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Wenn der Zweifel an die Tür klopft

Begonnen von Alaun, 06. August 2009, 09:47:55

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Christopher

Tja, ich überarbeite gerade (mal wieder?) die ersten paar dutzend Kapitel meines Herzensprojekts, das ich damals quasi als Anfang meiner Schreiberei fabriziert habe.
Dazu musste ich in den letzten Jahren und Monaten auch feststellen, dass ich manchmal Szenen schreibe(-n muss), auf die ich keine Lust habe, die aber dazu gehören. So wie du.

Beim überarbeiten der ersten Kapitel sind einige Szenen rausgeflogen. Szenen für die ich damals gebrannt habe, die ich mit unglaublichem Enthusiasmus in ein RTF Dokument ohne Absätze, Rechtschreibung, Zeilen oder sonstiges gehämmert habe, weil es einfach floss. Das Ergebnis war aber, dass eben nur so ein "One scene cooler than the other" (trademark von Nauzi ;D ) dabei herauskam. Ich habe eben nur Dinge geschrieben, für die ich brennen konnte und habe versucht, möglichst keine Lücke zu lassen. Das fühlte sich gut an, aber jetzt, mit Abstand betrachtet, war es doch nicht so gut.

Erst Jahre später habe ich begonnen, auch dieses Gefühl zu haben: Keine Lust zu haben, diese bestimmte Szene jetzt zu schreiben.

Ich denke, das Schreiben von unbequemen Szenen gehört ein Stück weit zur Professionalität. Denn es kann eben nicht immer nur eine Szene toller sein als die vorherige. Das ergibt meistens keine gute Geschichte. Es gibt immer noch genug Szenen in meinem Kopf, die als Leuchtfeuer aus der Geschichte herausragen, aber der Weg dazwischen will auch begangen werden.


In kurz:
Ich denke nicht, dass das Schreiben dieser Szenen deine Geschichten schlechter macht. Wirkliche Freude empfinde ich beim Schreiben solcher Szenen auch nicht. Aber hinterher bin ich froh, dass sie drin sind, weil sie die Geschichte eben doch besser machen, warum sonst würde man denn eine Szene schreiben, die man nicht mag? :) Freu dich am Ergebnis, nicht am Prozess ;)
Be brave, dont tryhard.

Siara

Sorry, dass ich erst jetzt zum Antworten komme. Danke auch euch, ihr Lieben. :gruppenknuddel:

@Rosentinte: Also ich finde das schon motivierend! So schade es auch ist, dass es gerade nicht läuft: Das Schlimme ist vor allem die Befürchtung, einen so wichtigen Teil meiner Selbst einzubüßen. Und dass du und andere ähnliches erlebt haben, zeigt mir gerade, dass es vielleicht eine natürliche Entwicklung ist. Dass, nur weil sich alles ein bisschen verschiebt, nicht heißen muss, dass etwas wegfällt. Und dass das Schreiben zurückkommen und von allein wieder bedeutsamer werden kann. :knuddel:

@Alana: In gewisser Weise hast du bestimmt recht. Je mehr Handwerkszeug man im Kopf hat, desto schwerer ist es, sich in Geschichten hineinfallen zu lassen. Je anspruchsvoller man ist, was Plot und dessen Twists angeht, desto mehr muss man planen und bedenken. Allerdings habe ich meinem Unterbewusstsein da früher einfach vertraut, und es hat mich nie enttäuscht. Die besten Plots und Formulierungen kamen aus dem Unterbewusstsein, und das kann ich durch Planen einfach nicht erreichen. Mit dem Unterbewusstsein schreiben und aktiv überarbeiten, das wäre optimal. Aber der Sprung ist nicht leicht zu schaffen.

@Lothen: Das mit der Pfanne für den Kritiker finde ich super. Mach ich. ;D Dankeschön!

