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Ganz genau! - Oder doch nicht?

Begonnen von Feuertraum, 17. Februar 2011, 20:15:26

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Feuertraum

Einen wunderschönen guten Abend!

Ich tippe gerade das dritte Kapitel meiner Krimikomödie ab und bin dabei über eine Sache gestolpert, die mich gerade ein wenig ins Grübeln bringt. Es geht um den Bereich: Muss etwas der Vollständigkeit halber erwähnt werden oder ist es klar, wenn statt der Aktion das Ergebnis steht, dass man die Aktion nicht weiters beschreiben muss.

Beispiel:
Die beiden Einbrecher huschen ins Haus. Einer der beiden entzündet zwei Kerzen.

Was mich nun ein wenig sehr verunsichert ist, dass ich nicht geschrieben habe, dass der Einbrecher die Kerzen an Streichhölzern entzündet (die gab es zu diesem Zeitpunkt schon).
Nun grübele ich gerade: muss ich erwähnen, dass der Einbrecher erst ein Streichholz entzündet oder reicht es aus, wenn es heißt, er entzündete die Kerzen?
Wie händeln Sie das: Sind Sie da sehr genau? Oder empfinden Sie das zu Genaue sogar als störend?

Neugierige Grüße
Feuertraum
Was hat eigentlich He-Man studiert, dass er einen Master of the universe hat?

Sprotte

Das hängt absolut davon ab, wie viele Details ich in einer Szene unterbringen will.
Die Sache mit den Streichhölzern wäre mir persönlich jetzt nicht wichtig genug (es sei denn, es ist später entscheidend, daß Person A die Streichhölzer hat, dann würde ich auf sie hinweisen!).
Wenn diese Szene ein hohes Erzähltempo verlangt, müssen die Streichhölzer sogar unterschlagen werden, weil sie ausbremsen.

Kraehe

Würde ich so ähnlich sehen.
Wenn es später nicht relevant ist, weil sie z.B. mit diesen Streichhölzern überführt werden o.ä. kann man die weglassen. Würde ich zumindest, wenn es wirklich eine "schnelle" Szene wäre.
Man kann dem Leser ja irgendwann unterstellen, dass er sich in die Geschichte und die Welt eingelesen hat und dass er sich dann die Frage nach dem Wie u.U. selbst beantwortet. Oder dann eben drüberliest... Und "Streichholz" ist ja zur Not schnell geschrieben ;)

Sanne

Hallo Feuertraum!

Hmm.

Ist es nicht so, dass man einen Ablauf von Bildern vor sich sieht, wenn man eine Szene beschreibt?

Dann würde ich es danach entscheiden, ob mir etwas fehlen würde beim "Zusehen".

Ansonsten immer danach entscheiden, was wichtig für die Geschichte ist.

Sonst könnte man ja auch überlegen, ob man die Tischdecke beschreiben muss - was aber nur sinnvoll ist, wenn darauf zum Beispiel die Mordwaffe liegt und man den Blick darauf lenken möchte?

Kann man glaube ich nicht eindeutig mit ja oder nein beantworten, weil es auf die Situation ankommt ...?

Nicht sehr hilfreich nehme ich an.  :hmmm:

Mitgrübelnde Grüße
Sanne^^

sirwen

Macht es denn einen Unterschied, ob es ein Streichholz oder ein Feuerzeug ist? Wenn ja, würde ich es mit reinschreiben. Ansonsten ... solange Magie nicht im Spiel ist, kann es dem Leser ja egal sein, wie die Kerzen angezündet werden, wenn es gerade eine temporeiche Szene ist.

Derexor

Meiner Meinung nach, sind die Streichhölzer zu vernachlässigen. Bei mir gehört sowas in die Kategorie von "Wo ist das Stromkabel des Hauses verlegt?", wenn auch nicht ganz so extrem. Wenn sie natürlich weitere Bedeutung haben, dann unbedingt beschreiben.




