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Unterschiedliche Arbeitsweisen in verschiedenen Genres?

Begonnen von Runaway, 07. April 2011, 15:14:31

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Runaway

Schon vor längerem habe ich eine kuriose Sache festgestellt, zu der mich eure Meinung interessieren würde.
Und zwar habe ich für mich herausgefunden, daß sich nicht alle Genres gleich schreiben lassen. Damit meine ich jetzt nicht den Stil oder so "einfache" Tatsachen, daß man für Fantasy z.B. erst noch eine eigene Welt erschaffen muß und für andere Genres eben nicht. Das ist ja sowieso klar.

Ich meine die Vorgehensweise. Bei Fantasy fand ich es immer ganz herrlich, meine Welt zu erschaffen, mir Charaktere auszudenken, dann die Handlung zu plotten - etwa zu zwei Dritteln, dann ging mir immer die Puste aus - und dann loszulegen. Chronologisch. Bloß nicht vorgreifen! Das hat für mich immer das ganze Gefüge zerschossen.
Hatte ich soweit geschrieben, wie ich geplottet hatte, hatte sich meistens eh wieder alles geändert und das letzte Drittel ergab sich von selbst, so daß das auch geschrieben werden konnte. Und dann: fertig.
Ich hab dann später nochmal überarbeitet - sprachlich drübergeguckt, gekürzt, solche Späße halt.

Aber seitdem ich Thriller schreibe, mache ich das völlig anders. Erst mal muß ich mehr recherchieren als je zuvor. Wenn das nicht stimmt, muß ich gar nicht erst anfangen.
Wenn ich dann meine Ausgangssachlage habe, wird geplottet. Und zwar komplett. Die Handlung nicht von vorne bis hinten zu kennen, sorgt dabei für echte Schwierigkeiten. Und trotzdem ändert sich während des Schreibens noch wahnsinnig viel. Ich weiche teilweise kilometerweit vom eigentlichen Schlachtplan ab, so daß hinterher was ganz anderes rauskommt als geplant.
Und das liegt komischerweise nicht daran, daß ich hierbei chronologisch springe - erst schreibe ich den Anfang, dann eine Szene aus einer völlig anderen Perspektive, manchmal fange ich sogar hinten an und entwickle dann alles in Richtung dieses Schlusses. Irgendwo ist dann notiert "mach noch mal später die eine Szene da mittendrin" und das mache ich dann auch.

Irgendwie fühlt sich das ganz anders an. Man könnte sagen, bei Fantasy kam ich mir wie ein Beobachter vor, der die Figuren die Geschichte erzählen läßt und der sie einfach nur protokolliert.
Aber jetzt - ich greife teilweise ganz gewaltig ins Geschehen ein. Wenn mir die Entwicklung, die ein Charakter theoretisch vorgeben würde, nicht paßt, kriegt er die Daumenschrauben angelegt. Und zwar schreibe ich dann erst mal die Sache so auf, wie ich sie mir denke, sehe dann bestätigt, daß das Murks ist und schreibe es dann millionenfach um. Kürzen, ändern, anderer Zeitpunkt, was auch immer.
Ich sehe mich da vielmehr als Regisseur, der ständig seine Finger im Geschehen hat. Merkwürdigerweise stört mich das aber gar nicht, obwohl ich das eigentlich erwartet hätte.

Insofern sehe ich das gar nicht wertend. Mich würde nur interessieren, ob ihr ähnliche Erfahrungen gemacht habt, denn viele von uns schreiben ja in vielen verschiedenen Genres. Oder ist das bei euch ganz anders und ihr geht in jedem Genre beim Schreiben gleich vor?

gbwolf

Zitat von: Runaway am 07. April 2011, 15:14:31Aber seitdem ich Thriller schreibe, mache ich das völlig anders.
Gegenfrage: Hat sich dein Fantasyschreiben auch verändert? Könntest du noch Fantsy schreiben wie vorher?

