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Anrede "Ihr" oder "Euch" groß oder klein schreiben?

Begonnen von Drachenfeder, 23. März 2010, 16:24:16

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Lisande

Ja, das Gefühl habe ich inzwischen auch. Da hat die tolle Reform mit ihren drei oder vier Reformen wirklich tolle Verwirrung geschaffen. Und so dämliche Sachen wie dass/das haben sie trotzdem beibehalten. Das wäre doch die Gelegenheit gewesen, das mal abzuschaffen...  :wums:

Merrit

@ Romilly
Muss da mal  :winke: machen, denn so handhabe ich das auch.
Das Ihr und Euch kann eine Grenze zwischen Personen aufzeigen, welche sonnst vielleicht nicht ganz klar ist, zumindest bei mir ist das so.
Außerdem finde ich, daß z.B. die Änderung eines Verhältnisses wischen zwei Personen sehr gut veranschaulicht werden kann, wenn man dann die förmliche Anrede irgendwann weg lässt.
Abgesehen davon lese ich solche alten, vornehmen Anreden sehr gerne und liebe das Spiel mit ihnen.

Lg Merrit

Lomax

Zitat von: Romilly am 24. März 2010, 23:51:49Die neue Rechtschreibung hat zugegebenermaßen auch die ein oder andere Kleinigkeit hervorgebracht, die ich für sinnvoll halte, aber die Erlaubnis, dass Du klein zu schreiben, finde ich persönlich völligen Mumpitz!
Gerade aus meiner Erfahrung als Lektor kann ich sagen, dass das eine der sinnvollsten Änderungen wahr - und dass ich es sehr bedaure, dass man das wieder freigegeben hat. Denn die Großschreibung des "Du", war ja niemals durchgehend Standard, sondern stets als Ausnahme auf Briefe beschränkt. Was viele Leute nie gerafft haben, weswegen man auch in Manuskripten regelmäßig großgeschriebene "Du's" auf klein zurückkorrigieren muss.  Ein Romanmanuskript ist kein Brief und das "Du" bleibt klein - selbst dann, wenn eine Figur eine andere damit anredet. :darth:
  Ich hatte ja gehofft, nachdem die Ausnahme für Briefe gekippt wurde, dass diese Fehlerquelle allmählich ausstirbt ... Na ja, eigentlich hoffe ich das immer noch, denn zum einen schreibt ja sowieso kaum noch einer Briefe, und zum anderen dürften die nachwachsenden Generationen ganz von selbst weniger damit in Berührung kommen, selbst denn das große "Du" in der Korrespondenz wieder erlaubt wurde. Immerhin ist es nur noch erlaubt, und nicht mehr der Standard.
Zitat von: nina b. am 24. März 2010, 20:10:47oh je, ich wurde mal getadelt, weil in meinem Fantasyroman sich alle gedutzt haben. Daraufhin habe ich es alles zu Euch gemacht und nun ist das doch nicht so das wahre und wird nicht gern gelesen!? *haare auszupf* das bedeutet 400 SEiten Überarbeitung!!!!Hilfeeeeeeeee* :D
Ich denke mal, das "Ihr" ist immer noch Standard in der Fantasy. Also, keine Sorge. Ich habe deswegen in den beständig moderner werdenden Romanen meiner letzten Trilogie ganz besonders die Krätze bekommen, weil ich mich immer fragen musste, ob da nicht eigentlich das bürgerliche "Sie" schon angemessener wäre. Im zweiten Teil. Beim dritten Teil ist's dann ganz aus. Da ist die Moderne so weit fortgeschritten, dass ich das "Ihr" nicht bringen kann - aber es laufen ein paar Leute rum, die tausend Jahre und mehr auf dem Buckel haben und deren Probleme, "mit der Zeit zu gehen", auch ausdrücklich thematisiert werden. Das konnte ich nicht einfach ignorieren und komplett auf "Sie" umsteigen. Die Ihrzen sich also noch, bevorzugt untereinander, und da musste ich dann die Anrede wirklich in jeder Szene, je nachdem, wer mit wem zusammen ist, öffentliche oder formelle Anlässe, neu abwägen. :d'oh:
  Da sage ich, nie wieder. Klassische Fantasy mit schönen, einfachen Anreden. Und das klassische "Ihr", da werde ich bei den nächsten Büchern drauf achten. Auch wenn ich bei dem "Ihr" immer ins stolpern gerate, wenn die Höflichkeitsanrede tatsächlich mit dem Plural kollidiert, weil mehrere Personen angesprochen sind, die mit dem Sprecher auf "Ihr" stehen.  :-\ Was das betrifft, ist das "Sie" einfacher.

