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Der Fantasyautor im Wandel der Zeit

Begonnen von Kath, 28. Juni 2011, 17:05:37

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Berjosa

Das erste, was ich in größeren Mengen geschrieben habe, so etwa ab der 5. Klasse, waren "realistische" Geschichten, Fünf-Freunde-Fanfiction, sozusagen. Davon habe ich noch etliche hundert Seiten im Regal stehen, und meine damaligen Helden sind vor kurzem wieder in einer Urban(?)-Fantasy-Geschichte zu Ehren gekommen.

Der Schwenk zu High Fantasy kam mit dem Herrn der Ringe (wen wundert's?), da war ich ungefähr 16. Der bin ich seitdem treu geblieben. Spannend finde ich dabei vor allem die Möglichkeit, die Hintergrundwelt zu gestalten, samt Geschichte, verschiedenen Kulturen und so weiter und so fort. Natürlich beruht das ganze auf dieser Welt, auf welcher auch sonst, aber die Leitfrage ist eben nicht: "Wie war das damals/ist das dort?", sondern "Was wäre, wenn ...?"

Inzwischen schreibe ich auch diverse andere Dinge, z.B. Krimis, und finde die Recherche dazu ebenfalls spannend. Aber für mich dürfen die Leichen sehr gern im Rosengarten des Bischofs herumliegen. Die in der Gosse kriege ich jeden Tag in der Zeitung oder im Fernsehen geliefert, darüber muss ich keine Romane schreiben (oder lesen).

Trotz alledem ist es ein ziemliches Problem für mich, Fantasy-Elemente aus meinen Geschichten fernzuhalten. Kaum habe ich den ersten Krümel einer Idee, taucht als nächstes ein Zauberer auf und will mitspielen. Das stört mich in gewissem Sinn auch beim Urban Fantasy schreiben (mal ganz abgesehen davon, dass meine Schauplätze eher "rural" sind). Die Fantasy-Elemente, die mich über längere Zeit bei der Stange halten, sind eher Drachen oder Feuerbälle schmeißende Zauberer. Deren Anwesenheit ist etwas schwerer zu erklären als die der klassischen oder auch modernisierten Untoten, die in der aus Funk und Fernsehen bekannten Welt nicht allzu sehr auftragen. Sie stammen außerdem meistens aus High-Fantasy-Parallelwelten und bringen von dort ihre eigenen Probleme mit.

Klar ist es immer spannend, etwas Neues auszuprobieren. Aber nicht jeder Versuch führt auch gleich zum Erfolg, und nicht alles ruft die Begeisterung hervor, die nötig ist, um über längere Zeit dranzubleiben, damit sich etwas entwickeln kann.

Luna

#16
Zitat von: Grey am 28. Juni 2011, 20:14:55
Das Ding ist nur: Diese Art Literatur interessiert mich inzwischen nicht mehr besonders, weder beim Schreiben noch beim Lesen. Zits Theorie finde ich da tatsächlich sehr interessant, und ich glaube, da ist was Wahres dran.
Irgendwie behagt mir die Theorie jetzt nicht so. Ich sehe da einfach zu sehr die andere Seite.
Also, obwohl ich auch für andere Sachen sehr aufgeschlossen und interessiert bin, ist High Fantasy seit meiner Teeniezeit doch mein liebstes Kind. Da gibts so viel jenseits Elfen, Orks und Co. Und ich schreibe ... ein High Fantasy Projekt ;D, kann mir im Moment auch nicht vorstellen, mal etwas anderes außer HF zu schreiben. Puh, und wenn ich denn dann nie den Drang dazu verspüren werde, das würde ja im Umkehrschluss bedeuten ...
Ja OK, stimmt schon: Meine Wissensvermehrung und die Verwissenschaftlichung meines Denkens findet nur noch dergestalt statt, dass ich versuche, mir über die Dinge, die mich interessieren, möglichst viele Infos anzueignen. Ist halt leider nicht das umfangreiche Wissen, das man in einem Studium vermittelt bekommt. Seit ich 1994 für 3 1/2 Jahre auf der Verwaltungsfachhochschule meinen Diplom Verwaltungswirt gemacht habe, habe ich sozusagen ausgelernt. Na kein Wunder, dass ich mir da nicht vorstellen kann, etwas anderes als HF zu schreiben. Da müsste ich ja noch mal studieren ;D. Bleibt dann noch das andere: die Weiterentwicklung als Autor.
Nur, jetzt mache ich mir Gedanken, das, wenn ich wirklich nie etwas anderes schreiben möchte, ich mich dann auch nicht, außer vom Sprachlichen und vom Stil her, wirklich weiterentwickelt habe :hmmm:.

zDatze

Ich würde diesen Wandel jetzt auch nicht an einem Studium festnageln. Ich habe nicht studiert und trotzdem verschieben sich bei mir die Interessen. (Ja, Ausnahmen bestätigen die Regel, oder?) Aber trotzdem denke ich, dass es viel mit Experimentierfreudigkeit zu tun hat. Wenn man erst einmal ein Schema durchschaut hat, dann wird es (für mich) langweilig. Ich möchter gerne auch etwas Neues ausprobieren, herumspielen und generell nicht noch ein 0815-Projekt schreiben. (Ich möchte damit niemandem auf die Füße treten.)

