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Grundsatzfrage: Passen der Buchmarkt und ich zusammen?

Begonnen von Farean, 10. April 2011, 10:47:19

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Grey

Zitat von: Farean am 12. April 2011, 09:50:51
Nur, daß meine Zweifel am Buchmarkt und mein Eindruck, zur Zeit käme dort nur noch gleichgeschalteter Einheitsbrei heraus, allmählich überhand genommen haben. Ich habe mich schon gefragt, ob es ein Generationenproblem ist: ob seit den 80ern und 90ern, als noch Vielfalt und Experimente die Fantasy-Szene beherrschten, auf Serienfertigung von immer demselben Plot mit anderen Charakternamen umgestellt wurde. Manchmal beschleicht mich dieser Eindruck. Die neuen Bücher, die mich in den letzten zehn Jahren noch wirklich berühren konnten, kann ich an einer Hand abzählen.

Ich denke, diesen Eindruck bekommt man mit den Jahren, vor allem wenn man lesetechnisch viel im gleichen Genre unterwegs ist. Das ist ähnlich wie im Kino: Ich konnte mich früher auch viel schneller für Filme begeistern. Ich denke, das liegt daran, dass man ein grundsätzliches Gespür für die Struktur einer Geschichte entwickelt, man kann die Art einer Geschichte schneller einschätzen und hat auch schon viel mehr coole Ideen gesehen. Viele der Bücher, die mich früher absolut geflasht haben, würden mich heute nicht mehr ganz so sehr vom Hocker hauen, auch wenn sie nach wie vor gut sind - aber sie sind für mich eben nichts neues mehr. Und je mehr Erfahrung man hat, desto schwieriger ist es, eine Geschichte zu finden, die in ihrer Art wirklich neu scheint. Daran ist dann aber nicht der Markt schuld, sondern unsere fortschreitende Weiseheit. ;)

Sven

Zitat von: Grey am 12. April 2011, 10:02:43
Und je mehr Erfahrung man hat, desto schwieriger ist es, eine Geschichte zu finden, die in ihrer Art wirklich neu scheint. Daran ist dann aber nicht der Markt schuld, sondern unsere fortschreitende Weiseheit. ;)

Und das trifft ja nicht nur auf Autoren zu. Wer sich intensiv mit dem Medium Film beschäftigt, sieht irgendwann auch nicht mehr den Film. Er sieht Scheinwerfer, Greenscreens, Seile, etliche Wiederholungen der Szenen und, und, und.
Das ist der Preis, wenn man sich mit einer Sache näher beschäftigt.
Es gibt kaum noch ein Buch bei dem ich nicht sage: "Hm, diese Stelle hätte ich anders geschrieben", oder "Wow, die Dialoge sind prima konstruiert". Man sieht inzwischen mehr als nur die Geschichte. Man blickt hinter die Kulissen. Der Zauber ist verflogen.
Aber das ist (leider) ganz normal. Es gibt nichts umsonst. Je besser Du schreibst, desto schlechter werden die Geschichten um Dich herum.
Beste Grüße,
Sven

Farean

Zitat von: Grey am 12. April 2011, 10:02:43
Und je mehr Erfahrung man hat, desto schwieriger ist es, eine Geschichte zu finden, die in ihrer Art wirklich neu scheint. Daran ist dann aber nicht der Markt schuld, sondern unsere fortschreitende Weiseheit. ;)
Das habe ich zuerst auch gedacht, und auf manche meiner Einsteigerdrogen trifft das auch zu. Als ich aber neulich mal wieder eins von meinen alten Schätzchen aus dem Regal genommen, abgestaubt und aufgeklappt hatte, war ich wieder in Bann geschlagen wie am ersten Tag. Ich habe schon den Eindruck, die Fantasy war früher experimentierfreudiger und irgendwie frischer.

Oder ich werd' einfach alt. ;)

Zitat von: Sven am 12. April 2011, 10:11:18
Je besser Du schreibst, desto schlechter werden die Geschichten um Dich herum.
Mann, muß ich inzwischen gut sein...! 8)

Lavendel

Zitat von: Farean am 12. April 2011, 09:50:51
Erst mal vielen Dank für die vielen Hinweise auf die Skriptschmiede, aber... ich habe schon längst ein Exposé dort eingestellt und warte seitdem auf Resonanz. (Was ich bislang an Resonanz bekommen habe, bestärkt mich allerdings in meinem Eindruck, daß ich im Exposéschreiben absolut saumäßig bin und das, was ich dort eingestellt habe, mit meinem Buch nicht viel zu tun hat.)

