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Engel und Dämonen

Begonnen von Drachenfeder, 21. Dezember 2010, 14:16:31

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Aphelion

Zitat von: mika am 28. März 2012, 10:21:02
Angeblich sind die Apokryphen ja auch die verlorenen Bücher der Bibel.
Jain. Die Apokryphen und die Bücher, die heute in der Bibel stehen (bzw. in einer ... Achtung, es gibt verschiedene!) wurden beide ja irgendwann mal geschrieben. Bei der Entstehung an sich gibt/gab es noch keine großen Unterschiede.
Der Unterschied "in der Bibel vs. nicht in der Bibel" kam schlicht dadurch zustande, dass man nicht *alle* jemals geschriebenen Evangelien, Briefe, Apostelgeschichten usw. in das Buch (=die Bibel) aufnehmen konnte. Also wurde ein sog. Kanon festgelegt. Man könnte auch sagen: Die Plätze in der Anthologie waren begrenzt.
Die Bibel ist letztlich eine Sammlung von mehr oder weniger lehrreichen Geschichten und Hintergrundinformationen, von denen die "Oberen" der geistlichen christlichen Welt irgendwann mal meinten: Das ist wichtig, das sollte man (als Geistlicher) kennen, daran soll man sich orientieren (als "Richtschnur", also Kanon eben). Bzw.: Das untermauert unseren Glauben und unsere Ansichtsweise. Stand der Zusammenstellung: Ende Antike/beginnendes Mittelalter.

Bezieht man sich also beispielsweise bzgl. Engeln und Dämonen auf Apokryphen, hat das zwar nicht zwingend einen christlichen Anspruch (weil das eben keine kanonisierten Schriften sind), aber auf jeden Fall einen historisch-my(s)thischen. Und um den geht es bei diesem Thema denke ich auch eher, oder?

Man sollte nur aufpassen, was alles als Apokryph bezeichnet wird. Manchmal wird der Begriff auch von esoterischen Gurus verwendet, um das eigene Geschwafel aufzuwerten. Deshalb sollte man immer lieber nochmal recherchieren, ob das auch wirklich ein Apokryph ist, was man da vor sich hat.

Alessa

Zitat von: Debbie am 28. März 2012, 09:42:20
@Alessa: Nach meiner Erfahrung gewinnt ein Plot durch viel Recherche. Beim Wälzen einschlägiger Literatur bekommt man jede Menge Inspiration, Plot-Ideen und Detailwissen, welches die eigene Geschichte von anderen abhebt.
Das kann ich nur ganz dick unterstreichen. Dank eurer Hilfe ist nun eine Link- und Bücherliste entstanden, bei denen ich mit meiner Recherche beginne. Ohne die Bücherliste hätte ich nicht wirklich gewusst, wo ich überhaupt anfangen muss/kann, außer Wikkipedia. Nun kann ich damit in unsere Bibliothek marschieren, mit der Hoffnung, dort einige der Bücher zu bekommen. Vielen Dank an Euch.  :knuddel:

Zitat von: Aphelion am 28. März 2012, 12:25:35
Bezieht man sich also beispielsweise bzgl. Engeln und Dämonen auf Apokryphen, hat das zwar nicht zwingend einen christlichen Anspruch (weil das eben keine kanonisierten Schriften sind), aber auf jeden Fall einen historisch-my(s)thischen. Und um den geht es bei diesem Thema denke ich auch eher, oder?
Ja, genau, jedenfalls gehen meine Gedanken in diese Richtung. Engel haben ja, jedenfalls nach meiner Auffassung, nicht nur einen biblischen, sonderen auch einen mythischen Hintergrund, den ich eher aufgreifen möchte. Inwieweit ich dann dennoch auf die Bibel zurückgreife, ist mir noch nicht klar.

Zitat von: Aphelion am 28. März 2012, 12:25:35
Man sollte nur aufpassen, was alles als Apokryph bezeichnet wird. Manchmal wird der Begriff auch von esoterischen Gurus verwendet, um das eigene Geschwafel aufzuwerten. Deshalb sollte man immer lieber nochmal recherchieren, ob das auch wirklich ein Apokryph ist, was man da vor sich hat.
Danke für die Warnung Aphelion  :knuddel:, ich werde sie berücksichtigen.

Abakus

#92
Hallo zusammen  :)

Vielleicht hat jemand von euch an Ostern die Dokumentation über Jesu Auferstehung gesehen? Darin ging es, neben dem zentralen Thema Auferstehung, auch um Engel. Speziell wurde der Engel erwähnt, der Maria Magdalena am Grab Jesu sagte, "was suchst du den Lebenden bei den Toten?"
Unter anderem wurde das Turiner Grabtuch behandelt. Es kamen mehrere Wissenschaftler zu Wort, aber in einem waren sie sich einig. Nämlich, dass das Grabtuch echt sein müsse. Denn der Abdruck auf dem Tuch, sei dreidimensional "eingebrannt". Um den Begriff "eingebrannt" kurz zu erklären: zur Zeit Jesu wurden die Toten in einem Tuch fest verschnürrt ins Grab gelegt. Selbst, wenn der zu Grabe getragene noch gelebt hätte, hätte er sich nicht aus dem Tuch befreien können. Die Art und Weise wie sich der Körperabdruck Jesu in das Tuch eingebrannt hat, bestehe darin, so die Doku weiter, dass das Licht in alle erdenklichen Richtungen, von Jesu ausgehend, gestrahlt haben muss. Er sich also in Licht aufgelöst hat, um sich aus dem Tuch zu befreien, um danach wieder als Mensch zu erscheinen. Während dieses Prozesses habe sich der Körperabdruck in das Tuch eingebrannt. Eine andere Möglichkeit gebe es laut Doku und den darin zu Wort kommenden Wissenschaftlern nicht.