Wenn man sich in der HF wohl fühlt, spricht absolut nichts dagegen in diesem Genre zu schreiben. Und auch wenn man es sich im Moment nicht vorstellen kann etwas Anderes zu schreiben, muss das nicht so sein. Das kann man eben noch nicht sagen. ;)

Berjosa

Na ja, innerhalb von High Fantasy gibt es so viele mögliche Themen und Gestaltungsmöglichkeiten, da ist inhaltlich und handwerklich Platz für allerhand Entwicklung.
(Wobei ich unter High Fantasy Geschichten verstehe, die in einer eigens entwickelten Welt mit reichlich Magie spielen. Vermutlich wurden auch dazu schon wieder Unter-Schubladen und -lädchen gebastelt und mit eigenen Etiketten versehen.)

Wissenschaft schadet auch beim Weltenbasteln nicht, und es ist anzunehmen, dass einzelne Autoren ihren Schwerpunkt dabei auf das Thema legen, das sie am meisten interessiert bzw. in dem sie sich gut auskennen. Ich vermute mal, dass sich da auch mit Verwaltungswissenschaft das eine oder andere anfangen lässt.

Judith

#19
Ich fasse da für mich auch unter High Fantasy einfach alles zusammen, was in einer "klassischen" Fantasywelt angesiedelt ist. Denn so richtige High Fantasy ist bei mir eigentlich nur ein Projekt. Ich plane auch einen Krimi in derselben Welt, der wohl ganz ohne jede Magie sein wird.
Daher ist es bei mir eher so, dass "High Fantasy" das Setting bezeichnet, in dem ich dann wiederum ganz unterschiedliche Geschichten ansiedle. Insofern verwende ich den Begriff wohl auch ganz falsch.  :-[

Übrigens hat mich das Studium und die Wissenserweiterung, die vor allem mit meinen Lehrveranstaltungen in Archäologie und Ur- und Frühgeschichte gekommen ist, eher dazu gebracht, noch mehr Gefallen an Fantasywelten zu finden. Man wird ja auch inspiriert von einem Studium, und da ich mich über Historische Romane nicht drübertraue (ich habe nicht den Mut, Dinge hinzuzuerfinden und würde mich daher totrecherchieren), transportiere ich dieses Wissen und diese Inspiration eben in eine Fantasywelt. 

Hr. Kürbis

Wow, ein ehrlich tolles Thema und eines, das mich immer wieder bewegt.

Meine ersten "richtigen" Bücher waren Fantasy-Schinken und sie haben mich ungemein fasziniert und meinen Geist stimuliert, wie das eben so ist bei so um die 10 Jahre alten Kindern. Abenteuer und fremde Welten sind ja ein ziemlicher Kontrast zum Alltag eines Jugendlichen, dessen Leben zwischen Schule, Familie und Freunden in begrenzter Örtlichkeit hin und her pendelt. Schon immer wollte ich auch solche Geschichten schreiben und was soll ich sagen? Fantasy begleitet mich immer noch und zeichnet Bilder in meinen Kopf, wenn auch nicht mehr so stark wie früher. Aktuell gibt es sehr wenig, was mich begeistert, die Geschichten, die es tun, habe ich dann aber umso lieber.

Woran liegt das?

Ich finde die Theorie von Zit durchaus gelungen und stelle das selber bei mir fest. Ich merke, wie groß und weit unsere eigene Welt eigentlich, ich lerne immer neue Dinge kennen, bin unglaublich fasziniert von den Details, die unsere Welt ausmachen. Bei mir findet quasi eine Globalisierung im Kopf statt und macht Fantasy (fast) überflüssig. Fremde Kulturen? Ich war in China, da erfährt man es am eigenen Leib. Fremde Sprachen? Ich lerne ein bisschen Portugiesisch. Abenteuer? Meinen nächsten Urlaub verbringe ich als Pilger auf dem Jakobsweg. Götter, Magie etc.? Ist überall in den Kulturen der Welt verankert ...

