Honorar gönnt, dann hat er 225 Euro verdient. Ach, meine Güte - sein wir mal nicht so. Der Autor hatte die Arbeit, gönnen wir ihn 10 Euro pro Verkauf. Dann sinds 750 (wobei fraglich ist, ob er ein Buch mit so überzogenen Preisvorstellungen per BoD unterbekommt).

Und wie ist der Verkauf bei einem großen Verlag (also nicht bei einem Kleinverlag)?
Die reden von einem absoluten Reinfall, wenn sich das Buch "nur" 2000 mal verkauft.
Und da hat der Autor seine läppischen 75 Cent.
Sind also "nur" 1500 Euro.

Ähm, wie war dein Argument nochmal?
Achja, der Verwerter macht so wenig und der Autor so viel :rofl:

Zitat von: Debbie am 14. April 2012, 14:11:05
Doch nicht etwa weil der Job als Verleger am Ende doch einträglicher ist, als der Job des Autors??

Ich glaube, du solltest mal einen Blick in die Steuererklärung eines Kleinverlages werfen und auch in die Briefe, die man so vom Finanzamt wegen des Verdachts auf Liebhaberei bekommt  ;D
Du würdest nie wieder darüber jammern, wie wenig bei einem Autor bleibt, da bin ich mir absolut sicher  ;)

Und ich kenne auch keinen Kleinverleger, der es geschafft hat, nach 5 Jahren zum großen Teil vom Verlegen leben zu können. Nicht, wenn er seine Autoren, seine Lektoren, seine Coverzeichner, seine Illustratoren und natürlich auch seine Kunden halbwegs fair behandelt.

Aber ich will nicht rumheulen, wie schwer es als Verlag sei, denn mit einem hast du recht.
Ich bekomme weit mehr heraus, als die meisten glauben.
Wenn ich sehe, wie stolz unsere Autoren auf unsere Bücher sind, dann macht mich das ebenfalls stolz. Weil wir gemeinsam etwas erreicht haben, was einfach wertvoll ist. Etwas, worauf man stolz sein kann.
Wenn ich sehe, dass es Kunden gibt, die jedes, wirklich JEDES Buch kaufen, dann weiß ich, dass wir (ich als Verlag, die Autoren, meine Lektorin, die Coverzeichner und all jene, die uns unterstützen) alles richtig machen.
Und wenn ich sehe, dass unser Programm mit jedem Jahr wächst und unserer jährlicher Output mit jedem Jahr wächst und unsere Umsätze mit jeden Jahr wachsen, dann bin ich guter Hoffnung, 2018 wirklich davon leben zu können.
Und ich hoffe, dass ich 2018, wenn ich meinem Arbeitgeber zum Abschied winke und dann nach Hause komme, ich nicht in irgendeinen Blog lesen muss, dass jetzt auch noch der Torsten Low komplett verkommerzialisiert ist, weil er will ja von den Büchern, die er mit seinem Geld gemacht hat, jetzt plötzlich leben.

Zitat von: Schommes
Das Problem ist nicht das Urheberrecht, sondern das Zivilprozessrecht, dass diese Abmahnorgien ermöglicht

Das sehe ich genauso.
Aber leider ist die Petition gekippt, die die erste Abmahnung bei 100 Euro deckeln wollte.

Zitat von: Debbie am 14. April 2012, 14:11:05
Ich dachte immer, amazon müsste den Buchhandelspreis genauso einhalten wie alle anderen

Amazon hat in den USA die Verlage dazu gezwungen, EBooks für 9,99 $ anzubieten.
Verlage, die das teurer wollten, weil sie beispielsweise 12,99 $ haben wollten, wurden gekickt.
Also mussten die Verlage kleinbeigeben.
Wer nicht bei Amazon ist, existiert nicht in der Buchwelt.
Amazon ist kein Freigeist, sondern ein mieser Monopolist, den man als Verlag nicht umgehen kann, weil man den Endkunden nicht direkt erreicht.
www.verlag-torsten-low.de