Romy

Zitat von: Lomax am 09. April 2010, 01:04:13
Gerade aus meiner Erfahrung als Lektor kann ich sagen, dass das eine der sinnvollsten Änderungen wahr - und dass ich es sehr bedaure, dass man das wieder freigegeben hat. Denn die Großschreibung des "Du", war ja niemals durchgehend Standard, sondern stets als Ausnahme auf Briefe beschränkt. Was viele Leute nie gerafft haben, weswegen man auch in Manuskripten regelmäßig großgeschriebene "Du's" auf klein zurückkorrigieren muss.  Ein Romanmanuskript ist kein Brief und das "Du" bleibt klein - selbst dann, wenn eine Figur eine andere damit anredet. :darth:
  Ich hatte ja gehofft, nachdem die Ausnahme für Briefe gekippt wurde, dass diese Fehlerquelle allmählich ausstirbt ... Na ja, eigentlich hoffe ich das immer noch, denn zum einen schreibt ja sowieso kaum noch einer Briefe, und zum anderen dürften die nachwachsenden Generationen ganz von selbst weniger damit in Berührung kommen, selbst denn das große "Du" in der Korrespondenz wieder erlaubt wurde. Immerhin ist es nur noch erlaubt, und nicht mehr der Standard.

Na sei doch froh, so wird Dir als Lektor nie die Arbeit ausgehen ;)
Und ich halte es trotzdem für sinnlos, dass Sie in Briefen groß zu schreiben und das Du klein. M.E. widerspricht sich das und eine blöde Rechtschreibreform wird mich nie jemand davon abhalten, in Briefen (und E-Mails und Forenbeiträgen und wenn ich dran denke, da sehe ich es nicht gar so eng, auch in SMS und Chat) das Du groß zu schreiben und anderen Leuten mit meiner Meinung auf den Geist zu gehen. Da bin ich einfach bockig ;)
Und nur weil einige Wenige es nicht raffen, dass es zwischen "du" und "Du" einen Unterschied gibt, muss man so was ja nicht reformieren. Von ein wenig nachdenken, bevor man tippt, ist noch niemand krank geworden.

Zitat
Ich denke mal, das "Ihr" ist immer noch Standard in der Fantasy. Also, keine Sorge. Ich habe deswegen in den beständig moderner werdenden Romanen meiner letzten Trilogie ganz besonders die Krätze bekommen, weil ich mich immer fragen musste, ob da nicht eigentlich das bürgerliche "Sie" schon angemessener wäre. Im zweiten Teil. Beim dritten Teil ist's dann ganz aus. Da ist die Moderne so weit fortgeschritten, dass ich das "Ihr" nicht bringen kann - aber es laufen ein paar Leute rum, die tausend Jahre und mehr auf dem Buckel haben und deren Probleme, "mit der Zeit zu gehen", auch ausdrücklich thematisiert werden. Das konnte ich nicht einfach ignorieren und komplett auf "Sie" umsteigen. Die Ihrzen sich also noch, bevorzugt untereinander, und da musste ich dann die Anrede wirklich in jeder Szene, je nachdem, wer mit wem zusammen ist, öffentliche oder formelle Anlässe, neu abwägen. :d'oh:
  Da sage ich, nie wieder. Klassische Fantasy mit schönen, einfachen Anreden. Und das klassische "Ihr", da werde ich bei den nächsten Büchern drauf achten. Auch wenn ich bei dem "Ihr" immer ins stolpern gerate, wenn die Höflichkeitsanrede tatsächlich mit dem Plural kollidiert, weil mehrere Personen angesprochen sind, die mit dem Sprecher auf "Ihr" stehen.  :-\ Was das betrifft, ist das "Sie" einfacher.