Daher flacht mein Interesse an Fantasy ein bisschen ab, bleibt aber auf einem konstanten Level. Auf der anderen Seite ist alles, was ich über unsere Welt erfahre, auch Recherche für erfundene Welten.

Fakt ist, Fantasy wird mich immer begleiten, mal mehr, mal weniger. Da komme ich her, Fantasy ist mein Zuhause, Orks, Zwerge und Elfen mein Nachbarn.

Schommes

Hmm. Ich habe Tolkien geliebt, als ich vierzehn war. Damit endete dann auch so ziemlich mein Interesse an Welten, die mit unserer wenig bis gar nichts zu tun haben. Ich kann einfach nur sagen, dass mich so eine Welt heute einfach nicht mehr berührt. Es wirkt auf mich schnell zu beliebig. Ich mag es lieber, meinen eigenen Welten möglichst viele Ketten anzulegen, damit sie gar nicht erst auf die Idee kommen, sich in Fantasydschungel zu verwandeln. Ich muss immer das Gefühl haben, dass das was ich lese oder schreibe, etwas mit mir zu tun haben könnte. Also muss es irgendwas mit meiner Erfahrungswelt zu tun haben. Meine Welt muss immer der Ausgangspunkt sein, von dem sich alles fortentwickelt.
Ich würde mich z.B. fürchten einen Magier in meine Geschichte zu tun. Mit Magie ist ja quasi alles möglich. Diese Vielfalt der Möglichkeiten wirkt auf mich, wie ein Supermarktregal auf einen einkaufenden Mann. Ich verfalle in einen geistigen Lähmungszustand und schlurfe deprimiert von dannen.
Mir geht es ähnlich wie Stefan und Grey: Diese Welt hat soviele unvorstellbar magische Orte und Momente zu bieten, dass ich mir keine andere vorstellen will und muss.
Ob das eine Alterserscheinung ist, wie es Zit andeutet? Ich weiß es nicht ...

Valaé

Ohoh, sehr interessantes Thema.
Wie die meisten hier habe auch ich eine Wandlung bei meinen Schreibthemen entdeckt, aber er ist... nun ja an vielen Stellen ziemlich unterschiedlich zu dem, den die meisten hier beschreiben, an anderen Stellen aber auch sehr gleich.
Ich muss hierzu eines sagen: Ich habe einen ziemlich... nun ja eigensinnigen Geschmack entwickelt, was Fantasy angeht, zumindest habe ich manchmal das Gefühl. Urban Fantasy ist, das muss ich leider sagen, für mich schon immer ein ganz, ganz rotes Tuch gewesen. Zum Lesen laufe ich davor weg, zum Schreiben kommt es schon gar nicht in die Tüte. Ich kann also auch nicht behaupten, dass ich in irgendeiner Weise mich mehr zu diesem Genre hingezogen gefühlt hätte.
Ich habe gerade bei Urban Fantasy nämlich genau das Gefühl, was hier schon im Bezug auf High Fantasy geboten wurde: Ich habe das Gefühl, als ob man mir dort nichts Neues mehr bieten könnte. Als ob man mich nicht mehr überraschen könnte. Ich gebe zu, dieses Gefühl auch immer mehr bei High Fantasy zu haben und in letzter Zeit habe ich verdammt oft das Problem, dass mich eigentlich kein Buch der Fantasy mehr wirklich ansprechen will. Ansprechen, fordern, interessieren. Zum einfach nur abspannen ist sie immer noch gut. Ich mag sie auch noch sehr gerne. Aber so richtig überrascht hat mich schon lange kein Fantasybuch mehr. Da ich aber auch gar keine Zeit mehr habe im Moment, viel privat zu lesen, stellt es noch kein essentielles Problem dar.
Ich muss vielen Argumenten hier zustimmen:
1. Jedes Subgenre der Fantasy hat wahrscheinlich mehr Facetten, als dass irgendwer von uns sie alle ausschöpfen könnte. Problem ist meiner Meinung nach nur, dass man sie erst einmal finden muss und dass es oft von einer Facette zu wenig Bücher gibt. Es gibt dann ja auch wieder bei jedem Subgenre gewisse Klischees, die bis zum Umfallen bedient werden.
2. Unsere wirkliche Welt hat bereits so viele wunderbare magische Orte, dass es eigentlich keine neue Welt braucht
3. Die Tendenz geht auch bei mir wie bei den Meisten zu immer weniger phantastischen Elementen und Schwerpunkten auf anderen Dingen

