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Wieviel Gewalt darf in "ab 14"?

Begonnen von Sarina, 17. Februar 2009, 09:40:50

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Sarina

Ich habe gerade folgendes Problem:
Mein zweiter Prota ist gefangen genommen worden und soll nun gefoltert werden.
Nun habe ich mich über Foltermethoden erkundigt, doch habe ich ein wenig bammel, dass es zu hart wäre. Deswegen wollte ich das Buch ursprünglich ab 16 machen, was mir in der Plotschmiede jedoch abgeraten wurde.

Die Methoden wären: Kettengeißeln, Zangen, Brandmarken

Also darf ich dann die Folterei beschreiben? Oder ist es zu hart?
Was meint ihr?

Maja

Wenn es dir genehm ist, mache ich hier ein allgemeines Thema draus, denn es scheint hier mehr um eine generelle Frage zu gehen als darum, welche Foltermethoden für deine Zielgruppe passend wären. Ich verschiebe das dann mal.
Niemand hantiert gern ungesichert mit kritischen Massen.
Robert Gernhardt

Sarina

In Ordnung. War mir nicht sicher gewesen...

Felsenkatze

#3
Ist es wichtig, dass die Folterszenen an sich drin sind?
Oder geht es dir mehr um das Ergebnis, also, dass der Prota gefoltert wurde und jetzt seine Gefährten verraten hat/völlig am Ende ist/nicht in der Lage ist zu fliehen/etc. (wie auch immer du ihn haben willst).

Im zweiten Fall würde ich die Szenen in einem Buch ab 14 komplett weglassen und nur mal erwähnen, dass "sein Körper mit Brandmalen übersät" ist, oder so etwas ähnliches. Oder "nach der Folter der letzten Tage ..." Also, sagen, dass es passiert ist, vielleicht die Spuren erwähnen, auf jeden Fall die Folgen, aber die Szenen nicht ausschreiben. Das halte ich für zu hart, das würde selbst ich nicht lesen wollen.

Im ersten Fall ... hm ... müsstest du wirklich die Altersgrenze anheben, fürchte ich.

Allgemein finde ich die lange Beschreibung von Folterszenen ziemlich unnötig, auch wenn das im Film heutzutage gerne gemacht wird um zu zeigen "wie brutal" die Bewacher so sind. Für mich riecht das allerdings immer zu sehr nach Sensationslust und so was will ich nicht als ... "Unterhaltung" darstellen. Folgen der Folter können auch durchaus klar machen, dass die Menschen genug mitgemacht haben.

Junipera

Hallo!

Auf der einen Seite bin ich der Meinung das die 14 jährigen von Heute schon ganz anders drauf sind als meine Generation mit 14. ( :gähn: klingt das alt!)

Auf der anderen Seite bin ich nicht dafür das man die Gewalt in diesem alter irgendwie fördern sollte, und schließe mich Felsenkatze an.
Das bloße erwähnen der Spuren oder folgen genügt da vollkommen. (Wenn das nicht auch schon sehr hart an der Grenze ist.)

Ich selbst bin auch nicht der Fan von ausschweifenden Beschreibungen in dieser Art und lese so etwas auch nicht gerne.

Liebe Grüße Juni

Kaeptn

Schließe mich den Vorrednern an: Gut finde ich das in "Das Imperium schlägt zurück" gelöst. Man hört Han Solo schreien und er wird völlig erschöpft in die Zelle geschlieft. Was genau sie mit ihm gemacht haben, bleibt der Fantasie des Zusehers überlassen.

Vielleicht bietet sich das bei dir ja auch an, denn abgesehen von der Altersgrenze, gibt es auch ältere Semester die solche Szenen nicht mögen und ein Buch, dass ihnen zu brutal ist, weglegen.

Chuck

Zitat von: Kaeptn am 17. Februar 2009, 11:36:17
Schließe mich den Vorrednern an: Gut finde ich das in "Das Imperium schlägt zurück" gelöst. Man hört Han Solo schreien und er wird völlig erschöpft in die Zelle geschlieft. Was genau sie mit ihm gemacht haben, bleibt der Fantasie des Zusehers überlassen.

Diese Szene wurde ursprünglich sogar gar nicht in Deutschland gezeigt.
Aber wie du das Beispiel erwähnst: Ähnlich ist es ja auch in Episode IV, als Darth Vader zu Leia in die Zelle geht.

Meine Vorliebe ist auch die Andeutung von Gewalt. Es sei denn, es beschreibt den Charakter. Nehmen wir zum Beispiel Rambo. Die dargestellte Gewalt ist die beinahe höchstmögliche Darstellung des Charakters und der Geschichte. (Womit sich Rambo auch von anderen Aktionfilmen enorm abhebt) So eine Gewalt wäre aber in anderen Geschichten nicht nur abschreckend sondern auch vollkommen fehl am Platz. Dient die Gewalt nur einmalig zur Entwicklung, dann reicht ihre Erwähnung, so denke ich.

