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Christliche Wörter in unchristlichen Welten

Begonnen von Rosentinte, 18. April 2011, 16:01:55

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Maran

Ich verstehe, um ehrlich zu sein, nicht, warum so viele an dem Wort "verdammt" hängen ... Es gibt so viele nette Schimpfwörter und Flüche.  ;D Der Kreativität sind da wirklich keine Grenzen gesetzt.

Aber es gibt einen Unterschied zwischen einem Fluch und einem Kraftausdruck. Ein Fluch richtet sich i.d.R. gegen eine Person, ein Kraftausdruck ... nun ja, ich denke, jeder von uns hat schon einmal einen verwendet. Mad Max in "Thunderdome" benutzte "Kinderkacke" ...  :rofl: ... wenn ich mich recht entsinne. Zudem gibt es noch den Unterschied zwischen einem Fluch und einer Beschimpfung. ;)

"Soll dir dein Gott gnaden" (abgesehen von dem Verb habe ich hier eigentlich keine Probleme, wenn die Geschichte in einer Fantasywelt mit unzähligen Göttern spielt), ist, inhaltlich gesehen, weder ein Fluch, noch eine Beschimpfung. Es gibt mir generell zu denken, wenn positive Aussagen und Wünsche negativ behaftet sind.


Felsenkatze

@Maran: Wenn ich das richtig sehe, geht es ja nicht generell um Flüche und Beschimpfungen. ;)

Rosentinte

Hallo,
@TheaEvanda: Die Osterglocken waren nur ein Beispiel, wenn auch schlecht gewählt.
@ Rabe: Schade, das Buch gibts bei uns nicht in der Bücherei... Ich werd die Augen offen halten. Die Umwandlung der Flüche aus anderen Sprachen ist aber eine gute Idee.
Also ich sehe schon, es gibt da unzählige Möglichkeiten. Vor allem, wenn man generell eine Religion in der Welt/dem Land hat, lassen sich solche Sachen natürlich herrlich ersetzen (problematisch nur in atheistischen Welten *hust*)

Danke auf jeden Fall schon mal, ihr habt mich um ein gutes Stück Inspiration weitergebracht!
LG, Rosentinte
El alma que anda en amor ni cansa ni se cansa.
Eine Seele, in der die Liebe wohnt, ermüdet nie und nimmer. (Übersetzung aus Taizé)

Kraehe

In puncto "verdammt" : ja, das muss man dann schon umdefinieren. Hängt von der Religion/dem Glauben ab. (schaut schaut man sich dann die griechische Mythologie an, gab es da auch eine Menge "verdammungsähnlicher" Vorkommnisse...)

Ich glaube, generell ist "verdammt" beliebt, weil man es hinschreiben kann, anstelle von "scheiße" o.ä. ...  :hmmm:
Das sollte ich fast nochmal überprüfen.

Und wenn ich meine Leute fluchen lasse, dann ist das nicht "verdammt". Zumindest nicht, wenn sie wirklich fluchen sollen.

@Felsenkatze: "gnade dir dein Gott"... ja. Stimmt, es ist nahe am Original. Allerdings habe ich das konkret auch mit Namen stehen und mehr als zweimal wird es nicht gesagt, da, wo es vorkommt. Sollte eher der Anschauung dienen. :) (hätte ich präzisieren sollen.)

Dämmerungshexe

Also ich sehe da kein wirkliches Problem - weder mit "Gott", noch "Teufel" oder etwas dergleichen, da das für mich keine Namen sind (das wären zB "Jahwe" oder "Satan/Luzifer" oder eben auch "Odin", "Zeus" ...) sondern eigentlich ... ja wie nennt man das jetzt ... Funktionen. Das wir das immer gleich auf die christliche Theologie/Mythologie beziehen ist reine Prägung - und die ist bei mir nicht sonderlich stark.

Dass wir "Gott" eben nicht bei seinem Namen nennen, und DEN Teufel auch nicht, hängt glaub ich vor allem mit Respekt und Furcht zusammen. Es gibt ja den alten Aberglaube, dass Dämonen und dergleichen, die man bei Namen nennt, herbeigerufen werden (deswegen darf der Name von "Du weißt schon wer" ja auch nicht ausgesprochen werden).