Ich glaube, der einzige Grund warum ich Fantasy anstatt von - was weiß ich. Thrillern oder Jugendliteratur oder Historischen Romanen schreibe, ist, dass ich noch sehr viel Spaß, Freude und Faszination bei der Entwicklung einer eigenen Welt habe. Tatsache ist, dass ich ganz oft und ganz gerne Zustände der realen Welt in dieser Fantasywelt spiegeln, in eine Metapher einbauen und sozusagen literarisch bearbeiten möchte. Allerdings habe ich großen Spaß daran dies auf erschreckende, überzeichnete, ironische und manchmal sarkastische Art zu machen und für mich eignet sich dafür die Fantasy einfach besser als ein anderes Genre, weil ich in meiner eigenen Welt eben bis zu einem bestimmten Grad meine eigenen Regeln festsetzen kann (mir ist es dabei aber wichtig, realistisch zu bleiben). Manchmal brauche ich für eine bestimmte Metapher eben ein Volk, was nicht menschlich ist (siehe meine Javén, die sich dafür fantastisch eignen) oder eine Volksgeschichte, die es so auf der Erde nie gab. Dann ist eine Fantasiewelt eben der ideale Ort, sie zu bauen. Das ist mühsam, das braucht Geduld, das braucht vieeeeel Durchhaltevermögen und damit ist man nie fertig - aber genau das will ich machen, genau das macht mir Spaß. Ich habe auch nur eine einzige Welt, zu viele Welten mag ich nicht. Ich möchte mich der einen mit all meiner Kraft zuwenden sozusagen^^.

Das obige Argument ist auch eines, warum ich keine Urban Fantasy schreibe/schreiben kann. Weil die ja eben auch Wurzeln in der realen Welt hat, die ich für die eine oder andere Metapher nicht gebrauchen kann. Es gibt aber noch mehrere viel wichtigere Dinge, die mich gerade an Urban Fantasy stören. Und dann ncoh ein Aspekt, warum ich keine Dystopie will. Obwohl sie mich reizen... ohja, sie reizen mich sehr.
Urban Fantasy möchte ich nicht, weil es zu einem hohen Prozentsatz auf Welten/Atmosphärenmixerei hinausläuft. Weltenwandler gehen für mich gar nicht. Ich werde nicht gerne zwischen einem Alltagsfealing und einem fantastischen hin- und hergeschleudert. Das stört mich einfach ganz essentiell.
Und phantastische Elemente, die in unsere Welt einbrechen oder lange schon dort bestehen? Das krieg ich atmosphärisch oft nicht hin. Für mich ist die reale Welt zu sehr mit dem Gefühl des Alltags verbunden, der so gar nichts fantastisches hat. Auch wenn ich mir selbst immer wieder widersprechen muss, da unser Alltag auch viele ungeklärte Phänomene hat. Trotzdem bewirkt bei mir allein die Erwähnung eines realen Ortes in der realen Zeit schon ein so vollkommenes Real-Gefühl, so weit entfernt vom fantastischen, dass ich es nicht schaffe. Dieser Mix aus zwei Dingen, an deren Zusammenspiel ich nur unglaublich bedingt glaube - ich weiß einfach dass es für fast alle dieser Dinge die ich mir nicht erklären kann eine unglaublich geniale biologische oder physikalische Erklärung gibt, selbst wenn der Mensch sie noch nicht gefunden hat. Ich will dafür keine fantastische Lösung angeboten haben. Und noch weniger möchte ich fantastische Wesen in einer realen Welt sehen. Ich weiß, dass das nicht möglich ist und das ist auch gut so. Für mich gehören sie da einfach nicht hin. Sie gehören in eine fantastische Welt, eine in meinen Träumen die in sich geschlossen genauso real ist wie eine reale Welt, aber sobald sich beide Welten mixen werden sie beide irreal.
Der zweite enorm wichtige Grund für mich, der sich nie geändert und eher verstärkt hat: Ich habe eine starke Abneigung gegen Motoren, gegen Maschinen und im Besonderen gegen Feuerwaffen. Deswegen sind auch viele Dystopien eben nichts für mich, weil die meisten ja doch eher in eine SiFi-ähnliche Richtung gehen und das ist so gar nicht mein Ding.  Nennt mich verrückt, aber ich mag eben doch lieber klirrende Schwerter, klappernde Hufe und Handarbeit. Zumindest in meinen Geschichten.