Sorry. Ich bin echt blind! :engel:

Zitat von: Grey am 12. April 2011, 10:02:43
Ich denke, diesen Eindruck bekommt man mit den Jahren, vor allem wenn man lesetechnisch viel im gleichen Genre unterwegs ist. Das ist ähnlich wie im Kino: Ich konnte mich früher auch viel schneller für Filme begeistern. Ich denke, das liegt daran, dass man ein grundsätzliches Gespür für die Struktur einer Geschichte entwickelt, man kann die Art einer Geschichte schneller einschätzen und hat auch schon viel mehr coole Ideen gesehen. Viele der Bücher, die mich früher absolut geflasht haben, würden mich heute nicht mehr ganz so sehr vom Hocker hauen, auch wenn sie nach wie vor gut sind - aber sie sind für mich eben nichts neues mehr. Und je mehr Erfahrung man hat, desto schwieriger ist es, eine Geschichte zu finden, die in ihrer Art wirklich neu scheint. Daran ist dann aber nicht der Markt schuld, sondern unsere fortschreitende Weiseheit. ;)

Da ist absolut was Wahres dran. Nachdem ich Literaturwissenschaften studiert und mehrere Jahre mit der Analyse von Romanen und Filmen zugebracht habe, kann ich die meisten Geschichten bis zu einem gewissen Grad sogar vorhersehen. Natürlich nicht die Details, aber die übergeordneten Themen und die Richtung in die die Geschichte verläuft. Viel Leseerfahrung hat sicher den gleichen Effekt, nur dass man vielleicht nicht so bewusst analysiert. Bis mich eine Geschichte vom Hocker haut muss mittlerweile wirklich viel passieren ::).

Zitat von: Farean am 12. April 2011, 09:50:51
Was ich ganz einfach wissen wollte, bevor ich weiter an mir arbeite: lohnt sich diese Richtung? Oder kann ich in einer anderen Richtung schneller und mit größeren Erfolgsaussichten erreichen, was ich im Kern will, nämlich Leser erreichen? Sprich: ist der Buchmarkt das beste und auch ein erfolgversprechendes Ziel, oder beackere ich, wenn ich in dieser Richtung weitermache, ein Steinfeld?
Der Markt ist mehr oder weniger schwierig, damit muss man sich wohl arrangieren. Autorenkarrieren verlaufen wohl in den wenigsten Fälle 'glatt' und ohne eine gehörige Portion Frustration. Ich denke trotzdem, dass die Veröffentlichung in einem Verlag immer noch die größten Erfolgsaussichten verspricht, wenn ich mit anderen Möglichkeiten vergleiche. Man hört zwar mittlerweile immer auch von europäischen Autoren, die mit einer Internetpubliktation mehr oder weniger 'groß rauskommen', aber das ist wohl immer doch eher die Ausnahme. Es spricht allerdings nichts dagegen, kreativ zu werden. Ich war zum Beispiel begeistert von der Autorin, die diese 'Hosentaschengeschichten' geschrieben hat und sie dann unter die Leute brachte. Erst hatte sie glaube ich einen Kasten unter ihrem Fenster, aus dem sich Passanten bedienen konnten, dann hat sie die Geschichten auch in die Straßenbahnen gebracht oder an anderen Stellen platziert (oder so). Ich fand das sehr pfiffig, und sie hatte hinterher tatsächlich viele Leser. Ich glaube mittlerweile betreibt sie die Sache als Verlag. Es gibt also viele Wege, an Leser zu kommen, man muss nur den Mut haben, da selbst auch kreativ zu werden und was auszuprobieren.

Farean

#34
Zitat von: Lavendel am 12. April 2011, 10:27:32
Bis mich eine Geschichte vom Hocker haut muss mittlerweile wirklich viel passieren ::).
Bei mir auch, aber der Witz an der Sache ist: häufig sind es eher die ungeschliffenen, handwerklich noch etwas unbeholfenen Newcomer, deren Werke dafür noch Seele haben, die mich wirklich berühren. Die etablierten "Meister", die handwerklich solide und, man verzeihe mir den Ausdruck, marktgerecht schreiben, kommen mir zunehmend steril vor.