Grey

Ich finde es immer ganz besonders reizvoll, einen Text so zu schreiben, dass der Leser möglichst viel selbst hinein assoziiert, ohne sich dessen bewusst zu sein. Unser Gehirn macht das ja sowieso die ganze Zeit - Informationsbröckchen nehmen und mit Assoziationen auffüllen, damit ein sinniges Gesamtbild entsteht. Wenn ich also schreibe: "Der Mann fiel zu Boden. Das Sektglas zerbrach in tausend Scherben.", dann entsteht im Kopf doch schon eine vollständige Situation. Und gleichzeitig bleibt genug Freiraum, dass jeder Leser die Situation selbst mit Details füllen kann. Das macht sie in meinen Augen lebendiger als zu viele Einzelheiten. Wenige, eindrückliche Assoziationsreize erschaffen ein plastischeres Bild als wenn der Autor dem Leser jeden Schnörkel auf der Tischdecke vorgibt. Zumindest fahre ich mit diesem Ansatz bisher ganz gut. :)

Julia

#7
Zitat von: Feuertraum am 17. Februar 2011, 20:15:26
Beispiel:
Die beiden Einbrecher huschen ins Haus. Einer der beiden entzündet zwei Kerzen.

Mir persönlich würde das völlig reichen - es beschreibt alles, was ich brauche, um ein Bild in meinem Kopf entstehen zu lassen.

Farean

#8
Ich habe es schon immer gern detaillierter. Wenn das Ganze in einem Setting spielt, in dem es außer Streichhölzern keine [sinnvolle] Alternative gibt (z.B. Gaslight-Era), wäre mir der Satz so ausreichend. In unserer heutigen Zeit hätte ich, wenn die Streichhölzer nicht erwähnt werden, völlig selbstverständlich ein Feuerzeug vor Augen. (Wobei ich mich in unserer heutigen Zeit auch fragen würde, warum der Einbrecher Kerzen entzündet, anstatt die Taschenlampe herauszuholen, aber das steht auf einem anderen Blatt.) Natürlich stellt sich da die Frage - mal abgesehen davon, ob es für die weitere Handlung relevant ist -, wieviel Wert man als Autor darauf legt, daß die Bilder den Transport von Kopf zu Kopf unverändert überstehen.

Allerdings habe ich den Detailreichtum auch immer gern so kurz und bündig (und stimmungsvoll) wie möglich "kondensiert". Ungefähr so (ins Unreine):

"Die beiden Einbrecher huschten ins Haus. Das Ratschen eines Streichholzes zerriß die Stille, wie die Flamme die Dunkelheit. Schweigend drückte der Kleinere seinem Kameraden die eine entzündete Kerze in die Hand und hielt selbst die andere in die Höhe."

zDatze

Ich finde Fareans Bemerkung zum Setting ja sehr interessant. Wenn sich die Figuren in einer unbekannten Welt bewegen, sind solche Details vielleicht der Haken mit dem man sich Leser angeln kann. Einmal von dem Nebeneffekt abgesehen, dass man seiner Welt damit mehr Plastizität verleihen kann. Natürlich kann man das auch wieder übertreiben, keine Frage.
Ich selber mag Details. Oft denke ich mir dann beim Lesen auch: Wow, darauf wäre ich nie gekommen.

Bei dem Argument "nur erwähnen, wenn sie später noch gebraucht werden" bin ich eher skeptisch. Da kann es schnell passieren, dass der Leser sofort Lunte riecht, wenn man ihm auf einmal ein Detail vor die Nase pflanzt und sonst darauf verzichtet.

Bei schnellen Szenen sehe ich ein, dass man auf unnötige Details verzichtet. Wer achtet bei einer überstürzten Flucht schon auf die Häuserfassaden? (Außer man kann da hochklettern und den Verfolgern auf diese Weise entkommen. ;D )

Farean

Zitat von: zDatze am 18. Februar 2011, 11:31:29
Bei dem Argument "nur erwähnen, wenn sie später noch gebraucht werden" bin ich eher skeptisch. Da kann es schnell passieren, dass der Leser sofort Lunte riecht, wenn man ihm auf einmal ein Detail vor die Nase pflanzt und sonst darauf verzichtet.
Guter Punkt. Wenn es in dem Szenario Geheimnisse geben soll und kleine Hinweise, die Protagonist und Leser zunächst beide übersehen, dann ist Detailreichtum ein Muß, unabhängig von der Relevanz.

