Im Moment stecken wir ja auch noch mitten drin. Ich muss ständig überall Maske tragen und an meine Maske denken und aufpassen, dass sie nicht auf einmal doch FFP2-Pflicht in Bahnen einführen und ich die falsche Maske dabeihabe. Ich muss mich über Kontaktbeschränkungen informieren, kriege bei jedem kleinen Halskratzen Panik, habe ständig Sorge, dass ich besser jetzt nochmal zu IKEA fahre, nicht dass nach Weihnachten wieder alles zu hat. Leute umarmen sich nicht mehr so gerne, halten in sozialen Situationen Abstand zueinander, tragen bei privaten Treffen Maske, wenn man sich treffen will, muss man immer schauen, ob sich jeder damit wohlfühlt und wenn nicht macht man es lieber online. Ich kümmere mich um Impftermine, da ändern sich die Regeln aber auch ständig, ich gehe in die Apotheke, um einen QR-Code für meine Impfung zu bekommen, ich muss ständig überall meinen Impfnachweis vorzeigen und wenn ich irgendwo hin will, auch immer kurzfristig informieren, ob ich nicht doch noch einen Test brauche.
Sprich: Auch so nimmt das Thema in meinem Alltag mehr Raum ein, als ich möchte. Ich bin schon eine derjenigen, die sich eher weniger informieren und und trotzdem ist das Thema ständig präsent. Es ist belastend. Ich möchte wenigstens in meinen Romanen das Gefühl haben, dass alles normal ist.
Aber gerade weil wir alle gerade noch mittendrin stecken, wird sich der Umgang mit dem Thema in Büchern in den nächsten Jahren glaube ich auch nochmal stark verändern. Wenn wir den ganzen Mist endlich hinter uns haben, sind wir vielleicht eher bereit für Geschichten, die das thematisieren oder damit zu tun haben. In zehn Jahren lassen wir unsere Bücher vielleicht während des Lockdowns spielen. In siebzig Jahren gewinnt sowas vielleicht Preise als toller historischer Roman.
Gerade deshalb finde ich es auch schwierig, Bücher nach der Pandemie spielen zu lassen. Wir wissen noch nicht, wie es hinterher aussehen wird und wie die Pandemie unser Leben und unsere Gesellschaft verändern wird. Das Risiko ist auch, dass wir unsere Bücher damit wahnsinnig schnell wahnsinnig altern lassen können. Die Geschichten, die wir jetzt schreiben, erscheinen ja in der Regel allerfrühestens in einigen Monaten. Bis dahin sieht die Welt vielleicht ganz anders aus. Wer will kurz nach der Pandemie ein Buch lesen, das kurz nach der Pandemie spielt und sich somit klar in einem bestimmten Zeitraum verortet, aber überhaupt nichts mit unserer Lebenswirklichkeit zu tun hat? Wir können nur raten, wie es nach der Pandemie sein wird.
Ich klammere das Thema komplett aus meinen Büchern aus. Sie sind auch für mich Eskapismus. Irgendwann kommen wir wahrscheinlich an den Punkt, an dem man nicht mehr so tun kann, als hätte es das Thema nie gegeben, weil Corona genauso Teil unserer Geschichte geworden ist wie andere wichtige und einschneidende Ereignisse. Dann kommen flapsige Bemerkungen wie "Glaubst du nach Corona wirklich noch, dass die Menschheit sich je vernünftig verhält?" und es stört sich niemand mehr daran. Aber im Moment ist es eben noch nicht Geschichte und wir sind an dem Punkt, an dem wir ein Zwischenfazit ziehen können, aber noch kein komplettes Fazit. Wir wissen nicht, wie die ganze Sache ausgeht. Deshalb würde ich das Thema erstmal ausklammern.