Wo jetzt aber besteht meine Tendenz? Ich habe früher sehr stark High Fantasy gelesen und geschrieben. Oft habe ich auf viele Erklärungen verzichtet und meinte "Hey, es ist Fantasy, da können die das eben!" Ein Argument, bei dem ich heute nur noch mit den Augen rolle.
Es ist also definitiv realistischer geworden. Ich lege mehr Wert auf eine stimmige Welt und auf Erklärungen. Es ist mir wichtig, das nichts an den Haaren herbeigezogen wirkt. Das ist zumindest eine Tendenz, die schon länger existiert.
Eine weitere Tendenz ist eben eine VErstärkung der Abneigung gegen alles "typisch neumodische" Maschinen, Feuerwaffen, Motoren. Meine Fantasy soll definitiv ohne Autos, ohne Knarren und ohne Computer auskommen. Diese Tendenz verstärkt sich bei mir immer mehr seit ich häufiger auf Mittelaltermärkten bin, selbst daraufhin arbeite, ins Larp einzusteigen und auch immer mehr Leute mit diesen Interessen kenne. Kein Wunder also. Ich mag dieses Zeitalter einfach sehr gerne. Es ist faszinierend. Da ich mich außerhalb meiner Bücher schon mit den faszinierenden Facetten der jetzigen Zeit auseinandersetze, möchte ich es in meinen Büchern lieber mit einer anderen Zeit versuchen. Ich könnte sonst vielleicht auch einer Zeit überdrüssig werden, das geschieht bei mir schnell.
Die letzte Tendenz bei mir ist ebenfalls eine Tendenz zu schweren Themen, zu neuen Darstellungsformen, zu kleinen Kniffen und Tricks. Weg von dem, was man so oft liest, hin zu etwas, dass ich selbst als etwas Anderes, Interessantes weil irgendwie speziell, empfinde. Es ist mir wichtig, schwere Themen anzusprechen und es ist mir wichtig, immer eher unkonventionelle Möglichkeiten zu finden, sie anzusprechen. Ich weiß nicht, ob andere es auch so empfinden, aber mir ist es eben besonders wichtig, dass ich Bücher schreibe, zu denen ich selbst nicht sagen muss: Oh, alles schon mal dagewesen. Ich muss ganz genau wissen, was ich finde dass an meinem Buch anders ist als an anderen. Klischees können zwar auch bei mir auftauchen, aber es muss ein wesentlicher Aspekt meines Buches sein, der irgendwie, zumindest für mich selbst "neu" ist. Das ist schwierig, aber nur dann bin ich zufrieden.
Diese Tendenz wurde übrigens ebenfalls immer stärker mit dem Studium. Ob es damit etwas zu tun hat, weiß ich nicht. Aber ich denke shcon. Nicht wegen der Bildung. Nicht (nur) wegen einer "Verwissenschaftlichung". Eher aufgrund der (erzwungenen) Beschäftigung mit neuen Gebieten. MIt anderen Möglichkeiten. Ich studiere Germanistik und werde bei meinen Lektüren immer wieder mit Autoren konfrontiert, deren Werke mich sprachlos zurücklassen und bei denen ich einfach nichts Vergleichbares finde. Versteht mich nicht falsch- ich mache mir keine Illusionen, dass ich wie sie werden könnte. Und trotzdem scheint mir eine leichte Annäherung an interessante weil andersartige Stile/Themen einfach wünschenswert. Dass ich zudem aufgrund einer gewissen Verwissenschaftlichung, die ich nicht verneinen möchte, auch immer mehr analysiere, interpretiere und viel mehr wahrnehme, das ist eine andere Sache, die sicher ebenfalls mithinein spielt. Aber ich denke es ist mehr die stärkere Beschäftigung mit einem gewissen Themengebiet, die einen eben verändert und zwangsläufig auch den Schreibstil verändern muss. Jemand, der nicht Germanistik studiert aber sich ebenfalls so intensiv (dann in seiner Freizeit) mit dieser Art von Literatur beschäftigt, der wird vielleicht dieselbe Veränderung an sich erkennen können.
Es ist also meiner Meinung nach einfach das, womit wir uns gerade besonders beschäftigen, was unseren Schreibstil und unsere Vorlieben verändert. Das kann in die eine und bald wieder in die andere Richtung gehen. Es kommt drauf an, ob wir uns von einem naiven, verträumten Kind zu einem rationaler, kritischer denkenden Erwachsenen entwickeln (wie viele es tun) oder ob wir uns anders von einem stur rational denkenden, alles übernatürliche abstreitenden, absolut realistischen Menschen zu einem die Wunder der Welt sehenden, sie genießenden, fröhlichen Träumer (was auch nicht selten passiert) entwickeln, um nur zwei sehr extreme Beispiele zu nennen.
Es gibt da so viele Möglichkeiten, wie man sich entwickeln kann und warum und auf welchem Weg. All das prägt unseren Schreibstil und niemand von uns kann sagen, wo der noch hinführt. Vielleicht aus der Fantasy hinaus, vielleicht in andere Gebiete von ihr hinein. Vielleicht wieder rückwärts. Wäre das schlimm? Sobald wir auf dem Weg dorthin sind, ist es für uns definitiv nicht schlimm. Und eigentlich ist es auch nicht wichtig. Wir sollten über das schreiben, was uns bewegt. Und jeden Menschen bewegt zu jeder Lebenszeit etwas anderes.