Telas

Da Ihnen hierbei kein Fehler in der Logik unterlaufen kann, Feuertraum, würde ich mich allen anschließen, die die Erwähnung der Streichhölzer weglassen würden.
Der Leser weiß schließlich ohnehin, dass es nur die Möglichkeiten Feuerzeug und Streichholz geben kann. Aber selbst wenn Sie es noch nachträglich einbauen, finde ich das nicht zu genau, da es dennoch mit der direkten Handlung des Einbrechers zu tun hat.
Zu genau wird es mir, wenn irgendwelche Gegenstände bis ins kleinste Detail beschrieben werden, die zum Beispiel nur im Regal stehen und gar nichts mit der Handlung zu tun haben, außer dass der Perspektivträger sie vielleicht gerade anschaut.

Lisande

#12
Zitat von: Andoras am 18. Februar 2011, 13:19:24
Da Ihnen hierbei kein Fehler in der Logik unterlaufen kann, Feuertraum, würde ich mich allen anschließen, die die Erwähnung der Streichhölzer weglassen würden.
Der Leser weiß schließlich ohnehin, dass es nur die Möglichkeiten Feuerzeug und Streichholz geben kann. Aber selbst wenn Sie es noch nachträglich einbauen, finde ich das nicht zu genau, da es dennoch mit der direkten Handlung des Einbrechers zu tun hat.
Zu genau wird es mir, wenn irgendwelche Gegenstände bis ins kleinste Detail beschrieben werden, die zum Beispiel nur im Regal stehen und gar nichts mit der Handlung zu tun haben, außer dass der Perspektivträger sie vielleicht gerade anschaut.

Gute Zusammenfassung. Mir fällt dazu ein Roman von Georgette Heyer (die ich eigentlich durchaus mag) ein, in dem sie über 2 Seiten die Lebensgeschichte eines Pagen beschreibt, der in diesem Roman nur ein einziges Mal ziemlich am Anfang auftaucht, um eine Tür zu öffnen...

Okay, der Page selber gehörte in die Szene. Um eben darzustellen, dass wir uns in einem hochherrschaftlichen Haus befinden, indem man nicht selber die Türen hat, sondern eben ein Page sowas übernimmt. Damit war seine Bedeutung aber auch völlig erschöpft...  er selber, seine Familie und seine Geschichte spielten an sonsten überhaupt keine Rolle.

Und da sollte man dann auch die Grenze ziehen. Details, ja - soweit sie (später) gebraucht werden, oder die Stimmung mitbegründen - aber bitte nicht zu viel.

Farean

Zitat von: Lisande am 18. Februar 2011, 16:20:29
Und da sollte man dann auch die Grenze ziehen. Details, ja - soweit sie (später) gebraucht werden, oder die Stimmung mitbegründen - aber bitte nicht zu viel.

"Die Dosis bestimmt, wes Ding ein Gift sei." -- Paracelsus

Klar, man sollte nicht zu viele nicht-plotrelevante Details schildern. Aber auch nicht zu wenige.

Feuertraum

Hallo!

Ersteinmal vielen lieben Dank für die vielen Antworten. Ich habe mir heute erlaubt, eine Textpassage einer Bekannten zum Lesen zu geben ohne vorerst zu verraten, ob ihr das mit den fehlenden Streichhölzern aufgefallen wäre.
Hinterher habe ich es ihr "gestanden", doch sie meinte, dass es nicht auffällt.
Von daher lasse ich es so, außer meine Betaleser würden das wirklich bemängeln.

@ zDatze:

ZitatBei dem Argument "nur erwähnen, wenn sie später noch gebraucht werden" bin ich eher skeptisch. Da kann es schnell passieren, dass der Leser sofort Lunte riecht, wenn man ihm auf einmal ein Detail vor die Nase pflanzt und sonst darauf verzichtet

Bei dem "nur erwähnen, wenn..." bin ich auch etwas skeptisch, wobei es sicherlich richtig ist, dass etwas Wichtiges auf jeden Fall in der Szene auftauchen sollte, ansonsten ist es ein Logikfehler. Kleines Beispiel: Wenn ein Autor nicht erwähnt (egal ob beiläufig oder explizit), dass auf einem Schreibtisch ein Brieföffner liegt, kann man nicht plötzlich einen Menschen damit erstechen.

LG
Feuertraum


Was hat eigentlich He-Man studiert, dass er einen Master of the universe hat?