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Gewalt und Folterei - geht es denn gar nicht mehr ohne?

Begonnen von Alana, 21. Oktober 2009, 21:55:06

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Nachtaktive

*zurück Blätter bis auf Seite 1* "Geht es wirklich nicht ohne Gewalt und Folter?"
Natürlich geht es ohne Gewalt und Folter, jeder Autor der nicht in der Lage ist Spannung aufzubauen ohne Blut oder sonst was hat ein tiefgründiges kreatives Problem (mein Gott ist das schön ausgedrückt  ;D)
Aber, ich finde es nicht schlimm Gewalt darzustellen, Gewalt ist ein Spannungsträger, machen wir uns nichts vor und der Mensch hat den Hang zur Gewalt in seinen Genen. Nur sollte Gewalt einfach nicht als angenehmer Zeitvertreib dargestellt werden oder als Zeichen von Stärke.

Maran

Zitat von: Nachtaktive am 25. Oktober 2009, 02:02:10
Nur sollte Gewalt einfach nicht als angenehmer Zeitvertreib dargestellt werden oder als Zeichen von Stärke.

Genauso sehe ich es auch. Gewalt, sei sie physisch oder psychisch, um ihrer selbst willen - oder um das Interesse des Lesers zu wecken - kann und darf nicht Sinn und Zweck der Übung, der Sache, sein. Meine Meinung, auch wenn es andere geben mag. Gewalt ist in meinen Augen kein Zeichen von Stärke, sondern von Schwäche.

Moa-Bella

Gewalt kann man so gesehen nicht im Allgemeinen betrachten. Es kommt immer darauf an, wie sie dargestellt wird. Das ist heutzutage nunmal leider immer wieder in einer Art und Weise, die einem erzählen will, dass Gewalt an sich nichts schlimmes ist wenn es eben die Guten sind, die Gewalt anwenden.

Steffi

Zitat von: Nachtaktive am 25. Oktober 2009, 02:02:10
Natürlich geht es ohne Gewalt und Folter, jeder Autor der nicht in der Lage ist Spannung aufzubauen ohne Blut oder sonst was hat ein tiefgründiges kreatives Problem (mein Gott ist das schön ausgedrückt  ;D)

Oder er beschäftigt sich einfach am liebsten und schwerpunktmäßig mit anderen Aspekten der menschlichen Psyche als die Autoren, die ihre Geschichten gerne ohne Blut schreiben.  ::)
Sic parvis magna

Lucien

ZitatOder er beschäftigt sich einfach am liebsten und schwerpunktmäßig mit anderen Aspekten der menschlichen Psyche als die Autoren, die ihre Geschichten gerne ohne Blut schreiben.  ::)
Ich bekenne mich zu einer solchen Autorin.  :darth: Ich liebe die Herausforderung, welche die Psyche einer "bösen" Person darstellt. Und ich beschreibe gerne, wie man sich durch Erfahrung von Gewalt verändern kann.
Und ich bin mir sicher, dass es viele andere gibt, denen es genauso geht. Vielleicht sind Gewalt und Folterei deshalb auch ein so starkes Element in der Literatur.

Steffi

Zitat von: Jenny am 25. Oktober 2009, 18:52:14
Ich liebe die Herausforderung, welche die Psyche einer "bösen" Person darstellt. Und ich beschreibe gerne, wie man sich durch Erfahrung von Gewalt verändern kann.
Und ich bin mir sicher, dass es viele andere gibt, denen es genauso geht. Vielleicht sind Gewalt und Folterei deshalb auch ein so starkes Element in der Literatur.

Ich gehöre definitiv dazu und lese auch gerne solche Geschichten. Die Abgründe der menschlichen Psyche faszinieren mich. Eine meiner Lieblingsserien ist nicht umsonst "Criminal Minds".
Sic parvis magna

Joscha

#81
Zitat von: Steffi am 25. Oktober 2009, 19:03:27
Ich gehöre definitiv dazu und lese auch gerne solche Geschichten. Die Abgründe der menschlichen Psyche faszinieren mich. Eine meiner Lieblingsserien ist nicht umsonst "Criminal Minds".