Bei mir hat sich eher die Einstellung zum Schreiben geändert, durch die Erfahrungen, mich auch einmal den Regeln eines anderen Genres anzupassen oder einen Workshop zu besuchen. Wie ich schreibe hängt für mich nicht vom Genre ab, sondern davon, was ich erzählen möchte. Irgendwo liegt bei mir noch eine Uraltfantasy herum, die ich irgendwann einmal beenden werde, an der ich locker leicht geschrieben habe, lange bevor ich mich mit Schreibhandwerk auseinandergesetzt habe. Also so ein bisschen wie du es erzählst: Man träumt mit offenen Augen, gibt zart eine Richtung und schreibt auf. Diesen Roman werde ich wahrscheinlich auch ohne Riesenrecherchen beenden. Wenn ich mittlerweile allerdings Fantasy schreibe, dann recherchiere ich dafür sehr viel und bereite mich intensiv darauf vor. Ich will, dass die Welt glaubhaft ist, dass alle Teile zusammenpassen und dafür muss ich wissen, wie man sich nach Wochen im Sattel fühlt, wie man ohne Kühlschrank kühlt, wie sich ein Körper in der Wüste verhält, wie ich einen Elfen mit seinen extremen Sinnen in einen Hinterhalt bekomme (Kann man sicherlich mit einigen scharfsinnigen Tierrassen vergleichen). Manche Jugendthrillerplots, die ich habe, erfordern nur eine minimale Recherche, andere sehr viel. Bei SF brauche ich für eine Kurzgeschichte so lang wie für ein ganzes Sagenhörbuch oder einen Jugendthriller. Mein Erwachsenenthriller reift seit Jahren in mir und ich werde immens dafür recherchieren und sorgfältig plotten müssen.
Vor allem aber lege ich viel mehr Wert auf ausgearbeitete Figuren als früher. Meine Romane sind viel stärker "Character driven", was das Plotten gleichzeitig schwer und einfach macht. Einfach, weil ich theoretisch weiß, wie die Figuren und ihre Motivationen die Geschichte lenken, schwer, weil ich mir vorkomme wie ein Mosaikleger, der ganz vorsichtig schaut, welches Teil neben welches passt, damit das Gesamtbild stimmt.

Mein Fazit ist: Ein neues Genre öffnet und verändert den Blick und man kann durchaus ein "Entspannungsgenre" haben, das man immer gleich locker schreibt, bei mir ist es aber eher so, dass die Geschichte die Arbeitsweise bedingt.

Runaway

Hm. Ich habe keine Ahnung, ob ich Fantasy jetzt anders schreiben würde, weil ich es seitdem noch nicht wieder probiert habe. Da würde ich dir jetzt wahnsinnig gern was zu sagen, weil's mich auch interessiert, aber noch habe ich darauf keine Antwort.
Das Problem ist nämlich, ich bin absolut kein Genre-Hopper. Ich könnte mich jetzt nicht einfach hinsetzen und meine Uralt-Fantasyidee rauskramen und aufschreiben. Ich brauche für so eine Umstellung irgendwie ewig. Allein schon der Stil...

Mir ist das Ganze nur so extrem aufgefallen, weil ich wirklich noch NIE so gearbeitet habe wie jetzt. Vielleicht liegt das nicht mal am Genre, aber das ist auch eine der Fragen, die mich hinsichtlich dieses Themas interessieren.
Insofern finde ich dein Statement wirklich interessant - vor allem deine Feststellung, daß du sagst, deine Arbeitsweise hängt ganz von der Geschichte ab.

Viel Stoff zum Grübeln...

Sven

Zitat von: Runaway am 07. April 2011, 15:14:31
Ich meine die Vorgehensweise. Bei Fantasy fand ich es immer ganz herrlich, meine Welt zu erschaffen, mir Charaktere auszudenken, dann die Handlung zu plotten - etwa zu zwei Dritteln, dann ging mir immer die Puste aus - und dann loszulegen. Chronologisch. Bloß nicht vorgreifen! Das hat für mich immer das ganze Gefüge zerschossen.
Hatte ich soweit geschrieben, wie ich geplottet hatte, hatte sich meistens eh wieder alles geändert und das letzte Drittel ergab sich von selbst, so daß das auch geschrieben werden konnte. Und dann: fertig.
Ich hab dann später nochmal überarbeitet - sprachlich drübergeguckt, gekürzt, solche Späße halt.
Aber seitdem ich Thriller schreibe, mache ich das völlig anders.

