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Findet ihr es wichtig, einen einzigen Protagonisten zu haben?

Begonnen von ShainaMartel, 12. Oktober 2009, 03:03:17

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ShainaMartel

...oder denkt ihr, dass man auch eine Geschichte in einer Welt wiedergeben kann, wenn man sehr viele / gar keine wirklichen Protagonisten besitzt? Ich finde zwar, dass die Geschichte neutraler wirkt und nicht Gefahr läuft, sich nur um den einen Charakter zu drehen, der der Protagonist der Geschichte ist, wenn man sich nicht hauptsächlich auf einen/mehrere Personen versteift, doch ist es dann natürlich erheblich schwieriger, eine richtige Story aufzubauen. Wie seht ihr das? Oder findet ihr die Idee einfach verrückt, keinen Protagonisten herauszuarbeiten?  :o ;)

Tenryu

Ich denke nicht, daß es unbedingt eines einzelnen Pprotagonisten bedarf. In fast allen meinen Geschichten gibt es mehrere Hauptfiguren, die mehr oder weniger gleichbedeutend nebeneinander stehen. Ich finde das oft sogar interessanter udn reizvoller.

Grundsätzlich aber sind beide Erzählweisen geeigent. Man kann eigentlich jede Geschichte auf unzähllige unterschiedliche Weisen erzählen. So gesehen gibt es keine richtige oder falsche, sondern nur bessere oder schlechtere. Wobei das auch vom Vermögen und der Erfahrung des Autors abhängt.

In meinem Roman Erz11! habe ich sogar neun Hauptfiguren verwendet.

Beate

Die Frage ist, was man erzählen will. Will man die Geschichte eines Königreichs in einer schwierigen Situation, den Sturz eines lang gehassten Diktators etc. erzählen, aber nicht die Geschichte einer einzelnen Person, eignet es scih sicherlich, mehrere ERzählperspektiven ohne sicheren Hauptcharakter zu nutzen. In so einem Fall eignet sich vor allem ein auktorialer Erzähler sehr gut.

Für "Personengeschichten", wenn die Geschichte von einer Person dargelegt wird, wie ihr Lebensabschnitt verlaufen ist, eignet sich der personale Erzähler meist besser.

So gesehen gibt es da wohl keine "richtig oder falsch" Lösung, es ist eine Frage, was einem mehr liegt und was besser zur Geschichte passt. Und gerade in Romanen ist es auch kein Problem, die Perspektive einfach mal zu wechseln.

Cythnica

Also ich hab mehrere Sachen ausprobiert, kam aber letztlich immer zum Ergebnis, dass es mir am besten gefällt, wenn ich 2-3 Personen habe, die die wichtigsten Rollen tragen und hin und wieder die Perspektive übernehmen.

Wobei ich hierbei auch immer die Sorge hatte, dass möglicherweise manch einer nicht darauf klar kommt, dass nach einer szenischen Trennung ( Ich teile meine Kapitel in Zahlen ein) die Sicht wechselt.

Ich mag es jedoch nicht so, meine Geschichte nur aus der Sicht einer Person zu schreiben. Das würde mich viel zu sehr dazu zwingen, die Person entweder überall hinzuschicken, oder sie ständig in Dialogen erfahren zu lassen, was alles an anderen Sachen passiert, an denen sie vielleicht mal nicht teilhaben konnte.

Wohlgemerkt spreche ich hier von einer Sicht in dritter Person. In der ersten Person aus drei Sichten wäre für mich etwas krass.

Churke

Zitat von: ShainaMartel am 12. Oktober 2009, 03:03:17
Oder findet ihr die Idee einfach verrückt, keinen Protagonisten herauszuarbeiten?  :o ;)
Das trtifft es ziemlich genau.  ;D
Eine Geschichte ohne Protagonisten ist wie ein Film ohne Hauptdarsteller.

Chuck

Generell habe ich immer einen Protagonisten. Nicht zwangsläufig gewollt, aber es ist halt meist der Lauf meiner Erzählung geschuldet.

Darüber hinaus finde ich es aber eigentlich nicht unbedingt so wichtig. Oder anders ausgedrückt: Ich könnte mich vom Gegenteil überzeugen lassen - kommt darauf an, wie ein solches Werk ausgearbeitet wird.

