• Willkommen im Forum „Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum“.
 

Was bedeutet für euch schreiben?

Begonnen von Schreiberling, 05. Januar 2010, 19:54:43

« vorheriges - nächstes »

0 Mitglieder und 2 Gäste betrachten dieses Thema.

Schreiberling

Hallo erst mal wieder, :)
Schon seit einigen Wochen beschäftigt mich die Frage, was Schreiben jetzt eigentlich genau für mich (und für andere) bedeutet. Bedeutet es, einfach nur abzuschalten, bedeutet es, Probleme zu bewältigen oder bedeutet es etwas ganz anderes?
Momentan habe ich eine ziemliche Blockade und bringe kaum (*räusper* eher gar keine) Wörter mehr zu Papier und ich versuche herauszufinden, warum das so ist und was ich dagegen tun kann.
Eine Zeit lang hatte ich das Gefühl, dass ich nur schreiben kann, wenn ich komplett ausgeglichen bin. Das ist normalerweise bei mir der Fall, aber die letzten Wochen waren sehr hart und in ihnen habe ich das Schreiben vermisst. Es fällt mir sehr schwer, zu ergründen, was Schreiben für mich bedeutet, obwohl ich lange Zeit dachte, dass das eigentlich glasklar wäre.
Also werfe ich jetzt mal die Frage in den Raum: Was bedeutet Schreiben für euch?

Liebe Grüße,
eine Schreiberling, die wieder den Kampf mit den Worten aufnehmen will. ;)

Feather

Schreiben bedeutet mir eine ganze Menge. Es ist für mich das Ausschweifen meiner Gedanken, das Abtauchen in fremde Welten. Es ist aber auch ein Ruhepol in meinem Leben, wobei ich meinen Alltag vergessen kann und mich ganz meiner Geschichte und meinen lieb gewonnenen Figuren widmen kann.  Wenn ich schreibe kann ich abschalten und vergesse alles um mich herum, es ist wie mein eigenes kleines Privatkino.
In meiner Schreibpause hatte ich mich mehr mit der Malerei beschäftigt, doch seit dem ich wieder Schreibe, bin ich irgendwie ausgeglichener. Vielleicht bilde ich mir das auch nur ein, doch nachdem ich einige gute Zeilen aufs Papier gebracht habe schwebe ich oft auf Wolke sieben. Einem Gefühl, das mir ganz viel Freude bereitet und doch schwer zu beschreiben ist. Dieses Gefühl möchte ich nicht mehr missen und verstehe auch nicht, wie ich es solange ohne aushalten konnte.
Irgendwie ist es für mich auch eine Flucht aus dem Alltag, raus aus dem Mist der fast täglich an mir vorbei läuft. Beim Schreiben läuft alles so wie ich es will; soweit meine Figuren mich lassen. Niemand schreibt mir etwas vor, in meiner Welt habe ich das Sagen.

Lg Feather

Fynja

Das Schreiben ist für mich ein Tor zu einer anderen Welt, das ich nach Belieben schließen kann, um die manchmal graue reale Welt hinter mir zu lassen, und wieder öffnen mit dem Gedanken, dass vielleicht auch diese Welt bunter ist als man auf den ersten Blick erkennt.
Das klingt jetzt übertrieben dramatisch und sentimental :d'oh:, aber es ist eine Formulierung, die meine Beziehung zum Schreiben beschreibt.
Ich schreibe viel zu unregelmäßig, aber schon seit meiner frühen Kindheit. Durch das Leben gehen ohne ab und an mal Geschichten zu erfinden, scheint mir sowieso ganz und gar unmöglich und ich bin mir sicher, dass das Schreiben mich mein ganzes Leben lang begleitet wird. Es gehört einfach zu meinem Leben, nein, noch viel mehr, es ist ein Teil von mir und meinem Leben. Es hat den gleichen Stellenwert eingenommen wie Musik und Sport, und das hat etwas zu bedeuten. Ohne geht nicht.
Ein bisschen wie eine Droge für die Seele.
Ich gestehe, dass ich momentan das Schreiben mehr als Arbeit empfinde... Eine Arbeit, die Spaß macht, dennoch Arbeit. Statt mich auf das abendliche Schreiben zu freuen, denke ich mehr "ach nee, nach dem Training und den tausend Hausaufgaben muss ich noch schreiben" und es fällt mir schwer, mich dazu zu überwinden, aber im Nachhinein bin ich jedes Mal froh, dass ich es getan habe. Vielleicht ist es manchmal schwer, die Freude wiederzufinden, doch darüber, dass es eine Freude für mich darstellt, besteht kein Zweifel. ;)

Drachenfeder

Zitat von: Kiara am 05. Januar 2010, 21:15:54
Ein bisschen wie eine Droge für die Seele.