Für mich sieht es auch danach aus, dass Du hier eine Entwicklung durchgemacht hast. Es gibt einen Punkt, zumindest war das so bei mir, da verliert man die Unbeschwertheit beim Schreiben. Gerade Fantasy verführt dazu, sich gehen zu lassen. Man kann ja behaupten, was man  will. Ist ja nichts echt (was natürlich nur ein Trugschluss ist!).
Sobald man aber etwas schreibt, dass in der Realität spielt und man ernsthaft schreibt, merkt man, dass man sich auf Glatteis bewegt. Das, was ich da schreibe, ist nachprüfbar, also muss es so korrekt wie möglich sein. Außerdem steht und fällt eine Geschichte mit dem Ende. Ich kann mich also nicht treiben lassen, bis die Geschichte irgendwie zum Schluss kommt. Ich muss ein TOLLES Ende haben und dafür muss ich einen Text, die Charaktere, die Handlung anpassen. In Formen pressen. Nur dann habe  ich die Chance, das Ende zu bekommen, das ich haben will.
Ich glaube, das ist ganz natürlich. Aus eigener Erfahrung muss ich aber sagen, dass es auch WAHNSINNIG nervt. Der innere Zensor ist noch aufdringlicher, als sonst. Aber angeblich soll es irgendwann besser werden  ;D

Im Übrigen kann ich der Wölfin nur zustimmen. Jede Geschichte schreibt sich anders. Erzähle ich aus der Sicht eines Kindes, muss ich nicht so viel recherchieren, weil das Kind nur das erlebt, was es sieht. Aus der Sicht eines Erwachsenen sähe die gleiche Szene schon anders aus.
Und auch das Genre hat natürlich einen Einfluss. Wie oben schon geschrieben, einen Thriller muss man anders vorbereiten, als einen Urban Fantasy Roman, oder ein Märchen.
Beste Grüße,
Sven

Runaway

Zitat von: Sven am 07. April 2011, 21:16:42
Für mich sieht es auch danach aus, dass Du hier eine Entwicklung durchgemacht hast. Es gibt einen Punkt, zumindest war das so bei mir, da verliert man die Unbeschwertheit beim Schreiben.
Das hab ich mir dann auch gedacht... ich könnte einfach eine Entwicklung durchgemacht haben. Klar. Aber dieser plötzliche Bruch - ich weiß nicht, irgendwie sah es einfach danach aus, daß es was mit dem Genre zu tun gehabt hätte. Denn ansonsten hätte sich das doch früher ankündigen müssen.

Der innere Zensor ist übrigens eine tierische Nervensäge, ja ;) Das stimmt. Der schreit bei "Real"geschichten lauter als bei Fantasy. Wobei ich überhaupt nicht sagen würde, daß man für Fantasy zwangsläufig weniger recherchiert (siehe Wölfin) oder daß das an sich weniger ernstzunehmen wäre.
Deshalb wundere ich mich ja so!

Sven

Eine Entwicklung ist in der Regel nie fließend. Man macht sie iimmer in Sprüngen. Beim Schreiben sprechen Einige von Entwicklungssprüngen nach 100.000 Wörtern (Andreas Eschbach hat das zum Beispiel oft erwähnt). Die Zahl schwankt immer etwas und ich glaube auch, dass siee größer wird, je länger man schreibt und je öffter man einen Sprung gemacht hat. Freu Dich! Und dann kämpfe! Und wenn Du gesiegt hast, verrate mir den geheimen Trick  ;D

Zitat von: Runaway am 07. April 2011, 21:26:40
Der innere Zensor ist übrigens eine tierische Nervensäge, ja ;) Das stimmt. Der schreit bei "Real"geschichten lauter als bei Fantasy. Wobei ich überhaupt nicht sagen würde, daß man für Fantasy zwangsläufig weniger recherchiert (siehe Wölfin) oder daß das an sich weniger ernstzunehmen wäre.