Ich denke, ein Werk sollte einen roten Faden oder Kern besitzen, damit er als zusammenhängendes Werk betitelt werden kann. Ob dieser Kern nun ein Protagonist ist oder ein Idee, das spielt eigentlich keine Rolle.

Ich stelle mir da zum Beispiel ein Buch oder Erzählung über den olympischen Fackellauf vor, der in Griechenland beginnt. Hier wird die Fackel entzündet und der erste Träger begleitet uns über das erste Kapitel ... schließlich gibt er die Fackel aber ab ... das passiert immer und immer wieder bis die olympischen Spiele beginnen. Man hat dabei kaum Zeit die Fackelträger näher kennenzulernen, vielleicht ihre Gefühlswelt und ein paar Hintergründe, aber dann geht es auch schon weiter. Durch die Fackel selbst hätte das Werk aber einen starken roten Faden, der mich auch ohne starken Protagonisten überzeugen könnte.

Oder anders: Der Hauptdarsteller wäre eben keine Person. Ich stelle mir das sehr interessant vor.

Romy

Ich habe meist 2-3 Protas/Perspektiventräger, selten mehr und niemals nur eine. Nur ein einziger Prota wäre mir zu langweilig und einseitig.

Gar keinen Prota zu haben, stelle ich mir relativ unmöglich vor, außer in einem Sachbuch  ;D Nun ja, vielleicht nicht unmöglich, sowas zu schreiben, aber ich denke, für den Leser wäre es schon ziemlich anstrengend, sich ständig auf eine neue Figur einstellen zu müssen. Ich würde meinen, das wäre mal wieder so ein Fall von "das darf sich nur ein sehr bekannter Autor leisten", der darf Experimente machen und seine Bücher werden von den Fans trotzdem gekauft (und hoffentlich auch gelesen)

LoneRanger

Ich werde mich erst auf einen einzigen Protagonisten beschränken, wenn meine Schreibkunst reifer geworden ist. Zur Zeit habe ich mindestens zwei Hauptprotagonisten und gerne ein paar "Special Guests". Ich liebe Interaktion und glaube daran, das wirklich große Dinge nur im Team zu erreichen sind.

Aber:

Es kristallisiert sich immer ein Held, eine Heldin heraus und selbst in einem Team gibt es wohl immer die Figur, die die Geschichte trägt. Und manchmal ist es nicht die Figur, von der man es zu Beginn denkt.

Anamalya

Hallo,
ich habe im Laufe meines Zyklus über zehn Figuren, die alle maßgeblich für die Geschichte sind und die man eigentlich als Protagonisten bezeichnen kann. Der Grund für dieses Personenchaos ist, dass ich so die Möglichkeit habe bestimmte Ereignisse bzw. Personen aus verschiedenen Sichtweisen zu beschreiben und so das gut-böse Bild aufzulösen.
Vielleicht kennt ihr "Die Haarteppichknüpfer" von Andreas Eschbach? In dem Buch wird jedes Kapitel aus der Sicht einer anderen Person erzählt, meistens haben sie nur indirekt oder überhaupt nichts miteinander zu tun. Das bewirkt meiner Meinung nach, dass man sich nicht mit einer der Personen identifiziert und so die Handlung objektiver verfolgen kann.
Es kommt aber insgesamt natürlich immer darauf an, was man schreiben möchte.  :)
LG
Anamalya

Kati

Ich finde auch, dass eine Geschichte mehrere Protagonisten haben kann. Eigentlich macht das die Geschichte bloß spannender, da es mehrere Handlungsstränge gibt.
Eine Geschichte ganz ohne Protagonisten...geht das überhaupt? Ich kann es mir nicht vorstellen. Braucht man für einen Plot nicht einen Protagonisten?

LG,

Kati

Joscha

Ich stimme den meisten meiner Vorposter zu. Eine Geschichte ohne Protagonisten ist für mich undenkbar, da man sich als Leser mit irgendjemandem identifizieren muss - eine Ausnahme ist es, wenn man Bücher schreiben will, mit denen in hundert Jahren Schüler gequält werden sollen...

