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Diskussionsrunde: Love Interest

Begonnen von zDatze, 09. Mai 2011, 12:00:43

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Lothen

Zitat von: Naudiz am 06. Mai 2014, 16:56:13
Für mich als Autorin ist es daher wichtig, eigenständige, lebendige Figuren zu erschaffen, ganz gleich, ob es sich nun um den Protagonisten oder 'nur' den LI handelt. Keiner von beiden sollte perfekt, aber genausowenig vom anderen abhängig sein. Ich meine, wenn man in das echte Leben schaut, dann kommt man doch ohne seinen Partner aus, ohne gleich zum heulenden Elend zu mutieren, das überhaupt nichts mehr auf die Reihe bekommt, oder? Warum sollte es in Romanen dann anders sein?

Das unterschreibe ich so, Naudiz!

Ich glaube, in einem anderen Thread (ich glaub das war beim Quassel-Laber-Thread) hatten wir das schon einmal diskutiert: Ich finde es auch nicht zielführend, wenn die Charaktere (Protas oder nicht) auf "Teufel-komm-raus" mit irgendwem verkuppelt werden müssen. Vielleicht sind sie ja auch ohne Partner einfach besser dran :)

Malinche

Zitat von: Naudiz am 06. Mai 2014, 16:56:13
Allerdings muss ich sagen, dass ich die Romanzen für meine Protas (und andere Akteure) oft nicht bewusst plane. Es würde auch nichts bringen, da sich meine Figuren sowieso meist völlig anders entwickeln als gedacht. Beispiel Lirosan und Syrina aus dem "Klosterkrieg": Ursprünglich sollte Lirosan mit jemand anderem zusammenkommen. Syrina war lediglich als eine Art geistige Schwester gedacht, als seine Vertraute. Aber er verliebte sich während des Schreibens in sie, und sein eigentlicher LI kam im Endeffekt mit seinem Bruder zusammen. Das hat den ganzen Plot noch mal umgeworfen, passte aber wirklich um Längen besser, weswegen ich mir jetzt vorgenommen habe, keine LIs mehr zu planen.

O ja, das kommt mir bekannt vor und ist mir jetzt kürzlich erst wieder in einem Romanprojekt passiert: Die Hauptfiguren sollten auf lange Sicht einfach Freundschaft schließen, einen richtigen LI hatte ich für niemanden geplant, eigentlich sollte es in der Story überhaupt keine Romanze geben. Tja, dumm gelaufen. Relativ gegen Ende musste ich feststellen, dass meine zwei Hauptfiguren sich mehr als nur ein bisschen ineinander verguckt hatten. Mehr noch: Dass sie zusammenkommen, war im Ursprungsplot zwar nicht vorgesehen, aber plötzlich die einzig sinnvolle Entwicklung, auch für die weitere Handlung.

Witzig war dann, dass ich den fertigen Roman noch einmal besorgt durchlas, weil ich fürchtete, diese Entwicklung könnte sehr konstruiert und aufgesetzt wirken. Schließlich hatte ich sie ja nicht geplant. Und mich hatte sie überrascht. Stattdessen stellte ich fassungslos fest, dass sie sich zwischen den Zeilen schon sehr, sehr früh andeutet, über den Roman hinweg logisch aufbaut und es letztlich kaum anders hätte kommen können. Das haben mir jetzt auch schon Betaleser bestätigt, ich bilde es mir also nicht nur ein. Trotzdem war das ein ziemlicher WTF-Moment, dass alles Sinn ergab, ohne dass ich mir das bewusst so überlegt hatte.

Soll heißen: Wenn die Figuren für sich genommen funktionieren, lebendig sind und einigermaßen Tiefe haben, also auch einen Charakter mit Ecken und Kanten, dann kann sich vieles "wie von selbst" ergeben, ohne dass ich als Autor das Label "LI" wie auf dem Silbertablett herumtragen muss - weil die Figuren, wie Naudiz und Guddy das ja auch schon gesagt haben, als eigenständig und plotrelevant entworfen wurden. (Und genau so verlieben sie sich dann bisweilen auch. Eigenständig und plotrelevant.  :P)
»Be suspicious of the lemons.« (Roxi Horror)

AlpakaAlex

Per se würde ich nicht sagen, dass es wirklich viele Regeln bzgl. eines Love Interests gibt oder braucht - abseits halt von einer: Es sollte kein komplettes Arsch sein, das di*en Protagonist*in permanent misshandelt. Denn ja, das finde ich einfach daneben und es romantisiert Missbrauch. Und dabei verstehe ich sehr wohl den Reiz von düsteren Romanzen und ich kann bis zu einem Grad durchaus damit leben wenn Love Interest halt psychisch ziemliche Probleme hat und zu anderen ein Arsch ist. Aber ab da, wo Prota missbraucht wird oder Prota den Missbrauch anderer schönredet, weil Love Interest, ist es für mich vorbei.