Genau das wollte ich eben nicht sagen. Ich denke sogar, dass es bei Fantasy wichtiger ist zu recherchieren, weil der Mensch nunmal in aller Regel ein Skeptiker ist. Aber als Autor GLAUBT man nur, dass man bei einem realistischen Roman mehr recherchieren muss. Es kommt eine Stadt in der Geschichte vor, die es gibt ... London meinetwegen .. und schon fängt man an Straßen herauszusuchen, erzählt aus welchen Steinen das Pflaster besteht, oder es spielt in Paris und man zählt seinem Leser die einzelnen Glasdreiecke in der Pyramide vom Louvre vor.
Der Leser braucht solche Informationen nicht. Recherche ist wichtig, damit der Autor seine Geschichte stimmig schreiben kann. Aber wenn man anfängt mit seinem Wissen zu prahlen, geht der Schuss ganz schnell nach hinten los (zugegeben, manchmal kommt auch ein Bestseller dabei heraus  ???)
Aber die Meisten fangen mit Fantasy an, weil sie DENKEN, es wäre einfacher, weil man sich ja alles ausdenken kann. Daran scheitern die Geschichten u.a. dann auch.
Beste Grüße,
Sven

Rakso

Ich habe ähnliche Erfahrungen gemacht, auch wenn man das nicht als Genrewechsel bezeichnen könnte. Früher habe ich ähnlich wie Du, Runaway, einfach darauf losgeschrieben und mal geschaut wie sich das so entwickelt. Ich hatte zwar ein paar bestimmte Etappen, die ich Einbauen wollte, aber der Raum dazwischen war undefiniert und meist sog ich mir beim Schreiben etwas aus den Fingern um diese Löcher zu stopfen. Das diese Geschichten meist von mir nicht richtig beendet worden, ist eine andere Sache.

Aber seit ich an meiner Fantasy-Krimi-Reihe (ich sagte ja, dass es kein richtiger Genrewechsel ist) arbeite, veränderte sich meine Arbeitsweise total. Das lag wahrscheinlich auch an meiner Einstellung und meinen Ambitionen. Ich wollte dieses Buch so schreiben, dass es (nach ein paar Abstrichen, Streichungen und sonstigen Änderungen) so in unsere Welt übertragbar wäre und, rein theoretisch, in jeder Stadt auf der Welt geschehen könnte. Dieses Fantasy-Krimi-Konstrukt entstand dadurch, dass ich eigentlich einen Krimi schreiben wollte, aber ohne langwieriges Recherchieren, da ich wegen meiner momentanen Lage nicht dazu im Stande bin, wie ich das gerne wäre. Aber Pustekuchen. Ich habe noch nie soviel recherchiert.

Zum ersten Mal kam ich nicht mit meiner herkömmlichen Plottmethode weiter. Ich bin darin übergegangen, meinen Plot von A bis Z durchzuplotten, da sich das ganze dann für mich einfacher gestaltete. Besonders da ich vorhabe eine Reihe zu schreiben und gerne Andeutungen und Verbindungen einbauen möchte, die erst in späteren Bänden gelöst werden, muss ich nicht nur die Handlung eines Buches aufsetzten, sondern auch noch andere Bände und Geschichten skizzieren, Zusammenhänge herstellen um das Ganze glaubwürdig erscheinen zu lassen.

Ich bin da aber etwas zwiegespalten. Einerseits mag ich dieses Ausarbeiten der Story, die sich manchmal noch erheblich ändert und ich mich dann voll und ganz auf das Schreiben konzentrieren kann. Andererseits verheddere ich mich in Szenen, bei denen ich nicht weiterkomme oder manchmal möchte ich eine ganz Andere schreiben, als ich eigentlich müsste.

Ich glaube, dass ich mittlerweile dieses Verfahren auch auf andere Projekte übertrage, was vielleicht gar nicht so schlimm ist.

Gruß,
SiRa

Derexor

@Sven, Eschbach hal allerdings in einem Interview erwähnt, dass er es nicht als "Sprung" gemeint hat, sondern als Entwicklung über die 100.000 Wörter hinweg.

Sven

@ Derexor
Das macht für mich keinen Sinn. Wenn ich über 100.000 Wörter hinweg eine Entwicklung mache, was ist danach? Mache ich dann während der nächsten 100.000 Wörtern auch eine Entwicklung? Oder habe ich dann über 200.000 Wörter eine Entwicklung gemacht?  ???