Oh ja, das trifft meine Gefühle

Ich drücke es gerne so aus:

"Lesen und Schreiben, meine
Wundsalbe, Schreiben und Lesen,
mein Lebenselixier."



Waffelkuchen

Für mich ist die Frage auch nicht leicht zu beantworten.
Schreiben ist für mich... Ich weiß auch nicht, ich kann einfach nicht ohne. Ich glaube nicht, dass für mich der Aspekt "in eine andere Welt abtauchen" der Schlüssel ist. Dazu reicht ein Buch, Film oder Spiel auch.
Ich denke, bei mir ist es eher der schöpferische Aspekt. Ich habe, glaub ich, das Bedürfnis, etwas zu "erschaffen", mein eigenes Werk, irgendetwas "Großes", auf das man hinterher stolz sein kann. Diesen Drang hatte ich schon als kleines Kind, aber damals hat mir halt das Durchhaltevermögen gefehlt. Etwas Einzigartiges zu erschaffen, Dinge zu denken und Bilder zu sehen, die sonst niemand gedacht oder gesehen hat, befriedigt mich mehr als jede andere erledigte Arbeit.
Es ist tatsächlich ein bisschen wie eine Droge, wie Kiara geschrieben hat. Ich finde das Zeug, das ich produziere, zwar phasenweise richtig schlecht, aber ich bin trotzdem immer stolz auf mich, wenn ich die nächste Szene, das nächste Kapitel oder vielleicht auch mal wieder ein "Ende" schreiben kann. Das ist etwas, was mir sehr geholfen hat, mit mir selbst und den ganzen Sachen, die ich eben nicht kann, klarzukommen.
Schreiben hilft mir also, mit mir selbst im Reinen zu bleiben, weil es dadurch immer etwas geben wird, auf das ich zumindest ein kleines bisschen stolz bin. ;)
Ich heb mein Glas und salutier dir, Universum / Dir ist ganz egal, ob und wer ich bin
Fremde - Max Herre, Sophie Hunger

Joscha

Ich kann das eigentlich gar nicht so genau sagen. Ich schreibe, seit ich ein kleines Kind bin und weiß noch nicht einmal, warum ich eigentlich damit angefangen habe. Für mich ist Schreiben irgendwie etwas ganz natürliches, wie lesen oder Musik hören. Ich denke, am ehesten kann man mich mit einem Musiker vergleichen: Ich schreibe gern, einfach, weil es Spaß macht und irgendwie zu meinem Leben dazugehört und schaffe es gleichzeitig, viel zu häufig zu verpennen zu üben ;).
Insofern ist es für mich eine Mischung aus simplem Hobby, aber auch aus Verarbeitungsmöglichkeit von Eindrücken und aus einem Rückzugsort, an dem ich bestimmen kann, wie die Regeln sind, an dem ich Charaktere nach meinen Vorstellungen schaffen und handeln lassen kann. Das ist meine Art der Realitätsflucht. Wenn ich nicht schreiben würde, wäre ich vermutlich computersüchtig und würde den ganzen Tag vor einem Online-Rollenspiel wie WoW sitzen.

Grüße
Joscha

Ary

Schreiben ist für mich ein bisschen Realitätsflucht. Es ist für mich etwas, das ich früher mit Fantasyrollenspielen erreicht habe, eine Art Kurzurlaub von der realen Welt. Seit ich keine in meinen Augen und für mein Spielempfinden brauchbare Rollenspielgruppe mehr habe (ich mag tiefgehendes Charakterrollenspiel, und meine derzeitige Runde spielt mir viel zu oberflächlich), lebe ich meine Fantasie im Schreiben aus. ich liebe es, Figuren zu erschaffen, sie agieren zu lassen und Geschichten für sie auszudenken. Das sind manchmal nur kleine Episödchen, manchmal aber auch gleich ganze Novellen oder Riomane. Mir geht es beim Schreiben hauptsächlich um die Charaktere. Wie entwickeln sie sich weiter, wenn sie die-und-die Erfahrung machen? Was sind ihre Leidenschaften, was treibt sie um, was quält sie, was rettet sie? Ich genieße es, mit meinen Figuren zu spielen. Würden sie leben udn vor mir stehen, würden sie mir vermutlich allesamt die Pest an den Hals wünschen.
Einfach mal machen. Könnte ja gut werden.