Und noch ein Anhänger. Nicht umsonst habe ich einige Charaktere, die mutwillig und ohne Grund Morde begehen. Es sind zwar Protagonisten, aber das heißt jedoch keineswegs, dass ich gutheiße, was sie tun oder das auch nur dem Leser so herüberzubringen versuche. Meiner Meinung nach gehört Gewalt zu manchen Charakteren und diese ziehen zwangsläufig eine gewaltbeladenere Story nach sich. Schlimm finde ich es erst, wenn die Story "sinnlose" Gewalt enthält, z.B. einfach nur um zu demonstrieren, was für ein toller Kämpfer der Protagonist doch ist.

Vali

Puh, ich habe gestern beim Videoabend Watchmen geguckt. Da musste ich gleich an die Diskussion hier denken. Der Film strotzte nur so vor Splatterszenen und Gewaltorgien, dass sich mir der Magen umgedreht hat. Die Gewaltdarstellungen sollten den Sinn haben, die Grausamkeit der Menschen zu visualisieren. Das sollte dann die Rechtfertigung für die Vernichtung der Menschen sein, die die arme arme Erde mit ihrer Grausamkeit vergewaltigen. Mal davon abgesehen, dass ich die Botschaft für großen, menschenverachtenden Schwachsinn halte, fand ich die Gewaltszenen einfach nur sinn- und geschmacklos. Es kam so vor, als ob die "kleinen" Grausamkeiten des Lebens nicht reichten. Nein, es reichte nicht, dass die Figur das Kind niederschlägt, nein, er muss sich noch draufwerfen und dem Kind die Wange mit den Zähnen ausreißen. Und warum müssen die Därme bis an die Decke fliegen und dort kleben bleiben?? :-X Was soll denn das? Dem Plot bringt das keine weiteren Facetten.
Was mich auch gestört hat, ist dass es die Figuren nach ihren Folter- und Gewaltorgien kein bißchen gerührt hat. Kein Nachdenken, kein schlechtes Gewissen und wenn wir bei bösen Antas sind, noch nicht mal Genugtuung. Stattdessen wird das Prügeln und Morden als "Spaß" verkauft. Das macht man halt so nebenbei.
Das ist für mich sinnlose Gewalt.

Manche Geschichten kommen natürlich ganz ohne Gewalt aus, z.B. Romanzen. Manchmal geht es leider nicht ohne Gewalt. Wenn eine Gesellschaft oder wichtige Figuren dadurch geprägt sind, dann gehört die Gewalt dazu. Das sollte allerdings in Maßen geschehen. Und wenn die genaue Durchführung nicht wichtig für den Plot ist, dann braucht man auch nicht zu sehr ins Detail gehen. Also z.B. Mit aller Kraft schlug er mit seinem Schwert zu und traf den Gegner am Bauch. Schreiend ging dieser zu Boden - statt - Dann schlug er zu und schlitzte dem Gegner die Bauchdecke auf. Das warme Blut spritzte ihm ins Gesicht und es gab ihm den Kick! Mit einer drehenden Bewegung hebelte er dem Bösewicht die Därme aus seinem verfluchten Bauch und verteilte sie auf dem Schlachtfeld. Röchelnd und glucksend ging der Fiesling zu Boden und zuckte bis der Tod ihn einholte.
Das ist sinnlos. Es sei denn dieser Mord ist ein Schlüsselereignis für den Helden und er leidet seitdem an Blut und Innereien Phobie. ;D