Das mit den Sprüngen deckt sich zumindest mit meinen Erfahrungen.
Beste Grüße,
Sven

Runaway

Diese Theorie mit dem Entwicklungssprung nach je 100 000 Wörtern kenne ich. Aber ich hab da auch weniger jemals einen plötzlichen Sprung gesehen als vielmehr eine kontinuierliche Entwicklung.

Was das Recherchieren für Fantasy angeht, bin ich zwiegespalten. Man muß definitiv eine ganze Menge recherchieren, denn sonst ist man unglaubwürdig und scheitert. Das stimmt.
Aber ich hab die Recherchearbeit nach dem Wechsel zu etwas "realistischem" doch als stärker erlebt. Was vielleicht daran liegt, daß ich mich immer schon schwer damit getan habe, nicht einfach alles so zu verbiegen, wie ich es gern hätte ;)
Ist aber letztlich auch wurscht. Wenn ein Autor für sein Buch, egal in welchem Genre, gut recherchiert hat, ist es auch egal, wieviel er im Vergleich zu anderen Büchern/Genres recherchiert hat.

Danke auf jeden Fall schon mal für eure spannenden Antworten, ist wirklich interessant, das auch mal von anderen zu hören!

gbwolf

#10
Sprünge kommen ganz unbemerkt und unvermittelt, finde ich. Beim mir war einer dieser Sprünge definitiv ein professioneller Schreibworkshop, der sich mit dem Charakter der Figuren beschäftigt hat. Aber auch viele andere Sachen. Das Testlesen bei anderen hat mir oft die Augen geöffnet, die Analyse fremder Texte jenseits des Deutschunterrichts (kurzgeschichten.de und Testleser sein).

Ob man viel recherchiert oder nicht hängt von ganz vielen Faktoren ab. Wenn einem eine Fantasygeschichte gefällt und den Lesern auch, dann ist es doch egal, ob ein paar Mopperer bemängeln, dass man mit den technischen Kenntnissen der Leute kein Stahlkrummschwert herstellen könnte. Ich würde natürlich moppern! Aber dann schau ich mir an, wieviele Leute sich im Kino von meines Erachtens kreuzdämlichen und unrealistischen Actionszenen unterhalten lassen und denke, dass man sich nicht schämen muss, wenn viele Menschen Freude haben. Sensationsgier, Talkshows und so lassen wir mal außen vor. Es geht um handwerklich solide umgesetzte Unterhaltung wie Fluch der Karibik ab Teil 2 (Auauaua!).

Das Kreuz mit der Recherche ist ja, dass man alles perfekt machen muss, wenn man einmal anfängt, etwas Ernstes zu schreiben, das stark ins Detail geht und den Menschen Dinge zeigen soll, die nicht alltäglich sind. Umgekehrt finden viele Leser wenig Recherche und Beschreibungen, die toll und faszinierend klingen oft interessanter als trockenen Realismus. Lesen tun wir ja auch aus Eskapismus heraus.
Habe unlängst so geschmunzelt, als ich diesen Blogeintrag im SF-Netzwerk gelesen habe. Hoffentlich treffe ich den übermorgen auf dem DortCon. Ich steh nämlich auf Mündungsgeschwindigkeiten und das Wissen, wann der Lauf einer Waffe heiß wird  ;) (Also auf Technobabbel, der nicht cool klingt, sondern echtes Fachwissen offenbart)

et cetera

Bei mir läuft die Entwicklung sowohl langsam und beinahe unmerklich ab, wie auch in deutlich spürbaren Sprüngen. Ich denke daher nicht, dass das eine das andere ausschließt.

