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Krabat - Der Film

Begonnen von Luna, 26. April 2011, 15:40:01

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Luna

Hat noch jemand gestern den Film Krabat auf Pro 7 gesehen?
So, ich muss jetzt mal was los werden dazu. Kurz und knapp, die haben mein Lieblingsbuch, das ich immer mal wieder lesen muss, verhunzt. Viele Szenen aus dem Buch kamen überhaupt nicht vor oder wurden verfälscht, die Handlung wurde in den 30 jährigen Krieg vorverlegt, damit die Armut der Bevölkerung und das Hungerleiden besser zur Geltung kamen, es gab einen effekthaschenden Stockkampf, noch dazu nervte der Erzähler :wums:. Und, wie sie den Müller dargestellt haben :zombie:...  Ich sag lieber nichts dazu. 
Ich bin immer noch schockiert.
Ich hatte den schon seinerzeit im Kino gesehen. Wie ich das damals bis zum Schluss ausgehalten habe, ohne schreiend aus dem Kino zu laufen, kann mir das nur so erklären, das ich nicht ganz bei Sinnen gewesen sein muss. Gestern konnte ich nicht mehr und habe umgeschaltet, nach einer dreiviertel Stunde, auf Wallace und Gromit. Das lenkte mich etwas von meinem Schock ab. Der Film war sogar nochmal schlimmer, als ich ihn in Erinnerung hatte.
Ich habe auf dem Blog zum Kinofilm gelesen, Ottfried Preußler hätte den Filmemacher einen Dankesbrief geschrieben, weil der Film so toll sei. Ich versteh das nicht. Ich hätte die verklagt. Sorry, ich reg mich grad so auf.
Und vor allem, ich hatte vorher so eine gute Vorstellung von den Charakteren und jetzt kriege ich die Fratzen aus dem Film nicht mehr aus dem Kopf :wums:.
Hach Mensch, was musste ich da auch nochmal reingucken.
Wie erging es Euch bei diesem Film? Wie fandet ihr den? Vor allem diejenigen, die die Buchvorlage kennen.

Faol

Ich habe das Buch mal als Hörbuch gehört, also kenne ich die Vorlage, aber ich fand den Film trotzdem ganz gut.
Two roads diverged in a wood, and I -
I took the one less traveled by,
And that has made all the difference.
(Robert Frost - The Road Not Taken)

Alaun

Hm. Also ich kenne das Buch bisher nicht. Und ich muss sagen, ich hatte gestern einen großartigen Abend mit dem Film. Im Ernst, ich fand ihn toll. Mich hat die Atmosphäre angesprochen und ich fand ihn auch gut besetzt. Klar, dass man in Filmen nie alles umsetzen kann, was die Bücher liefern, damit muss man leider leben. Ich ärgere mich auch immer bei Filmen, deren Buchvorlagen ich kenne. Man kann das nicht vergleichen, ohne enttäuscht zu sein, fürchte ich...

Malinche

#3
Du sprichst mir aus der Seele, Luna. Ich hab mir den Film damals im Kino gegeben und hatte mich wirklich drauf gefreut - weil ich das Buch so liebe und weil mir die Vorschau recht vielversprechend und atmosphärisch vorkam. Und dann das ...  :'(

Was ich am störendsten in Erinnerung habe, ist die Sache mit Juro und Krabat. Im Buch muss er ja lernen, seinen Willen nicht dem des Meisters zu beugen. Und darauf lief es im Film ja überhaupt nicht hinaus und hat der Handlung auch gleich noch mal richtig Kraft genommen, fand ich.

Ich sehe ja ein, dass Verfilmungen auch ändern, straffen oder was der Geier machen müssen. Aber gerade bei Krabat gab es da einige Sachen, wo ich wirklich nicht verstanden habe, warum man das jetzt gegenüber dem Buch verändern müsste. Und ich fand das auch wirklich schade, denn diese Geschichte hätte so viel Potential gehabt.