Rakso

Obwohl ich noch nicht so lange aktiv schreibe, wie so manch anderer hier, bemerke ich auch oft einen Interessenwandel bei mir und bei meinen Projekten. Die meisten dieser Ideen entstanden ganz grob gesagt um mein zehntes Lebensjahr herum. Das waren meist typische High-Fantasy Geschichten mit den "üblichen" Themen. Den größten Teil dieser Geschichten hatte ich aus Filmen und Videospielen zusammengebastelt, die ich eben cool fand. Ich wollte diese Elemente bündeln, einfach weil ich es toll fand, nicht weil ich hochwertige Kunst schaffen wollte.

Glücklicherweise blieb es nicht dabei. Langsam begannen sich diese Geschichten zu verselbststänigen, ich setzte mich mit ihnen auseinander und versuchte die abgekupferten Passagen zu verändern und sie im Sinne meiner Figuren weiterzuentwickeln. Auch das Genre wechselte sich meist dabei, da ich ganz andere Aspekte hinzufügte oder den Plot veränderte. Das Ergebnis war dann ein riesiger Wust aus Geschichten, Figuren, Orten und Abläufen, die nicht mehr so richtig zusammenpassen wollten. Viele dieser neugewonnen Elemente verarbeite ich oft in neuen Projekten.

Das ist dieser typische Reifungsprozess, der ja schon oft angesprochen wurde. Aus leichten Ideen wurden komplexere Gedanken und Geschichten mit einem mehr oder weniger tiefen Sinn. Ein gutes Beispiel bei mir ist meine noch in den Kinderschuhen steckende Antarva-Krimi Reihe. Anfangs war dass ein schöne, eher im High Fantasy Bereich angelegte Geschichte, die sich dann mehr und mehr zum Krimi entwickelte und nach und nach eliminierte ich auch nahezu jeden Fantasy-Aspekt. Es war einfach nur noch ein Krimi in einer anderen, der unseren ähnlichen Welt, eher Science Fiction als Fantasy. Irgendwann stellte ich mir dann die Frage, was ich damit bezwecken möchte. Warum lasse ich die Handlung dann nicht gleich in der realen Welt spielen? Neuerdings steuere ich dagegen und versetze die Geschichte wieder mit Fantasyelementen, alten, die ich ausgebaut hatte, und neue, die sich eben ergeben haben. Eigentlich das Gegenteil dieser Entwicklung.

Aber generell interessiere ich mich mehr für Projekte, die eben mit unserer Welt verbunden sind. Ich habe mal nachgezählt. Von den sieben Ideen, die ich in meinem Notizbüchlein niedergeschrieben haben spielen nur noch zwei in erfundenen Welten, fünf in unserer Welt und vier davon mit phantastischen Elementen. Darin liegt vielleicht auch die Angst, als Fantasy-Autor nicht ernst genommen zu werden, obwohl das ja eigentlich absurd ist.  Aber ich fühle mich auch mit den "mehr-phantastischen" Werken verbunden, da das einfach meine literarischen Wurzeln sind, außerdem lese ich solche Geschichten unheimlich gerne und das Basteln an Welten macht mir einen Heidenspaß.

Heute interessiert es mich nicht mehr, was für einem Genre man meinen Geschichten zuordnet. Das überlasse ich anderen. Mir geht es darum Geschichten zu schreiben, die sich mit Themen auseinander setzen die für mich wichtig sind. Danach wähle ich dann meine Umgebung. Ich hoffe auch, dass sie Leser mitreißen, wie mich diese Geschichten mitreisen, aber ich denke, von hochwertiger Kunst sind die trotz allem noch meilenweit entfernt. Das ist mein Standpunkt jetzt, aber wer weiß was die Zukunft bringt.

Tanrien

Schade, dass wir keine repräsentativen Daten zusammenkriegen werden, sonst könnte man jetzt schön gucken, in welcher Altersphase diese Entwicklung stattfindet und ob das auch mit dem Aufstieg und "Fall" von High Fantasy in den Buchhandlungen zusammenfällt, ohne jetzt zu sagen, dass das eine das andere begründet. Das wäre dann wirklich "im Wandel der Zeit".

Aber dass so eine Entwicklung bei vielen stattfindet glaube ich gern, denn ich kann das auch bei mir selbst beobachten. Mittlerweile interessieren mich viel mehr die Auswirkungen von magischen Elementen gerade auf das "normale" Innenleben und die "regulären" zwischenmenschlichen Beziehungen als nur, dass es irgendwo funkelt und glitzert. Dieses Auswirkungsmuster lässt sich zwar immer noch in High Fantasy verpacken von der Welt und den Konflikten her, aber sobald die High Fantasy-Merkmale (Eigene Welt, wenig Erklärung, große Konflikte) in den Hintergrund treten, wird es eigentlich sinnlos, für mich, noch bei ihnen zu bleiben.

