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Vampire- Ist Klischee ein Muss?

Begonnen von Koriko, 14. September 2009, 11:06:53

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Koriko

Hallo ihr Lieben,

ich habe jetzt mal eine Frage, die mich wirklich interessiert. Nachdem unser (Lysander und mein) Projekt "Atemlos" zunächst bei einem Verlag gut angekommen war, kam nun der Dämpfer, sprich der Rückschritt- das Konzept ist überzeugend, aber die Vampire sollten Blut trinken. Doof, wenn die gesamte Geschichte auf luftstehlenden Vampiren aufgebaut ist und man das Ganze "nicht einfach mal so" in das übliche Klischee pressen kann.

Da jetzt schon öfters der Wortlaut kam: Also Vampire, die kein Blut trinken, sind für die Leute nicht interessant. Die Leser wollen Bücher, frei nach dem Motto: Auch nach 1.000 bluttrinkenden, sexy Vampiren kann dass 1.001. Buch kein Reinfall sein.

Mich persönlich nervt dieses Unidenken ungemein, daher haben wir ja mit "Atemlos" einen neuen Weg eingeschlagen und uns mal an alte asiatische Sagen gehalten.

Ist das wirklich solch ein Fehler gewesen? Ist für euch als Vampirleser ein Buch gleich uninteressant, wenn Mr.X nicht bluttrinkend und lichtscheu ist? Ist denn der Markt so "un"offen für neue Konzepte, die ein wenig vom alten Denken abweichen?
Mich interessiert das brennend, denn es ist ziemlich langweilig, die üblichen Vampir-Schinken á la "Biss" zu lesen bzw. zu schreiben.
"Das schönste aller Geheimnisse: ein Genie zu sein und es als einziger zu wissen." - Mark Twain

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Maja

Das ist für mich keine Frage von Klischee, sondern von Definition. Vampire trinken Blut, sonst wären sie keine Vampire - es ist das, was den Vampir vom Menschen unterscheidet. Es ist ja auch kein Klischee, dass Zwerge klein sind und Riesen groß, Einhörner ein Horn haben und Kühe Milch geben.
Klischees bei Vampiren sind die transsylvanischen Schlösser und dunklen Capes - nicht zwingend vorgeschrieben, aber oh so typisch. Es gibt Vampire, die bei Tag überleben und Vampire, die weder Kreuz noch Knoblauch fürchten - alles Ermessenssache für den Autor. Aber Vampire, die kein Blut trinken, sind keine Vampire.
Nennt sie doch einfach anders bei gleicher Funktion. Sie könnten Dschinns sein, oder etwas völlig neuartiges. Nur eben keine Vampire.

Niemand hantiert gern ungesichert mit kritischen Massen.
Robert Gernhardt

Sprotte

Ich sehe das wie Maja:
Mit allem Zubehör kann man experimentieren (Maynard z.B. findet den Nachgeschmack von Knoblauch ekelhaft, aber ein Abwehrmittel ist das nicht): Knoblauch, Kreuze, Sonnenlicht, Schlafen im Sarg etc. Aber Blut müssen die Biester trinken.

Angelus Noctis

Wäre es nicht eine elegante Lösung für alle Beteiligten, die Vampire einfach umzubenennen, wie es bei Maja schon anklang?

Koriko

Irgendwie dachte ich nicht, dass das alles so eingeschränkt ist... ein wenig künstlerische Freiheit scheint bei dem Thema nicht gut anzukommen...

Aber gleich eine neue Rasse wäre doof, da ja später auf die Sage eingegangen wird und die ja der Kern der Geschichte ist
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Rumpelstilzchen

Ich kann mich der Meinung meiner Vorredner nur anschließen. Vampire müssen Blut trinken und wenn sie es sich aus dem Krankenhaus holen, aber das macht Vampire nun mal aus. Es ist ihr Segen oder ihr Fluch, je nachdem.
Aber ein Vampire der kein Blut trinkt, ist auch kein Vampir. Ich würde euch auch empfehlen, eine neue Rasse zu kreieren. Sie könnten auch auf irgendeine Weise mit Vampiren "verwandt" sein. Nur solltet ihr dann nur den Begriff Vampir verwenden, wenn ihr das erklärt.
Wenn ich mir ein Buch kaufe, wo Vampir draufsteht, dann erwarte ich auch, dass da auch 100 Prozentig Vampir drin ist. Ansonsten wäre ich anschließend ziemlich enttäuscht.