Ich würde mich da in keinster Weise einschränken lassen - Gott ist nunmal der betreffende Gott des jeweiligen Landes/der jeweiligen Figur bzw. eine "höhere Macht" und ein Teufel ist die Verkörperung des Bösen (muss sich ja auch nicht ausschließen ;) ) Das ich in einer vollkommen fremdartigen Welt mich nicht auf das Christentum beziehe, sollte dem Leser klar sein. Und an irgendeiner Stelle will man als Autor sowieso meist das eigene Pantheon erklären.
Wo ich zustimme ist das Beispiel mit der Osterglocke - die hat ihren Namen von einem konkreten Fest, das in der christlichen Lehre verankert ist - Frühjahrsfest-Glocke oder so könnte man sie nennen.
,,So basically the rule for writing a fantasy novel is: if it would look totally sweet airbrushed on the side of a van, it'll make a good fantasy novel." Questionable Content - J. Jacques

Lomax

Himmel, Hölle, Dämonen und Teufel gibt's auch in anderen Kulturen - jedenfalls Dinge, die man in unserer Sprache so übersetzen würde bzw. die auch anderweitig so übersetzt werden. Aber Ostern bekomme ich langsam Probleme - auch wenn das auch ein Name mit heidnischen Wurzeln ist. Kirche empfinde ich als christlich - da würde man bei anderen Religionen wohl eher neutral von Tempel sprechen, wenn man nicht auch in unserer Sprache eigene Begriffe wie Synagoge oder Moschee verwendet.
  Aber, wie Dämmerungshexe sagte: Die richtigen Probleme fangen erst bei den Eigennamen an, bei Luzifer, Christus o.ä. Bis dahin habe ich keine bis wenige Berührungsängste ... So lange es in China einen Platz des himmlischen Friedens gibt oder fernöstliche Sagenfiguren in die Höllen hinabsteigen - warum soll man da päpstlicher sein als der Papst? :laugh:

Das größte Problem ist es tatsächlich noch bei Ausrufen oder Flüchen. Verdammt finde ich neutral genug, warum sollte es in anderen Religionen nicht etwas geben, was der "Verdammnis" entspricht? Aber ein "Mein Gott" in einem polytheistischem Umfeld das hakt dann schon.

Rhiannon

Ich versuche da halbwegs drum herum zu kommen, einfach weil es nicht zum Setting passt. Da meine Welten meistens mehere Götter haben, heißt das dann natürlich auch nicht "bei Gott" sondern "bei den Göttern", Drohungen wie "gnade dir Gott" wird eben zu "mögen dir die Götter gnädig sein". Verdammt benutze ich auch, aber ein Gegenstück zu unserer Hölle gibt es dort eigentlich immer auch.
Die Kultstätten sind eigentlich bei mir immer Tempel und Blumen wie "Osterglocken", "Christrosen" usw. verbanne ich konsequent aus meinen Welten. Andere Blumen gibt es dort dann natürlich schon auch, weil es einfach sehr mühsam wäre, sich wirklich die komplette Flora und Fauna neu ausdenken zu müssen.
Und was das Fluchen angeht, jemand die Pest an den HAls zu wünschen geht auch ohne Christentum. Und manchmal, wenn ich nicht gerade Figuren habe, die Kodderschnauzen haben, dann kann auch manchmal die recht einfallslose Umschreibung "er/sie fluchte" kommen. Da kann sich dann der liebe Leser selbst vorstellen, was mein Prota sagt, oder auch nicht.

