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Wenn Emotionen die Handlung eines Werkes bestimmen

Begonnen von Telas, 22. März 2011, 16:53:23

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Wollmütze

Hm, also, dass ich meine momentane Gefühlslage auf meine Projekte übertrage, ist mir bisher nicht aufgefallen. Was ich im Moment aber öfters bemerke, ist, dass ich mich sehr stark von Musik beeinflussen lasse. Heißt: Schreibe ich gerade eine Szene mit heller, fröhlicher Atmosphäre und höre dabei(ohne es wirklich zu realisieren)den nächsten Track auf der Liste, der ziemlich düster klingt, kommen plötzlich Verschlagenheit und zwielichtige Personen in die Szene gestolpert, obwohl ich das gar nicht will *achselzuck*
Das ist mir auch letztens erst aufgefallen, und seitdem wähle ich entweder die Musik sehr genau oder höre mir vor der Szene die passende Musik an, mach sie dann aus und fang im Stillen an zu schreiben. Klappt meistens am besten... außer bei Kriegsszenen, da kann ich einfach nicht ohne den ganzen Epic-Kram von Two Steps From Hell und Audiomachine usw.
Aber okay, ich drifte ab. Also so ist das bei mir  ;D

Pamina

Die Frage finde ich wirklich interessant ... darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht  :hmmm:

Spontan würde ich sagen, dass ich gut unterscheiden kann, inwiefern ich meine Emotionen die Handlungen meiner Geschichten beeinflussen lasse. Ich bemühe mich immer, neutral an die Sache heranzugehen... aber wenn ich weiter so darüber nachdenke, dann glaube ich jedoch auch, dass meine Gefühle, die ich eben zum Zeitpunkt des Schreibens habe, mich irgendwie unbewusst leiten.

Bei Kurzgeschichten ist es so, dass ich mich bewusst an meinen eigenen Emotionen und Gefühlen orientiere, mich davon leiten lasse und hierbei finde ich es gut. Emotionsgeladene Kurzgeschichten gefallen mir besser, bei Romanen wiederum gefällt mir eine neutralere Schreibweise besser und so versuche ich das auch zu handhaben.

Rigalad

Meine Projekte leben recht stark von meinen eigenen Emotionen, vor allem weil ich nicht so stark auf die Handlung als eher auf Charakterentwicklungen baue. Deswegen nutze ich meine eigenen Emotionen schon dafür, sie auch in meinen Romanen zu benutzen.
Und da ich auch immer mal zukünftige Szenen im Hinterkopf habe, schreibe ich also einfach eine, die zu meiner Stimmung passt, wenn die aktuelle Szene ungünstig ist.
Mag vielleicht nicht so professionell sein, aber ich hoffe, einigermaßen glaubwürdig. :)

Leo

Hm...  :hmmm:
Es ist schon so, dass ich in einem gewissen Rahmen emotional auf eine Szene eingestimmt sein muss, um sie schreiben zu können. Normalerweise, wenn ich mich konzentrieren kann, schaffe ich es das gewünschte Gefühl in mir hervorzurufen. Manchmal kann ich mich aber gar nicht dazu aufraffen und schreibe lieber etwas anderes, was mir gerade mehr entgegen kommt.

Zitat von: Wollmütze am 26. März 2011, 20:01:32Was ich im Moment aber öfters bemerke, ist, dass ich mich sehr stark von Musik beeinflussen lasse.
Musik spielt auch eine wichtige Rolle, mein derzeitiges Projekt zum Beispiel verbinde ich sehr mit einer speziellen Musik, einzelne Songs assoziiere ich mit Charakteren oder Szenen; das hilft mir auch, in die jeweils richtige Stimmung zu kommen.
Heute ist mir beim Überarbeiten irgendwie etwas völlig anderes in die Playlist gerutscht, und ehe ich mich's versah hatte ich den Editor geöffnet und ein spontanes Brainstorming zu einer der Ideen begonnen, die noch als Stichpunktsammlung auf meiner Festplatte herumfliegen.

Manchmal passt meine emotionale Verfassung aber auch ganz gut in das, was ich gerade schreibe, auf diese Weise sind auch schon ein paar ganz tolle, unplanmäßige Szenen entstanden. Ich glaube, unterbewusst wird die Geschichte so immer beeinflusst, und ich kann mir nicht vorstellen, dass man etwas überzeugend schreiben kann, während man sich ganz anders fühlt.

LG, Leo

Judith

#19
Ich verarbeite meine Emotionen normalerweise nicht im Schreiben, zumindest nicht in dem Sinne, wie Andoras es im ersten Beitrag geschrieben hat:
ZitatLeider müssen meine Figuren dann oftmals dafür büßen, weil ihnen mächtige Feinde gegenübergestellt oder Krankheiten und Verletzungen angedichtet werden.
Andersherum ist es, wenn ich gute Laune habe, dann lasse ich auch gerne einmal eine Romanze oder ähnlich erfreuliches für die Charaktere einfließen.
Ungeplante Verletzungen oder Romanzen oder ähnliches sind bei mir nicht abhängig von meiner Stimmung beim Schreiben. Ob ich den Figuren auf einmal fiese Dinge antue (oder auch schöne), kann mir sowohl bei guter als auch schlechter Laune einfallen. Ich schreibe normalerweise nicht etwas, das gerade zu meine Stimmung passt (außer, wenn es sich durch Zufall so ergibt).