@Witch: Das Plotten kann auch ein Problem sein. Eigentlich habe ich nur drei Zwischenstationen und das Ende und damit jede Menge Freiheit. Aber vielleicht steuere ich etwas zu direkt und zielstrebig auf dieses Ende zu. Auf gerade Linie gibt es wenig Ausbruchsmöglichkeiten. Ich werd mal versuchen, was Ungeplantes geschehen zu lassen. (Da drängt sich ohnehin schon so ein Typ auf, der nichts von sich preisgibt und eine Rolle will). Und dann werde hoffen, das Ding dabei nicht an die Wand zu fahren. Und Danke auch für den zweiten Absatz. Ich glaube, das ist sehr wohl vergleichbar. Es ist wirklich ein wenig das Gefühl, jemanden (das Genre, das Schreiben an sich) zu verraten. Ihm den Rücken zu kehren. Was du sagst, hilft sehr. :knuddel:

@Christopher: Hmm ... allerdings hatte ich das mit den Szenen, die einfach sein müssen, früher wirklich nicht. Alles war immer ein Entdecken und Erleben, alles hat Spaß gemacht. Nicht nur die großen Enthüllungen und Kämpfe, sondern auch die kleinen Strategiegespräche und Überlegungen, die Übergangsszenen. Und weil ich sie für etwas Besonderes gehalten habe, wurde aus ihnen etwas Besonderes und eben keine Übergangsszene. Dahin würde ich gerne zurück. Die Gefahr, dass der Pathos Oberhand gewinnt, besteht natürlich, aber andererseits: Wenn ich die Szenen beim Schreiben langweilig finde, wie soll es dem Leser dann erst ergehen? Eigentlich ist es der Prozess, an dem ich mich erfreuen will, denn wie gesagt: Eine Veröffentlichung ist gerade gar nicht mein Ziel. Aber trotzdem freut man sich natürlich auch über das Ergebnis. Deshalb werde ich deinen Rat auf jeden Fall befolgen, die Szenen schreiben und den Roman beenden. Denn das fühlt sich ja so oder so immer gut an! :)
I'm going to stand outside. So if anyone asks, I'm outstanding.

Phea

Ich grätsche einmal unverschämt dazwischen, um euch mitzuteilen, dass ich weiß, wieso ich eine Blockade habe. Das liegt an meinem Ex, der mir das Schreiben vermiest hat - jetzt versuche ich langsam wieder ins Schreiben rein zu kommen, allerdings kann ich nicht mehr lange vorm Pc sitzen ... Das ist einfach unangenehm. Ich probiere es jetzt aus, wenigstens fünf Minuten am Tag zu schreiben. Vielleicht hilft mir das beim reinkommen. Auf Papier möchte ich jedenfalls ungerne schreiben, das geht zu schnell verloren. Und jetzt, da ich eine neue Idee habe, kommt auch langsam die Lust zurück.  :vibes:

Kayla

Das klingt nach einem guten Plan, Macpheana!

Nachdem bei mir lange Zeit alles irgendwie zu glatt lief, hat heute mal wieder der Zweifel an die Tür geklopft. Gott, wie habe ich ihn vermisst! *umpf* Nichts klappt und die Motivation ist gleich null. Immer dann, wenn ich mir feste Ziele setze, fängt es an zu hapern. Ich könnte heulen!

Miezekatzemaus

@Siara: Auch, wenn es schon ein paar Tage zurückliegt: Ich hab's gerade erst gelesen und mag dich auch mal knuddeln. :knuddel: Ich habe bei mir selber beobachtet, dass ich viel mehr schreibe, wenn es mir schlecht geht, als wenn es mir gut geht. Das heißt nicht pauschal, immer wenn ich viel schreibe, geht es mir schlecht und wenn nicht, geht es mir gut, aber trotzdem ist das bei mir so. Irgendwie muss man damit zurechtkommen - immerhin macht das schlechte Momente ein bisschen besser. :knuddel:

Thaliope

Dass man nach jeder verdammten Absage aber auch immer gleich an allem zweifeln und alles hinschmeißen wollen muss. Möff. Mag nimmer.

Atra

Ich schließe mich an. Manno. Zwar nicht wegen der Bahn, aber wegen der Alten Wellen.
"Man muss erst zum Leben aufstehen, bevor man sich niedersetzt zum Schreiben."
(Henry David Thoreau)

HauntingWitch

Fühlt euch mal ganz fest gedrückt, ihr zwei. :knuddel: Also, ich bin ja der Meinung, man darf sich auch mal frustriert auf den Boden setzen, ein bisschen grimmig sein und die Welt bescheiden finden... Nur bitte in ein paar Tagen wieder aufstehen und weiter machen, ja?  ;) :knuddel:

Angela

Ich ärgere mich bei Absagen am meisten über mich selbst: Warum mache ich mich so runter, wenn es nicht klappt? Kann ich nicht mal ein wenig gnädiger mit mir umgehen, sagen, ach was, die haben mein Genie nicht erkannt,  was auch immer ich jedem anderen sagen würde? 
Stattdessen hänge ich traurig rum, finde mich blöd und finde mich noch blöder, weil ich traurig über so eine relativ unwichtige Sache (aufs Leben betrachtet) bin.
Nach ein oder zwei Tagen, ein, zwei Wochen, Monaten vergesse ich meinen Kummer und mache wieder weiter.