Vali

#22
Stimme ebenfalls zu, dass man aufpassen muss, ob die Ausdrücke zum Setting passen und dass von Eigennamen mal abgesehen, viele Begriffe nicht für das Christentum reserviert sind wie z.B. Gott, Verdammnis, Erlösung, etc.
Manche Begriffe sind aber trotzdem stark mit dem christlichen Glauben verknüpft. Bei einer Religion in meinem Setting gibt es nämlich den Begriff Trinität (Dreieinigkeit), womit aber eben nicht Gott, Jesus Christus und der Heilige Geist gemeint sind, sondern die Einheit aus Sonnen-, Mond- und Erdgott gegen das Böse. Da frage ich mich, ob zu viele gläubige Leser sich daran verschlucken können und Dreieinigkeit unzertrennlich mit dem Christentum verknüpft und damit reserviert ist. Also darf man einem christlichen Begriff eine neue Bedeutung geben? ???

der Rabe

@Rosentinte: frag mal nach, ob deine Bücherei auch Fernleihen machen, also aus anderen Büchereien Sachen ausleihen. Das kostet zwar meistens Geld, aber wenn man sich nicht sicher ist, ob das Buch etwas für einen ist oder nicht, ist es immer noch günstiger, als es sich irgendwie anders für mehr Geld zu besorgen.

Ansonsten: Ebay, Amazon, Antiquariat... Ich finde es auf jeden Fall empfehlenswert, würde es aber niemandem aufdrücken wollen. :winke:

Gruß
vom Raben
Bist du erst unten im Tal angekommen, geht es nur noch bergauf. (C) :rabe:

Atischara

Ich hatte das Problem auch eine Zeitlang - gerade weil ich solche Ausrufe wie "mein Gott!" und "du lieber Himmel!" und dergleichen ganz nett finde. Und weil ich ja immer hinter meiner Geschichte herplotte, mußte ich mir erstmal ein paar Namen für Götter bzw. Göttinnen und gute sowie böse Kräfte ausdenken, die man für Ausrufe benutzen kann (und natürlich ungefähre Glaubenssysteme für meine beiden Kulturen). Dafür kann man jetzt in dem einen Land an der Göttin, deren Namen jemand spontan im Munde führt, erkennen, aus welcher sozialen Schicht er stammt.  ;D

Statt "verdammt" nehme ich gern "verflucht", denn verfluchen kann man ja auch innerweltlich, also ohne Bezug zur ewigen Verdammnis - die in der muslimischen Theologie übrigens umstritten ist. Die Ansicht, daß aufgrund der Fürsprache des Propheten letztlich doch jedem Gläubigen vergeben wird und er sich deshalb nur zeitweilig in der Hölle aufhalten muß, ist meines Wissens eine spätere sunnitische Entwicklung. Müßte jetzt aber nachlesen, ob es aktuell noch Richtungen gibt, die das anders sehen. Nebenbei bemerkt, bin ich mir aufgrund eigener Erfahrungen auch nicht so sicher, wie ernst Protestanten das mit der ewigen Verdammnis gemeinhin nehmen. Schließlich sind doch alle Sünden vergeben, wenn man sich dem Glauben an Christus zuwendet, der ja eigens zu diesem Zweck für uns am Kreuz gestorben ist, nicht wahr - ernsthafte Reue natürlich vorausgesetzt.  ;)

In jedem Fall finde ich es aber gar nicht einfach, immer darauf zu achten, was nun ins Umfeld paßt und was nicht. Vor allem, wenn einem so eine Verstärkung für "verdammt" im Stile von "gottverdammt" gewissermaßen auf der Zunge liegt.

Rosentinte

Hallo,
also ich habe mir ein mittlerweile ein paar schöne Flüche und Ausdrück erarbeitet, aber neulich habe ich die Suchmaschine durch mein Dokument laufen lassen und doch ein paar ausbrechende Höllen, teuflische Schmerzen etc. entdeckt  :pfanne:
Mein Problem ist halt, dass es viele Sachen gibt, die man heute gar nicht mehr im Bezug zur Religion sieht ("mein Gott") bzw. beim "verdammt" bin ich wohl als evangelisch Erzogene nicht so empfindlich...
Es ist ein Aufwand, das alles zu streichen/Ersatz zu finden, aber letztendlich will ich eine authentische Welt OHNE Religion (im Sinne von "Es gibt einen/mehrere Götter/Mächte") und dafür ist es die Mühe wert.
LG, Rosentinte
El alma que anda en amor ni cansa ni se cansa.
Eine Seele, in der die Liebe wohnt, ermüdet nie und nimmer. (Übersetzung aus Taizé)

Sanjani

Hallo zusammen,

ich muss ehrlich sagen, dass ich viele Begriffe gar nicht so mit Christentum assoziiere und die Hintergründe nicht so gut kenne, z. B. von verdammt.