Kerimaya

Zum Thema kann ich Olga Krouks neues Buch empfehlen, Schattenseelen. Bei ihr geht es nicht explizit um Vampire, aber die Thematik ist ähnlich. Hier geht es um "Nachtzehrer", die, glaube ich, Träume essen bzw. Lebensenergie (ich hab den Pressetext nicht mehr so genau im Kopf.)

Coppelia

#7
Ich kann ja Vampire nicht leiden und spreche daher nicht als Fan. :P Für mich kommen die einzigen coolen bluttrinkenden Toten in der Odyssee vor. Aber für mich sieht es so aus, dass sich Vampire nicht von Blut ernähren, sondern von Lebenskraft. Sie sind halt Untote, die auf Kosten anderer leben. Wenn die Lebenskraft nicht im Blut liegt, könnten sie genauso gut hinter etwas anderem her sein, denke ich. Aber ich glaube nicht, dass die Verlage und Vampirfans von dieser Argumentation überzeugt werden.
In einem Romanprojekt hatte ich einen "Hexolvampir". Rafi, so hieß er, brauchte eine bestimmte Substanz, um zu leben, ein Zeug namens Hexol, das voller Lebenskraft steckte. Aber das Projekt ist auch lang geschmissen.;)

Koriko

Zitat von: Coppelia am 14. September 2009, 12:09:39
Ich kann ja Vampire nicht leiden und spreche daher nicht als Fan. :P Für mich kommen die einzigen coolen bluttrinkenden Toten in der Odyssee vor. Aber für mich sieht es so aus, dass sich Vampire nicht von Blut ernähren, sondern von Lebenskraft. Sie sind halt Untote, die auf Kosten anderer leben. Wenn die Lebenskraft nicht im Blut liegt, könnten sie genauso gut hinter etwas anderem her sein, denke ich. Aber ich glaube nicht, dass die Verlage und Vampirfans von dieser Argumentation überzeugt werden.
In einem Romanprojekt hatte ich einen "Hexolvampir". Rafi, so hieß er, brauchte eine bestimmte Substanz, um zu leben, ein Zeug namens Hexol, das voller Lebenskraft steckte. Aber das Projekt ist auch lang geschmissen.;)

Genau auf den Punkt "Lebenskraft" war auch der lufttrinkende Vampir aufgebaut... Blut ist im Grunde ja nur teilweise das Lebenselexier... Atemluft ist fast wichtiger, besonders da das Blut ja Sauerstof transportiert und für mich daher eher der Bote der Energie ist (kapiert man mich jetzt?)
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Linda

#9
(so, dass hat sich jetzt teilweise mit Korikos Antwort überschnitten, aber egal)

Blut ist ein ganz besondrer Saft.

Vampire trinken Blut, wobei Blut einfach das Vehikel für gestohlene Lebenskraft ist.
"Denn im Blut ist Leben...", frei nach Stoker. Damit hängen sicher auch religiöse Vorstellungen zusammen, dass etwa die Seele im Blut lebt.

Mit Atemluft stehlenden Vampiren wäre dem Ziel ebenso gedient, obwohl ich sicher bin, dass es für genau diesen Zweck bereits andere Unwesenheiten gibt. (War es die Lamia? ... )

Egal... ihr müsst halt wissen, ob ihr euer Ding durchziehen wollt, und vom Vampirboom profitieren, oder ob euch eine eigene Definition und innere Stimmigkeit wichtiger ist.
Wenn der Verlag bei den Vampiren mitreiten will und Blut ihm bedeutsam erscheint, warum als Kompromiss dann kein Blut fließen lassen?
Blut könnte zB für den "Erstkontakt" wichtig sein, damit sie danach an die Luft können.