Zit

Das Turiner Grabtuch kann nicht "echt Jesu" sein, weil das Gesicht in keinster Weise verzerrt ist, ebenso die anderen Abdrücke. Mal vom Alter ganz abgesehen, das man mit der Radiokarbonmethode bestimmt hat ... Focus hat vor Kurzum auch mal wieder einen Artikel darüber gebracht. Da steht das im Grunde ebenso drin.

Aber, ganz ehrlich, ob das Ding nun echt ist oder nicht, ist letztlich egal, weil eine Reliquie nur eine, in diesem Falle im wahrsten Sinne des Wortes, Verstofflichung von Glauben ist, eben ein Sinnbild wie der gekreuzigte Jesu in der Kirche. Imho.
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt

Abakus

Anfang Januar 2011 habe ich geschrieben, so ist es auf Seite 2 dieses Threads nachzulesen, dass ich eine Übersicht über die Erzengel erstellen wollte. Heute, fast 1 1/2 Jahre später, habe ich es noch nicht gemacht. Sowas aber auch.  :pfanne: Ich werde das korrigieren und nun anfangen an einer Übersicht zu basteln.

Abakus

#95
Erzengel

Laut der Überlieferung sollen sieben Erzengel existieren. Der Koran beispielsweise erkennt nur vier Erzengel an und nennt nur zwei mit Namen – Jibril (Gabriel) sowie Michael.

Christliche und jüdische Quellen stimmen darüber ein, dass es sieben Erzengel gibt, allerdings weiß man auch nicht so wirklich, wer denn diese sieben nun sind. Vier Namen tauchen regelmäßig auf. Es sind Michael, Gabriel, Raphael sowie Uriel. Die restlichen drei anderen Namen werden ausgewählt aus folgenden Kandidaten: Metatron, Remiel, Sariel, Anael, Raguel und Raziel.

Erzengel Micha-el

Sein Name kann bedeuten ,,Wer ist wie Gott". In den meisten christlichen Überlieferungen ist er überhaupt der ,,Größte". Tatsächlich sind er und Gabriel die einzigen, die im Alten Testament erwähnt werden, ausgenommen Raphael, der sich im katholischen Buch Tobias vorstellt. Ursprünglich war Micha-el eine chaldäische Gottheit, aber seit diesen uralten Tagen hat er mit seinen kühnen Taten die Vorstellungskraft der Menschen mehr gefesselt als irgendein anderer Engel. Viele seiner Taten werden auch anderen Erzengeln zugeschrieben. Dass dies geschehen konnte, ist ein Maß für Michaels Beliebtheit.

In einem Bericht heißt es, er habe in einer einzigen Nacht allein 185000 Mann der Armee des assyrischen Königs Sanherib ausgelöscht, der im Jahre 701 v. Chr. Jerusalem bedrohte. Es wird Michael auch zugeschrieben, Abraham in den Arm gefallen zu sein, als dieser seinen Sohn Isaak opfern wollte. Der jüdischen Überlieferung nach war es wieder Michael, der Moses im brennenden Dornbusch erschienen ist, und der auch bei seinem Begräbnis auftritt, wo er mit Satan darüber streitet, wem der Leichnam des alten Patriarchen gehören soll. Es ist wiederum Michael, der vom Himmel herabkommen wird, ,,den Schlüssel zum Abgrund und eine große Kette in seiner Hand", und der den satanischen Drachen auf tausend Jahre binden wird (Offenbarung 20,1).

Er bleibt der unbesiegbare Held im ersten Kampf gegen Satan: im Einzelkampf besiegt er den Erzfeind und wirft ihn aus dem Himmel. Eine andere, bekanntere Version hiervon ist natürlich diejenige, in der er den Drachen unterwirft, obgleich inzwischen St. Georg* das Monopol für diese großen Schlangen hat.

Michael wird meist mit dem blanken Schwert dargestellt, ein Zeichen dafür, dass er der große Held Gottes ist. In einem seltsamen Abschnitt bei Daniel spricht Gott in einer uncharakteristischen, bescheidenen Weise und gibt zu, dass er unvermeidbar aufgehalten wurde, als er ein versprochenes Zusammentreffen mit dem Propheten einhalten wollte. Als Grund dafür gibt er an, dass Cyrus, der Fürst von Persien, ihm einundzwanzig Tage lang erfolgreich widerstanden hätte. Er sagt zu Daniel: ,,Aber Michael, einer der führenden Fürsten, ist mir zur Hilfe gekommen." Er gesteht, dass ,,in all dem niemand ihm Hilfe geleistet hat, als nur Michael, dein Fürst, auf den ich mich verlasse und der meine Kräfte erneuert." Hieraus können wir entnehmen, dass Michael der Schutzengel Israels war, aber es sieht auch so aus, als ob er der Einzige ist, der noch zum Thron hält, wenn dieser schon im Wanken begriffen ist.

Es gibt muslimische Traditionen, die Michael als wundervolle Gestalt beschreiben. ,,Smaragdgrüne Flügel bedeckt mit safranfarbenem Haar, jedes von ihnen zeigt Millionen Gesichter und Münder und ebenso viele Zungen, die in Millionen Dialekten Allah um Vergebung bitten." Im Koran heißt es auch, dass sich aus den Tränen, die dieser große Engel über die Sünden der Gläubigen weint, Cherubim bilden.

In persischen Legenden aus früherer Zeit wird Michael mit Beshter gleichgesetzt, ,,derjenige, der das Menschengeschlecht mit Nahrung versorgt." In einer der Schriftrollen vom Toten Meer, Der Kampf der Söhne des Lichts gegen die Söhne der Finsternis wird Michael ,,der Fürst des Lichts" genannt, der ein Heer gegen die dunklen Legionen Belials, des Fürsten der Finsternis, anführt. In dieser Rolle ist Michael der Vizekönig des Himmels, was, seltsam genug, der Titel des Fürsten der Finsternis vor dessen Fall war.