Ich habe allerdings nichts gegen Romane mit einem einzigen Protagonisten, was meiner Meinung nach allerdings eine sehr anspruchsvolle Art des Schreibens ist, die ich mir selbst nicht zutraue. Mehrere Protagonisten ziehe ich als Autor vor, als Leser unterscheide ich nicht zwischen Büchern mit einem oder mehreren Protagonisten.

Tenryu

Ich frage mich, ob der Protagonist auch unbedingt eine Identifikationsfigur sein muß?

Lucien

ZitatIch finde zwar, dass die Geschichte neutraler wirkt und nicht Gefahr läuft, sich nur um den einen Charakter zu drehen, der der Protagonist der Geschichte ist, wenn man sich nicht hauptsächlich auf einen/mehrere Personen versteift, doch ist es dann natürlich erheblich schwieriger, eine richtige Story aufzubauen.
Kommt ganz auf die persönlichen Stärken und Schwächen an. Ich persönlich sitze grad an zwei Geschichten, die nur einen Prota haben und bei beiden hänge ich schon nach den ersten Kapiteln im Plot fest. Bei den beiden anderen Werken, die mehrere Hauptfiguren haben, schreibt sich der Plot quasi von alleine.
Ich liebe das puzzeln und ich lasse auch gerne den Leser puzzeln. Deshalb baue ich Geschichten gerne um einen Gegenstand oder etwas anderes auf, worüber es etwas herauszufinden und das es zu entdecken gilt.
Da zwingt sich mir die größere Anzahl an Hauptfiguren förmlich auf. Alle wissen einen Teil und so kann nach und nach, wenn die Figuren aufeinander treffen, das Rätsel gelöst werden.  :)
Aber andererseits wird vielleicht die Auseinandersetzung mit der Figur intensiver, wenn es nur einen Prota gibt.
Es hat alles seine Vor- und Nachteile und es kann nicht schaden, mit allem mal zu experimentieren.

Möchtegernautorin


Also, die Überlegung, ein Buch zu schreiben, ohne Protagonisten, wäre mir sicher nie gekommen. Es dürfte möglich sein, aber ich stelle es mir etwas verwirrend vor, zumal ich eine bekennende Charakterliebhaberin bin. Manchmal können die Plots noch so bescheiden sein, wenn gut ausgearbeitete und glaubhafte Charaktere mitmischen, lese ich meistens doch weiter ;)
Eine Geschichte nun, in der ich mich ständig auf jemand neuen einstellen müsste und schlimmer noch: interessante Charaktere, bei denen ich neugierig auf deren Hintergrund bin, plötzlich nicht ehr wieder zu erleben, fände ich doch sehr enttäuschend :engel: Im besten Fall würde ich mich so sehr Ärgern, dass ich mir selbst was überlege.
Aber vielleicht wäre es wirklich mal ein nettes Experiment <nick>

Selbst produzieren könnte ich das allerdings nicht. Meine Geschichten hängen zu sehr an Charakteren. Ich brauchte Protagonisten, denn ohne diese würden bei mir einfach keine Geschichten entstehen. Ich plotte immer nur um die Charakter herum, um seine Geschichte und die seiner Freunde, Gefährten und Gegenstreiter zu finden.
Und da ich meistens immer mehr als einen Protagonisten habe (außer, ich käme doch mal auf die Idee einen Ich-Erzähler auszupacken), ist mir das sowohl beim Schreiben, als auch beim Lesen am liebsten. Dann habe ich wenigstens die Auswahl, mit wem man sympathisieren möchte ;)
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Grey

Hm. Also ob es jetzt immer *einen einzigen* Protagonisten geben muss, bezweifle ich. Die Anzahl der wichtigen Figuren hängt schließlich immer auch von der Komplexität der Geschichte ab.

Was ich viel wichtiger finde, ist darauf zu achten, dass der "Rote Faden" der Geschichte immer sichtbar bleibt und die Erzählung nicht zu weit in Nebengeschichten abdriftet. Die können auch spannend und interessant sein, aber gerade dann lenken sie oft viel zu sehr von dem ab, was eigentlich erzählt werden soll. Und die Gefahr ist natürlich bei einem großen Personal viel größer - das ist bei Charakteren nicht viel anders als bei echten Menschen. Schließlich sind die eigenen Probleme immer die schlimmsten und sollten gefälligst berücksichtigt werden! ;D