Davon abgesehen entwickeln sich bei mir viele Love Interests einfach aus den Geschichten heraus. 7 Nächte ist aktuell das einzige Projekt, wo das Love Interest von Anfang an geplant ist und selbst da ... Die Geschichte beruht auf einem Projekt, das ich in meiner Jugend geschrieben habe, wo das Love Interest ein anderes war, so dass der Gedanke hier eher ist: "So passt es aber besser."

Was mir prinzipiell aber wichtig ist, ist, dass das Prota und Love Interest mehr verbindet als "Wir sehen gut aus" oder "Wir machen halt dieselbe Sache". Es sollte halt in irgendeiner Form ein Vertrauen da sein. Die beiden sollten auch als Freundschaft funktionieren. Denn erst dann kaufe ich die Romanze ab.
 

Erin

Spannendes Thema. Einige der Beiträge haben mir gerade echt weiter geholfen. Ich habe derzeit nämlich ein echtes Problem mit meiner Protagonistin und dem Kerl, mit dem sie zusammen kommen soll. So langsam kriege ich es zwar in den Griff, aber der Anfang muss dringend überarbeitet werden und ich habe keine Ahnung, wie. Es kommt halt echt wie dieses typische Schwärmen rüber, jedenfalls von Seiten der Protagonistin, und das ist eigentlich auch beabsichtigt, da ich erst mal eine rosarote Brille brauche, wenn ich eine im Verlauf der Geschichte kaputt machen will. Was ich tue. Dennoch geht es mir anfangs einfach auf die Nerven. Es wird erst gut, nachdem er ihr einen Grund gibt ihn zu hassen, woraufhin sie reagiert, indem sie ihm einen Grund gibt sie zu hassen. Dann landen sie zu zweit in einer ausweglosen Situation, in der es vor dem jeweils anderen kein Entkommen gibt. Ich denke, das braucht eine Romanze. Jede Menge Konflikt, aber eben auch einen Grund, wieso der Konflikt sie nicht völlig auseinander brechen lässt. Irgendwas muss die beiden zwingen, sich mit dem Gegenüber näher auseinander zu setzen, sodass vielleicht der Hass, oder was auch immer der gewählte Konflikt ist, überwunden werden kann. Jetzt mal so im Allgemeinen. Ob das bei mir funktioniert, das- ...hoffe ich.

Alana

Hast du schonmal überlegt, ob deine Geschichte zu früh anfängt? Vielleicht wäre der Punkt, an dem sie anfangen, sich zu hassen, ein besserer Einstieg in die Geschichte?
Alhambrana

Gizmo

#80
@Erin
Hast du den Anfang mal jemandem gezeigt und gesehen, wie sie das empfinden? Möglicherweise findest du den Anfang nur "nervig", weil die Schwärmerei nicht das ist, worüber du eigentlich schreiben wolltest / was dich an dem Plot interessiert. Jemand, der den Stoff dagegen nicht kennt, hat möglicherweise eine ganz andere Sicht darauf.

EDIT: Mit Alana überschnitten. Aber das wäre auch eine Möglichkeit, dass die Story zu früh einsetzt.
"Appears we just got here in the nick of time. What does that make us?"
"Big damn heroes, sir!"
- Joss Whedon's "Firefly", Episode 5, "Safe"

AlpakaAlex

Jetzt habe ich noch vor ein paar Tagen hier darüber gesprochen, dass mir vorrangig Gemeinsamkeiten wichtig sind - und dass es nicht toxisch ist, und dann sitze ich heute hier und grübel meinerseits über ein Love Interest.