Michael ist ebenso bekannt als Engel des Jüngsten Gerichtes und als ,,einer, der die Seelen wägt". Insofern reicht sein Stammbaum zurück bis in die Zeit, wo die Kinder Israel Gefangene in Ägypten waren. Dort war Anubis derjenige, der die Herzen der Verstorbenen wog. Diese hunde- oder schakalköpfige Gottheit wurde mit dem wichtigsten Stern am ägyptischen Himmel, dem Hundsstern Sirius, gleichgesetzt. In Persien ist dieser Stern als Tistar bekannt, ,,das Oberhaupt", und im altbabylonischen Akkad war die Bezeichnung für ihn Kasista, was soviel wie Prinz oder Führer hieß. Fügen wir noch ein wenig Hebräisch hinzu (sar = Befehlshaber oder Fürst) und wir kommen dem ,,Fürsten und Befehlshaber der Sterne(nengel) Michael" sehr nahe. Seine pfauenfedergeschmückten Flügel erinnern an die Augen der ägyptischen Himmelskönigin Nut, deren Feder das Gegengewicht zu einem menschlichen Herzen war, das Anubis abzuwägen hatte.

Im Mittelalter galt Michael auch als der Psychopompos*, der die Seelen in die andere Welt geleitete. Als sich die Kirche bemühte, die heidnischen Verehrerinnen und Verehrer alter römischer Gottheiten, die dem Gott Merkur die Treue gehalten hatten, an sich zu binden, wurde Michael mit vielen Attributen dieses Gottes der Unterwelt ausgestattet. Dem Michael geweihte Kapellen schossen über den Ruinen der früheren Tempel empor, die ohne Ausnahme auf Hügeln oder anderen erhöhten Stellen gebaut worden waren. So wurde Michael, wie Merkur, zum Seelenführer der Toten. Die vielen ,,Michaelsberge", die wir in ganz Europa finden können, zeigen von der Macht dieses alten Archetypus – dem Grabhügel der Toten. Viele dieser Anlagen waren in früheren Zeiten Brennpunkte von Erdkräften namens Drachenkraft, so dass es wohl kaum Zufall ist, dass Michaels Ruhm mit der Vernichtung des Drachen verknüpft wurde. Ein anderes merkwürdiges Verbindungsglied führt zu dem Gott-Magier Hermes, der in vielen Fällen mit Merkur gleichzusetzen ist. Die Griechen nannten Hermes auch den Psychopompos und sein phallischer Geist in Form eines aufrechtstehenden Steines beschützte die Kreuzwege überall in der griechisch-römischen Welt. Während die Kirche die früheren heidnischen Gottheiten in die Hölle verbannte, wurden in diesem Fall die verschiedenen Kräfte all dieser Gottheiten meist dem Erzengel Michael zugeschrieben und zu seinen Attributen gemacht.

Im Buch Daniel wird vorausgesagt, dass Michael erscheinen wird, wenn die Welt einmal wieder in wirklich großen Nöten ist. Viele Menschen weisen auf dieses Jahrhundert hin als dasjenige, in dem Michael sich erneut in all seiner Herrlichkeit offenbaren wird.

Quelle: Malcolm Godwin, Engel – Eine bedrohte Art, Teil 1 – Der erste Flügel, die himmlischen Hierarchien, Seite 36-40

Die nächste Beschreibung eines Erzengels, in diesem Fall wird es Gabri-el sein, folgt in den nächsten Tagen.

Glossar
Die hier erläuterten Begriffe sind im Text mit * markiert.

* St. Georg
Der heilige Georg (neugriechisch Άγιος Γεώργιος; * im 3. Jahrhundert evtl. in Kappadokien; † 23. April um 303 evtl. in Lydda, Palästina oder in Nikomedia) war ein Märtyrer, der zu Beginn der Christenverfolgung unter Kaiser Diokletian (284–305) gestorben sein soll. In den Ostkirchen wird er als Großmärtyrer und Erzmärtyrer verehrt.

Besondere Verbreitung hat die Drachentöter-Legende Georgs gefunden. Mit dem Drachen wird Georg erst etwa 800 Jahre nach der Verbreitung seiner Märtyrer-Legende in der Zeit der Kreuzzüge in Verbindung gebracht. Historische Angaben zu seiner Person sind ungewiss. 1969 wurde Georg aus diesem Grund in einem Reformakt von Papst Paul VI. offiziell aus dem katholischen Heiligenkalender entfernt. 1975 taucht der Name jedoch wieder im Römischen Generalkalender auf. Die Popularität und Verehrung des Heiligen wurde hierdurch kaum berührt.

St. Georg zählt zu den 14 Nothelfern, ist der Schutzpatron verschiedener Länder, (Adels-) Familien, Städte und Ritterorden. Der Vorname Georg (und sprachliche Abwandlungen) gehört zu den beliebtesten Vornamen in Europa.

Sein Symbol ist das sogenannte Georgskreuz. Das rote Kreuz auf weißem Grund ist in vielen Wappen und Flaggen enthalten. Weitere Heiligenattribute, die neben dem Georgskreuz als Erkennungsmerkmal dienen, sind der Drache, die Lanze sowie seine Darstellung als Ritter und Reiter. Der Märtyrer wird teilweise mit Palmwedel dargestellt. (Quelle: Wikipedia)

* Psychopompos
Das Wort Psychopompos (Plural Psychopompoi) oder eingedeutscht der Psychopomp kommt vom griechischen ψυχοπομπóς (männlich; altgriechische Aussprache in etwa psychopompós) und bedeutet wörtlich übersetzt ,,Seelengeleiter": Er geleitet die Seelen der Verstorbenen ins Jenseits.