Dass es ins Setting passen muss, sehe ich grundsätzlich auch so, aber da stellt sich dann wieder die Frage, inwiefern ein Teufel oder ein Himmel reinpasst, ohne dass man seine Religion erst ewig lange erklären muss. Mir gefällt der Teufel in meinem buch auch nicht so. Andererseits assoziiere ich z. B. zum Henker mit sehr moderner Sprache und bei meinen Elfen würde so ein Ausruf ziemlich absurd wirken. Ist jedenfalls mein Gefühl. Bei den Sirenen der Nacht könnte ich es mir aber wiederum eher vorstellen. Deshalb lasse ich den Teufel aber erst mal drin.

Ich persönlich bin kein großer Freund von Eigenkreationen, was dieses Thema angeht. Ich finde es oft konstruiert und für mich kommt nicht das Gefühl rüber, das beim Original rüberkommt - z. B. beim Barte des Merlin. Klingt für mich einfach nur absurd und lächerlich.
Außerdem muss man bei Eigenkonstruktionen auch immer aufpassen, dass die Leute es auch richtig verstehen. jemand hat hier Eigennamen von selbstkreierten Göttern erwähnt. Das ist zwar ganz nett, aber richtig rüberkommen kann der Inhalt eines Ausrufes in diesem Zusammenhang auch nur, wenn der Leser vorher weiß, wer oder was diese Namen bedeuten, was man dann wieder mehr oder weniger mühsam irgendwo erklären muss.

LG Sanjani
Die einzige blinde Kuh im Tintenzirkel :)

Zit

#27
Ich denke nicht, dass das mühsam erklärt werden muss. Wenn in der Welt Polytheismus herrscht, finde ich es passend, wenn die Leute da auf ihren speziellen Gott fluchen oder einfach nur " Bei den Göttern!" schimpfen. Ich halte die Leser nicht für so dumm, dass sie in "Bei Praois!" das Praois nicht für einen Gott halten. (Wobei Praois selbst den Zwölfgöttern aus DSA entspringt und die Romane dazu ja eine spezielle Lesergruppe ansprechen. Mir fiel grad kein besseres Bsp. ein.)

Im Gegenteil, die Welt würde sogar an Farbe verlieren, wenn der Autor diese Möglichkeit nicht nutzt. Wir fluchen ja auch nur auf den Gott, weil das Christentum nur den einen hat, der auch noch völlig namenslos ist (bzw. kennt die Menschheit die Namen nicht).
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt

Lemonie

Ich stimmte Zitkalasa da zu.

Hab mir da grade aus aktuellem Anlass drüber Gedanken gemacht, weil in der Welt meines aktuellen projekts (zumindest in dem Land, in dem die Geschichte spielt), glauben die Menschen an ein Schicksal.

In ihrem Wortschatz dürfte der Begriff "Gott" eigentlich gar nicht existieren. Klar kommt es dem leser vertrauter vor, wenn man Wendungen aus unserem Sprachschatz verwendet, aber wenn ich jetzt jemand "oh Gott" sagt, der gar nicht weiß, was ein Gott ist, wirkt es einfach nur so, als hätte ich einfach keinen Bock mir was eigenes auszudenken... oder mir nicht richtig Gedanken gemacht.

Und ich finde so selbstausgedachte Bezeichnungen in Fantasybüchern eigentlich immer ganz nett, solange es noch logisch wirkt.

Sanjani

Hi Lemonie,

grundsätzlich ok, wenn es bei dir keinen Gott gibt, aber da fände ich "Ach du meine Güte!" angemessener als "Oh Schicksal!" Oder "Oh Praois!" Da kommt für mich einfach nix rüber.

Dann lieber andere Begriffe, die schon vertraut sind und nichts mit Gott zu tun haben, aber dafür Wirkung bringen.

Aber so hat jeder seine eigene Meinung und seinen eigenen Geschmack :)

LG Sanjani
Die einzige blinde Kuh im Tintenzirkel :)