Aber ich kann dich beruhigen. Bei mir sind die Gesichter aus dem Film sehr schnell wieder verschwunden und wenn ich jetzt an Krabat, Tonda und all die anderen denke, sehe ich wieder die Bilder aus meinem persönlichen Kopfkino.
»Be suspicious of the lemons.« (Roxi Horror)

Alaun

Ich werde das Buch lesen müssen!  :buch:

Sven

ZitatIch habe auf dem Blog zum Kinofilm gelesen, Ottfried Preußler hätte den Filmemacher einen Dankesbrief geschrieben, weil der Film so toll sei. Ich versteh das nicht. Ich hätte die verklagt. Sorry, ich reg mich grad so auf.

Wenn der Produzent die Filmrechte an einem Buch kauft, hat der Autor keinen Einfluss mehr auf die Umsetzung. Du kannst höchstens Deinen Namen streichen lassen. Daher steht immer in den Credits "NACH einer Novelle von ..." Es ist eine Interpretation, übertragen auf ein anderes Medium.
Man kann einen Film und ein Buch nicht miteinander vergleichen.
Beste Grüße,
Sven

Hoellenpfau

Ich habe zwar gestern den Film nicht gesehen, aber was will man machen.
Schaue dir Harry Poter 5 und 6 an. Da kommen wichtige Handlunspunkte gar nciht drin vor, so dass jetzt der 7. Teil (der durch die Teilung erstaunlich gut war) nur für Buchleser verständlich ist, da die Filmseher nicht alle Hintergrundinfos haben.
Man versteht nie, warum die Menschen, die das zu Drehbüchern umschreiben an der oder der Stelle kürzen, aber es muss gemacht werden.
Ist beim Goldenen Kompass oder Eragon genauso.

Ich könnte glaube ich bei allen Filmen, wo ich das BUch gelesen habe ausrasten, wie diese verhunzt wurden.
Da gibt's echt viele Beispiele...

Malinche

@Aqua: Auf jeden Fall. Es gehört auch zu bei mir zu den absoluten Lieblingen, die immer mal wieder rausgekramt werden müssen.

@Sven: Das stimmt schon. Aber bis zu einem gewissen Grad finde ich das Vergleichen durchaus legitim, und unbewusst wird man das sowieso immer machen, gerade, wenn man die Buchvorlage gern hat. Dass es immer auch Schauspieler geben wird, die nicht so aussehen, wie man die Figuren selbst im Kopf hat, das ist klar, und dass die Narrative im Film anderen Regeln folgt als ein Buch, sicher auch. Trotzdem finde ich, es gibt Filme, die ihre Buchvorlage gelungener adaptieren als andere. Und wenn sich ein Film explizit auf eine literarische Vorlage bezieht, muss er sich diesem Vergleich stellen - zumindest, was den Inhalt, die Grundstimmung und die Wirkung der Charaktere betrifft. Für mich muss ein Film auch nicht 1:1 dem Buch folgen. Aber er muss stimmig sein. "Krabat" ist es für mich halt als Film leider nicht, und ich glaube, ich würde es auch nicht schaffen, den anzusehen, ohne unbewusst wieder die Beziehung zum Buch herzustellen.
»Be suspicious of the lemons.« (Roxi Horror)

Lila

Ich habe den Film auch gesehen und fand ihn jetzt auch nicht soooo schlecht. Ich kenne aber auch das Buch nicht. Vielleicht lag's daran? Aber mal ganz abgesehen davon kann ich es nur immer wieder betonen:

Wenn ihr das Buch kennt und mögt... schaut euch NIEMALS die Filme an. Wenn ihr das, wie die meisten, nicht verknacken könnt, dass da mit sehr großer Wahrscheinlichkeit einiges anders ist als im Buch, dann lasst es doch einfach. :psssst:

Ja gut, ich weiß. Das ist der Neugierde halber oft leichter gesagt als getan. Aber wenn ihr euch einen Gefallen tun wollt, dann haltet es besser so, dass ihr zuerst den Film seht und dann das Buch lest. Das ist in den meisten Fällen eher eine Bereicherung, als es umgekehrt zu machen.