Lomax

Hm, das mit "14" oder "16" verstehe ich nicht so recht - soll es nun ein ausgewiesenes Jugendbuch werden oder nicht?
  Grundsätzlich würde ich die Frage eher davon abhängig machen, was die Szene nun bewirken soll. Wird die Folter selbst in dem Buch thematisiert, fände ich es jedenfalls zu schwach, sie nur im "Off" zu zeigen. Wenn es keine große Rolle spielt, was genau da passiert, gibt es auch keinen Grund, es explizit darzustellen.
  Zielgruppe und "Genreübliches" spielen auch eine Rolle: Für wen ist das Buch geschrieben? Dabei ist die Altersgruppe sicher nicht das einzige Kriterium. Eine explizite Folterszene in einem an sich schon düsterem und gewalttätigem Buch hat sicher andere Auswirkungen auf die Leserrezeption als eine solche in einem eher romantisch geprägtem Roman.
  "Bammel" ist kein gutes Argument. Natürlich wird es immer Leser geben, die sich von solchen Szenen abgeschreckt fühlen. Andererseits wirst du auch Leser verlieren, wenn du den Eindruck erweckst, dass du um alle problematischen und eindringlichen Szenen "herumschreibst". Das wichtige ist also, was in deine Geschichte "passt" - und das lässt sich schwer pauschal sagen, solange man deine Geschichte nicht näher kennt.

Steffi

#8
Zitat von: Lomax am 17. Februar 2009, 11:55:21

  Grundsätzlich würde ich die Frage eher davon abhängig machen, was die Szene nun bewirken soll. Wird die Folter selbst in dem Buch thematisiert, fände ich es jedenfalls zu schwach, sie nur im "Off" zu zeigen. Wenn es keine große Rolle spielt, was genau da passiert, gibt es auch keinen Grund, es explizit darzustellen.
 

Dem stimme ich zu. Ich denke auch, dass sich die Zielgruppe schon ein stückweit aus der Wichtigkeit der Szene von selber ergibt. Lässt sich die Folter gut ausblenden und geht es eigentlich um etwas anderes in der Geschichte--um die Informationen zum Beispiel, an die man durch das Verhör rankommen wollte--dann ist das Buch sicherlich eher für jüngere Leser geeignet als wenn die Folter, die Motivation des Foltermeisters und die traumatischen Nachwirkungen der Folter explizit thematisiert werden.

Dasselbe gilt übrigens, finde ich, auch für explizite Sexszenen in Büchern und Filmen. (Es sei denn natürlich, es handelt sich um Nackenbeißerliteratur oder Pornos ;)  )
Sic parvis magna

Nachtblick

#9
(Okay. Die frisch-16-jährige mit ihren ganzen Folter-Sadisten-Meuchel-Charakteren meldet sich zu Wort)

Ich habe schon mit vierzehn Catan gelesen, und da sind einige Folterszenen zu finden, die nicht ganz ohne sind. Auch "Die Elfen" waren teils sehr brutal und es hat mich nie wirklich geschockt. Abgesehen von einem Haufen anderer Bücher, die Folterszenen beinhaltet haben oder in anderer Weise sehr brutal waren - bislang war alles zu verkraften, und ganz ehrlich, wenn solche Szenen gut sind, lese ich sie sogar recht gerne
:snicker:
Ich habe selbst mit vierzehn Jahren angefangen, Folterszenen zu verfassen - und meine Freunde haben sie gelesen, nachdem ich sie anfangs versteckt habe, und gesagt, hm, soo schlimm ist das doch jetzt gar nicht (waren ähnliche Methoden, ich glaube auspeitschen war noch mit dabei und diverses Geprügel).

Mein Rat also - schreib es einfach, schließlich leben wir nicht in America, wo wir gleich auf den banned-Listen landen. Mach dir da nicht so viele Gedanken. In Fantasy wird so oft Gewalt thematisiert, dass es schon eine Grundbasis ist (da nun einmal in den meisten Fantasywelten das Recht des Stärkeren herrscht). Und es geht ja nicht darum, Folter zu verharmlosen. Ich denke sehr wohl, dass die Jugend mit vierzehn solche Methoden ohne weiteres in der Lektüre ertragen kann. Ich würde so weit gehen zu sagen, dass sogar milde Sexszenen schon problemlos in Büchern für die Altersgruppe passen. Falls du das auch vorhast.

:pfanne:

Meine armen Charaktere müssen auch leiden, und ich mache mir keine Sorgen um Leser unter 16, sondern um alle über 30. ;D

Sarina

Danke Euch allen.

Die Szene dient zur Charakterisierung meines 2. Antas, der den 1. Anta beeinflusst. Der erste weiß z.B. nicht, dass in seinem Namen gefoltert wird (ist allerdings auch selbst brutal, weil er unter einem magischen Einfluss steht.

Habe mich nun entschieden, erstmal einfach zu schreiben. Nur deswegen wird es sicher nicht abgelehnt. Wenn es der Agentur/dem Verlag nicht gefällt, kann es dann eh noch mal geändert werden...