Psychopompos ist der Titel des griechischen Botengottes Hermes, der dieses Amt von Apollon übernommen hatte. Diese Vorstellung war aber allgemein verbreitet. So kannten etwa die Ägypter den hunde- oder schakalköpfigen Anubis. In germanischer Mythologie holen die Walküren die gefallenen Krieger vom Schlachtfeld nach Walhalla, bei den Kelten war Ogma Seelenführer.

Ihren Ursprung hat diese Vorstellung im archaischen Schamanismus. Der Schamane führte die Seelen verstorbener Mitmenschen ins Totenreich. Im Christentum sind es der Erzengel Michael oder der Riese Christophorus; an der Pforte zum Himmel erwartet Petrus die Seele, die Einlass begehrt. Christophorus findet sich auf frühchristlichen Ikonen – wie sein ägyptisches Pendant Anubis – hundsköpfig dargestellt.

Im Islam ist es der Engel Azrael, der von Allah eine Liste mit den zum Tode bestimmten Menschen erhält und in den darauffolgenden 40 Tagen ihre Seelen vom Körper trennt. Helfer des Psychopompos sind die Schutztiere. In der Kultur einiger nordamerikanischer Stämme wird der Psychopompos durch die Totemtiere symbolisiert.

Allgemein ist der Psychopomp eine mögliche Form der Personifikation des Todes. Generell können Geister, Gottheiten, Dämonen oder Engel die Aufgabe eines Psychopompos übernehmen. Seine Bedeutung ist neben dem Transport der Seele vor allem der Prozess der Akzeptanz der Sterblichkeit. Er ist vor allem ein Führer und Helfer. (Quelle: Wikipedia)

Abakus

#96
Erzengel Gabri-el

Die sumerische Wurzel des Wortes Gabri ist GBR. Manche meinen, dass es Gibor bedeutet, Kraft oder Held. Gabri-el ist Verwalter von Eden und herrscht über die Cherubim. Aber Gabri-el ist einzigartig inmitten einer männlichen oder androgynen Heerschar, denn es ist fast sicher, dass dieser große Erzengel das einzige weibliche Wesen auf der höheren Befehlsebene ist. Auch ist sie der einzige Engel, der außer Micha-el mit Namen erwähnt wird, und weiter heißt es, dass sie zur Linken Gottes sitzt, was ein weiterer Hinweis auf ihre Weiblichkeit ist. Für die Mohammedaner hat Jibril/Gabri-el Mohammed den gesamten Koran diktiert und wird als Engel der Wahrheit angesehen, obgleich gläubige Moslems kaum zustimmen werden, dass sie weiblichen Geschlechtes ist. Gabri-el soll im Besitz von 140 Paar Flügeln sein, und in der jüdisch-christlichen Überlieferung ist sie der Engel der Verkündung, der Auferstehung, der Gnade, der Offenbarung und des Todes. Als Herrscherin des ersten Himmels ist sie den Menschen am nächsten. Nach dem Zeugnis der Johanna von Orleans ist es Gabri-el gewesen, von der die Jungfrau überredet wurde, dem Dauphin zu helfen.

Gabri-el erscheint Daniel, um des Propheten schreckliche Vision vom Kampf zwischen dem Widder und dem Ziegenbock zu erklären (das Orakel der Niederwerfung der Perser durch die Griechen). Noch einmal erscheint sie Daniel, um ihm von dem kommenden Messias zu berichten, eine Botschaft, die sie ein halbes Jahrtausend später Maria gegenüber in der Verkündigung wiederholt. Es ist seltsam, dass sie bei so vielen Empfängnissen erscheint. Vor Maria hatte sie gerade dem Zacharias die Ankunft Johannes des Täufers verkündet.

Der grundlegend weibliche Charakter dieses bemerkenswerten Erzengels kommt noch einmal in der volkstümlichen Überlieferung zum Vorschein, die davon erzählt, wie sie die stets protestierende Seele aus dem Paradies holt und sie während der neun Monate, die sie in der Gebärmutter ihrer Mutter verweilt, erzieht.

Christian O`Brien hat in seinem Buch The Chosen Few einen interessanten Fall vorgebracht und eingehend diskutiert, der Gabri-els offensichtliches Interesse an Empfängnis und Geburt stützt. Er meint, dass sie einst in biblischen Landen ein wirkliches Wesen war, das mit den Genen der frühen Menschen experimentierte und dass Adam und Eva zu ihren ersten Experimenten gehörten. Diesem realen, irdischen Wesen wurden dann von den mit Hingabe vergötternden Sumerern übernatürliche Kräfte zugeschrieben. Zu dieser Hypothese gibt es eine seltsame Parallele in den sich widersprechenden Berichten von Matthäus und Lukas über die Empfängnis Christi. Bei Matthäus (1,20) zeugt der männliche Heilige Geist in Maria das Kind, während es nach Lukas (1,28) Gabri-el war, die zu ihr einging. Dies kann so übersetzt werden, das Gabri-el etwas in sie hineinlegte, und als sie dann zu Maria sagt, dass die Empfängnis in ihrem Leib vollzogen ist, gibt das Anlass für ein paar Fragen oder sogar ein paar hochgezogene Augenbrauen. Sollte diese ansonsten primitive Welt wirklich Erfahrung mit künstlicher Befruchtung gehabt haben? Menschen, die annehmen, dass die Menschheit ein Ergebnis von außerirdischen Experimenten ist, befürworten diese Idee. Für Skeptiker, die von der Existenz weiblicher Engel nicht zu überzeugen sind, gibt es jedoch einen Trost, wenn sie entdecken, dass Gabri-el auch noch ,,Göttlicher Gatte" bedeuten kann.

Hieronymus teilt uns mit, dass Gabri-el für einen Mann gehalten wurde, als sie bei der Jungfrau erschien. Maria ,,war aber erfüllt mit Angst und Bestürzung und konnte nicht antworten, denn sie war niemals vorher von einem Mann begrüßt worden." Als sie begriff, dass es ein Engel war (oder eine Frau), konnte sie frei sprechen, denn da gab es nicht länger etwas zu befürchten.