Gruß,
Linda

Koriko

@ Linda:

Blut fließt da keines, die Vampire haben auch noch all ihr Blut... zum Vampir werden sie wirklich durch einen Kuss, so dass man "Kuss des Vampirs" wortwörtlich nehmen kann...
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Hanna

Ich gehe auch gerne ungewöhnliche Wege und ich fände es nicht so schlimm, wenn Vampire mal den Atem nehmen statt Blut zu trinken. Aber ich bin eben auch nur ein Schreiber und kein Verleger. Im Allgemeinen haben Verleger ja häufig Angst vor dem Neuen.

Ich finde die Idee gut und auch der Titel ist klasse und was ich damals davon gelesen habe, hat mir gut gefallen. Aber leider bin ich ja kein Verleger.
#notdeadyet

Lomax

Das Traurige dabei ist, dass der "klassische" Vampir - also der Vor-Draculavampir aus Mythen und Legenden - keinesfalls zwangsläufig ein Bluttrinker war. Das ist erst später zu dem entscheidenden Definitionsmerkmal geworden.
  Prinzipiell würde ich also sagen, dass es durchaus gute Gründe geben kann, die Geschichte in dem Punkt anders zu erzählen, auf andere Quellen zurückzugreifen. Wo ein Vampir nun aufhört, Vampir zu sein, wird sicher auch von einzelnen Lesern unterschiedlich empfunden. Es gibt vermutlich auch genug Leute, für die ein Vampir kein Vampir mehr ist, wenn er sich nicht vor Kreuzen und Knoblauch fürchtet. Für mich beispielsweise wäre ein Vampir kein Vampir mehr, wenn er bei Tageslicht leuchtet  ;D

Aber, aus einem anderen Blickwinkel betrachtet würde ich es auch genauso sehen wie Maja: Es nervt mich beispielsweise immer mal wieder, wenn ein Autor bei der Suche nach Originalität im Grunde nur noch einen altbekannten Namen übriglässt und man das, was damit bezeichnet wird, gar nicht mehr als solches wiedererkennt. Da sag ich mir immer, wenn man schon so originell sein will, dann bitte auch beim Namen, und den nicht nur deshalb verwenden, um eine Mogelpackung um einen ganz anderen Inhalt zu schnüren.
  Ab wann wird ein Name zur Mogelpackung? Ich fürchte, dabei kommt man letztlich um Konventionen und Leserempfindung nicht herum. Wie oben gesagt: Jeder Leser sieht es im Detail vermutlich etwas anders, und irgendwie muss man sich wohl nach dem richten, was "im Durchschnitt" so empfunden wird.
  Wäre ein wenig schade, wenn beim Vampir die Grenze beim Bluttrinken liegt, obwohl die Mythologie anderes hergibt; wenn also die literarische Tradition die Vorlage endgültig ausgelöscht hätte. Aber ich fürchte, man muss zumindest damit rechnen - und kann dem auch sehr einfach begegnen, indem man einen anderen Namen für das Geschöpf verwendet. Die Mythologie bietet ja, je nach regionaler Tradition, viele mehr oder minder synonyme Bezeichnungen für "Vampire" an. Man nehme einfach eine, die noch nicht so festgelegt ist - und kann später im Roman ja immer noch feststellen lassen, dass das "eine Art Vampir" ist. ;)

Feuertraum

@ Koriko: Um einmal kurz vom Thema wegzukommen und eine andere Frage von Ihnen aufzugreifen: Nein, die Verlagswelt und auch der Leser sind nicht zwangsweise gegen neue Ideen. Man bedenke, was für einen Verkaufserfolg "Glennkill" gewesen ist.

Auch die Vampirwelt wurde im Laufe der Jahre evolutioniert: Aus "Hat Angst vor Kreuzen, Tageslicht und Knoblaucht" wurde ein "Machen Licht, Knoblauch und Kreuz schwer zu schaffen, töten ihn aber nicht unbedingt." Sogar das Bluttrinken wurde ein wenig modifiziert. In der Heftroman-Serie "Vampira" trank die Heldin zwar Blut, aber das von einer Vampirsippe, die dem Untergang geweiht war. Also auch eine Neuerung, die bei den Lesern ankam.

