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Verdammt noch mal … oder wie fluche ich besser?

Begonnen von Nycra, 20. Dezember 2010, 15:34:03

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Nycra

Hallo Leute,

als erstes hoffe ich, dass der Fred hier richtig untergebracht ist, ansonsten bitte ich schonmal vorab um Entschuldigung.

Zum Thema:

Ein sehr kritischer Beta-Leser hat mich bei einem meiner Projekte darauf aufmerksam gemacht, dass meine Art des Fluchens "nicht zeitgemäß" sei.

So spielt eine Handlung bspw. in einer Welt, die dem Mittelalter ähnelt. Es gibt keine Religion, also auch keinen Teufel/Gott. Nun habe ich mich darauf beschränkt, Flüche wie "verflucht", "zum Teufel" etc. wegzulassen und mich auf "verdammt" beschränkt. Dies hat zwar im weitesten Sinne auch etwas mit Religion zu tun, doch ich dachte, dass ist vielleicht nicht ganz so offensichtlich. Pustekuchen.  :-X

Des Weiteren  wird insbesondere meine Prota beleidigt. Worte wie "Hure", "Schlampe" kommen dabei regelmäßig vor. Nun hat der Beta auch dies bemängelt, weil es nicht in die Zeit passen würde.

Was sagt ihr? Hat er Recht? Oder sollte ich es dabei belassen? Wenn es stimmt, was er sagt, welche Beleidigungen, die zeitgemäß sind, könnte ich verwenden?

Ich habe unter http://www.schreibwerkstatt.de/mittelalterliche-flueche-t4099.html zwar einen Fred zum Thema Flüche gefunden, aber die sind halt sehr mittelalterlich und blumig. Ich brauch was kurzes, knappes. Auch meine restliche Suche im Netz blieb weitestgehend erfolglos.

Ehrlich gesagt wüsste ich nicht, warum man "Schlampe" und "Hure" nicht verwenden kann. Ich hab das schon oft gelesen. Vielleicht habt ihr ja eine Idee? Eine Alternative zu "verdammt" ist mir bei meiner Suche auch nicht untergekommen. Langsam bin ich mit meinen Latein am Ende...  :seufz:


Malinche

Hm - also warum Hure nicht passen soll, verstehe ich auch nicht, denn immerhin ist das doch das älteste Gewerbe?! ;)

Aber das mit den Flüchen ist eine berechtigte Anmerkung.

Man könnte statt "verflucht" oder "verdammt" einfach irgendein negativ konnotiertes Verb nehmen (verrottet, verfault, was weiß ich). Ansonsten:

Glaubt man an irgendwelche Kobolde, Geisterwesen oder sonstige kleine Übeltäter? Dann könnten die zum Fluchen herhalten. Oder gibt es Tiere, die mit einem besonders schlimmen Ruf belegt sind? Berufe, aus denen du entlehnen kannst? Im Seemannsmilieu kann man da immer sehr schöne Sachen machen, finde ich.

"Verflucht" würde ich übrigens noch eher beibehalten als "verdammt", da ich das Konzept "Fluch" allgemeiner finde als die doch recht christliche "Verdammnis".
»Be suspicious of the lemons.« (Roxi Horror)

Nycra

Zitat von: Malinche am 20. Dezember 2010, 15:41:46
Hm - also warum Hure nicht passen soll, verstehe ich auch nicht, denn immerhin ist das doch das älteste Gewerbe?! ;)

Aber das mit den Flüchen ist eine berechtigte Anmerkung.

Man könnte statt "verflucht" oder "verdammt" einfach irgendein negativ konnotiertes Verb nehmen (verrottet, verfault, was weiß ich). Ansonsten:

Glaubt man an irgendwelche Kobolde, Geisterwesen oder sonstige kleine Übeltäter? Dann könnten die zum Fluchen herhalten. Oder gibt es Tiere, die mit einem besonders schlimmen Ruf belegt sind? Berufe, aus denen du entlehnen kannst? Im Seemannsmilieu kann man da immer sehr schöne Sachen machen, finde ich.

"Verflucht" würde ich übrigens noch eher beibehalten als "verdammt", da ich das Konzept "Fluch" allgemeiner finde als die doch recht christliche "Verdammnis".

Das mit dem ältesten Gewerbe hab ich auch so gesehen, deshalb war ich ja so verwirrt. "Verflucht" und "verdammt" auszutauschen wäre das kleinste Problem. "Verrottet" oder "verfault" geht überhaupt nicht. Ich kann schlecht einen Satz mit "Verrottet, warum kannst du nicht endlich mal den Mund halten?" anfangen.... klänge irgendwie nicht
Es gibt weder kleine Übeltäter, noch Kobolde oder Geisterwesen und die offensichtlichen Bösewichte als Beleidigung kann ich hier nicht verwenden, aus diversen Gründen  :happs:.