Zitat von: Lavendel am 12. April 2011, 10:27:32
Ich denke trotzdem, dass die Veröffentlichung in einem Verlag immer noch die größten Erfolgsaussichten verspricht, wenn ich mit anderen Möglichkeiten vergleiche. Man hört zwar mittlerweile immer auch von europäischen Autoren, die mit einer Internetpubliktation mehr oder weniger 'groß rauskommen', aber das ist wohl immer doch eher die Ausnahme.
Das ist ja gerade einer der Punkte, um die es mir vom Eingangsposting an ging: mein primäres Ziel ist es nicht, 'groß rauszukommen'. Im Internet erst mal kleine Brötchen backen wäre für mich in Ordnung.

Nur, daß ich aus diesem Thread eben auch den Gedanken mitnehme: 'groß rauszukommen' kann für mich ein unverzichtbares Mittel zum Zweck sein, wenn es darum geht, mein Werk gegen Plagiate zu schützen. :-\

Zitat von: Lavendel am 12. April 2011, 10:27:32
Es gibt also viele Wege, an Leser zu kommen, man muss nur den Mut haben, da selbst auch kreativ zu werden und was auszuprobieren.
Das ist genau mein Punkt: was lohnt sich mehr? Weiter den etablierten Markt zu beackern oder meine Energie eher in alternative Wege zu investieren?

Wobei zDatze es schon angesprochen hat: grundsätzlich schließt das eine das andere nicht aus. :hmmm: Weiß hier jemand, inwieweit eine Online-Veröffentlichung die Chancen eines Werkes beeinträchtigt, hinterher bei einem Verlag zu landen? (Natürlich unter der Voraussetzung, daß die Online-Veröffentlichung kontrolliert geschieht und nicht als, wie es ein Bekannter so treffend ausdrückte, PDF-Schleuder für Jedermann.)

Sven

Zitat von: Farean am 12. April 2011, 10:26:58
Mann, muß ich inzwischen gut sein...! 8)

:P

ZitatIch habe schon den Eindruck, die Fantasy war früher experimentierfreudiger und irgendwie frischer.

Mag das vielleicht daran liegen, dass Fantasy früher nicht so weit verbreitet war? Erst jetzt ist Fantasy in Deutschland salonfähig. Und die Verlage überschwemmen den Markt so mit Vampirschnulzen (ich entschuldige mich schon mal, bevor hier die Pflöcke fliegen  ;D ) und High Fantasy Clone, dass es schwieriger wird, die Perlen herauszusuchen?

Zitat von: Farean am 12. April 2011, 11:21:07
Weiß hier jemand, inwieweit eine Online-Veröffentlichung die Chancen eines Werkes beeinträchtigt, hinterher bei einem Verlag zu landen? (Natürlich unter der Voraussetzung, daß die Online-Veröffentlichung kontrolliert geschieht und nicht als, wie es ein Bekannter so treffend ausdrückte, PDF-Schleuder für Jedermann.)

:hmmm: Das Problem ist, wenn ein Roman veröffentlicht wird, ist er veröffentlicht. Verlage mögen das nicht so gerne. Sie werden erst darauf aufmerksam, wenn es sich unerwartet gut verkauft. Und Tausend "Bezieher" der Onlineversion, sind Tausend potentielle Käufer weniger.
Es besteht die Chance, dass ein Verlag so ein Projekt übernimmt, groß ist sie aber nicht.
Beste Grüße,
Sven

Maja

#36
Zitat von: Farean am 12. April 2011, 11:21:07
Das ist genau mein Punkt: was lohnt sich mehr? Weiter den etablierten Markt zu beackern oder meine Energie eher in alternative Wege zu investieren?
Du kannst beides machen. Ich habe meine "Chroniken der Elomaran" seit über zehn Jahren online, und zwar nicht nur Leseproben, sondern den kompletten Text. Kein Verlag hat sich daran gestört, und auch nicht daran, daß ich die ersten zwei Bücher über Lulu selbstveröffentlicht habe. Die Verlage wissen, daß die wenigsten einen so langen Text online lesen oder sich ausdrucken, und zwanzig Bücher über einen Printondeman-Anbieter sind auch keine Konkurrenz. Trotzdem habe ich über die Jahre einiges an nettem Feedback zur Geschichte bekommen, das mir sehr geholfen hat, bei der Stange zu bleiben. Sogar meine Agentur habe ich auf dem Weg gefunden.