Eher ist es bei mir umgekehrt:
Sobald ich zu schreiben beginne, blende ich meine bisherige Stimmung quasi aus und steige in die Stimmung der Geschichte ein. Und die Emotionen der Szene beeinflussen dann manchmal sogar meine eigenen. Wenn meine Figuren grad vor Glück überschäumen, beende ich das Schreiben oft selbst mit guter Laune und einem Lächeln auf den Lippen. Und wenn im Roman gerade alles schiefläuft, bin ich manchmal selbst ganz geknickt.

phoe

Bei mir spielen Emotionen eine große Rolle. So passiert es mir, wenn ich etwas sehe, das mich auf irgend eine Art anspicht und Gefühle in mir auslöst, kann das schon mal der Ausgangspunkt für eine Geschichte werden.
z.B. habe ich letztes Jahr gesehen, wie ein Mann zwei gesunde Bäume fällte. Nach meier Frage, warum das Ganze. War seine lapidare Antwort, er hätte keine Lust mehr, das Laub weg zu machen. Ich war so in Wut über diesen Menschen, das ich sofort die Geschichte im Kopf, dann auf Papier hatte. Und dabei ist der Typ nicht gut weg gekommen. ;D
Oder ich - fast 48 - sitze da, habe gerade die Szene geschrieben, in der meine kleine Elfe mit zerissenen Flügelchen da hockt und lese mir das Ganze noch einmal durch, habe ich doch tatsächich fast Tränen in den Augen und ein bedrückendes Gefühl ganz tief drin.
Wenn ich eine Geschichte schreibe, die nur das Thema behandelt oder ich emotional nicht voll dabei bin, dann tu ich mich schon bisschen schwerer.

Rosentinte

Hallo,
bei mir ist es auch so, dass mein Schreiben meine Gefühle beeinflusst, aber normalerweise versuche ich Gefühle so gut es geht während des Schreibens auszublenden.
Wenn ich aber gerade wirklich z.B. wütend bin, dann überarbeite ich gerne eine Szene, in der Wut eine Rolle spielt. So kann ich das Gefühl viel realer darstellen und beschreiben.
LG, Rosentinte
El alma que anda en amor ni cansa ni se cansa.
Eine Seele, in der die Liebe wohnt, ermüdet nie und nimmer. (Übersetzung aus Taizé)

Maria

Judith beschreibt sehr gut, was ich auch erlebe.

Hängt natürlich vom Projekt ab. Einen Romanplot werfe ich sicher nicht wegen einer momentanen Stimmung um, sondern eher wegen logischer Brüche oder weil sich die Szene beim Reinschreiben nicht so stimmig liest wie geplant.

Anders bei Kurzgeschichten.
Wenn ich sehr traurig bin, kann es schon sein, dass ich an diesem Tag eine traurige Kurzgeschichte schreibe, in die das reinfließt, was mich beschäftigt. Aber bei längeren Projekten würde es ja mal Hüh mal Hot gehen und komplett aus dem Ruder laufen, zumindest bei mir.

Kati

Beim Plotten kommt es stark darauf an, wie ich mich gerade fühle. Ich habe eine Grundidee und daraus wird dann etwas gemacht. Bin ich schlecht drauf, wird es düster, bin ich gut drauf, bunt und märchenhaft. Das ist mir erst vor kurzem aufgefallen. Die Geschichten, die ich in den letzten Monaten angeplottet habe, sind alle sehr düster, aber die neueren, die ich jetzt in Angriff nehme, nicht mehr.

Beim Schreiben selbst halte ich mich an den Plot, den ich vorher gemacht habe. Ich kann auch nur mit relativ guter Laune schreiben, sonst kriege ich es nicht auf die Reihe.

Siliel

Wenn ich meine Gefühle wirklich direkt in ein Projekt einfließen lassen würde, dann gäbe das wohl auch ein Chaos, bei dem niemand mehr richtig durchblickt, mich eingeschlossen.
Aber wirklich heraushalten könnte ich sie auch nicht, denn dazu ist das Schreiben zu viel Rückhalt geworden. Wenn es mir richtig mies geht bin ich deswegen noch am produktivsten (Außer ich bin krank oder es geht wirklich gar nichts mehr), weil ich mir den Frust ein wenig aus der Seele schreiben kann. Und dann ist es auch egal, ob ich jemanden zu Tode foltere oder ausgelassene Stimmung beschreiben muss.

Kraehe

Bei mir sind die Emotionen normal auch nicht tonangebend fürs Schreiben.
Präziser: Stimmungen/Emotionen beeinflussen kurze Texte, die mal entstehen, als Gedankenabrisse, nicht als große Werke.
Aber wenn ich an Langprojekten/Romanprojekten sitze, dann kann ich meine aktuelle Verfassung außen vor lassen. Muss ich sogar, finde ich. Ein Roman hat ja selbst eine Stimmung und ein Flair, in dem er funktioniert. Da kann ich ja nicht mit meinen eigenen Emotionen reinpoltern und alles ändern.