Sicher ich könnte vielleicht das Wort "Ratte" benutzen, aber irgendwie fände ich das merkwürdig, von einem Wesen, dass Fell im Gesicht trägt, während ich es nicht tue, als Ratte bezeichnet zu werden ... :rofl:

KaPunkt

Krankheiten bieten sich an:
Die Pest auf beide eure Häuser! sag ich nur.
Oder auch mein Lieblingsknappe: "Schmerzen ... unglaubliche Schmerzen!"
(Ritter aus Leidenschaft, ne?)
Was an Schlampe und Hure unpassend sein soll, erschließt sich mir auch nicht.

Grundsätzlich bleibt zu klären: Wovor hat deine Kultur Angst? Bzw, was gilt als schlecht, verwerflich etc.
Damit wird dann vermutlich geflucht.

Liebe Grüße,
Kirsten
She is serene
with the grace and gentleness of
the warrior
the spear the harp the book the butterfly
are equal
in her hands.
(Diane di Prima)

zDatze

#4
Ohne deine Geschichte jetzt zu kennen, rate ich dir auch von "Schlampe" ab. Für mich ist es zu gängige Jugendsprache. (Wobei Jugendsprache auch wieder so eine vage Sache ist. Alte Begriffe werden immer wieder ausgebuddelt und "neu" verwendet. Ähm ... Mist.)

Könntest du nicht auf eine (historische) gefürchtete Person schimpfen?
Oder soetwas wie "Dreckspack" oder "aasfressendes Gesindel"? *rumrat*

Runaway

Jaja, das scheint mir ein gutes Beispiel dafür zu sein, daß nicht alles, was Betaleser sagen, blind befolgt werden sollte ;)
Hure ist nicht komisch. Was sich da noch eignen würde, wäre Dirne. Ansonsten hab ich bei mir immer Miststück genommen und ich überleg grad, ob da noch mehr war... ich fand das mit dem Fluchen auch immer schwierig.
Ich find das aber auch ein wenig spitzfindig - ich würd mir an deiner Stelle nicht die größten Gedanken deshalb machen!

Smaragd

Also ich würde zwischen Flüchen und Beleidigungen noch einen Unterschied machen. Flüche können sich auf sehr vieles beziehen, z.B. "bei *hier beliebiges Körperteil einfügen* von *hier beliebigen Götter- oder Dämonennamen einfügen*. Beleidigungen sind ein kleines bisschen schwieriger. Zur Not eben: Du haarloses Miststück! Du elender Haufen Dreck! Du Sohn/Tochter einer räudigen Hündin usw. Die Idee mit Krankheiten gefällt mir auch ganz gut: Du Pest! Du Cholera! Es ist eigentlich eine tolle Frage für ein Brainstorming, der nächste Chat ist sogar recht bald, glaube ich ;)

Berjosa

#7
Fäkalsprache ist nicht religionsgebunden, Geschlechtsorgane und damit verbundene Tätigkeiten werden ebenfalls in verschiedenen Ecken unserer Welt zum Fluchen verwendet.
Da kommt es natürlich auf die biologische Ausstattung der Bewohner *deiner* Welt an ...

Edit: Zur Inspiration empfehle ich den Wikipedia-Artikel "Russischer Mat".

Feuertraum

Zitat von: Smaragd am 20. Dezember 2010, 17:39:20
Es ist eigentlich eine tolle Frage für ein Brainstorming, der nächste Chat ist sogar recht bald, glaube ich ;)

Stimmt!
Am Mittwoch (wenn mir die Werbung an dieser Stelle erlaubt ist)

Übrigens ist "Schlampe" ein längerer, etwas verlodderter Rock, der ursprünglich aus Holland kommt. Das Wort "Schlampe" als Beleidigung kam (vermute ich zumindest, nachdem was ich über hulbee herausgefunden habe) so Ende des 19. Jahrhunderts auf und war zu dem Zeitpunkt auch nur eine Übertragung auf eine weibliche unordentliche Person und meiner Meinung nach noch nicht als wirkliche Beleidigung anzusehen. Zumindest nicht in dem Sinne, wie sie heute gern genutzt werden.

LG
Feuertraum
Was hat eigentlich He-Man studiert, dass er einen Master of the universe hat?