Vali

#11
Wie ihr schon geschrieben habt, hängt es von der Bedeutung der Folterszene ab, ob sie geschrieben werden soll oder nicht. Wenn das, was bei der Folter passiert, einen großen Einfluss auf den Plot hat, dann sollte das auch erzählt werden. Zum Beispiel, wenn der Prota aus seinem friedlichen Leben gerissen wird, während der Folter schreit, dass er der Königsmörder sei und dann dadurch die ganze Geschichte überhaupt seinen Lauf nimmt. Ich wüsste keinen Grund, warum man solch eine Schlüsselszene ausblenden sollte.
Ist das, was während der Folter passiert nicht so wichtig, sondern nur, dass gefoltert wurde, kann man überlegen, ob man ausblendet und sich stattdessen mehr auf die Folgen für den Gefolterten konzentriert.

Ob eine Folterszene für die Leser zumutbar ist, hängt letztendlich davon ab wie der Autor sie beschreibt. Wenn man für Hartgesottene schreibt und es zum Gesamtbild passt, kann man ins Detail gehen, jeden Schmerzensschrei, jeden Blutspritzer, die kränksten Gedanken des Folterers und Todeswünsche des Opfers beschreiben. Passt es nicht oder will man aus Verantwortung seiner Zielgruppe so etwas nicht zumuten, geht man eben weniger ins Detail und stattdessen mehr auf die Gefühle des Gefolterten ein.

Was Han Solos Folter angeht, ich finde, das kann man nicht ganz so gut mit Folterszenen in Büchern vergleichen. Beim Film kommen visuelle und auditorische Aspekte dazu, die einen mehr beeindrucken als in Schriftform. Deswegen geht man bei diesem Medium vorsichtiger und empfindlicher mit Folterszenen um als bei Romanen.

Hanna

Richtige Entscheidung, Sarina!

Ich habe oft genug gelesen, dass man beim Schreiben eines Buches keinen einzigen Gedanken ans Veröffentlichen verschwenden sollte. Wichtig ist nur, das Buch zu schreiben.

Letztendlich legt ja der Verlag fest, für welche Altersgrenze dein Buch geeignet ist. Die kennen sich damit besser aus. Was du auf deinem Expose angibst, ist deine Einschätzung, aber am Ende entscheidet der Verlag. Bei den allermeisten dingen wie Titel, Altersgrenze, Umschlaggestaltung u.s.w. hat man als Autor, gerade als Anfänger, wenig Mitspracherecht. also würde ich mir darüber möglichst wenig Gedanken machen.

Viel Erfolg noch!
Hanna
#notdeadyet

Lomax

Zur Charakterisierung dessen, der foltert, halte ich die explizite Darstellung tatsächlich für wichtiger als nur in Hinblick auf die Folgen für den Gefolterten. Denn den Opfern sieht man die Wunden auch an, wenn sie den Folterkeller verlassen haben; aber bei den Tätern sieht man das Blut an den Fingern nur, wenn man zu ihnen hinabsteigt. Man hat plötzlich eine ganz andere Figur in seinem Roman, wenn man sie nur nach getaner Gräueltat auf der Straße zeigt.
  Vor allem dann, wenn der Täter auch noch Perspektivträger ist und ganz ungeniert seine Weltsicht ausbreiten und seine Taten begründen kann, ohne dass der Leser je das Blut zu sehen bekommt.

Da ich derzeit ja einen Roman mit Revolution und Bürgerkrieg schreibe, hab ich zufällig eine sehr dezidierte Meinung zu dem Thema und viele Beispiele im Kopf :) Und da empfand ich bei Folter, die Protagonisten erleiden, tatsächlich meist die explizite Darstellung entbehrlich. Aber Taten, bei denen wichtige Figuren beteiligt sind, habe ich deutlicher ausgeführt.

gbwolf

Hallo Sarina!

Es ist für mich auch immer eine Frage des gesamtplots. Die Geschichte hat mittlerweile ja an Tiefe und Härte zugelegt. In der Erstfassung fand ich das Problem mit dem Foltern darin, dass das der einzig "erwachsene" Aspekt war und der Plot nach einer Kindergeschichte klang und wenig Tiefe hatte.
Neben der Frage, "wen" man charakterisieren möchte, stelle ich mir bei harten Szenen immer die Frage, ob es zum Rest der Geschichte passt.

Ansonsten stehe ich selbst noch unter dem Eindruck von Conan, den ich gestern wieder gesehen habe. Man braucht nicht explizit zu werden.
Er ist ein Kind an der Hand seiner Mutter.
Der Böse dreht sich um.
Dann wirbelt er herum, man sieht ein Schwert durch die Luft wirbeln, nur ganz kurz.
Dann sieht man, wie etwas am Bildrand fällt, Haare ragen ins Bild, Conans Gesicht spiegelt namenloses Entsetzen wieder.
Der Körper der Mutter fällt, ihre Hand entgleitet Conan.
Der Böse steckt mit unbewegter Miene das blutige Schwert ein und geht.

Man sieht fast nichts, die Brutalität spielt sich bloß im Kopf ab und dennoch charakterisiert diese Szene den Charakter des Bösen und seinen Umgang mit Menschen mehr als gut.
Das hast du, finde ich, in dem, wie dein Bösewicht das Bauernmädchen behandelt, viel besser dargestellt, als in jeder Folterszene.

Grüße,
Wölfin