Wie der große weibliche Engel Pistis-Sophia vor ihr, ist Gabri-el einmal für irgendeine nicht näher bekannte Missetat in Ungnade gefallen. Solange sie verstoßen war, nahm der Engel Dobi-el ihren Platz ein.

Quelle: Malcolm Godwin, Engel – Eine bedrohte Art, Teil 1 – Der erste Flügel, die himmlischen Hierarchien, Seite 43-45

Die nächste Beschreibung eines Erzengels, in diesem Fall wird es Rapha-el sein, folgt in den nächsten Tagen.

Abakus

#97
Erzengel Rapha-el

,,Der Glänzende, der heilt", war ursprünglich in Chaldäa als Labbi-el bekannt. Der hebräische Ausdruck rapha bedeutet ,,Heiler", ,,Doktor" oder ,,Chirurg". Als Engel der Heilung wird er oft mit dem Bild der Schlange in Verbindung gebracht. Er ist bekannt als der erste regierende Fürst des zweiten Himmels, Oberster der Klasse der Kräfte, Schutzengel für den Baum des Lebens im Garten Eden und nach seinem eigenen Eingeständnis einer der sieben Thronengel. Dies offenbart er dem Tobias im Buch Tobias.

In diesem Bericht reist er in Verkleidung mit Tobias' Sohn, ohne diesen bis zum Ende der Reise wissen zu lassen, wer er ist. Er zeigt Tobias, der einen großen Fisch gefangen hat, was er mit jedem Teil vom Fisch machen soll, ,,das Herz, die Galle und die Leber behalte, denn sie sind zur Arznei... die Galle ist gut, die Augen damit zu salben, dass sie einen Star vertreiben." Er ist erklärtermaßen ,,einer der vier Nothelfer, die über alle Krankheiten und alle Wunden der Menschenkinder gesetzt sind" (Henoch* 1) und im Buch Sohar* ist er: ,,beauftragt, die Erde zu heilen... die Erde, die dem Menschen, den er ebenso von all seinen Krankheiten heilt, einen Platz mit allem Nötigen bietet."

Er heilt Abraham von den Schmerzen seiner Beschneidung, da der Patriarch diesen Ritus bis zum hohen Alter listig umgangen hatte, und er heilt Jakobs ausgerenkte Hüfte, die er sich zugezogen hatte, als er mit einem Kollegen Rapha-els rang.

Obgleich er offiziell zu den Gewalten gehört, heißt es von ihm, er habe die sechs Flügel eines Seraph, gehöre jedoch gleichzeitig zu den Cherubim, den Herrschaften und Gewalten. Es heißt, er sei der kameradschaftlichste, freundlichste und lustigste der ganzen Engelschar. Oft wird er fröhlich mit arglosen Sterblichen plaudernd dargestellt. Seine sonnige Art kommt möglicherweise daher, dass er Regent oder Engel der Sonne ist.

Neben anderen freundlichen Taten schenkte er Noah ein Medizinbuch, welches das mysteriöse Buch des Engels Razi-el* gewesen sein könnte. Es heißt, aus diesem Buch habe Noah das Wissen bezogen, das er brauchte, um die Arche zu bauen.

Diese Geschichte würde gut zu Rapha-els Status als Engel für Wissen und Naturwissenschaften passen. Merkwürdigerweise aber ist dieser Erzengel auch ein Führer im Scheol, der hebräischen Hölle, oder dem Bauch der Unterwelt, und als Erddämon manifestiert er sich in monströsen Tierformen.

Quelle: Malcolm Godwin, Engel – Eine bedrohte Art, Teil 1 – Der erste Flügel, die himmlischen Hierarchien, Seite 46-49

Die nächste Beschreibung eines Erzengels, in diesem Fall wird es Sari-el sein, folgt in den nächsten Tagen.

Glossar
Die hier erläuterten Begriffe sind im Text mit * markiert.

* Henoch
Henoch oder Enoch (hebr.: ‏חנוך‎ Chanoch) ist eine biblische Gestalt, die noch vor ihrem Tod von der Erde weggenommen wurde (Entrückung). Aufgrund der unklaren Umstände seines Verschwindens rief er viele unterschiedliche, darunter auch symbolhafte, mystische und esoterische Interpretationen hervor.

Dieser Henoch ist nicht zu verwechseln mit Henoch, dem Sohn Kains, nach dem auch eine Stadt benannt wurde (Gen 4,17). (Quelle: Wikipedia)

* Buch Sohar
Der Zohar, häufig auch Sohar, hebräisch ‏זֹהַר‎, gilt als das bedeutendste Schriftwerk der Kabbala. Der Name bedeutet ,,(strahlender) Glanz" und geht zurück auf biblische Texte bei den Propheten Ezechiel (Ez 1,28; 8,2) und Daniel (Dan 2,31; 12,3). Das in einem künstlich altertümlichen Aramäisch (wohl, um das Alter der Schrift zu beweisen), zu geringen Teilen in Hebräisch verfasste Werk der jüdischen Mystik enthält vor allem Kommentare zu Texten der Tora in Form von homiletischen Meditationen, Erzählungen und Dialogen. (Quelle: Wikipedia)

* Buch des Engels Razi-el
Ein Buch, das Noah dazu befähigte, die Arche bauen zu können. Es heißt, dass Razi-el in diesem Buch die 1500 Schlüssel zu den Geheimnissen des Universums enthüllt hat. Unglücklicherweise soll es so gut verschlüsselt sein (angeblich in Engelsschrift geschrieben), dass nicht einmal hochrangige Engel den Inhalt lesen können, geschweige denn Menschen. Wie es letztendlich Noah möglich war, bleibt wohl für immer ein Rätsel. Das Buch galt in den vielen Jahrhunderten größtenteils als verschwunden, tauchte, nachdem es nach Noahs Tod wahrscheinlich dutzende Besitzer wechselte, am Hofe Salomons auf, galt dann wieder als verschwunden und fand letztendlich im Mittelalter den Weg in die Hände eines gewissen Eleazer aus Worms. (Quelle: Engel  - Eine bedrohte Art, Wikipedia)

Abakus

Erzengel Sari-el

Auch bekannt als Suriel, Suryel, Zerachiel und Saraquel, bedeutet sein Name: ,,Gottes Befehl". Dies würde zu den Beschreibungen seiner Pflichten passen, wie Henoch sie überliefert, bei dem es heißt, dass "Sariel verantwortlich ist für das Geschickt solcher Engel, die das Gesetz übertreten."