Drachenfeder

Zitat von: Feuertraum am 20. Dezember 2010, 18:36:04
Übrigens ist "Schlampe" ein längerer, etwas verlodderter Rock, der ursprünglich aus Holland kommt. Das Wort "Schlampe" als Beleidigung kam (vermute ich zumindest, nachdem was ich über hulbee herausgefunden habe) so Ende des 19. Jahrhunderts auf und war zu dem Zeitpunkt auch nur eine Übertragung auf eine weibliche unordentliche Person und meiner Meinung nach noch nicht als wirkliche Beleidigung anzusehen. Zumindest nicht in dem Sinne, wie sie heute gern genutzt werden.

Das kann ich so unterschreiben Feuertraum.
Das Wort Schlampe ist für mich auch kein wirkliches Schimpfwort. Hatte es letztens auf der Arbeit verwendet: "Das darf doch echt nicht wahr sein, V. ist doch echt eine Schlampe." Da sie mal wieder etwas nicht wieder gefunden hat (nicht da abgehängt wo es hingehört) und ihr Schreibtisch aussah wie eine Mülldeponie. Meine Kollegin sah mich dann ganz erschreckt an. Ich bringe dieses Wort nie in Zusammenhang mit der "Dirne".



der Rabe

#10
Oh, ein Thread zum Fluchen!

*erfreut die Hände reib*

Ich liebe Flüche und denke mir für meine Geschichten immer wieder gerne welche aus! Da muss ich gleich noch mal suchen gehen.

Als erste Hintergrundlektüre kann ich aber erst einmal ein Buch empfehlen, das sehr nett zu lesen ist: "Bloody hell, verdammt noch mal" von Stephen Burger. Den Originaltitel will Amazon mir gerade nicht verraten, und mein Exemplar liegt noch in irgendeiner Kiste, die vermutlich irgendwo steht.

Ein Superbuch zum Thema Flüche (auf der WElt), sehr gut zu lesen, obwohl es eigentlich ein (semi-)wissenschaftlicher Text ist. Das Original übrigens natürlich auch. Burger hat sich recht umfangreich mit dem Thema Fluchen in den verschiedenen Gesellschaften beschäftigt, was dabei besonders interessant sein könnte ist, dass es da auch unterschiedliche "Bezugspunkte" gibt, worauf geflucht wird. z.B. in den Skandinavischen Ländern ist es der Teufel, der zum Fluchen herangezogen wird, in den südlichen Ländern eher etwas sexistisches (Putana/Hure, Hurenbock etc.)

Ich finde es einen guten Ansatz, sich erst einmal zu überlegen, was als schlecht angesehen wird, in der Kultur, und wovor sie Angst hat, wie weiter oben erwähnt.  Ich habe mal angefangen, mir eine Liste zu machen, was man zum Fluchen benutzen kann, weil mir die üblichen Dinge (Hure, Bastard etc.) zu langweilig und ausgelutscht waren.
*raussuch*
Beispiel für Wortteile zum Schimpfen:

Dreck, MIst, Eiter, Schweiß
Gnom, Zwerg
Schwein, Köter, Hund, Wanze

räudig, dreckig, lahm
Fresse, Maul, Arsch

Jammer-
Penner, Kriecher, Krüppel
Pest, Gestank, Schimmel

Zusammensetzung: Drecksfresse, kleine Mistratte, jauchestinkender Dreckstroll
allgemeiner: Pestgestank...

(meine LIeblingswörter in meiner Geschichte verrate ich jetzt mal nicht. ;))

äh. Mehr?

Dann durchforste ich liebend gerne - was wunderbar viel Zeit kostet und einen vom Schreiben abhält - Wörterbücher möglichst hier unbekannter Sprachen, zB. Tagalog oder Vietnamesisch. DIe dort gefunden Wörter für "Affe" oder "Schlange" kann man immer irgendwie so einbringen, dass der Leser schon mitbekommt, dass es eine Beleidigung oder ein Fluch sein sollte. Die Reaktionen der anderen Protas werden das schon klar machen.

Und jetzt halte ich erst einmal den Schnabel, bevor mein Post noch länger wird. Ich stehe gerne für weitere Fragen zur Verfügung. *g* ;D
Bist du erst unten im Tal angekommen, geht es nur noch bergauf. (C) :rabe:

Rakso

Szervusz,

Mhm  :hmmm: schwierig ...

Wie ist denn deine Kultur aufgebaut. Ist es ein typisch mittelalterliche Kultur mit heranwachsenden Städten und Dörfern oder eher eine nomadische Kultur, sprich Reitvölker. Denn davon kann man auch schön ableiten. In Ungarn zum Beispiel sagt man nicht "bullshit" sondern überträgt das ganze aufs Pferd. Außerdem wird exzessiv mit Geschlechtsteilen, Geschlechtsverkehr oder mit Prostituierten um sich geworfen.