Ist kein Projekt, an dem ich aktiv schreibe, sondern eher die Überlegung ein altes Projekt wieder zu beleben und die Hauptbeziehung ist etwas, das mir aktuell Gedanken. Eventuell hat hier jemand Ideen.

Die Geschichte ist eine Trilogie, aber es existiert auch eine Prequel-Geschichte. (Diese ist vorrangig nicht in der Trilogie, da sie 14 Jahre vorher spielt, während die Trilogie mehr oder minder zusammenhängend ist.) Außerdem ist die Geschichte aus den Perspektiven von zwei Charakteren erzählt. Nennen wir sie einmal A und N. N ist aus einer humanoiden Spezies, die eine relativ hohe Lebenserwartung hat. As Vater war ebenfalls aus der Spezies, ihre Mutter jedoch menschlich. Ändert nichts daran, dass auch sie eine relativ hohe Lebenserwartung hat und ein paar der Probleme der Spezies  geerbt hat. Namentlich: Ein wortwörtlich feuriges Temprament. Feurig genug, als dass ihr halber Körper mit Brandnarben übersät ist.

N ist derjenige, der das festgestellt hat. Also dass sie ein Halbblut ist.  Als sie ein Kind (und er über 100) war. Während sie von anderen Leuten großgezogen wurde, hatte er immer mal wieder ein Auge auf sie, gerade da einer ihrer Ziehväter ein guter Freund von ihm ist. Er war nicht immer da, hat aber ein, zwei Mal im Jahr vorbeigeschaut und mehrfach versucht sie dazu zu bekommen, mit ihm zu üben, ihr Temprament unter Kontrolle zu halten. Sie ist aber zu stolz und hat außerdem das Problem, dass sie ihren biologischen Vater nicht kennt, weshalb sie sich schwer tut diesen Teil von sich zu akzeptieren. Dass es extremen Rassismus gegenüber der Spezies gibt, macht es nicht besser.

In Band 1 ist A dann um die 20. A und N haben jeweils verschiedene Love Interests in diesem Band. Ns Love Interest stirbt aber, As wird gefangen genommen - und stirbt ebenfalls später. Ups.

Jetzt ist die Sache ... Kurzgefasst entwickelt N das Gefühl für sie verantwortlich zu sein, da sie zu Beginn von Band 2 sehr psychisch instabil ist. Daraus entwickeln sich auf seiner Seite nach einer Weile romantische Gefühle, die sie dann auch für eine Weile erwidert. Diese Gefühle sind auf beiden Seiten vorrangig daraus geboren, dass es zwei sehr verzweifelte, sehr einsame Personen sind.

Das Problem ... Es ist etwas creepy. Da er sie eben als Kind kannte. Jedenfalls denke ich mir das auf der einen Seite. Auf der anderen Seite: Da die verschiedenen Spezies in der Welt sehr unterschiedliche Lebenserwartungen haben und damit halt auch länger in einem Alter sind, in dem sie Beziehungen führen, sollte es gesellschaftlich wahrscheinlich nicht so selten sein, dass so etwas passiert. Auf der anderen, anderen Seite: Er war halt während ihrer Jugend in ihrer Nähe. Aaaargh. Keine Ahnung.
 

Alana

Ich finde das nicht creepy. Solange er nicht schon damals auf sie ein Auge geworfen hatte, was wirklich creepy wäre. Solche Love Storys gibt es gerade in der Fantasy total oft und da ich große Altersunterschiede mag, ist sowas z.B. auch genau mein Beuteschema.
Alhambrana

Koboldkind

Zitat von: NelaNequin am 23. Mai 2019, 17:15:53Was mir prinzipiell aber wichtig ist, ist, dass das Prota und Love Interest mehr verbindet als "Wir sehen gut aus" oder "Wir machen halt dieselbe Sache". Es sollte halt in irgendeiner Form ein Vertrauen da sein. Die beiden sollten auch als Freundschaft funktionieren. Denn erst dann kaufe ich die Romanze ab.
Da bin ich dermaßen bei dir. Ich unterscheide mittlerweile in "Verknallt" und "Verliebt" und habe bei zweiterem eher das Gefühl, dass es auch noch lange nach dem Ende des Romans eine Beziehung gibt.
Okay, grade bin ich auch mitten im Thema, weil ich zwei Charaktere habe, die sich kennen und langsam lieben lernen ("Slow Burn" heißts wohl bei Fanfictions, was ich überaus passend finde), aber eigentlich so viel Ängste haben, dass ich mich frage "Wie sollen die drei, zehn Jahre danach noch zusammen sein, ohne das sie eine Abhängigkeit voneinander entwickeln?"
Aus persönlichem Anspruch würde ich bei Love Interests also auch gerne sehen, dass die Figur alleine funktioniert, alleine ihr Leben noch bestreiten kann. Eigenes Hobby, überlebt auch mal eine Woche, einen Monat ohne den anderen. Meinen beiden Charas werde ich noch mitgeben, dass sie genau das entwickeln sollen, dann bin ich mit meiner Story denke ich zufrieden.