Mittlerweile traue ich mir aber auch zu, aus ihnen herauszutreten. Das ist, denke ich, ein weiterer Aspekt, zusätzlich zu der oben genannten Theorie, dass sich das eigene Weltbild erweitert: Wenn man lange im Fantasy-Genre schreibt, sucht man sich oft auch neue Herausforderungen. Das kann dann die Verlagerung in die reale Welt sein und plötzlich schreibt man Urban Fantasy, weil einem die eigene Welt "zu einfach" geworden ist. Das kann auch sein, dass man seine Welt komplexer macht. (Oder neue Stoffe ausprobiert. Oder einen Fantasythriller schreibt. Oder alles umwirft und was komplett anders schreibt. Oder mit den Figurenkonstellationen spielt.)

Ich möchte damit nicht sagen, dass Nicht-Fantasy schwerer ist als (High) Fantasy, aber dass es sich vielleicht für jemanden, der immer Fantasy geschrieben hat, so anfühlen kann. Und wenn dann dazu noch der Faktor kommt, dass man Nicht-(Standard-)Fantasy(-Elemente) gerne behandeln möchte, aber es früher immer zu schwer fand, dann versucht man es im Laufe der Zeit ja vermutlich doch einmal - besonders angeregt durch die schon genannten Erweiterungen im Erfahrungshorizont.

Vielleicht ist es dann aber auch weniger eine Herausforderung als mehr einfach nur eine Veränderung, die man will. Und da wären wir wieder bei den möglichen Einflüssen von außen.

Lucien

Hallo!

Ich habe früher, als ich so 14 oder 15 war, auch liiieeebend gerne High Fantasy geschrieben (jaa, ich weiß, ich habe bis heute nichts fertig gestellt, aber es geht ja um die Richtung  ::) ), weil da einfach alles so ... hm ... großartig war! Ich war auch bei Filmen immer fasziniert von den eindrucksvollen Bildern (man nehme z.B. Herr der Ringe) und solche Bilder waren dann immer in meinem Kopf, wenn ich geschrieben habe.
Aber irgendwie ist das irgendwann weggegangen. Klar, ich mag immer noch eindrucksvolle Bilder und wenn ich eine Szene im Kopf habe, in der sich weite Landschaften erheben oder sich Massen in Bewegung setzen ... toll! Aber inzwischen hat sich mein Verständnis von "eindrucksvoll" auch verändert. Einen bleibenden Eindruck hinterlassen jetzt auch zerlumpte Diebe in schmutzigen Gassen, glühende Augen in der Dunkelheit ... High Fantasy ist nicht mehr zwingend notwendig, um solche Bilder in eine Geschichte zu verpacken. Das heißt nicht, dass man dann automatisch keine High Fantasy mehr schreibt, aber ich finde schon, dass sich manchmal so still und heimlich was verändert, bei mir ist es zumindest so.
Und natürlich spielt auch die fortschreitende Bildung eine Rolle. Dabei spreche ich jetzt nicht von der Bildung durch mein Germanistikstudium, sondern das, was ich über das Schreiben an sich gelernt habe. Und da habe ich einfach festgestellt, dass ich persönlich besser zurechtkomme, wenn ich andere Arten von Fantasy schreibe, weil ich die High Fantasy manchmal einfach zu ausgelutscht finde. Es fällt mir schwer, mir etwas Neues auszudenken, das sich nicht liest wie der Abklatsch von etwas anderem.
Kurz: es ist die Suche nach Individualität, die mich durch die Unterarten der Fantasy jagt, auch wenn ich weiß, dass es inzwischen eigentlich kaum noch möglich ist, etwas ganz und gar Neues zu erfinden.
... Ach ja, und das Philo-Studium hat meine Sinne fürs Philosophische noch ein wenig geschärft und das muss uuuunbedingt mit in die Geschichten.  ;D

Liebe Grüße

Jenny

Judith

Was mich wirklich irritiert, ist, dass soviele meinen, bei "High Fantasy" wäre nichts neues mehr möglich. Ich finde eigentlich nicht, dass die Themen in der High Fantasy generell ausgelutschter oder eintöniger sind als bei anderen Subgenres. Klar, wenn man jetzt nur die bekanntesten Vertreter hernimmt, vielleicht schon, aber das wiederum trifft auch auf die meisten anderen Spielarten der Fantasy/Phantastik zu.