Lomax

Zitat von: Vali am 25. Oktober 2009, 22:24:52Das sollte dann die Rechtfertigung für die Vernichtung der Menschen sein, die die arme arme Erde mit ihrer Grausamkeit vergewaltigen.
Hm, das ist aber auch nicht die Botschaft, wie ich sie aus dem Comic in Erinnerung habe ??? Da fragt man sich doch, ob in dem Fall die Gewalt den Plot übertönt hat, oder ob sie in dem Film wirklich so viel geändert haben. Das wäre jedenfalls eine recht platte Rechtfertigung für den Antagonisten - und vor allem eine sehr "leichte" für den Zuschauer. Weil es das dem Zuschauer leicht machte, ob der Blödsinnigkeit des Plans auf Distanz zum "Schurken" zu gehen und sich im Dünkel seiner moralischen Überlegenheit zu suhlen, während der Comic den Leser durchaus geködert hat, der Argumentation des "Bösen" zu folgen und seinen Gewaltexzess für gerechtertigt zu halten - womit der Leser selbst moralisch herausgefordert ist.
  Ob das die Gewaltdarstellung besser macht, wer weiß? Zumindest macht es sie in sofern plotrelevanter, als der Plot selbst hinterfragt, in welchem Maße Gewalt zu rechtfertigen ist, und wo genau die Grenze zwischen den Taten der Protagonisten und denen des Antagonisten verläuft.

Cythnica

#84
Also ich habe sowohl den Film als auch den Comic näher betrachtet und leider hat der Film einiges an Gewalt überzogen, die die Comics eigentlich nur schnittweise dargestellt haben - doch viele dieser düsteren Elemente, die beide Seiten wiederspiegelten haben mir in beiden Versionen sehr gut gefallen.
Rorschach, der selbst in ewigen Gewaltexzessen verfällt, weil er meint, er würde der Welt etwas mehr Gerechtigkeit geben, und der Comedian, der lange allen Sinn in den Kriegen aus den Augen verloren hat, und alles auf Erden nur noch als Spaß sieht... ich fand, da konnte man zwischen den Gewaltszenen und teils auch sehr gut durch einige Gewaltsszenen sehr gut noch draus lesen, wie sich Eskalationen und dergleichen ausbauen -

und ich muss sagen, dass ich das, was Lomax im Bezug auf das Buch erwähnte, auch durchaus im Film wiedererkennen konnte.
Die Menschheit hat ja auch durch den Plan zum Ende des Filmes überlebt ( zumindest fürs erste) und gerade das macht das Ende ja so bedrückend, weil man weis, dass der Plan falsch war, aber dennoch zur Rettung verhalf---
aber damit gleiten wir dann wohl doch ein wenig zu sehr ins OT

Joscha

Zitat von: Vali am 25. Oktober 2009, 22:24:52
Puh, ich habe gestern beim Videoabend Watchmen geguckt. Da musste ich gleich an die Diskussion hier denken. Der Film strotzte nur so vor Splatterszenen und Gewaltorgien, dass sich mir der Magen umgedreht hat. Die Gewaltdarstellungen sollten den Sinn haben, die Grausamkeit der Menschen zu visualisieren. Das sollte dann die Rechtfertigung für die Vernichtung der Menschen sein, die die arme arme Erde mit ihrer Grausamkeit vergewaltigen. Mal davon abgesehen, dass ich die Botschaft für großen, menschenverachtenden Schwachsinn halte, fand ich die Gewaltszenen einfach nur sinn- und geschmacklos. Es kam so vor, als ob die "kleinen" Grausamkeiten des Lebens nicht reichten. Nein, es reichte nicht, dass die Figur das Kind niederschlägt, nein, er muss sich noch draufwerfen und dem Kind die Wange mit den Zähnen ausreißen. Und warum müssen die Därme bis an die Decke fliegen und dort kleben bleiben?? :-X Was soll denn das? Dem Plot bringt das keine weiteren Facetten.

An dieser Stelle ziehe ich dann die Grenze zu überflüssiger Gewalt. Das taugt nicht viel, um Charakter oder Plot noch weiter auszuprägen, sondern solche Szenen sind ekelerregend.