Ich selber mag mich meinen Vorrednern nur bedingt anschließen, weil ich Probleme habe mit dem Statement: "War schon immer so, hat immer funktioniert, wozu was erneuern?"
Andererseits hätte ich auch ein Problem damit, wenn ein Typ a la Conan der Barbar sich hinstellt und sagt: "Grunz! Ich sein Elfe!" Für mich hat sich Conan eben als Typ Barbar in meinem Kopf eingebrannt, und für mich hat so ein Barbar auszusehen. Und eben ein Vampir Blut zu trinken.
Dennoch würde ich nicht zwangsweise sagen, dass es diese Art von Vampire nicht gibt.
Oder - um es ganz als "Entschuldigung" vorzutragen: In Japan leiden die Menschen an Lactoseunverträglichkeit, in Europa gibt es nur sehr wenige Menschen, die keine Milch vertragen. Warum also sollen japanische Vampire so gleich sein wie europäische ?

LG
Feuertraum   
Was hat eigentlich He-Man studiert, dass er einen Master of the universe hat?

Sialan

#14
Hallo Koriko,
Ich denke auch, dass der "Standard-Vampir" Blut trinkt / trinken muss. Das heißt für mich nicht, dass es keine Ausnahmen geben kann, aber sie sollten dann auch in der Geschichte als Ausnahmen auftreten. Plädiere hiermit also auch für die Herangehensweise Wenn es Vampire sein sollen, lasst sie Vampire sein, aber lasst sie eine spezielle Art / Abart von Vampiren sein und erklärt wann und wieso diese... ähm... Blutlinie (wollte nicht Luftlinie schreiben  ;D) so ganz anders geworden ist / wie sie entstand.
Ein weiteres Problem sehe ich darin, dass Untote ihrerseits dadurch gekennzeichnet sind, dass sie nicht atmen müssen, von daher ist es schon etwas seltsam, wenn diese "Vampire" nun ausgerechnet Luft brauchen. Vielleicht ginge es, wenn die Vampirkörper die Luft in etwas anderes umwandeln würden...
Aber ihr habt euer Werk ja eigentlich bereits fertig und wie du schon sagst viel Veränderung ist nicht mehr so einfach möglich. Was war das mit dieser asiatischen Sage - gibt es die wirklich und darin werden Vampire als Luft-bedürftig dargestellt oder was hat es damit auf sich. Wenn ja, denke ich, könnte man das als Legitimation verstehen, wenngleich natürlich eine andere Frage bleibt, wie viele Leser_innen das tun werden.
Ich muss gerade an das PC-Spiel "Vampire - The Maskerade: Bloodlines" denken. Wie war das noch in der World of Darkness, da gibt es ja auch asiatische Vampire, die sehr speziell sind. Wenn mich nicht alles täuscht, trinken die auch kein Blut, oder doch? ... Mal kurz recherchiert, siehe hier: http://www.rpg-info.de/Kinder_des_Lotos
Sie ernähren sich also "nicht überwiegend" von Blut. Das wird also akzeptiert (denn die WoD ist, glaube ich, sehr akzeptiert), aber sie sind eben "Ausnahme-Vampire", manchmal auch als "keine echten Vampire" begriffen.
Ich weiß nicht, ob ich euch weiterhelfen konnte; generell bin ich ein großer Freund von Innovation und keiner von Klischees, aber hier würde ich schon sagen, seid vorsichtig.
Was ich mir noch vorstellen könnte, wäre, dass ihr damit spielt, dass auch in der Romanwelt jeder Normalsterbliche glaubt Vampire seien Blutsauger und die Wahrheit sieht halt ganz anders aus. Vielleicht gibt es gleichzeitig Blutsauger, die aber keine Vampire sind, naja, bleibt die Frage wie man begründet, dass die Luftsauger Vampire heißen. Vielleicht beruht das Ganze auf einem Übersetzungsfehler in der Sage...
Viel Erfolg mit dem Projekt, ich hoffe ihr findet eine gute Lösung!
Gruß
Sialan

@Feuertraum: Das mit der Milch ist eine Frage der Gewöhnung, Laktoseintoleranz ist der natürliche Zustand des Menschen (und auch in Europa weiter verbreitet, als gemeinhin angenommen).