Zitat von: Jenny am 04. Juli 2011, 18:57:45
... Ach ja, und das Philo-Studium hat meine Sinne fürs Philosophische noch ein wenig geschärft und das muss uuuunbedingt mit in die Geschichten.  ;D
Das impliziert jetzt irgendwie, dass Philosophisches in High Fantasy nicht möglich ist. Also wenn du an High Fantasy einfach kein Interesse mehr hast, ist das ja völlig in Ordnung und ganz allein deine Sache, aber ich sehe eigentlich überhaupt keinen Grund, weshalb Philosophisches in High Fantasy im Gegensatz zu anderen Subgenres keine Rolle spielen könnte.  ???

Valaé

Zitat von: Judith am 05. Juli 2011, 10:51:41
Das impliziert jetzt irgendwie, dass Philosophisches in High Fantasy nicht möglich ist. Also wenn du an High Fantasy einfach kein Interesse mehr hast, ist das ja völlig in Ordnung und ganz allein deine Sache, aber ich sehe eigentlich überhaupt keinen Grund, weshalb Philosophisches in High Fantasy im Gegensatz zu anderen Subgenres keine Rolle spielen könnte.  ???
Von mir stammt diese Aussage zwar nicht, aber ich glaube nicht das Jenny hiermit ausdrücken wollte, das philosophisches in der High Fantasy nicht möglich ist. Sie schreibt ja, dass es die Suche nach etwas Individuellem ist, das sie durch die Subgenres der Fantasy treibt - da sind doch alle eingeschlossen? High Fantasy ist ja auch ein Subgenre der Fantasy, also denke ich dass sie damit meint, dass ihre Suche nach dem, was sie möchte sich durch alle Subgenres zieht. Und das mit dem Philosophischen ist denke ich so gemeint, dass sie bei sich selbst aufgrund des Philosophie-Studiums eine noch größere Tendenz sieht, philosophische Gedankengänge in ihre Geschichten einzuschreiben- vollkommen unabhängig vom Subgenre.

Also in diesen Sätzen von Jenny kann ich keine "Benachteiligung" der High Fantasy sehen. In anderen natürlich schon, aber dass ist eine andere Frage.

Ich persönlich stimme dir übrigens zu. High Fantasy ist nicht ausgelutscht. Jedenfalls nicht ausgelutschter als die anderen Fantasy- Subgenres. Ich hatte ja bei meinem Text oben geschrieben dass ich sehr viele Subgenres der Fantasy auf den ersten Blick ausgelutscht finde, aber zugeben muss dass das wahrscheinlich vergehen würde, je mehr und je tiefer man sich mit dem entsprechenden Subgenre beschäftigt. Ich denke, dass viele High Fantasy so ausgelutscht empfinden liegt daran, dass die meisten damit angefangen haben. Es wird immer das Genre sein, womit man angefangen hat, was einem irgendwann ausgelutscht erscheint, auch deswegen weil man als Anfänger sich gerne sehr an Klischees hält und denkt *das müsse so sein*. Deswegen laufen eben sehr viele Anfänger-Romane nach Schema-F ab. Zudem wird, wie ich finde das "Schema-F" der High Fantasy auch gerne ganz besonders hervorgehoben. Schade, weil dieses Subgenre ganz sicher noch mehr drauf hat als nur epische Schlachten, ewige Wanderungen und einen großen Bösen der die Welt zerstören will.

Judith

Ja, jetzt wo du es schreibst ... Ich hab bei der Aussage herausgelesen "Ich habe mich deshalb von der High Fantasy abgewandt, weil ich mittlerweile gern Philosophisches in meine Geschichten reinbringe". Aber das steht da eigentlich nicht, diese Argumentationskette hab nur ich so hergestellt. Tut mir Leid, Jenny!

Franziska

Ich denke, dass man High Fantasy aber auch nicht so auf die Klischees reduzieren sollte. Es gibt ja viele Möglichkeiten damit, die Frage ist dann nur, ob das auch ankommt.
Ich merke, das es mir vor allem um Beziehungen zwischen verrschiedenen Figuren, oder Ländern geht, das ist das wichtigste, und nicht die Welt, in der es spielt. Von daher beschränke ich die Welten oft, aber was ich erzähle könnte in vielen Welten spielen. Dann muss man sich aber auch fragen, ob man Fantasy noch braucht. Ich teilweise ja, teilweise ist es der Spaß daran, so viele Freiheiten zu haben, dass man sich die Welt selbst gestalten kann. Ich habe auf jeden Fall Lust mir irgendwann nach den SF-Projekten noch mal ein richtig großes HF-Projekt zu überlegen, und eine eigene Welt zu basteln.