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Schommes

#38
Zitat von: Debbie am 14. April 2012, 15:13:00
Von "hemmungsloser" Ausbeutung war doch eigentlich auch keine Rede, oder? Nur von einem falschen Verhältnis, was den Gewinn angeht.
Und meine Rede ist, dass das Verhältnis jedenfalls nicht gar so falsch ist, wie es in der Öffentlichkeit häufig dargestellt wird. Aber es ist ohnehin zu kurz gegriffen, das an einem Buch festzumachen. Bei den großen Verlagen subventionieren die Bestseller die kleinen Schnuffis quer. An letzteren verdienen auch die Großverlage meist wenig bis gar nichts. Die Neuaufnahme eines Debütautors ist aus Sicht eines Verlegers eine Wette auf die Zukunft und die kann in die Hose gehen und das tut sie oft genug auch.
Zitat von: Debbie am 14. April 2012, 15:13:00
Und das ist ja toll, dass du so einen großartigen Verlag hast, dass du dich überhaupt nicht mit Werbung rumschlagen musst  :) Ich hatte gemeint mich zu erinnern, dass du ebenfalls einmal nach weiteren Wegen zur Eigenwerbung gesucht hast - aber da hab ich mich dann wohl völlig getäuscht...
Aber nicht, weil ich mit Piper unzufrieden bin, sondern weil ich weiß, dass es Werbewege gibt, die den Verlagen gar nicht offen stehen. Z.B. das gezielte Ansprechen von privaten Bloggern, Facebookseite etc. Außerdem darf man sich nichts vormachen: Natürlich rührt Piper bei mir als Anfänger nicht die ganz große Pauke. Aber es wäre von mir auch unrealistisch das zu erwarten.

Zitat von: Debbie am 14. April 2012, 15:13:00
Bezüglich des Preisdrucks bei Büchern: Ich dachte immer, amazon müsste den Buchhandelspreis genauso einhalten wie alle anderen  :hmmm: Wie können sie da den Preis drücken?
Du meinst den Verkaufs-, ich den Einkaufspreis. Klar hat Amazon die Macht, die Verlage da runterzuverhandeln, um sich mehr vom Kuchen zu sichern. Oder zum Beispiel, wie in Torstens Post ja anklingt sich einfach ein Superskonto einräumen lassen und vieles mehr. Wenn es in diesem Spiel eine echte Bösewichtrolle gibt, dann sind es die Ketten und Grossisten. Ich meine, guck Dir doch mal an, was laut Torsten von dem Buchpreis bei DENEN hängen bleibt. Da ist der Verleger selbst doch ein Waisenknabe, oder nicht?!

Zitat von: Debbie am 14. April 2012, 15:13:00
@Alia: Die Piraten kann man doch eigentlich nicht wirklich ernst nehmen - wie Aqua bin ich der Meinung, dass viele ihrer Stimmen von Protestwählern kommen. Gefährlich wird es erst dann, wenn sie mit ihren Ansichten bei etablierten Parteien auf fruchtbaren Boden stoßen...
Wie z.B. bei den Grünen *seufz*

treogen

Zitat von: Schommes am 14. April 2012, 15:23:54
Oder zum Beispiel, wie in Torstens Post ja anklingt sich einfach ein Superskonto einräumen lassen und vieles mehr.

Ist jetzt absolut OT, aber ...
Ich bin seit mehr als einem Jahr bei Libri unter Vertrag, bei denen beispielsweise gönnt man sich 50 %. KNV und Umbreit sollen ähnlich sein, aber teilweise noch restriktiver mit rauskicken aus dem Programm sein.
Die ersten Bestellungen von Libri hatten ein Zahlungsziel von 180 Tagen. Das ist ein geschissenes halbes Jahr.
Ein halbes Jahr, in dem du keine Kohle von Libri siehst, aber fast täglich Bestellungen von 5, 10 oder 20 Büchern reinkommen.
Ich meine, man müsste eigentlich froh drüber sein - es wird bestellt. Aber du siehst kein Geld.
Du müsstest nachdrucken, weißt aber nicht, woher du die Druckerei bezahlen sollst, weil alles, was du an Investitionen in den Verlag gesteckt hast, liegt in unbezahlten Libri-Rechnungen bei dir im Postfach.
Wenn du Pech hast, schickst du die Druckerei in die Spur und läßt eine Nachauflage drucken und zwei Wochen später kommen 50 Exemplare von Libri zurück, weil sie sich vertan haben.
Irgendwann wirst du dann auf 90 Tage Zahlungsziel gesetzt. Da atmest du schon auf.
Und dann kommt der Hammer: 90 Tage Zahlungsziel, 30 Tage bei 3 % Skonto.
Das Geld kommt nach 60 Tagen bei dir an und zwar abzüglich der 3 % Skonto. Und wenn du nachfragst, wie späte Bezahlung und 3% Skonto zusammenpassen, kriegst du als Antwort, dass man auf dich als Lieferant sehr wohl verzichten könne  :brüll:

So, OT und Auskotzen Ende.
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Schommes

Ist gar nicht OT und bestätigt so ein bisschen meine Befürchtungen. Aber das wirst Du keinem Pirat je erklären können.