Also ich sehe kein Problem darin, wenn sich die Leute in einer modernen Gesellschaft in einer Fantasywelt, die nicht unsere Erde ist, "ihrzen". Es geht schließlich um Fantasie und da gelten nicht die Maßstäbe wie in unserer Welt. Wer hat denn vorgeschrieben, dass eine moderne Gesellschaft das "ihr" aufgibt, nur weil sie modern/fortschrittlich o.ä. ist?  :hmhm?:
Genauso könnten sich andersrum die Leute in einer mittelalterlich angehauchten High-Fantasy-Geschichte siezen, wenn es nach mir ginge. Das müsste der Autor dann halt nur konsequent durchziehen. Es ist zwar üblich, dass sich mit "ihr" angesprochen wird, ich mache es selbst ja auch so, aber warum nicht mal anders?

Churke

Zitat von: Romilly am 09. April 2010, 03:18:41
Genauso könnten sich andersrum die Leute in einer mittelalterlich angehauchten High-Fantasy-Geschichte siezen, wenn es nach mir ginge. Das müsste der Autor dann halt nur konsequent durchziehen. Es ist zwar üblich, dass sich mit "ihr" angesprochen wird, ich mache es selbst ja auch so, aber warum nicht mal anders?

Ich habe mal den Brief eines römischen Senators an seinen Vater gelesen. Der Übersetzer verwendete die Anrede "Sie" - ungeachtet der Tatsache, dass es das im Lateinischen nicht gibt. Damit wollte er die Förmlichkeit im Umgang ins Deutsche übertragen.

Judith

Das ist ja nicht anders in Übersetzungen heutiger Sprachen. Auch bei Büchern aus dem Englischen siezen sich im Deutschen munter die Leute.  ::)

"Du" groß zu schreiben hat für mich nie einen Sinn ergeben, insofern war ich froh, als das geändert wurde. Bei der Höflichkeitsform halte ich es für notwendig, um es zu keinen Verwechslungen mit der 3. Person Singular bzw. der 2. Person Plural kommen zu lassen. Aber "du" ist ja in jeder Hinsicht eindeutig.

Lomax

Zitat von: Romilly am 09. April 2010, 03:18:41Na sei doch froh, so wird Dir als Lektor nie die Arbeit ausgehen ;)
Nun ja, die einen Korrekturen sind Standard, und bei anderen Sachen ärgert man sich nur, dass sie überhaupt falsch waren, weil die Fehler so simpel sind, dass der Fehler wie Schlampigkeit oder gar Dummheit des Autors wirkt. Und wenn das "Du" in einem Manuskript nicht nur durch einen gelegentlichen Vertipper, sondern durchgehend groß geschrieben ist, dann fällt dieser Fehler eindeutig in letztere Kategorie. Da verdreht man dann schon die Augen beim lesen.
  Und ich muss zugeben, beim Prüfen eingesandter Bewerbungsmanuskripte gehörte das zu den Fehlern, die dem Autor schon mal erste Minuspunkte einbrachten. Da war meine spontane Assoziation immer: "Was kann schon das Manuskript eines Autors taugen, der nicht mal den Unterschied zwischen Romanen und Briefen kennt?" :snicker: Kleinlich, aber ich denke mal, jeder kennt so die Fehler, über die er besonders stolpert ...
  Und sich beim Schreiben und Korrigieren nicht mit dem "Sie/sie" zu verhaspeln (denn das kleine "Sie" als Plural kommt ja auch noch vor, so dass man da keinen Automatismus entwickeln kann) ist schwer genug. Da will man beim Lektorat nicht auch noch eine andere, ähnliche Fehlerquelle im Auge behalten.
Zitat von: Romilly am 09. April 2010, 03:18:41Und ich halte es trotzdem für sinnlos, dass Sie in Briefen groß zu schreiben und das Du klein. M.E. widerspricht sich das
Wenn man die Großschreibung nicht als Höflichkeit betrachtet (was sowieso irgendwie hanebüchen ist - was für eine "Höflichkeit" soll das sein, irgendwelche Buchstaben groß zu machen?), sondern, wie es die NDR getan hat, schlichtweg als Mittel der Unterscheidung zwischen Anrede- und Pluralformen, dann ist die Kleinschreibung des "Du" logischer als die Großschreibung. Denn eine Verwechslungsmöglichkeit mit Pluralformen gibt es da nicht, und dafür werden alle Begriffe dann überall gleich geschrieben und nicht in Briefen plötzlich anders als in sonstigen Texten. Was sich ja auch widerspricht. Denn warum man in Romanen das "Sie" als Anrede groß, aber das "Du" klein schreibt, während in Briefen beides groß werden soll, ist ja zumindest nicht weniger widersprüchlich als eine unterschiedliche Behandlung von "du" und "Sie" in Briefen.