Obwohl es für die zweifelhafte Ehre, der Todesengel zu sein, viele würdige Mitbewerber gibt, hat Sari-el immer als der wahrscheinlichste Kandidat gegolten. Es wird zwar gemeinhin angenommen, dass Zagzag-el Moses sein Wissen lehrte, aber viele Fachleute schreiben diese Aufgabe Sari-el zu. Er soll von beinahe schweizerischer Reinlichkeit gewesen sein und unterrichtete Rabbi Ismael sehr detailliert über hygienisch richtiges Verhalten.

Von Sari-el heißt es auch, er sei wie Rapha-el ein Heiler, ein Seraphim und ein Fürst des innersten Kreises. Dennoch: trotz all dem, was wir als Muster engelhaften Benehmens zu erkennen beginnen, ist er bei Henoch als einer der gefallenen Engel aufgeführt. Dies ist schwer mit der Tatsache in Einklang zu bringen, dass in den Kämpfen der Söhne des Lichts mit den Söhnen der Finsternis sein Name auf den Schilden einer der kämpfenden Einheiten der Söhne des Lichts steht. Vermutlich wurde seit dem ersten nachchristlichen Jahrhundert mit seiner Rolle als Doppelagent aufgeräumt.

Quelle: Malcolm Godwin, Engel – Eine bedrohte Art, Teil 1 – Der erste Flügel, die himmlischen Hierarchien, Seite 51

Die nächste Beschreibung eines Erzengels, in diesem Fall wird es Uri-el sein, folgt in den nächsten Tagen.

Abakus

Erzengel Uri-el

Es heißt, er sei einer der vier Engel in der ständigen Gegenwart Gottes. Uri-el bedeutet ,,Feuer Gottes". Er ist in späteren Schriften mit Phanu-el, ,,Gesicht Gottes" gleichgesetzt worden. Er führt den Vorsitz über den Tartarus und ist beides, Seraph und Cherub. In der grimmigen und höllischen Apokalypse des Petrus erscheint Uri-el als ein Sühne-Engel, der so gnadenlos dargestellt ist wie nur irgendein Dämon, dem man nicht in der Hölle begegnen möchte. ,,Uri-el, der Engel Gottes, wird der Reihe nach, je nachdem, was ihre Übertretungen waren, die Seelen solcher Sünder vorbringen... Sie werden in ihren Wohnstätten in ewigem Feuer brennen. Und nachdem sie alle mit ihren Wohnstätten zerstört sind, werden sie auf ewig bestraft werden... Jene, die den Weg der Gerechten verspottet haben, werden an ihren Zungen aufgehängt werden. Unter ihnen wird ein unverlöschliches Feuer sei, dem sie nicht entfliehen können."

Allen, die sich jetzt immer noch vorstellen, dass Engel stets zuckersüße Wesen sind, muss diese Beschreibung als Warnung dienen. Rechtschaffene Engel sind bei der Ausführung ihrer Pflichten so stur wie ein Vierzigtonner bei 150 Stundenkilometern und haben ungefähr die gleiche Wirkung.

Uri-el wird oft als der Cherub angesehen, der ,,mit dem feurigen Schwert am Tor des Garten Eden steht", oder als der Engel, der ,,über Donner und Schrecken wacht".

Die Behauptung, dass er der Engel war, der den Menschen die magische Kabbala gab, steht in seltsamen Gegensatz zu allem, was wir von seinem Gerechtigkeitsfanatismus wissen. Doch liegt eine gewisse ausgleichende Gerechtigkeit in der Tatsache, dass gerade er, der sich so stur an die Regeln hielt, durch ein Kirchenkonzil im 8. Jahrhundert scharf verurteilt und verworfen wurde. Später tat die Kirche Buße, und Uri-el wurde wieder eingesetzt, jedoch in einen Heiligen verwandelt; sein heiliges Symbol war eine offene Hand, die eine Flamme hält.

Den interessantesten außerkanonischen Bericht von diesem Erzengel finden wir im Josepfgebet. Als Jakob mit einem dunklen Engel kämpfte, kam es zu einem seltsamen Verschmelzen der beiden Wesen, denn Uri-el sagt: ,,Ich bin heruntergekommen zur Erde, um Wohnung unter den Menschen zu nehmen, und ich werde Jakob mit Namen genannt."

Uri-el ist auch bekannt als der Engel mit den schärfsten Augen. Er war als Bote zu Noah geschickt worden, um ihn vor der kommenden Sintflut zu warnen. Ebenso ist er als Engel des Monats September bekannt. Er ist nicht immer so hilfreich mit den Patriarchen umgegangen wie Noah. Im Midrasch Aggada* Exodus erscheint er als feurige Schlange und greift Moses an, weil dieser den Ritus der Beschneidung bei seinem Sohn nicht beachtet hatte. Wie es in den Sibyllinischen Orakeln* heißt, ist Uri-el der unsterbliche Engel, der am Tag des letzten Gerichts ,,die ungeheuren Gitter aus unnachgiebigen und unzerbrechlichen Diamanten in den ehernen Toren des Hades zerbrechen und sie sogleich niederwerfen wird."