Ich versuche mich nebenher an etwas Historischem und arbeite hier schon anders als beim Fantasy. Das liegt allerdings weniger am Rechercheaufwand (den ich schon als höher bewerte als bei einem Fantasyroman) oder am Genre, sondern daran, dass ich das Leben einer realen Person nacherzähle. Dadurch habe ich bereits die Eckpfeiler des Plot und brauche den nur noch auszuschmücken.
Bei einer Fantasygeschichte arbeite ich dagegen immer zuerst den Grundplot aus. Charaktere und Welt ergeben sich dann normalerweise ganz von selbst. Wenn die Grundidee steht, schmücke ich das ganze aus und ersinne mir ein paar Nebenhandlungsstränge.
Ich habe früher auch erst Charaktere und Welt ausgearbeitet, der Plot schien immer von selbst zu kommen. Aber ich habe gemerkt, dass das nur ein Trugschluss war. Durch die Charaktere und die Welt hatte ich immer nur eine Ausgangssituation, die mich über das erste Drittel getragen hat, danach ging mir aber immer die Puste aus. Ich kann einfach keine Geschichten schreiben, die alleine durch die Charaktere voran getrieben wird. Ich brauche also zuerst einen Plot, bevor ich irgendetwas mache.

@Nadine: Als ob FdK 1 viel mehr gewesen wäre als solide umgesetzte Unterhaltung ...  ;)

Berjosa

Bisher habe ich nur in einem Genre Romane zuende geschrieben, nämlich historische Krimis. Die sind bei mir von vornherein mit Denken und Planen verbunden. Ich suche mir die nötigen Elemente zusammen - wie bei Cluedo -, plotte nach Schema, recherchiere vor, und dann kann's so langsam losgehen mit dem Schreiben. Natürlich gilt, wie immer: Pläne sind dazu da, dass man sie umschmeißt. Beim Recherchieren tauchen unerwartet Dinge auf, die sich prima verwursten lassen oder aber alles durcheinanderbringen. Eine bisher unbekannte Figur will unbedingt mitspielen, eine andere entpuppt sich als überflüssig ...

Bei Fantasy ist zumindest der Anfang meistens anders. Ich habe eine Figur, manchmal auch mehrere, und eine ungefähre Idee für das Setting und/oder das Problem. Dann lasse ich die Figur loslaufen. Mit der Zeit kommen andere Figuren dazu, sie docken an irgendeiner älteren Idee an, ich stoße unterwegs auf faszinierende Kleinigkeiten der "echten" Welt, die prima in mein Setting passen, etc. Erst, wenn ich merke, dass sich die Geschichte von sich aus weiterentwickelt, stricke ich einen Plot dazu und bringe etwas System in die Sache. Von da an geht es weiter wie oben. Jetzt fehlt mir nur noch ein fertiger, verkaufter Fantasy-Roman als Beleg dafür, dass auch dieser Weg zum Erfolg führt ...

Sven

Daran merkt man aber auch, dass unterschiedliche Genres, unterschiedliche Herangehensweisen FORDERN.
Der Leser erwartet in einem Krimi etwas anderes, als in einem Fantasyroman. Ganz platt ausgedrückt, will man in einem Krimi vor allem einen cool konstruierten Fall haben und in einem Fantasyroman eine Heldenreise. Schon dadurch muss man sich jeweils auf andere Dinge konzentrieren. Es geht dabei um das "must have" und das "nice to have". Ersteres MUSS abgearbeitet werden und fordert halt entsprechende Herangehensweisen. Das Zweite hebt den Roman aus der Masse hervor.
Beste Grüße,
Sven

zDatze

ZitatGanz platt ausgedrückt, will man in einem Krimi vor allem einen cool konstruierten Fall haben und in einem Fantasyroman eine Heldenreise.
Also dieses "ganz platt ausgedrückt" tut mir jetzt echt weh. Wenn man immer nur in so eingefahrenen Schemata denkt, dann darf man sich nicht wundern, dass man seine Arbeitsweise nicht ändert. Und wenn am Ende dann nur ein 08/15-Roman herauskommt. (Das ist genauso eine bösartige Verallgemeinerung, das ist mir klar.)

Meine Arbeitsweise ändert sich im Moment noch ziemlich stark. Ich probiere noch herum und bin wohl noch auf der Suche nach meiner Arbeitsweise. Ob die sich jetzt von Genre zu Genre unterscheidet, kann ich daher noch nicht sagen. Vielleicht liegt die Lösung auch einfach darin, dass man sich nicht in einer Arbeitsweise festfährt? Wer weiß, wer weiß. ;D