Grey

Ich habe schon immer gern Geschichten erzählt. Und ich mag es, Dinge zu beschreiben, auszudrücken. Ich schreibe definitiv nicht in erster Linie um des Schreibens willen, sondern für die Geschichten, die gehört werden wollen. Und damit schreibe ich auch nicht in erster Linie für mich, sondern für die, die sich für die Geschichte interessieren. Wenn die Menschen von der Geschichte genau so begeistert sind wie ich, dann bin ich zufrieden - denn dann habe ich sie gut erzählt.

Ansonsten ist schreiben einfach etwas, das ich tue. Es ist meine Art, die Geschichten zu würdigen, und sie weiterzugeben. Schreiben ist ein Instrument. Aber ein sehr schönes.

Moa-Bella

Wenn ich zurückdenke, dann habe ich nie ganz in dieser Welt gelebt sondern habe mir schon immer irgendwelche Geschichten ausgedacht. Ich kann schwer beschreiben, was das Schreiben für mich bedeutet, im Grunde ist es das, was mir unsere graue Welt ohne jegliche Wunder erträglich macht. Ich bin nciht lebensmüde oder so, aber ohne das Schreiben würde ich es bestimmt nicht aushalten. Ich glaube, ich definiere mich auch darüber. Wenn ich daran denke, einen normalen Beruf auszuüben und ein normales Leben zu führen, dann erscheint mir das ziemlich Grau und langweilig. Ich will auf jeden Fall immer schreiben, wenn ich nicht schreibe oder plotte, dann werde ich unruhig und schnappe mir meinen Notizblock um wenigstens etwas zu tun, mir etwas neues auszudenken oder so etwas.

Alaun

Oh, das ist eine echt gute Frage...
Was schreiben für mich bedeutet, wandelt sich permanent. Es gibt Phasen, in denen Schreiben eine Art "Rückzug" von der Welt ist, ein wohltuender Ort, an dem ich einfach ich selbst sein und meine Phantasie spielen lassen kann. Und dann gibt es Phasen (so wie jetzt im Moment gerade, jaja...) da wird Schreiben sehr anstrengend, da sich kaum etwas tut. Meistens geht es mir so, wenn ich überarbeiten muss. Dann ist der freie Fluss weg und es geht um Kleinkram, was mir meistens eher aufs Gemüt schlägt. Allerdings ist das Gefühl, den Text (noch) besser gemacht zu haben und irgendwann damit wirklich zufrieden zu sein nahezu unschlagbar.

Ich glaube, ohne Schreiben wäre ich einfach nicht ich. Auch, wenn es mir manchmal ganz schön an die Substanz geht. Alles in allem gibt es mir viel mehr, als es mir nimmt.

Liebe Grüße!
*Aquamarin

Bisou

 :hmmm: Wirklich gute Frage, vor allem, weil ich sie nicht so einfach beantworten kann.
Es ist immer unterschiedlich bei mir. Mal ist es eine Art Hintertürchen, um einfach mal für ein Stündchen der richtigen Welt zu entfliehen, manchmal ist es ein Mittel, um wieder auf den Boden der Tatsachen zu kommen, wenn ich mich unnötig über etwas aufrege, manchmal ist es ein Mittel, um mir über das klar zu werden, was ich wirklich will.
Manchmal laugt mich langes Schreiben enorm aus, manchmal gibt es mir so viel Kraft, dass ich das Gefühl habe, Berge versetzen zu können. Manchmal ist es aber auch einfach ganz normal, ganz alltäglich, eine Art Routine, genau wie in die Schule zu gehen oder zu essen. Irgendwie, und da kann ich noch so sehr drum herum reden, gehört es für mich einfach zu meinem Leben mit dazu.
Ich stelle mir immer vor, was ich machen würde mit meinen Ideen, wenn ich kein solches Medium hätte. Ich glaube, ich würde verrückt werden, einfach, weil Schreiben für mich eine gute Möglichkeit ist, meine Ideen auch zu verwirklichen, was ich ja oft genug nicht tun kann.

Deswegen ist es auch eine Art der Selbstverwirklichung, ein Bereich des Lebens, bei dem man wirklich einfach machen kann was man will, ohne auf andere Rücksicht nehmen zu müssen. Man kann sich irgendwie ausleben und das macht mich dann ruhig.
Alles in allem: Schreiben reißt mich manchmal runter, manchmal beflügelt es mich und manchmal hilft es mir einfach, Ideenstau, Frustration oder Ähnliches zu kompensieren. Ein netter Zeitvertreib ist es überdies auch.  ;D

Lucien

Nun, Schreiben bedeutet mir auf jeden Fall eine ganze Menge (auch wenn ich es viel zu unregelmäßig tue  :pfanne: ).
Ich bin fasziniert davon, wie eine kleine Idee, ein winziger Funke, plötzlich ein gigantisches Leuchtfeuer entfacht und mir einen Weg weist, auf den ich vorher nicht im Traum gekommen wäre. Ich liebe es, derartige Spiele mit meiner Fantasie zu spielen und zu schauen, wie schöpferisch ich sein kann und wo meine Grenzen sind.
Außerdem bedeutet Schreiben für mich Flucht vor dem tristen Alltag und "der Welt da draußen", zugleich rechne ich in meinen Geschichten aber auch gerne mit der Realität ab. Ich verarbeite, was mich stört und verwandel es in meinen Werken in ein Juwel, das mich erfreut.

Ich versuche das, was ich beim Lesen von Fantasy empfinde, auf irgendeine Art in meine Werke mit einzubringen, um es später vielleicht mal an geneigte Leser weiter zu geben, in der Hoffnung, dass sie es verstehen, dass ich verstanden werde. Häufig genug fühle ich mich nämlich mächtig missverstanden.

Schreiberling

Danke für die vielen Antworten.
Erst jetzt sehe ich, wie viele Formen, schreiben haben kann. Schreiben kann für jeden etwas anderes bedeuten.
Jetzt merke ich langsam, dass Schreiben eigentlich ein veränderbares/wandelbares (?) Gefühl und für mich ganz viel bedeutet.
Mal bedeutet es, abzuschalten, mal bedeutet es, die Tränen des Alltags zu trocknen, dann ist es wieder, als könnte man zaubern, wenn man neue Welten erschafft. Und das tolle daran, es gibt noch so viele Gefühl zu entdecken, die Schreiben auslöst.

Ich glaube, ein paar haben auch geschrieben, dass sie schreiben nutzen, um aus dem grauen alltag zu fliehen. So habe ich das bisher noch nie gesehen, weil ich den Alltag bisher alles andere als grau empfinde, sondern mit tausenden von verschiedenen Facetten. :)

Drachenfeder

@Schreiberling
Um dem Alltag zu entfliehen ist schreiben echt eine prima Sache. Mache ich auch... aber nicht immer. Je nach meiner Gefühlslage und Bedürfnissen.

Schreiben kann für mich jeden Tag eine andere Bedeutung haben.



Falckensteyn

Hallo Schreiberling

So, endlich möchte auch ich noch Stellung nehmen zum Thema der Bedeutung des Schreibens.

Es ist auch für mich nicht einfach, hier eine umfassende Antwort zu geben, denn die Bedeutung des Schreibens ändert sich immer wieder, oder weniger wichtige Facetten des Schreibens werden plötzlich wichtiger mit der Zeit, oder verlieren wieder an Bedeutung. Schreiben ist für mich nichts statisches, sondern entwickelt sich - bei mir jedenfalls - in eine Richtung.

Schreiben bedeutet mir sehr viel. Ein Hauptgrund ist wohl auch für mich, dass ich der Realität entfliehen und Gott spielen kann. Ich erschaffe mir meine Welt, nicht nur in meinem Kopf, ich bringe sie zu Papier, formuliere Geschichten aus. Insbesondere gibt mir Schreiben auch "Befriedigung" oder Kompensation für nicht Erlebtes oder Verpasstes.

Ich bin vor allem stolz darauf, wenn es mir gelingt, eine Stimmungs-/Gefühlslage, oder eine Situation, glaubhaft und mitreissend zu formulieren. Manchmal gerate ich dann regelrecht in einen Schreibwahn, gehe voll und ganz mit der Situation auf und werde eins mit ihr. Was den Leutchen in meinen Geschichten geschieht, lebe ich voll und ganz mit, stimmungsmässig. Und diese Intensität ist mit nichts sonst zu erreichen, jedenfalls für mich. Weder im kargen, realen Leben, noch im Rollenspiel mit anderen Leuten. Vielleicht könnte man mich deswegen als "Spinner" abtun, who knows. Aber ich bin zufrieden damit und es gibt mir einen guten Ausgleich.

Ein Leben ohne das Schreiben könnte ich mir nicht vorstellen, auch wenn ich aktuell nicht viel Zeit zum Schreiben habe und mein Manuskript seit einigen Wochen unbearbeitet auf der Festplatte. Dennoch...

Liebe Grüsse

Falckensteyn