Aber im Prinzip hast du Recht. Die durch Höflichkeit reingekommene Großschreibung ist widersprüchlich und ein Dauerproblem der Orthographie. Selbst die "Unterscheidbarkeit von Pluralformen" halte ich im Grunde für eine Ausrede, die das Phänomen nicht wirklich logisch macht, sondern nur ein Festhalten an problematischen Regelungen rationalisieren soll. Das überzeugt mich alles nicht.
  Ich bin ja in meinem Studium zu einem Verfechter der gemäßigten Kleinschreibung geworden, was die sprachwissenschaftlich logischste und widerspruchfreieste Variante ist. Für die Anrede und für einige tausend andere widersprüchliche Schreibungen ... Würde also die Ungleichbehandlung von "du" und "sie" in diese Richtung geändert, würde ich dem gewiss nicht widersprechen ;D
Zitat von: Romilly am 09. April 2010, 03:18:41Also ich sehe kein Problem darin, wenn sich die Leute in einer modernen Gesellschaft in einer Fantasywelt, die nicht unsere Erde ist, "ihrzen".
Das ist, sachlich, korrekt. Im Detail allerdings gibt es da vieles zu bedenken. Ich fang jetzt nicht damit an, dass die Entwicklung der Anrede auch historische Entwicklungen der Gesellschaft widerspiegelt und dass man sich einfach leichter damit tut, ein widerspruchsfreies und in sich stimmiges System zu kreieren, wenn man sich an Verhältnisse in der Realität unter vergleichbaren kulturellen Rahmenbedingungen orientiert. Das ist eh ein kompliziertes Feld.

Viel bedeutsamer finde ich letztendlich, dass die verwendete Sprache und auch die Anredeformen bestimmte Erzählkonventionen anklingen lassen und damit auch beim Leser bestimmte Vorstellungen erwecken. Da hat das "Ihr" schon einen etwas altertümlichen Klang, das "Sie" wirkt moderner - und man kann damit, ohne überhaupt irgendwas über die Welt, die Leute oder sonstwen gesagt zu haben, schon ein Gefühl für das Setting vermitteln, eine Stimmung beim Leser heraufbeschwören. Ich würde nur ungern darauf verzichten, diese sehr simple Möglichkeit der Leserführung zu verwenden - zumal ja, wenn man die Konventionen nicht beachtet, man entsprechend auch erst mal eine falsche Stimmung aufkommen lässt, gegen die man dann mit dem Rest des Textes anschreiben muss.
  Es gibt also nicht wirklich einen sachlichen Grund oder Zwang, warum die Anrede in Fantasywelten "Genrekonventionen" folgen sollte. Aber es gibt in unserer Welt nun mal diese Genrekonventionen, und man hat letztlich mehr Arbeit bei der Leseransprache, wenn man sich denen verschließt.

Und letztendlich hat es ja auch seinen Sinn - ich habe mir in dem letzten Roman zwar das Hirn deswegen verknotet, wie genau sich gewisse Figuren nun in der-und-der Situation ansprechen, aber genau damit habe ich ja auch eine Möglichkeit gewonnen, einen Konflikt, eine Verlorenheit, eine Art "zeitlicher Verwirrung" gewisser Figuren unterschwellig zu illustrieren. Da war die Anrede kein Selbstzweck, sondern sagte etwas über die Figuren auf und war eingebettet in ein System anderer sprachlicher Phänomene mit ähnlichem Hintergrund - beispielsweise Figuren, die zäh und beharrlich falsche, ältere militärische Rangbezeichnungen verwenden, oder alte Längenmaße etc. ... oder auch ganz bewusst die modernen, wenn sie trotz ihres individuellen Alters betonen wollen, wie modern und angepasst sie sind.
  Ich fürchte, spätestens an den Stellen, wo auf diese Weise im Erzähltext andere Angaben stehen als in der wörtlichen Rede (weil die redenden Figuren in anderen Bezugssystemen denken als der Erzähler) werden manche Leser mich vermutlich erschlagen wollen. ;) Aber andere, hoffe ich, bekommen genau dadurch ein unterschwelliges Gefühl für Setting, Geschichte und die Position von Figuren darin. Ähnlich wie die wechselnde Anrede in einem Dialog, in dem eine Figur zwar Distanz halten will, andererseits glaubt, durch das vertraulichere "du" bei Drohungen und Schmeicheleien doch ein wenig näher an den Angesprochenen heranrücken zu können ... Solche Dinge sind also nicht nur ein Problem und eine Störung beim Schreiben, sondern sie sagen etwas aus und sind es hoffentlich wert, dass man sich die Mühe macht, beim Schreiben darüber nachzudenken. Schon darum wollte ich sie nicht ignorieren oder einfach "einfach" gestalten.
  Mein Lösungsweg, um so was zu vermeiden, wäre also nicht das Vereinfachen der Anrede unabhängig vom Kontext, weil es "ja Fantasy ist und damit frei". Da würde ich lieber gleich einfache Geschichten schreiben, wo man sich ans Gängige halten kann und Probleme damit gar nicht erst auftreten  :engel:

Romy

Zitat von: Lomax am 09. April 2010, 10:52:52
Nun ja, die einen Korrekturen sind Standard, und bei anderen Sachen ärgert man sich nur, dass sie überhaupt falsch waren, weil die Fehler so simpel sind, dass der Fehler wie Schlampigkeit oder gar Dummheit des Autors wirkt. Und wenn das "Du" in einem Manuskript nicht nur durch einen gelegentlichen Vertipper, sondern durchgehend groß geschrieben ist, dann fällt dieser Fehler eindeutig in letztere Kategorie. Da verdreht man dann schon die Augen beim lesen.
Das glaube ich Dir absolut und meine Bemerkung war ja auch eher flapsig/ironisch gemeint ;)
Natürlich ist es nervtötend, wenn einige Schreiberlinge nicht wissen, dass das "du" im Manuskript klein geschrieben wird, allerdings ist die Frage, ob genau diese Leute es auch tatsächlich klein schreiben würden, wenn die Rechtschreibreform denn nun die Kleinschreibung für "du" im Brief offiziell machen würde? Denn wenn sie sich bisher nicht darum gekümmert haben, warum sollten sie sich später informieren, was für Änderungen die Reform gebracht hat? - Vielleicht lernen sie ja was, wenn/falls ihnen auffällt, dass der Lektor ihnen jedes "Du" im Manuskript zu "du" geändert hat?

Zitat von: Lomax
Das überzeugt mich alles nicht.
Mich auch nicht, ich glaube, wir werden uns da nicht mehr einig. Ich werde es einfach weiter groß schreiben :)

Zitat von: Lomax
Viel bedeutsamer finde ich letztendlich, dass die verwendete Sprache und auch die Anredeformen bestimmte Erzählkonventionen anklingen lassen und damit auch beim Leser bestimmte Vorstellungen erwecken. Da hat das "Ihr" schon einen etwas altertümlichen Klang, das "Sie" wirkt moderner - und man kann damit, ohne überhaupt irgendwas über die Welt, die Leute oder sonstwen gesagt zu haben, schon ein Gefühl für das Setting vermitteln, eine Stimmung beim Leser heraufbeschwören. Ich würde nur ungern darauf verzichten, diese sehr simple Möglichkeit der Leserführung zu verwenden - zumal ja, wenn man die Konventionen nicht beachtet, man entsprechend auch erst mal eine falsche Stimmung aufkommen lässt, gegen die man dann mit dem Rest des Textes anschreiben muss.
  Es gibt also nicht wirklich einen sachlichen Grund oder Zwang, warum die Anrede in Fantasywelten "Genrekonventionen" folgen sollte. Aber es gibt in unserer Welt nun mal diese Genrekonventionen, und man hat letztlich mehr Arbeit bei der Leseransprache, wenn man sich denen verschließt.
Da hast Du natürlich völlig recht. Ich denke, dass an dem "Ihr" als Anrede im Fantasyroman absolut nichts auszusetzen ist. Falsch machen kann man damit sicherlich nichts.
Ich fände es halt interessant, auch mal was Ungewöhnliches zu probieren/lesen. Vielleicht probiere ich das bei Gelegenheit selbst mal aus, ein "Ihr" ins moderne Setting oder ein "Sie" ins altertümliche zu bringen.  :hmmm:

Zitat von: Lomax
Und letztendlich hat es ja auch seinen Sinn - ich habe mir in dem letzten Roman zwar das Hirn deswegen verknotet, wie genau sich gewisse Figuren nun in der-und-der Situation ansprechen, aber genau damit habe ich ja auch eine Möglichkeit gewonnen, einen Konflikt, eine Verlorenheit, eine Art "zeitlicher Verwirrung" gewisser Figuren unterschwellig zu illustrieren. Da war die Anrede kein Selbstzweck, sondern sagte etwas über die Figuren auf und war eingebettet in ein System anderer sprachlicher Phänomene mit ähnlichem Hintergrund - beispielsweise Figuren, die zäh und beharrlich falsche, ältere militärische Rangbezeichnungen verwenden, oder alte Längenmaße etc. ... oder auch ganz bewusst die modernen, wenn sie trotz ihres individuellen Alters betonen wollen, wie modern und angepasst sie sind.
  Ich fürchte, spätestens an den Stellen, wo auf diese Weise im Erzähltext andere Angaben stehen als in der wörtlichen Rede (weil die redenden Figuren in anderen Bezugssystemen denken als der Erzähler) werden manche Leser mich vermutlich erschlagen wollen. ;) Aber andere, hoffe ich, bekommen genau dadurch ein unterschwelliges Gefühl für Setting, Geschichte und die Position von Figuren darin. Ähnlich wie die wechselnde Anrede in einem Dialog, in dem eine Figur zwar Distanz halten will, andererseits glaubt, durch das vertraulichere "du" bei Drohungen und Schmeicheleien doch ein wenig näher an den Angesprochenen heranrücken zu können ... Solche Dinge sind also nicht nur ein Problem und eine Störung beim Schreiben, sondern sie sagen etwas aus und sind es hoffentlich wert, dass man sich die Mühe macht, beim Schreiben darüber nachzudenken. Schon darum wollte ich sie nicht ignorieren oder einfach "einfach" gestalten.
Asche auf mein Haupt, ich habe den "Tag der Messer" immer noch nicht gelesen, obwohl ich das eigentlich letztes Jahr schon vorgehabt habe ... Aber jetzt als Nächstes ist es dann wirklich mal dran :) und ich werde dann mal darauf achten und mal gucken, ob ich Mordgelüste kriege ;D
Nee ernsthaft. Zur Charakterisierung ist es doch ein völlig legitimes und effektives Mittel mit der Anrede zu spielen, so wie Du das beschreibst. Im ersten Moment kann das für den Leser sicherlich verwirrend sein, aber wenn wir mal ein wenig Intelligenz beim Leser voraussetzen, dann denke ich mal, dass das jeder verstehen sollte.

Lomax

Zitat von: Romilly am 09. April 2010, 15:11:44allerdings ist die Frage, ob genau diese Leute es auch tatsächlich klein schreiben würden, wenn die Rechtschreibreform denn nun die Kleinschreibung für "du" im Brief offiziell machen würde?
Nö. Ich hätte nur gedacht, dass diese Leute dann allmählich von selbst aussterben, wenn man das "Du" nirgendwo mehr groß sieht. Wer's sich einmal angewöhnt hat, ist eh für alle Zeiten verloren. Ich denke langfristig. ;D
Zitat von: Romilly am 09. April 2010, 15:11:44Mich auch nicht, ich glaube, wir werden uns da nicht mehr einig.
Das mit dem "überzeugt mich nicht" war jetzt gar nicht gegen die Gründe für's große "Du" in Briefen gerichtet, sondern nur gegen die Ausrede von den "Pluralformen", mit denen man nach der Rechtschreibreform an der Großschreibung von "Sie" und "Ihr" festhalten wollte. Da dich die daraus resultierende Ungleichbehandlung von "Sie" und "Du" ja auch nicht überzeugt hat, sind wir uns in dem Punkt sogar sehr einig. ;D
  Nur die Konsequenzen aus dieser fehlenden Überzeugungskraft der NDR, die divergieren ...
Zitat von: Romilly am 09. April 2010, 15:11:44Asche auf mein Haupt, ich habe den "Tag der Messer" immer noch nicht gelesen, obwohl ich das eigentlich letztes Jahr schon vorgehabt habe
Bei den Messern spielt das wohl keine Rolle - da habe ich nur darüber gegrübelt, ob es schon Zeit fürs "Sie" ist, mich dann aber dagegen entschieden. Wenn du bei dem Buch schon Mordgelüste bekommst, dann allenfalls aus anderen Gründen. Erst beim "Lichtbringer" ließ sich die Moderne endgültig nicht mehr ignorieren und wurde es dann komplizierter mit der Anrede ...

Romy

Zitat von: Lomax am 09. April 2010, 15:41:56
Bei den Messern spielt das wohl keine Rolle - da habe ich nur darüber gegrübelt, ob es schon Zeit fürs "Sie" ist, mich dann aber dagegen entschieden. Wenn du bei dem Buch schon Mordgelüste bekommst, dann allenfalls aus anderen Gründen. Erst beim "Lichtbringer" ließ sich die Moderne endgültig nicht mehr ignorieren und wurde es dann komplizierter mit der Anrede ...
Achso, ich dachte Du meinst "Tag der Messer", weil "Lichtbringer" ja noch gar nicht draußen ist. 
Na ich lass mich dann einfach mal überraschen, was da auf mich zukommt. :)

Thaliope

Ich muss den Thread nochmal hochkramen und hoffe, mir kann jemand helfen. Ich steh gerade auf dem Schlauch ...
Wenn in einem Fantasy-Roman jemand mit "Majestät" und "Hoheit" und so angesprochen wird, muss ich den dann die ganze Zeit "Euchzen"? (Ist Urban Fantasy, heutige Zeit, weshalb ich eigentlich lieber Siezen würde ...). Wie macht man das heutzutage mit Majestäten?
Und heißt es eigentlich Ihre Majestät oder Eure Majestät?
Und wenn man in der dritten Person über die Majestät spricht (Haben Sie Ihre/ihre Majestät heute schon gesehen?), wird die Anrede dann auch großgeschrieben?

Weiß das wer?
Danke schonmal
Thali

Rigalad

Ich weiß nicht, ob es dazu Regeln gibt, aber ich persönlich finde, dass zu "Majestät" und "Hoheit" immer "Euch/Ihre" am besten passt. Ich glaube aber, dass Siezen auch in Ordnung ist, laut Wikipedia wäre Euchzen/Ihrzen eine veraltete Form, die heute kaum noch verwendet wird.

Sprotte

In der dritten Person über eine Königin reden: Ich habe Ihre Majestät heute morgen gesehen. Der König: Ich habe Seine Majestät heute morgen gesehen.
Auf jeden Fall groß.

Heutzutage wäre Siezen angebracht. Das GeEuer vermeide ich sogar in meinen Heroics, weil ich das ganz scheußlich finde. Bei mir wird alles gedutzt.

Sanne

#43
Oha - in der passenden Zeit finde ich, passt es hervorragend.  :versteck:

Ich nehme es immer wieder gerne und schreibe es auch immer groß ...  :winke:

P.S. Wenn man es nicht verwenden will, dann sollte man aber gleich Siezen - denn klein schreiben geht dann gar nicht in meinen Augen. Das tut dann nur noch weh ...  :nöö:

Arcor

Ich finde auch, dass zu Majestäten Euch/Ihr am besten passt, selbst wenn es eigentlich veraltert ist. Gerade weil Könige etc ja Überbleibsel einer vergangenen Zeit sind (zumindest aus Westeuropäischer Sicht), finde ich, dass es gut passt.
Not every story is meant to be told.
Some are meant to be kept.


Faye - Finding Paradise