Was mich zu deinem Plot bringt, @NelaNequin : Ich finde den Altersunterschied und dass er sie schon seit ihrer Kindheit kennt persönlich auch etwas zu weit, aber ich denke in der Story kommt es dann auf den Reifegrad der Charas an, wie weit ich das akzeptieren kann. Dass die beiden sich gefunden haben, weil sie zwei sehr einsame, verzweifelte Situationen hatten, macht mir eher Magenschmerzen, da ich (siehe oben) keine Haltbarkeit ind er Beziehung befürchte.
Wer jetzt nicht wahnsinnig wird, muss verrückt sein.

Trippelschritt

Für mich sind verknallt und verliebt gleichbedeutend. Nur die Sprachebene unterscheidet sich. Beide sind kurzfristig und hormongesteuert auf Kosten kognitiver Intelligenz. Ob verliebt sein in Liebe mündet, ist immer eine offene Frage.

Aber das kann man auch völlig anders sehen. Vielleicht vergisst du einfach die beiden Begriffe und schreibst, wie es ist. Das verstehen dann alle Leser.

Liebe Grüße
Trippelschritt

Churke

Aber wenn der LI geheimnisvoll ist, gehört das gewisse Misstrauen dazu. 

Teben von Westend

Allein der Begriff "Love Interest" sagt doch schon aus, dass es eigentlich nur eine Art "Zweckliebe" ist. Für Jugendromane sicherlich nicht verkehrt, da eben auch gezielt nach sowas gesucht wird. Bei Erwachsenenliteratur denke ich: entweder ich schreibe eine Liebesgeschichte oder ich lass es bleiben. Gerade in Fantasy-Geschichten mit ausufernden Sideplots lässt sich sowas wunderbar und vor allem sinnvoll einbauen.

Dino

Ich finde nicht, dass "Love Interest" aussagt, dass es eine Zweckliebe sein muss. Meiner Meinung nach bezeichnet es lediglich die Person für den der/die Protagonist/in Gefühle hat oder entwickelt. Dabei kann es meiner Meinung nach letztendlich nur eine kurze Liebelei oder eben die große ewige Liebe (um es überspitzt darzustellen) sein. Oder habe ich dich einfach nur falsch verstanden?

Ich versuche grade für den Nano zu plotten und stelle mir die Frage, ob es möglich sein kann, dass der Love Interest gleichzeitig der Antagonist ist. :hmmm:
In meinem Fall erfahren Leser und Protagonistin zwar im Verlauf der Geschichte, dass die Beweggründe des LI nicht durchweg böse/falsch/egoistisch sind und es kommt ein größerer/böserer Antagonist ins Spiel, aber Gefühle und Interesse seitens der Protagonistin müssten schon vorher bestehen. Außerdem denke ich nicht, dass ein kompletter Wandel des LI zum Ritter in glänzender Rüstung glaubhaft ist, die Beziehung der beiden würde also in gewisser Weise toxisch sein.
Der Dino wurde von der Realität gefressen. Die Antwort kann daher etwas später erfolgen.

Trippelschritt

Für mich sagt der Begriff "love interest" gar nichts aus. er ist ein Etikett ähnlich wie Protagonist und Antagonist. Der Love interest könnte beipielsweise auch die Mutter des Protagonisten sein, wenn er keine weiteren emotionalen Bindungen hat.

Aphelion

@Dino
Ich sehe da kein grundsätzliches Problem, solange es gute Gründe gibt, warum sich die Protagonistin in den Antagonisten verliebt. Meiner Ansicht nach ist diese Konstellation gar nicht so selten, also durchaus etabliert?  :hmmm: