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Erzählungen innerhalb Erzählungen

Begonnen von Drachenfeder, 04. Januar 2010, 21:20:45

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Drachenfeder

Es ist unheimlich schwer nun zu erklären was ich für ein Problem habe. Ich verstehe es selbst kaum. Aber nachdem ich mit meinem engsten Verbündeten eben gesprochen habe, macht mich das echt fertig.

In meiner Geschichte kommt eine junge Wächterin nach einigen Jahren zurück in ihre Heimat, zu den Druiden. Sie tritt in den Druidensaal und sieht das erste mal in ihrem Leben eine Frau unter den Magieren. Sie ist verblüfft, denn bis jetzt war es nur Männern möglich die seltene Ausbildung zum Magier zu beginnen.
In diesem Moment macht die Story einen Stopp und ich erzähle eine Zwischengeschichte, nämlich die der Frau die Druidin werden wollte. Ihren Leidensweg usw. Ist diese rum, komme ich wieder zurück zu dem Augenblick in dem die Wächterin diese Druidin das erste mal sieht.
Ist so ein Vergangenheitsblick während einer laufenden Story überhaupt sinnvoll? Mir wurde jetzt gesagt, dass diese Zwischengeschichte nicht reinpassen würde. Doch ich habe keine Ahnung wo ich sie sonst reinfügen soll. Alles hat ja mittlerweile seine Form und Gleichgewicht (das Manuskript ist ja beendet)... dachte ich zumindest.

So ein Mist, ich könnte heulen. Wie kann man nur eine Erzählung in eine Erzählung stecken?? Das Auseinanderreißen tut dermaßen ist richtig schmerzhaft.

Habt ihr schon mal so etwas gehabt? Oder versteht ihr überhaupt was ich versuche verständlich zu machen? 



Bisou

Mhm, verstehen schon.
Ich persönlich finde, dass man die Frage so einfach eigentlich nicht beantworten kann. Erstmal eine Frage: wie lange wäre denn diese Zwischengeschichte und ist sie wirklich wichtig für den weiteren Verlauf der Handlung? Ich denke mal, dass diese Geschichte dann notwendig wird, wenn man es für den weiteren Verlauf der Handlung in seinen Facetten kennen muss. Wenn es das nicht ist, kann es ein Zuckerstückchen sein, aber es kann den geneigten Leser auch vollkommen aus dem Roman rauskatapultieren.
Aber wie gesagt, es kommt auf Länge und spätere Verwendung an. Ist es ein reiner Einschub, der eigentlich im weiteren Verlauf kaum mehr etwas zur Sache tut, könnte man das meiner Meinung nach vielleicht noch anders handhaben, zum Beispiel durch ein klärendes Gespräch der beiden.
Wird die Druidin später zur Handlungsträgerin und ist der Einschub zwingend nötig, lass ihn drin. Allerdings glaube ich, dass eine lange Zwischengeschichte Distanz zwischen den eigentlichen Protagonisten (also deine Wächterin) und den Leser bringen könnte.

Ich denke mal, das musst du selbst abwägen, ob es nötig ist, ob es sich anders lösen lassen würde oder ob es tatsächlich ein Zuckerstückchen/Bonus ist und nicht von dem eigentlichen Protagonisten ablenkt.

Ich hoffe, ich konnte dir damit wenigstens ein bisschen helfen ;)

LG

Alex

Artemis

#2
Wichtig wäre vielleicht auch die Perspektive, aus der du schreibst.
Betrachtest du alles durch die Augen der Wächterin? Dann könnte es unter Umständen schwer werden, dem Leser zu erklären, wie die Wächterin so viel über das Leben einer Person weiß, die sie nicht kennt.
Eventuell wäre es dann ratsam, an der Stelle in der Perspektive zu springen und sich in die Druidin zu versetzen, die dann kurz ihre eigene Geschichte "denkt", also Revue passieren lässt, ehe du zur Wächterin zurückkehrst.

Feuertraum

Auch wenn es wie eine Wischiwaschiantwort klingt, aber: es kommt auf den Kontext an. Die Frage ist: paßt die Retro wirklich zur Geschichte ? Erklärt sie ? Oder ist sie nur ein Beiwerk, welches die Geschichte zu lang macht?
Prinzipiell gibt es generell das Problem bei Rückblenden, dass einige Autoren sie verteufeln (warum eigentlich) und andere sie gern benutzen. Wichtig aber ist, dass sie passen, dass sie erklären und damit dafür sorgen, dass die Geschichte "rund ist".
In meinen Augen ist diese Situation ein zweischneidiges Schwert.
Einerseits ist der Fakt, dass eine Frau zu Magierin wird, viel zu interessant, als das man es mit ein - zwei Sätzen abtun sollte.Aber man sollte nicht die ganze Jugendgeschichte einbauen sondern mbMn. nur die Szene, wie sie zur Magie gekommen ist (obwohl, mir kommen da Ideen, wie man auch das wieder "aushebeln" kann und doch eine längere Vorgeschichte...)
Also wie gesagt: Kommt auf den Kontext an und wie Sie es umsetzen.

Sorry, wenn ich da keine 100%ig konkrete Hilfe geben kann.
LG
Feuertraum


Was hat eigentlich He-Man studiert, dass er einen Master of the universe hat?

Lomax

Ich habe hier noch eine Parodie liegen, an der ich schreibe (und weiterschreiben will, wenn ich mal Zeit habe ;)). Die fängt mit einer Actionszene an ... die mittendrin unterbrochen wird, weil der Held sich an etwas erinnert fühlt und erst mal dieser völlig belanglose Abschnitt seiner Lebengeschichte eingefügt und erzählt wird.
  Der Grund, warum ich so was ausgerechnet in einer Fantasyparodie getan habe, liegt auf der Hand: So was nervt in Büchern oft ungemein, und ich habe es genau darum auf die Spitze getrieben, um mich über solche nervigen Einschübe lustig zu machen; und ich habe es darum geschrieben, weil ich davon ausgehe, dass die Leser so was kennen und wiedererkennen und auch darüber lachen können, weil sie sich selbst schon öfter darüber geärgert haben. Derartige Exkurse würde ich durchaus zu den "häufigen Unsitten von Fantasygeschichten" zählen.
  Was ich dann allerdings festgestellt habe: Im Grunde nervt es auch dann ganz ungemein, wenn es in einer Parodie vorkommt. Darum denke ich derzeit darüber nach, es wieder rauszunehmen. Und wenn es schon in einer Parodie grenzwertig ist, die sich genau über die Unsitten der Fantasy lustig machen will, dann ist es in einem ernsthaften Roman vermutlich erst Recht keine gute Idee.

Also, mein Fazit daraus wäre: So was geht, es kommt auch oft genug vor - aber dass es dem Text gut tut und nicht nervt, ist eher selten. Man sollte also genau prüfen, ob der vorliegende Fall die große Ausnahme ist, in dem so ein Exkurs dramaturgisch sinnvoll ist und besonders gut kommt. Was durchaus sein kann.
  Aber bitte daran denken, dass die letzten hundert Autoren, die geglaubt haben, dass es in ihrem Fall eine gute Idee war, falsch damit lagen - und entsprechend vorsichtig sein bei der Entscheidung ;)
  Einschübe und Exkurse sollten dann kommen, wenn sie passen. Nicht wenn irgendein Aufhänger sie entschuldigt, sondern wenn sie anständig eingeführt sind und genau an diese Stelle der Geschichte gehören weil das, was davor kam, auf den im Exkurs erklärten Sachverhalt hingearbeitet hat, und weil das, was im Exkurs erklärt wird, danach eine wichtige Rolle für die Geschichte spielt.

Drachenfeder

Eine 100%ige Antwort habe ich gar nicht erwartet, weil es die wohl auch gar nicht gibt.
Es ist schon böse, wenn man eigentlich zufrieden war und dann so eine Kritik kommt *grummel*

Ich benutze die Erzählperspektive. Die Wächterin (Enoriel),  ist natürlich meine Hauptfigur um die sich fast alles dreht, jedoch springe in manchen Kapitel auch zu anderen Personen und lasse diese wiederum im Rampenlicht stehen. In diesem Moment ist es jedoch Enoriel die in ihre Heimat (Welt) zurückkehrt und vieles nicht wieder erkennt. Die Story über die Druidin mit hineinzubringen finde ich sehr wichtig, da diese im Laufe der Geschichte zu einer Verräterin wird und für einige nicht so erfreuliche Wendungen verantwortlich ist.

Jetzt habe ich schon überlegt, ob ich ihre Geschichte umschreibe. Nicht als Vergangenheitsgeschichte berichte sondern eher als gesprochene Erzählung. Und an eine Stelle rücke in der Enoriel mit ihrer Schwester über sie redet. Es könnte so sein wie: "Erzähl mit von ihr!"
Aber dafür müsste ich wirklich die ganzen 6,5 Normseiten umändern. Aber da bekomme ich wieder gesagt: Ich finde es so wie es geschrieben ist aber richtig gut!" Somit habe ich auch beim Umschreiben Angst etwas kaputt zu machen.

So viel zu der Freude, dass mein Manuskript beendet ist  :-\




Luna

Also, so wie ich deine Schilderung lese, passt die Szene dort nicht hin. Du springst plötzlich zu einer anderen Figur, erzählst dessen Vergangenheit und springst zurück. Das ist ein massiver Bruch.

Auch wenn die Szene gut geschrieben ist, so würde ich sie in diesem Moment nicht anbringen.

Ich arbeite auch mit Rückblenden in die Vergangenheit, aber ich denke, dass ich das etwas anders mache. Genauer gesagt habe ich drei Rückblenden in meinem Text und alle drei sind wichtig.
Die erste ist eine Erinnerung meiner Prota, die dem Leser kurz die Vorgeschichte näher bringt, die zweite ist die Geschichte meiner zweiten Hauptperson, die damit ihre Beweggründe dem ersten Prota erklärt, sie fängt an zu sprechen und dann wechsle ich das Kapitel und die Perspektive.
Ungefähr auf diese Art und weise gehe ich auch die dritte Rückblende an: Ich lasse sie von jemand anderem erzählen, wechsle die Perspektive und erzähle dann die Geschichte.
Vielleicht kannst du so dein Geschriebenes auch noch retten - aber das alleinige sehen der anderen Person reicht mMn nicht aus, um deren Geschichte groß und offen preis zu legen.

Grey

Also ... ein Beispiel, in dem ich diese verschachtelten Erzählungen als sehr extrem empfunden habe ist "Der Fürst der Finsternis" von Anne Rice. Da erzählt Lestat, wie er seinen Erschaffer traf ... der ihm dann widerum erzählt, wie er seinen Erschaffer traf ... und der dessen Erschaffer. Und immer alles aus der Ich-Perspektive. :gähn:
Anfangs fand ichs spannend, später nur noch verwirrend.
Grundsätzlich fänd ich persönlich sowas aber okay - sogar spannend. Ich mag aber auch Rückblenden. ;D

Wie lang wäre denn dein Einschub?

Drachenfeder

Ca. 6,5 Normseiten.

Vielleicht sollte ich es doch an die Stelle packen in der eh über diese Frau geredet wird und es dann als Dialog einarbeiten. Dies wäre nur 10 Seiten später und noch vor ihren größeren Handlungen.

Ich hab aber ziemlich große Angst das ich meinm, eigentlich gut geschriebenes, zerstöre.

Aber so ein "Bruch" kommt bestimmt nicht so gut.



Lavendel

Sopntan würde ich auch davon abraten, die Erzählung zu unterbrechen. Beim lesen nervt sowas eigentlich immer. Vielleicht hilft es, wenn du versuchst, dir klarzumachen, welche Information man als Leser an dieser Stelle unbedingt braucht. Alles weitere kannst du in passenden Stellen als Erinnerungen einstreuen oder in Dialoge packen. Konfliktreiche Dialoge sind zum Beispiel einfach dynamischer und unterbrechen die Geschichte nicht.

Hanna

Ich muss mich vorigen Meinungen anschließen. Ich mag Rückblenden auch nicht besonders. Erst Recht nicht an spannenden Stellen. Da kommt es dann auch schon mal vor, dass ich die Rückblende bloß überfliege, um dorthin zu gelangen, wo es jetzt weitergeht. An der Stelle wird dein Leser wissen wollen, wie es mit der Wächterin weitergeht. Wenn die Wächterin sich nun aber sehr wundert und das deutlich wird, wird der Leser auch neugierig darauf sein und sich später freuen, wenn das Geheimnis gelüftet wird. Ich würde es also wohl so machen, dass es der Wächterin auffällt, sie darüber nachdenkt, es aber dann abhakt und auf einen späteren, geeigneteren Zeitpunkt verschiebt.
#notdeadyet

Moa-Bella

Ich glaube, es ist überhaupt nicht nötig, dass der Leser an dieser Stelle die ganze Geschichte der Druidin erfährt. Generell lasse ich meistens eher alle Informationen nach und nach mit einfließen anstatt sie alle auf einmal zu liefern. Wenn du in deinen Erzählperspektiven springst, dann kannst du ja auch aus Sicht der Druidin erzählen und sie erinnert sich dann. Es gibt viele Möglichkeiten die wichtigen Informationen unterzubringen. Mitten in der Erzählung aber auf einmal eine aus dem Zusammenhang gerissene Rückblende zu einem zu diesem Zeitpunkt nicht unbedingt relevanten Thema einzubauen würde ich aber nicht empfehlen. Das kannst du aber eigentlich leicht ändern, wenn man ein Manuskript geschrieben hat ist es selten fertig. Immerhin ist der Rest bestimmt toll.

Churke

Ich kann die Empörung hier zum Teil nicht recht nachvollziehen...

Rahmenerzählungen sind eine klassische Form des Aufbaus. Normalerweise lässt man eine Figur eine Geschichte erzählen, aber Dave Duncan - und das ist sicherlich keine schlechte Adresse - schreibt dann auch mal ein ganzes Kapitel "wie ich in diese Geschichte kam" in der dritten Person. Ob so etwas nervt, ist eine Frage der Umsetzung und des Standpunkts. Ich habe überhaupt keine Probleme damit, so etwas an einer ruhigen Stelle zu lesen, wo eh nicht viel passiert. Es gibt allerdings auch genügend literarische Vorbilder, in denen darauf weniger Rücksicht genommen wird. Muss allerdings sagen, dass mich Heliodors "ich bin jetzt leider so erschöpft, dass ich euch die Geschichte erst morgen zu Ende erzählen kann" wirklich genervt hat.


Drachenfeder

Also, nach langen Überlegungen werde ich nun versuchen diesen Part umzuschreiben und an einer anderen Stelle einzusetzen. Es wird dann eine Erzählung (Dialog). Ob es dann besser ist werde ich sehen. Ein Versuch ist es wert.
Danke Euch erst mal!!!



KiwiKatze

Mal ne ganz andere Idee: Wie wäre es denn (wenn dieser Einschub wirklich so wichtig ist etc.) , wenn du ihre Geschichte als Prolog setzt? Zu Beginn weiß man als Leser das Ganze vielleicht nicht so recht einzuordnen, aber wenn ihr Charakter schließlich in der besagten Szene auftaucht, erkennt man sie wieder und kann sich vielleicht Einiges zusammenreimen. Diese Möglichkeit wäre aber glaube ich nur dann sinnvoll, wenn sie wirklich noch eine bedeutende Rolle in der Geschichte spielen wird.
Man könnte es aber auch z.B. als Epilog benutzen, so, dass dem Leser erst ganz zum Schluss ihre eigentlichen Beweggründe etc. klar werden würde (wieder unter der Voraussetzung, dass ihr Charakter wirklich wichtig ist).

Damit hätte man den Lesefluss nicht gestört und vor allem bei "Bösewichten" könnte so ein Vorgehen einiges erklären, was in der Geschichte nirgendwo reinpasst.

Das nur mal als Anregung  :)