Quelle: Malcolm Godwin, Engel – Eine bedrohte Art, Teil 1 – Der erste Flügel, die himmlischen Hierarchien, Seite 46-49

Die nächste Beschreibung eines Erzengels, in diesem Fall wird es Ragu-el sein, folgt in den nächsten Tagen.

Glossar
Die hier erläuterten Begriffe sind im Text mit * markiert.

* Midrasch Aggada
Midrasch (hebr. מדרשׁ midrāš, pl. Midraschim) ist die Auslegung religiöser Texte im rabbinischen Judentum. (Quelle: Wikipedia)

* Sibyllinische Orakeln
Die Sibyllinischen Orakel (lat. Oracula Sibyllina) sind eine im 6. Jahrhundert zusammengestellte Sammlung von vermeintlich prophetischen Schriften, die auf jüdische, christliche und heidnische Quellen von 150 v. Chr. bis 300 n. Chr. zurückgeht. Sie sind nicht identisch mit den römischen Sibyllinischen Büchern. (Quelle: Wikipedia)

caity

#100
Zu der Namensbedeutung mal noch ein bisschen hebräischen Einwurf meinerseits:
Rapha ist das Verb "Heilen"
Die Endsilbe "El" ist die Kurzform von "Elohim", was eigentlich "Götter" bedeutet, oft aber auch, gerade in der Kurzform neben JHWH die Bezeichnung für den einen Gott Israels ist. Deshalb ergibt sich als Namensübersetzung eher "Gott heilt"
Wenn ein Autor behauptet, sein Leserkreis habe sich verdoppelt, liegt der Verdacht nahe, daß der Mann geheiratet hat. - William Beaverbrook (1879-1964)

Mithras

Ich hole dieses Thema mal aus der Versenkung, da es mich selbst brennend interessiert! 8)

Zitat von: Markus am 20. Mai 2012, 21:20:29Wie der große weibliche Engel Pistis-Sophia vor ihr, ist Gabri-el einmal für irgendeine nicht näher bekannte Missetat in Ungnade gefallen.
Einer außerbiblischen Überlieferung nach (ich muss selbst noch suchen, welche es ist) wird Gabriel für den Sturz des "Erstgesalbten" (griechisch "ante chrestos", woraus sich fälschlicherweise der Begriff "Antichrist" entwickelt hat) verantwortlich gemacht. Dieser zufolge soll sich "Lucifer" (der Name taucht in der Bibel natürlich nicht auf) vor Gottes Werk (= Adam und Eva) verneigt und es angebetet haben, weil Gabriel es aus irgendeinem Grund gefordert hatte. Im Islam ist es witzigerweise genau anders herum: Hier soll sich "Iblis" geweigert haben, sich vor Adam zu verbeugen.

Der Teufel ist als Gestalt im Übrigen auch ganz schwer zu fassen, denn der hebräische Satan hat primär nichts mit ihm zu tun. Er tritt im alten Testament zwar als Widersacher Gottes auf, allerdings eher in der Rolle eines advocatus diaboli vor dem göttlichen Gericht und damit nicht als Inkarnation des Bösen. Die Gleichsetzung Satan - Teufel erfolgte erst im Lukasevangelium, in dem sich folgender Ausspruch Jesu findet: "Ich sah den Satan vom Himmel fallen wie einen Blitz."
Damit wurde er mit dem gefallenen Erzengel in Verbindung gebracht, der als Synonym für den Teufel steht und später den lateinischen Namen "Lucifer" erhielt. Doch genau hier wird es etwas konfus, denn obwohl diese Gestalt bereits im alten Testament vorkommt, trägt sie den Namen einer römischen Gottheit - Lucifer bedeutet nichts anderes als Lichtbringer (lux = Licht, ferre = tragen, bringen) und bezeichnet einen Aspekt der Göttin Venus, nämlich den Morgenstern, den wir heute als den Planeten Venus bezeichnen. Nichtsdestotrotz ist Lucifer in der römischen Mythologie eine männliche Gestalt.
Im Buch Jesaja findet sich dann eine entsprechende Stelle: "Wie bist du vom Himmel gefallen, du schöner Morgenstern! Wie bist du zur Erde gefällt, der du die Heiden schwächtest! (...) Gedachtest du doch in deinem Herzen: "Ich will in den Himmel steigen und meinen Stuhl über die Sterne Gottes erhöhen; ich will mich setzen auf den Berg der Versammlung in der fernsten Mitternacht; ich will über die hohen Wolken fahren und gleich sein dem Allerhöchsten." Ja, zur Hölle fährst du, zur tiefsten Grube. (...)"
Diese Stelle spielt zwar auf einen real existierenden Tyrannen an, beinhaltet aber so viele Aspekte, die normalerweise dem "Drachen", mit dem der Teufel gleichgesetzt wird, zugeschrieben werden, dass sich eine Gleichsetzung Morgenstern - Teufel für die frühen Christen wohl aufgedrängt hat...

Ich habe vor drei Jahren begonnen, zu diesem Thema Informationen zu sammeln, weil m ich die Gestalt des Teufels sehr interessiert. Je mehr ich recherchiert habe, desto faszinierter war ich von den Parallelen, die sich förmlich aufdrängen, wenn man außerbiblische Quellen zu Rate zieht oder biblische Aussagen in einem neuen Licht betrachtet. Die Steinchen fügen sich nahezu lückenlos zu einem Mosaik zusammen, und wo dennoch etwas fehlt, kann man die eigene Phantasie ins Spiel bringen lassen. Richtig spannend wurde es, als ich die Parallele zu Mithra(s) zog. Die urprüngliche persische Gottheit, Mithra, symbolisierte nämlich nicht primär die Sonne; das ergab sich erst in hellenistischer Zeit durch die Gleichsetzung mit Apollon (was zur "Verdrängung" des ursprünglichen persischen Sonnengottes führte). Mithras ursprünglicher himmlischer ASpekt, der Morgenstern, wurde in der Folge auf Anahita übertragen, die man (ebenso wie die römische Göttin Venus) mit der griechischen Aphrodite gleichsetzte. Auch, wenn der römisch-hellenistische Gott Mithras, der sich nun einmal viele Aspekte mit Jesus teilt, nicht viel mit dem persischen "Original" zu tun hat, sondern wohl nachträglich persisch eingefärbt wurde, kann man doch wunderbar Parallelen ziehen. Und spätestens da war mir klar, dass ich diese Parallelen in einer Geschichte verarbeiten muss.