Oder natürlich das fast schon obligatorische sch**ße. Das gibt es in fast allen Sprachen. Oft sind ja auch Namen von anderen Völkern oder Bevölkerungsgruppen leider Schimpfwörter, die vom Sprecher als böse, komisch, unnormal, minderwertig, etc. angesehen werden.

Gruß,
Esteve

fuxli

#12
"verdammt" geht ja eigentlich auch gar nicht, wenn es keinen Gott oder Teufel gibt. Irgendwas Böses muss ja da sein, zu dem man verdammt oder verflucht werden kann. Wenn wir aber schon dabei sind, gäbe es da ja auch noch 'verdammmich' 'glumpfareckts' oder 'verflixt'.

Wie wäre es mit 'unreinen' Tieren? Da fällt mir zum Beispiel der Hundsfott ein, den es schon bei Shakespeare gibt, also die Sch**e von einem Hund. Und eine heute als 'Schlampe' bezeichnete Frau nannte man ja früher auch gern eine 'läufige Hündin'. Die Sau oder der Blödhammel waren auch sehr beliebt.
Oder wie wäre es mit einem Luder, einem Trampel oder einer Kanaille?

Nycra

#13
Vielen Dank für eure Antworten. Die Buchempfehlung nehme ich mir zu Herzen, denn bei den Flüchen hänge ich immer ein wenig. Trotzdem wollte ich abwarten, ob euch noch was einfällt, nachdem ich den Bezug zur Person/Umgebung ein wenig verdeutlicht habe:

Also es geht um meine "Damonaei". Wesen, die von Menschen als Dämonen bezeichnet werden, mit flacher, befellter Nase und Fangzähnen, ansonsten keine tierischen Merkmale. Dazu gibt es Götter (diese werden so genannt, haben aber mit dem Gott/Göttern, wie wie ihn/sie asoziieren nichts gemein!). Die Damaonei leben in Dörfern bzw. auf der Burg Duncorrow. Die Götter haben ein eigenes Land, Eurypthika. Beide kein fahrendes Volk. Damonaei und Götter liegen im Krieg miteinander bzw. der ist kurz vorm Ende.

Besagte Person, die beschimpft wird, ist eine Mischung aus allen drei Völkern (wie es dazu gekommen ist, möchte ich hier nicht näher darlegen, das wäre zu OT, dazu gibts nen eigenen Fred http://forum.tintenzirkel.de/index.php/topic,6760.0.html). Sie als "Göttin" zu beschimpfen, klingt beim Lesen einfach nicht, daher bin ich davon abgekommen.

Wenn alle Stricke reißen, muss ich den Hass auf magische Wesen deutlicher hervorheben und sie als Hexe beschimpfen lassen. Aber das war's eigentlich nicht, was ich wollte.  :schuldig:

Ich habe bereits überraschte Ausrufe eingebaut: "Bei der Dunkelheit!" anstelle von "Oh Gott!" Allerdings treffen die auch nicht den Kern von "Verdammt!", wenn es drauf ankommt.

Zitat von: Fuchsfee am 20. Dezember 2010, 22:25:14
"verdammt" geht ja eigentlich auch gar nicht, wenn es keinen Gott oder Teufel gibt. Irgendwas Böses muss ja da sein, zu dem man verdammt oder verflucht werden kann. Wenn wir aber schon dabei sind, gäbe es da ja auch noch 'verdammmich' 'glumpfareckts' oder 'verflixt'.

Was bitte schön ist glumpfareckts??? Hab ich ja noch nie gehört...  :o

KaPunkt

Unter diesen Umständen würde sich durchaus das ein oder andere anbieten:
Drilling z.b. (kombiniert mit eindem der schon erwähnten wie stinkender, dreckiger, verräterischer )
Gern auch ein Ausflug nach Darkover: Von drei Vätern gezeugt(-es Mistbalg?)
Das gute alte Bastard fällt mir noch ein, immer wieder gern genommen.

Da gab es doch auch im und nach zweiten Weltkrieg so nette Wörter für Frauen, die sich mit feindlichen Soldaten eingelassen haben, bzw. deren Kinder. Warum fällt mir davon gerade keiner ein?

ZitatBei der Dunkelheit!
halte ich zum Fluchen für eher ungeeignet. Ist zu lang und zu kompliziert auszusprechen. Wie wäre statt dessen mit etwas wie Nacht und Schatten!
Rollt einem schneller von der Zunge, wenn man überrascht, erschreckt oder wütend ist.

Nur Vorschläge.
Liebe Grüße,
Kirsten
She is serene
with the grace and gentleness of
the warrior
the spear the harp the book the butterfly
are equal
in her hands.
(Diane di Prima)