Andersrum bin ich auch eher der Typ, der Stimmungen aus dem Schreiben ins Leben verschleppt. Das kommt schon eher mal vor... aber generell passiert das - zum Glück - eher mit guten Gefühlen als mit schlechter Laune ;)

Und generell ist das einzige, was meine Emotionen beeinflussen, dass es mir wesentlich leichter fällt, mit dem Schreiben anzufangen, wenn ich nicht zu sehr abgelenkt bin mit Stimmungen. Dann finde ich mich wensentlich leichter in die Story-Stimmung, das ist dann produktiver :)

Thaumaturgon

Ich finde, dass die eigene, akute Gefühlslage in einem Roman rein gar nichts verloren hat. Ich war zwar auch schonmal so wütend, dass ich zwei, drei Tage lang überhaupt nicht schreiben konnte, aber generell überträgt sich die Stimmung der Szene, an der ich schreibe, eher auf mich, als dass ich meine Stimmung in das Buch einfließen ließe. Da muss man sich dem, was man selber gerne lesen würde, einfach unterordnen.
Was gibt es schlimmeres, als zu bemerken, dass der Autor eines Buches, für das man Geld bezahlt hat und das nun in den eigenen, erwartungsvollen Händen liegt, dazu benutzt hat, seine Launen auszukotzen? Hat er sich eine gute Geschichte ausgedacht, sich auf den Lesegenuss konzentriert, auf Spannungsbögen und runde, volle Charaktere, oder vor allem darauf, seine Gefühle auszuleben? Beides zugleich vermutlich jedenfalls nicht. Wenn ich bemerke, dass das Buch zur letzteren Sorte gehört, lege ich es weg, und weiß, dass das kein Autor für mich ist. Denn der schreibt ja für sich, und nicht für mich.

Abgesehen davon, dass ich der Meinung bin, dass der Plot eines Buches fertig sein sollte, ehe man zu schreiben beginnt, finde ich die Vorstellung, einen Roman als emotionales Speibecken zu verwenden, reichlich pubertär. Das kann man zu eigentherapeutischen Zwecken praktizieren, ja. aber dann sollte man die Menschheit BITTE mit dem Resultat verschonen. Es gibt schon genug schlechte Bücher.

Nur meine eigene, vielleicht unbeliebte Meinung.

Sachmet

Bei mir ist es ebenfalls so, dass meine Emotionen bestimmen, ob ich mich an den Computer setze und schreibe, oder eben nicht. Während des Schreibprozesses ist das kein Problem mehr, da ich dann keine eigenen Emotionen mehr empfinde, sondern nur die meiner Figuren. Eigentlich ist das Schreiben daher die ideale Ablenkung für mich.
Gerade ist es nur leider so, dass ich vor nicht allzu langer Zeit großen Mist gebaut habe (hängt entfernt mit dem Schreiben zusammen). Und jetzt bekomme ich schon bei dem Gedanken daran, meinen neuen Roman anzufangen, Bauchschmerzen und mittelschwere Panikattacken. Nächste Woche werde ich dann höchstwahrscheinlich die Quittung bekommen, eine Zeit lang am Boden zerstört sein und dann wieder in die Tasten hauen.
Also ja, Emotionalität spielt bei mir eine riesengroße Rolle.

Shin

Emotionen schlagen sich bei mir immer aufs Schreiben aus, vor allem negative Gefühle, wenn  ich grad mal wieder eine depressive Phase habe.
Meistens versuche ich dann aber meine derzeitige Hauptgeschichte liegen zu lassen, wenn meine Stimmung gerade nicht passt. So fange ich häufig an, einfach etwa Neues zu schreiben. Eine Kurzgeschichte, oftmals Gedichte, viel eher poetisch und nachdenklich Angehauchtes. Das Schreiben ist sozusagen mein Ventil. Währenddessen werde ich mir meiner Gefühle und Probleme besser bewusst und kann sie auch verarbeiten. Nachher geht es mir dann viel viel besser! Eine kleine Art der Selbsttherapie sozusagen!  ;)
"The universe works in mysterious ways
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- AJR
"It's OK, I wouldn't remember me either."        
- Crywank          

Assantora

Also ich persönlich kann besser schreiben, wenn ich Gute Laune habe. Aber wenn ich mal nicht so gut drauf bin, kann Schreiben auch meine Laune heben, so viel dazu.

Was die Emotionen meiner Figuren angeht, liebe ich Szenen, wo sich Personen streiten. Ich tauche dann förmlich in diesen Streit vollkommen ein, merke wie ich anfange auf der Tastatur beinahe zu hämmern, habe eine irre Schreibgeschwindigkeit und bemerke dabei keinerlei Rechtschreibfehler mehr, die kann man doch später noch korrigieren.

Geschichten leben von ihren Emotionen, warum sollte es umgekehrt nicht genauso sein? Von daher denke ich, dass man da eine gesunde Mischung finden muss.