In meinem Hauptprojekt spielen Engel und Dämonen auch eine gewisse Rolle, doch ich weigere mich, eine derartige Unterteilung vorzunehmen. Wären Engel und Dämonen festgefügte Kategorien, würde das voraussetzen, dass es
a) eine absolute Moral gibt, die sagt, was gut (Engel) und was böse (Dämonen) ist und
b) dass sich diese absolute Moral in Gestalt einer übergeordneten Gottheit manifestiert. Das kann Gott im biblischen Sinne sein, aber auch ein dualistisches Prinzip wie im Zoroastrismus (Angra Mainyu: der Böse; Ahura Mazda: der Gute) kommt in Frage. Im zweiten Falle wären die Dämonen dem ersten, die Engel dem zweiten zugeordnet. In der ursprünglichen zoroastrischen Lehre ist das auch ganz konsequent verwirklicht: Hier stehen sechs Amesha Spenta ("unsterbliche Heilige", "Erzengel") einer ebenso großen Zahl an Daeva ("Erzdämonen") gegenüber, bei denen es sich wohl um degradierte Gottheiten handelt. Und genau das ist für mich das charakteristischte Merkmal von Engeln und Dämonen im engeren Sinne: Sie waren wohl einmal eigenständige Gottheiten, doch dann stieg das Oberhaupt des Pantheons zum alleinigen Gott auf. Wer genehm war, durfte sich mit der Rolle eines Gottesboten abspeisen lassen, wer jedoch nicht ins Konzept passte, der wurde dämonisiert.

In meiner Welt gibt es keine übergeordnete Moral und vor allem keine übergeordnete Gottheit. Die Unterteilung der "Naturgeister" in Engel und Dämonen ist eine völlig willkürliche und hängt nur davon ab, welche religiösen Vorstellungen in bestimmten Teilen der Welt vorherrschen. Ein Gebiet ist zum Beispiel stark persisch geprägt, doch die Religion ist mit dem Zoroastrismus nicht ansatzweise zu vergleichen. Die "Daeva" sind janusköpfige Entitäten, die Engels- und Dämonenaspekte in sich vereinen. Dazu passt, dass der grichische Begriff daimon nichts anderes als Geist bedeutet und nicht negativ konnotiert ist.

So viel vorerst von mir...

Muetzenschaf

Da haben sich ja einige echt in dieses Thema rein vertieft.
Ich mag Geschichten mit Engeln und Dämonen eigentlich total gern aber meistens werden sie stur in ihre Schubladen gesteckt. Wenn ich ein bisschen mehr Zeit hab, werde ich wohl auch mal selbst eine Geschichte mal verfassen.

Und ich finde das beide "Wesen" eine gute und eine böse Seite an sich haben. Es wäre auch vollkommen unausgeglichen, wenn man sich vorstellt, dass z.B. Luzifer/Satan nur böse sein soll. Wie gesagt, sie müssten beide Seiten in sich vereinen. Das eine kann nicht ohne das andere.

Drachenfeder

Ich schreibe seit einiger Zeit an einem Engelroman und kann von der Geschichte behaupten, dass sie keinesfalls in die typische Schublade passt. Genau das hatte ich auch vor. Ich denke, bisher ist es mir auch sehr gut gelungen.

Zitat von: Muetzenschaf am 11. November 2012, 20:38:58
Und ich finde das beide "Wesen" eine gute und eine böse Seite an sich haben. Es wäre auch vollkommen unausgeglichen, wenn man sich vorstellt, dass z.B. Luzifer/Satan nur böse sein soll. Wie gesagt, sie müssten beide Seiten in sich vereinen. Das eine kann nicht ohne das andere.

Manche meiner Engel haben - wie du schon sagtest Muetzenschaf - beides in sich vereint, doch gibt es da den ein oder anderen, der nur eine Seite davon hat, und die ist alles andere als lieb und gut.
Über einen Dämon habe ich auch schon geschrieben. Dieser war durch und durch böse und doch konnte er genau das erreichen, was ich beabsichtigt habe: Die Testleser hatten ihm gegenüber eine gewisse Symphatie.

Obwohl ich selbst über diese Wesen schreibe, halte ich mich diesen Romanen jedoch fern. Ich versuche die Schublade zu sprengen, doch wenn ich auf dem Cover einen Engel schon sehe fasse ich das Buch nicht mal an. Seltsam oder?



Muetzenschaf

Zitat von: Drachenfeder am 16. November 2012, 17:36:59
Obwohl ich selbst über diese Wesen schreibe, halte ich mich diesen Romanen jedoch fern. Ich versuche die Schublade zu sprengen, doch wenn ich auf dem Cover einen Engel schon sehe fasse ich das Buch nicht mal an. Seltsam oder?

Das kann ich sehr gut nachvollziehen, da man, wenn man selber an so einer Story schreibt, sich nur ungern von bereits existierenden Geschichten beeinflussen lassen möchte. Somit finde ich es auch nicht seltsam. Das ist glaub ich häufig so, da ich selbst auch so reagiert habe. Zwar nicht bei Bücher über Engel aber bei Vampiren.^^