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Düstere Stimmung- würdet Ihr das lesen?

Begonnen von FeeamPC, 10. Februar 2009, 11:49:41

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FeeamPC

Es ist nicht so, dass meine Charaktere in moderne Denkweisen gezwängt werden. Im Kontext ihrer Welt und ihrer Geschichte verhalten sie sich folgerichtig und gesellschaftlich anerkannt. Ihre Werte sind halt völlig andere, so steht zum Beispiel die Ehre für den Einzelnen an erster Stelle, und für die Familien ist der Erfolg der Gemeinschaft so wichtig, dass man ohne Bedenken ein Mitglied der Familie opfert. Auch ist diese Gesellschaft bei ihren Verhaltensweisen und Strafen grausamer ausgerichtet als unsere (was wiederum mit den deutlich härteren Körperstrafen unseres Mittelalters korreliert.)

Mein Prota wird durch die Sachzwänge dieser Gesellschaft zu einem Verhalten gebracht, das er selbst Anfangs als falsch empfindet, später aber nicht mehr in Frage stellt.

Trotzdem denke ich, dass die Motive der handelnden Personen auch für jemanden unserer Gesellschaft einsichtig und nachvollziehbar sind.

Und ein Happy End wird es leider nicht so richtig geben können, es bleiben am Schluss nur die Haupt-Charaktere lebendig, die für einen eventuellen nächsten Band benötigt werden. Wobei die Überlebenden nur zu einem geringen Teil zu den Guten gehören.

Also, mein Zielpublikum werden wohl definitiv Erwachsene sein.

Eure Antworten bestärken mich jedenfalls darin, der Geschichte eine Chance zu geben. (Es bleibt mir ohnehin kaum etwas anderes übrig, sie will jetzt einfach raus :seufz: )

LoneRanger

Vermarkten lässt sich das ganz bestimmt. Aber Deine Frage lautete: würdet Ihr das lesen?

Manches Buch, von dem ich anschliessend dachte, ich würde es nicht lesen - habe ich trotzdem gelesen. Beispiel: Ein total spannend geschriebener Thriller über einen Serienkiller, der seine Opfer gefoltert hat. Problem war nicht der Plot, sondern die Detailbeschreibungen. Seit der Lektüre dieses Buches weiß ich, dass auch Männer vergewaltigt werden können - als Leser. Ich habe mich durch das Buch beschmutzt und ausgenutzt gefühlt und inzwischen bin ich älter - abgehärteter oder eher in der Lage, auch ein angefangenes Buch wegzulegen.

Wenn Du es trotzt düsterer Stimmung schaffst mich zu fesseln, in mir die Hoffnung wach zu halten, es gäbe ein gutes Ende und -zwischendurch- mich gut unterhältst, würde ich es wohl lesen. Wenn ich am Ende angekommen bin und enttäuscht bin, dann hätte ich es gelesen - ich würde Dich aber nicht dafür lieben, es geschrieben zu haben.

Schreib' was schönes :-)

»Ich will nach Hause«
»Aber Schatz, Du bist hier zu Hause.«
»Dann will ich eben zu meiner Mama!«
Begrenzte Wahrnehmungen / J. S. Vorlauf /  02.09

Sarah

Hallo FeeamPC,

für mich wäre eine düstere Stimmung kein Hinderungsgrund deinen Roman zu lesen. Viel wichtiger finde ich, ob du eine spannende Story erzählst und ob deine Charaktere interessant sind. Ein Buch mit einer langweiligen Geschichten und klischeehaften Charaktern hätte bestimmt weniger Erfolgsaussichten.

Ciao!

Sarah

Hr. Kürbis

Ich tendiere auch mehr zu düsteren Geschichten, Helden muss ich nicht haben, zumindest keine strahlenden Helden. Fantasy ist genauso wenig  "heile Welt" wie unsere eigene. Nur die Verflechtung mit asiatischer Historie würde mir dabei nicht schmecken, ich interessiere mich zwar für Japan, aber bei Fantasy-Romanen klebt für mich dann irgendwie der "Trend" Aufkleber drauf ... was jetzt kein Rückschluss auf dein Thema sein soll!  ;)

FeeamPC

Mir scheint, ich muss doch noch mal eine Kleinigkeit geraderücken. Ich habe mich da wohl ungenau ausgedrückt.