Lavina

Zuerst will ich einen Kommentar zu Watchman abgeben. Ich habe den Film noch nicht gesehen aber er stand auf meiner Liste der Filme, die ich gerne sehen würde. Nach den gelesenen Informationen kann ich allerdings gut darauf verzichten. Es gab in letzter Zeit ohnehin kaum einen Film, bei dem mich die Story irgendwie mitgerissen hätte und es sind genau diese Filme, die dann überladen werden mit Gewalt, weil man sonst einfach ausschalten würde (ich schalte trotzdem aus, da mich dann das Ende auch nicht mehr interessiert und meistens vollkommen hirnrissig ist). :seufz:

Zitat von: Nachtaktive am 25. Oktober 2009, 02:02:10
*zurück Blätter bis auf Seite 1* "Geht es wirklich nicht ohne Gewalt und Folter?"
Natürlich geht es ohne Gewalt und Folter, jeder Autor der nicht in der Lage ist Spannung aufzubauen ohne Blut oder sonst was hat ein tiefgründiges kreatives Problem (mein Gott ist das schön ausgedrückt  ;D)
Aber, ich finde es nicht schlimm Gewalt darzustellen, Gewalt ist ein Spannungsträger, machen wir uns nichts vor und der Mensch hat den Hang zur Gewalt in seinen Genen. Nur sollte Gewalt einfach nicht als angenehmer Zeitvertreib dargestellt werden oder als Zeichen von Stärke.

Mit dieser Meinung Stimme ich vollkommen überein.
In Jeder Geschichte kommt Gewalt vor (in unterschiedlichen Formen eben), ich versuche aber eine klare Grenze zu ziehen, alles im Rahmen zu halten und die Gewalttätigen grundsätzlich den Kürzeren ziehen zu lassen.

Es kommt natürlich auch immer auf die Geschichte an, denn eine Story über einen Serienkiller gibt es nicht ohne Gewalt, doch auch da braucht man ein Feingefühl dafür was zu viel ist. Denn auch wenn die Story noch so gut ist, bei zu viel Gewalt, Folter, etc... kann das alles ganz schnell unter gehen.

Zitat
Natürlich geht es ohne Gewalt und Folter, jeder Autor der nicht in der Lage ist Spannung aufzubauen ohne Blut oder sonst was hat ein tiefgründiges kreatives Problem (mein Gott ist das schön ausgedrückt  ;D)

Nachtaktive hat es für meinen Geschmack allerdings in einem Satz auf den Punkt gebracht! :jau:

Moa-Bella

Wenn ich da mal an meine Libelingsfilme denke... es kommt durchaus Gewalt vor, auch brutale Gewalt, aber wenn sie wirklich einen Zweck erfüllt, dann ist das für mich auch ok... Ich denke das zum Beispiel an "das Schweigen der Lämmer", ein toller Film, ein tolles Buch, trotzdem gewalttätig. Oder "Match Point", der Film ist an kaltblütigkeit kaum zu übertreffen, trotzdem ein toller Film. Auch bei "Fight Club" oder "Identität" geht es teilweise doch schon ziemlich brutal zu. In all diesem Filmen ist die Gewalt meiner Meinung nach storytechnisch keineswegs sinnlos. 

Kati

ZitatIch bekenne mich zu einer solchen Autorin.   Ich liebe die Herausforderung, welche die Psyche einer "bösen" Person darstellt.

Ich auch.  :) Ich finde es sowieso total interessant was da so in den Köpfen meiner Charaktere vorgeht...

Wir lesen für die Schule gerade "A Star Called Henry" von Roddy Doyle. Das spielt während der Aufstände um das Easter Rising 1916 in Irland. Und seit einigen Tagen muss ich beim Lesen ständig an diesen Thread denken...denn der Protagonist, Henry, tötet ohne jegliche Gefühlsregung. Das hat mich schon stutzig gemacht. Die Gewalt scheint dem Ich-Erzähler rein gar nichts auszumachen. Irgendwie stimmt mich so etwas traurig...

LG,

Kati

Lucien

ZitatDie Gewalt scheint dem Ich-Erzähler rein gar nichts auszumachen. Irgendwie stimmt mich so etwas traurig...
Mich auch.  :'( Deshalb gebe ich mir immer Mühe, dass meine Bösewichte - auch wenn sie noch so gefühlskalt erscheinen - immer auf irgendeine Art und Weise unter ihrer Lebensführung leiden. Wenn auch nur ein ganz kleines bisschen.

Was mich aber noch trauriger stimmt, ist, dass es solche Menschen wirklich gibt.