Wenn ich da an Beispiele aus meiner persönlichen Erfahrung denke... "Tintenherz", "Biss zur Mittagsstunde" und "Biss zum Abendrot" habe ich gelesen, bevor ich die Filme sah. Ersteren und letzteren fand ich zum heulen (nein, natürlich halte ich mich nicht an meine eigenen Regeln, siehe oben...). :happs:
"Der goldene Kompass" und "Verblendung" hingegen habe ich zum Beispiel im Kino gesehen, bevor ich die Bücher las. Hier fand ich sowohl die Filme brilliant, als auch die Bücher. :jau:
Livid Oppressed King: Ignite!
Tyranny Has Overcome Rules."
(oder: was man nicht alles aus LOKI & THOR machen kann!) - TasTä (aka Lila)

Hoellenpfau

Ach ja, Tastentänzerin, genau - "Tintenherz" ist auch eins dieser Beispiele!
Obwohl man da sagen muss, dass das echt unter aller Sau war, denn mit dem Buch hatte das Ganze gar nix mehr zu tun.

Grey

Ich liebe das Buch Krabat.
Ich mag auch den Film Krabat. Nicht so sehr wie das Buch, längst nicht, aber ich mag ihn.

Sagen wir mal so: Ein Film kann ein Buch nicht verhunzen, so lang man im Hinterkopf behält, dass es zwei völlig unterschiedliche Medien sind und der Film dementsprechend eigenständig betrachtet werden muss. Als Film, erzählerisch, stimmungsmäßig und technisch und von der schauspielerischen Leistung her, ist Krabat schon recht gelungen und auch ganz gut an die Actionstandards angepasst, die man heutzutage von Fantasyfilmen erwartet. Das Buch gibt da ja nicht so viel her. Gefällt mir persönlich auch deutlich besser, *aber* wenn man mal so tut, als hätte der Film mit dem Buch nichts zu tun, ist er gar nicht so schlecht. ;)

Lila

Zitat von: Höllenpfau am 26. April 2011, 16:11:01Ach ja, Tastentänzerin, genau - "Tintenherz" ist auch eins dieser Beispiele!
Obwohl man da sagen muss, dass das echt unter aller Sau war, denn mit dem Buch hatte das Ganze gar nix mehr zu tun.

Der Film war aber wirklich aml zum heulen. Das einzig gute daran war Helen Mirren als Elinor Loredan:


"Ich war schon in St. Petersburg, Paris, Mittelerde und Shangrila!" :rofl:
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Churke

Ein Buch ist ein aktives Medium, das letztlich erst im Kopf des Lesers entsteht. So gesehen kann auch die beste Romanverfilmung nie mehr erreichen, als die Vorstellung des Regisseurs von der Buchvorlage auf sagen wir 90 - 120 Minuten zu visualisieren.

Deshalb sind dann die meisten Leute vom Film enttäuscht. Das hatten sie sich ganz anders vorgestellt und die wichtigen Dingen haben sie weg gelassen und überhaupt war das doch alles ganz anders. "Die haben mein Lieblingsbuch verhunzt!!!!"  :wums: Und dann werden die Drohbriefe an den Regisseur eingetütet...  ::)

Aber: Um einem Film gerecht zu werden, muss man ihn eigenständig sehen, als Film eben, und nicht als Romanverfilmung. Nach diesen Maßstäben, gerade angesichts des Niveaus, in dem Deutschland sonst so produziert wird, ist Krabat dramaturgisch und cinematographisch ein wirklich herausragender Film.

Lila

Zitat von: Churke am 26. April 2011, 16:59:23Um einem Film gerecht zu werden, muss man ihn eigenständig sehen, als Film eben, und nicht als Romanverfilmung.

Danke, Chruke! Endlich mal einer, der das genauso sieht! :jau:
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Sanne

Ich habe Krabat schon einmal gesehen - und fand ihn damals gut.

Gestern nun das zweite mal - und ich fand ihn noch besser, vielleicht sieht man beim zweiten mal andere Dinge intensiver, keine Ahnung. Jedenfalls mag ich den Film auch. (Bücher mag ich auch oft lieber, sowie in diesem Fall, aber ich gebe Filmen auch immer eine Chance)

Jedes hat seine Berechtigung und die Ansprüche, die man an einen Film stellt, der ein Buch spiegeln soll,  sind mitunter einfach nicht umsetzbar. Worte und Bilder sind niemals identisch - schon gar nicht, wenn jeder Mensch seine eigenen Bilder im Kopf hat.?