Debbie

Zitat von: treogen am 14. April 2012, 15:20:34
Ein Buch besteht aus:
Der Geschichte, dem Lektorat, dem Cover, eventuellen Innenillustrationen, dem Material, den Druckkosten, dem Vertrieb und der Werbung
Jeder einzelne dieser Posten kostet Zeit und ein paar kosten richtig viel Geld.
Was war jetzt nochmal dein Grund, warum derjenige, der die Geschichte liefert, so viel mehr bekommen sollte, als jener, der nicht nur Zeit, sondern auch haufenweise Geld investiert?
Ich meine, gerade die letzten 2 Punkte werden doch von manchen oder auch vielen Autoren vollkommen unterschätzt.


Hattest du diese ganzen Posten in deiner Rechnung vorhin nicht schon berücksichtigt? Ich dachte wir diskutieren über das was dem Verleger/Autoren netto übrig bleibt? Alles andere sollte doch bei den 50Cent - 1,50€ bereits abgezogen sein, oder??

Mein Argument war, dass der Verwerter ohne die Geschichten, die ihm angeboten würden, garnichts zum Verwerten hätte. Achso, und natürlich die Zeit, die der Verfasser in weit größerem Umfang investiert, verglichen mit dem Verwerter. Und da seine Ausgaben ja bereits alle abgezogen sind, bekommt der Verleger für seine Zeit also mehr als der Autor, obwohl der mehr Zeit investiert? Vielleicht hab ich das auch alles ganz falsch verstanden, manchmal ist das unheimlich schwierig mit einem Durchschnitts-IQ die Komplexitäten des professionellen Handels nachzuvollziehen...


Zitat von: treogen am 14. April 2012, 15:20:34

Ich glaube, du solltest mal einen Blick in die Steuererklärung eines Kleinverlages werfen und auch in die Briefe, die man so vom Finanzamt wegen des Verdachts auf Liebhaberei bekommt  ;D
Du würdest nie wieder darüber jammern, wie wenig bei einem Autor bleibt, da bin ich mir absolut sicher  ;)

Und ich kenne auch keinen Kleinverleger, der es geschafft hat, nach 5 Jahren zum großen Teil vom Verlegen leben zu können. Nicht, wenn er seine Autoren, seine Lektoren, seine Coverzeichner, seine Illustratoren und natürlich auch seine Kunden halbwegs fair behandelt.


Ich finde es wirklich super, dass, obwohl dir ja dann garkeine Zeit mehr zum Selbstschreiben bleibt, du das Verlegen offensichtlich aus idealistischen Gründen betreibst. Schön, dass es noch solche Idealisten gibt - aber ich denke wir können darin übereinstimmen, dass der Durchschnitts-Verleger nicht aus idealistischen Gründen handelt.


Zitat von: treogen am 14. April 2012, 15:20:34

Amazon hat in den USA die Verlage dazu gezwungen, EBooks für 9,99 $ anzubieten.
Verlage, die das teurer wollten, weil sie beispielsweise 12,99 $ haben wollten, wurden gekickt.
Also mussten die Verlage kleinbeigeben.


Das kann ich jetzt irgendwie garnicht nachvollziehen - ist wohl zu hoch für mich... Auf amazon.com werden doch ebooks zu Preisen über 9,99$ angeboten?!

Als Leser hätte ich allerdings gerne mal eine Rechtfertigung dafür, warum die Paperback-Ausgabe eines Buches ebenso teuer sein soll, wie ein ebook? Für die "Produktion" fehlt da doch einiges an fixen Ausgaben, oder?




treogen

Zitat von: Schommes am 14. April 2012, 15:37:41
Aber das wirst Du keinem Pirat je erklären können.

Wie auch.
Pirat: "Oh Gott, ein Verleger. Der gehört zur Content Mafia. Bleib weg von mir, du Teufel. Ich hab Knoblauch und ein Kreuz."
Verleger: "Ja, klar. Das waren Vampire, du Vollpfosten. Hast du deine restlichen Infos über Verleger aus demselben Märchenbuch?"

Zitat von: Debbie am 14. April 2012, 15:52:47
Hattest du diese ganzen Posten in deiner Rechnung vorhin nicht schon berücksichtigt? Ich dachte wir diskutieren über das was dem Verleger/Autoren netto übrig bleibt? Alles andere sollte doch bei den 50Cent - 1,50€ bereits abgezogen sein, oder??

Manches kannst du einfach nicht berücksichtigen.
Beispielsweise, dass du Bücher eingeschweißt an den Buchhändler schickst, diese angegrabbelt und ausgepackt zurückbekommst und eigentlich nur noch verschenken kannst.
Oder das, was ich im vorherigen Beitrag schrieb. Dass du ein halbes Jahr Projekte ausschließlich aus dem stemmen sollst, was du in deinem 40-Stunden-Hauptjob nach Hause bringst, weil die Grossisten sich das Recht rausnehmen, dich erst in 180 Tagen zu bezahlen.
Oder auch das, dass der Verleger einfach das Risiko hat, dass er sein Geld in ein Buch reinsteckt und nie wieder sieht. Einfach, weil das Buch zur falschen Zeit auf dem Markt landet. Der Autor is dann fein raus. Der hat es ja "nur" geschrieben. In den Sand gesetzt hats, der Verlag. Verstehst du? Läuft es, ist es der Verdienst des Autors. Läufts nicht, die Schuld des Verlages. Dagegen verwehre ich mich strikt  :hand:
Und wer uns kennt, WEIß, wieviel wir als Verlag für die Bücher tun.
Und wahnsinnig viele Kleine sind ähnlich aktiv.
Sonst wären sie nämlich unter den gut 100 Verlagen, die Jahr für Jahr die Pforten schließen.

Zitat von: Debbie am 14. April 2012, 15:52:47
Schön, dass es noch solche Idealisten gibt - aber ich denke wir können darin übereinstimmen, dass der Durchschnitts-Verleger nicht aus idealistischen Gründen handelt.

Glaub mir, es gibt wahnsinnig viele, die so denken.
Und auch bei manchen großen.
Klaus Wagenbach sagte mal sinngemäß: "Es gibt Bücher, die wir teuer machen, weil wir wissen, dass wir die verkaufen. Das Geld nehmen wir uns stecken es uns in die rechte Tasche. Rechte Tasche - Kapital, weil Kapital - rechts. In der linken Tasche sind die schönen Verlustprojekte. Nun schieben wir das Geld lustig von rechts nach links. Wenn wir das nicht mehr machen können, ist echte Verlagsarbeit nicht mehr möglich."

Zitat von: Debbie am 14. April 2012, 15:52:47
Das kann ich jetzt irgendwie garnicht nachvollziehen - ist wohl zu hoch für mich... Auf amazon.com werden doch ebooks zu Preisen über 9,99$ angeboten?!

Die Preise für Bücher werden nicht vom Händler, sondern vom Verlag festgelegt.
Dass amazon sich trotzdem rausnimmt, zu entscheiden, wieviel das Buch kosten darf, ist eine Frechheit und drückt nicht nur den Verlag, sondern übrigens auch den Autor. Der kriegt nämlich auf 9,99 weniger Honorar als auf 12,99

Zitat von: Debbie am 14. April 2012, 15:52:47
Als Leser hätte ich allerdings gerne mal eine Rechtfertigung dafür, warum die Paperback-Ausgabe eines Buches ebenso teuer sein soll, wie ein ebook? Für die "Produktion" fehlt da doch einiges an fixen Ausgaben, oder?

Auch da hab ich schon mehrfach darüber geschrieben.
Bei großen Verlagen sind die reinen Druckkosten (die ja immer als Grund angeführt werden, warum das EBook billiger sein MUSS), gerademal ein geschissener Euro.
Dafür bleiben manche Kosten gleich (Lektorat, Cover, Werbung). Und da klar ist, dass 80 % Umsteiger und nur 20 % reine EBookkäufer sind (also 80 % die Printfassung erworben hätten, die sie nun nicht mehr erwerben), ist klar dass die Kosten auf beide Veröffentlichungsformen aufgeteilt werden müssen.
Also zu sagen, das Lektorat und die Werbung wäre schon mit der Printfassung bezahlt, ist bei Neuerscheinungen horrender Blödsinn.
Auch die Buchhandelsrabatte bleiben. Schließlich werden die meisten Ebooks nicht über den Verlag, sondern über Amazon, Libreka und Weltbild online verkauft.
Dann gibt es posten, die teurer werden. In den neuen Normvertragen sind seit Jahren die Empfehlungen des VS, dass Autoren an EBooks mit 25 % beteiligt werden. Und meines Wissens nach ist das bei den meisten großen Verlagen, die EBooks herausgeben, auch schon umgesetzt. Also statt 7 % jetzt 25 %.
Kommt der letzte Posten, der teurer ist. Die Mehrwertsteuer ist 19 % (elektronische Dienstleistung) und nicht 7 % (subventionierte Kunst).

Also eigentlich müssten große Verlage EBooks sogar teurer machen. Aber weil dann natürlich das Geschrei noch größer wäre, macht man sie wenigstens nur gleichteuer.


Bei kleinen Verlagen sieht es natürlich anders aus. Meine Druckkosten liegen zwischen 3 und 4 Euro. Wenn ich die einsparen könnte, hätte das schon was. Deswegen wollte ich eigentlich mit den "geheimnisvollen Bibliotheken" auch Ebooks rausbringen und 2 unserer Romane ebenfalls digitalisieren.
Allerdings haben mich die letzten Äußerungen der Piraten zur Legalisierung des EBookklaus schon fast wieder abgeschreckt.
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Phantastik vom Feinsten

Lomax

Zitat von: Tintenweberin am 14. April 2012, 10:13:45Ich träume hartnäckig davon, dass sich mehrere engagierte Autoren, ein oder zwei kernige Lektoren und eine "Verlegerpersönlichkeit" (was immer das sein mag, ich bin es nicht) zusammentun und vielleicht in einer genossenschaftlichen Form ihren Verlag auf viele Füße stellen können, die sich gegenseitig stützen.
Hehe. In der Regel ist das halt auch nur ein Traum; aus gutem Grund: Das Verlagsgewerbe ist eines der kapitalintensivsten überhaupt. Und es gibt in der Tat jede Menge Leute, die Verlage gründen. Nicht nur naive Hobbyisten, sondern durchaus auch gestandene Persönlichkeiten aus der Verlagsbranche, die mit dem ein oder anderen Projekt starten - und meistens, wie bei vielen Firmengründungen, hört man davon nicht mehr viel; sie geben irgendwann auf, oder dümpeln in der Bedeutungslosigkeit vor sich hin.
  Weil man halt vor allem auch Kapital braucht, um ein Niveau zu erreichen, das öffentliche Aufmerksamkeit garantiert. Bis zu einem gewissen Grad ist es auch eine Frage von Zeit und solider Arbeit - aber auch die Fähigkeit, sich auf professionellem Level über eine lange Zeit am Markt zu halten, bevor man etabliert ist, lässt sich am Ende in eine "Kapitalfrage" umrechnen. Und da geht solchen "Traumprojekten" halt oft die Luft aus - sei es, dass das Kapital fehlt; sei es, dass sie halt nicht jahrelange Verlagsarbeit ohne Rücklauf, mit professioneller Organisation und Arbeitsaufwand, "ehrenamtlich" stemmen können. Es ist, wie gesagt, nicht so, dass es solche Projekte nicht gäbe. Aber es ist halt schwer, sie zu einem Erfolg zu führen, den nicht daran Beteiligte überhaupt mitbekämen.
  Ich hoffe jedenfalls, die gewerbsmäßig orientierten und möglichst kapitalstarken Verlage bleiben uns Autoren noch lange erhalten, denn im Moment sehe ich niemanden, der Nutzungsrechte effizienter verwerten könnte - und das liegt natürlich auch im Interesse der Urheber.

Zitat von: Aquamarin am 14. April 2012, 07:39:03Ich kann die Piratenpartei seitdem noch weniger Ernst nehmen als zuvor. Aber ich beobachte inzwischen misstrauisch deren Wahlerfolge. Ich glaube, dass sie eine Menge Protestwähler abbekommen und Leute, die sich nicht genau damit befassen.
Was hier derzeit ein wenig durcheinandergeht, ist das Thema der Ausgestaltung von Immaterialgüterrechten und die "Piraten". Ich persönlich würde beides gerne getrennt sehen, denn das eine ist nicht deckungsgleich mit dem anderen. Ich sehe die Piraten durchaus wohlwollend, und zwar nicht (nur) als Protestwähler, sondern wirklich aus Überzeugung wegen der Inhalte. Und damit meine ich gerade nicht die Inhalte rings um Urheberrecht, auf die die "Piraten" gerne reduziert werden.
  Es heißt ja immer, abseits des Urheberrechts hätten sie keine Themen. Das halte ich für falsch. Ich sehe die Piraten durchaus sozial- und gesellschaftspolitisch klar positioniert, und wenn ich sie mir ansehe, sind sie (1) die besseren Linken, weil sie auf sozialen Ausgleich schauen, ohne die inhärente Wirtschaftsfeindlichkeit und den Dirigismus von Altkommunisten zu pflegen; und (2) sind sie die bessere FDP, weil sie alle erhaltenswerten liberalen Einstellungen pflegen, für die ich die FDP einmal gewählt habe, ohne dabei dem "Steinzeit"-Neoliberalismus zu verfallen, der seit den 80ern so epidemisch gewachsen ist, und ohne den Lobbyismus und Klientelwirtschaft, der die Politik der FDP in der Praxis immer so "anrüchig" gemacht hat. Von der Grundausrichtung sehe ich bei den Piraten nichts, womit ich mich nicht identifizieren könnte.
  Die Ausgestaltung dieser Grundausrichtung in praktikable Umsetzungen ist noch im Fluss - aber darin sehe ich eigentlich kein grundlegendes Problem. Die Zeit wird zeigen, ob sich die Partei soweit stabilisieren lässt, dass das gemeinsame Anliegen auch den Praxistest besteht. Diese Hürden hatten andere Parteien in der näheren und ferneren Geschichte auch vor sich und haben sie überwunden.

Ich würde die Piraten also nicht aufs Urheberrecht reduzieren wollen, wo noch viel Halbgares und Undurchdachtes diskutiert wird - aber es wird halt diskutiert, und je mehr sich die Kritiker einbringen, umso größer ist die Chance, dass auch das am Ende auf ein für alle Seiten tragfähiges Konzept zusteuert.
  Wenn also hier beim Thema immer gleich mit Pro/Contra Piraten argumentiert wird und dieser Punkt nur daran festgemacht wird, was denn in dieser Partei irgendwelche einzelnen Strömungen an extremsten Vorschlägen zum Urheberrecht einbringen, dann tut mir das schon irgendwie weh. Nur der Name der Partei ist, was das betrifft, wirklich sehr unglücklich gewählt  :-\.

treogen

Zitat von: Lomax am 14. April 2012, 16:27:19
Was hier derzeit ein wenig durcheinandergeht, ist das Thema der Ausgestaltung von Immaterialgüterrechten und die "Piraten". Ich persönlich würde beides gerne getrennt sehen, denn das eine ist nicht deckungsgleich mit dem anderen.

Da hast du sicher recht.
Allerdings ist es schwer, so etwas zu trennen, da gerade uns als Urhebern (und teilweise auch als Rechteverwertern) dieses Thema natürlich besonders wichtig ist. Und wenn man dann immer wieder Interviews mit Piraten hört oder liest, bei denen man schlichtweg den Eindruck hat, dass da absolut uninformierte Leute sprechen würden und die nennen sich dann so was wie "kulturpolitischer Sprecher der Piratenpartei", da fragt man sich da schon, ob man denen vielleicht mal einen Kurzkursus im Büchermachen schenken sollte, damit die überhaupt wissen, von was sie reden.
Und dieses ... Gefühl, es mit absoluten Hohlrollern zu tun zu haben (ok, das Gefühl hat man bei Politikern ja allgemein recht häufig, hier aber habe ich es noch häufiger als häufig), macht es mir nicht einfach, mir den Rest des Parteiprogramms mit wohlwollender Neugier durchzulesen.
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