Es ist also keine Grundsatzentscheidung, die du treffen mußt - natürlich, umgekehrt geht's nicht, wenn du einmal groß rausgekommen bist, kannst du es nicht noch online stellen und bei BoD rausbringen. Aber ansonsten schließt das eine das andere nicht aus. Diese Grundsatzfrage, die du dir da stellst, ist effektiv keine.

Übrigens war die Fantasy der 80er und 90er auch schon total abgedroschen, nur anders. Damals war die große Zeit der Sammelquesten und der verbannten Prinzen, die sich als Küchenjunge verdingen müssen, und der Prophezeiungen. Mein einziger Fehler ist, heute nach genau diesem Strickmuster zu arbeiten und nicht nach den modernen. Aber et kömmt ja alles irgendwann wieder.
Niemand hantiert gern ungesichert mit kritischen Massen.
Robert Gernhardt

Farean

Zitat von: Maja am 12. April 2011, 11:32:19
Du kannst beides machen. Ich habe meine "Chroniken der Elomaran" seit über zehn Jahren online, und zwar nicht nur Leseproben, sondern den kompletten Text.
Gibst du mir mal den Link, bitte?

Zitat von: Maja am 12. April 2011, 11:32:19
Es ist also keine Grundsatzentscheidung, die du treffen mußt - natürlich, umgekehrt geht's nicht, wenn du einmal groß rausgekommen bist, kannst du es nicht noch online stellen und bei BoD rausbringen. Aber ansonsten schließt das eine das andere nicht aus. Diese Grundsatzfrage, die du dir da stellst, ist effektiv keine.
:knuddel:

Danke, Maja, du ahnst nicht, was für einen Brocken du mir mit diesen paar schlichten Worten von der Seele gewuchtet hast!

Was mich bislang einfach nur fertiggemacht hat, war das Gefühl der Ausweglosigkeit. Allein das Gefühl, einen Plan B zu haben - daß also von meinen Exposés nicht alles abhängt, das mir etwas bedeutet -, steigert schon wieder enorm meine Motivation, meine fünf Buchstaben hochzukriegen und mich ans nächste dranzusetzen. Wenn ich parallel dazu trotzdem schon Leser erreichen kann und nicht dazu verdammt bin, meine Bücher unter Verschluß zu halten, wenn sie denn jemals Gnade in den Augen eines Lektors finden sollen, bedeutet mir das ungeheuer viel.

Zitat von: Maja am 12. April 2011, 11:32:19
Übrigens war die Fantasy der 80er und 90er auch schon total abgedroschen, nur anders.
Dem würde ich mit Blick auf mein Bücherregal tendenziell widersprechen, aber das gehört nun wirklich nicht mehr in diesen Thread. ;)

Maja

Zitat von: Farean am 12. April 2011, 12:07:15
Gibst du mir mal den Link, bitte?
Guckst du hier: http://www.elomaran.de

Bis auf das letzte Kapitel des vierten Buches ist alles online. Ich hatte meiner Agentur angeboten, die Seite auf Hintergrundinformationen zu beschränken, um dem Vermittlungserfolg nicht im Weg zu stehen, aber sie meinten, das wäre nicht nötig. Tatsächlich haben die Verlage auf die Webseite (die meine Agentur als Werbemittel aufgeführt hat) immer sehr positiv reagiert, ich habe einmal sogar eine Mail von einer Lektorin deswegen bekommen ("Könnte ich vielleicth doch noch ein Worddokument bekommen? Auf der Webseite gibt es ja zum Download nur ein PDF").

Daß die Verlage dann immer andere Gründe zum Absagen gefunden haben, steht auf einem anderen Blatt, aber ohne die Webseite stünde ich heute ohne Agentur da und hätte vermutlich noch nicht mal den Tintenzirkel gegründet, weil ich damals viele von den Autoren, mit denen wir den Zirkel angefangen haben, wegen der Webseite kennengelernt habe.
Niemand hantiert gern ungesichert mit kritischen Massen.
Robert Gernhardt