Siara

@Mieze: Langsam glaube ich ja auch, dass ein paar Schwierigkeiten im Leben nötig sind, damit das Schreiben läuft. Nicht einfach nur Stress, sondern die Art von Schwierigkeit, die einen zum intensiven Nachdenken bringt. Dankeschön für deine lieben Worte, das bestärkt mich gerade noch ein bisschen mehr. :knuddel:

@Absagen: Ich kann mich meinen Vorrednern nur anschließen. Frustration ist meiner Meinung nach nicht nur in Ordnung, sondern sogar wichtig. Es zeigt, wie viel euch bedeutet, was ihr tut, oder nicht? Wenn man sein Herz in etwas steckt, macht man sich immer verwundbar. So sehr das auch weh tun kann, es gehört dazu. Nur wieder aufstehen ist wichtig, denn das ist genauso ein Teil davon. :)
I'm going to stand outside. So if anyone asks, I'm outstanding.

Feuertraum

Zitat von: Siara am 05. Juli 2015, 00:20:54
@Mieze

@Absagen: Ich kann mich meinen Vorrednern nur anschließen. Frustration ist meiner Meinung nach nicht nur in Ordnung, sondern sogar wichtig. Es zeigt, wie viel euch bedeutet, was ihr tut, oder nicht? Wenn man sein Herz in etwas steckt, macht man sich immer verwundbar. So sehr das auch weh tun kann, es gehört dazu. Nur wieder aufstehen ist wichtig, denn das ist genauso ein Teil davon. :)

Wenn es aber immer wieder Absagen sind, die einem ins Haus trudeln? Wenn man immer wieder und immer wieder hört: "Nein, danke"? Wenn einem Freunde sagen: "Du bist gut, du bist talentiert, du gehörst in genau diesen Bereich und hast es verdient, dort auch deinen Platz, Dein Zuhause zu finden" aber diejenigen, die Entscheidungen fällen, sagen: "Wir nehmen doch jemand anderen" ... Wie soll man da noch an sich glauben?
(Sorry für das Gejammer, aber ich habe vorgestern mal wieder eine Absage auf einen Job bekommen.)
Was hat eigentlich He-Man studiert, dass er einen Master of the universe hat?

Aljana

@Feuertraum in welchem Bereich arbeitest du denn? Es liegt ja ganz oft nicht an der fachlichen Qualifikation, sondern an viel subtileren Dingen, dass die Wahl auf den einen und nicht den anderen fällt. Es ist hart dadurch zu gehen. Aber gib nicht auf. Wenn die Leute aus deinem nächsten Umfeld an dich glauben, die, die dich am besten kennen, dann kann es so verkehrt nicht sein.

Feuertraum

@Aljana: Meine Brötchen verdiene ich im Einzelhandel, aber aus dieser Branche will ich raus. Dank diverser Praktika bei Funk und Fernseher habe ich meine Berufung gefunden und suche eine Volontärsstelle als Radiojournalist und Moderator.
Was hat eigentlich He-Man studiert, dass er einen Master of the universe hat?

Aljana

Oha. Die Branche ist total hart. Ich weiß nicht ob die Fernseh und die Radiobranche so gut zu vergleichen sind, aber ein Freund von uns hat in Köln Medien studiert und rutschte dann glücklicherweise über zunächst Volontariate und später Studentenjobs bei RTL rein. Aber lustig ist das nicht immer und gut bezahlt ist auch anders.

Thaliope

Und wenn es vielleicht doch daran liegt, dass man es einfach nicht draufhat? Dass man ich eingebildet hat, was zu können, auf dem richtigen Weg zu sein, aber eigentlich doch alles nur bemühter, peinlicher Murks ist? (Und das mein ich jetzt nicht auf Sie bezogen, Feuertraum ;), sondern auf mich.) Und dass die Leute, die was anderes behaupten, nur Mitleid haben und nicht wissn, wie sie es einem beibringen sollen?