Mit asiatischem Setting meine ich nicht asiatische Geschichte. Meine Welt wird überwiegend von Leuten bevölkert die für uns sehr asiatisch aussehen würden (dunkle Haare, dunkle Augen). Sie haben einen Ehrencodex, der sich eher an die japanischen Samuraj anlehnt als an europäisches Denken, und leben in einem Land, dessen Größe und geografische Breitengrad-Position in ihrer Welt ungefähr der des alten Chinas in unserer Welt entspricht. Aber damit hat es sich.  Ansonsten ist es eine eigene Welt, mit eigener Geschichte, in der die Magie eine sehr bestimmende Rolle spielt. Vielleicht hätte ich besser orientalisch als asiatisch gesagt, der Begriff scheint etwas weiter gefasst zu sein.

Jedenfalls, ich lese Eure Meinungen aufmerksam und interessiert. Und in der Zwischenzeit versuche ich, LoneRangers freundschaftlichen Rat zu befolgen, und was Schönes zu schreiben.  :)

Sarina

Ich würde auch auf die typische Juristenantwort verfallen und sagen: Es kommt drauf an...

Eine düstere Stimmung kann gut geschrieben sein. Haben die Protas auch dunkle Seiten, umso besser. Lege ich das Buch entweder angeeckelt oder mit dem Gefühl der Leere weg, ist es nicht so schön.
Ich meine schon, dass viele Sterben können. Aber ich finde es dann gut, wenn ein Hoffnungsschimmer (in welcher Form auch immer) im Gefühl des Lesers zurück bleibt.

Die Welt ist leider düster genug, als dass man von einem Buch noch depressiver werden will. Ein kleinwenig Hoffnung sollte schon enthalten sein...

Ich hoffe, du verstehst was ich meine?!

FeeamPC

Da geht es mir ähnlich. Düstere Stimmung lese ich, es dürfen auch gerne viele sterben (sonst wäre ich wohl kein Thriller-Fan), aber bei irgendeiner Person muss am Ende ein winzigkleiner Lichtblick übrigbleiben, damit die Welt nicht zu trostlos wirkt.

Jedenfalls, mein Haupt-Prota geht buchstäblich über Leichen, um seine Ziele zu erreichen, man kann aber nicht sagen, dass er nach den Maßstäben seiner Welt ein düsterer Schurke ist. (Die gibt es auch, aber mehr in der politischen Ecke dieser -fiktiven- Welt). Gut und Böse sind meist untrennbar ineinander verwickelt und in einer Person vereint.

Wenn ich die Stimmung charakterisieren sollte, würde ich sagen: dunkle Ereignisse drohen am Horizont und rücken im Laufe der Geschichte immer näher. Keiner kommt ganz ungeschoren davon, die Bösen nicht, und die Guten erst recht nicht.

Mrs.Finster

#22
Hallo,

also ich finde eine düstere Stimmung kann sehr reizvoll sein, wenn sie gut umschrieben ist. Blutiges Gemetzel ohne Raffinesse ist einfach nicht lesenswert und stellt meiner Meinung nach keinen Reiz dar. Es sei denn man hegt eine spezielle Neigung dafür  ;D

In diesem Sinne Messer wetzen  8)
Glück ist, wenn die Katastrophen in meinem Leben endlich mal eine Pause einlegen :-)

hima

Ich schliesse mich der Meinung der meisten hier an.
Wenn das Buch gut geschrieben ist, mit einem spannenden, flüssigen Plot und ausgearbeiteten Charakteren, wirst du bestimmt deine Leser finden.
Ich selbst würde mich ebenfalls dafür interessieren (besonders, da ich gerade in Japan bin und mich die Zeit des Shogunats sehr interessiert)  ;)

Isleya

Hallo  :winke:

Düster geschriebene Bücher sind und bleiben nun mal Geschmacksache. Ich selbst habe auch schon das eine oder andere gelesen und wenn die Story an sich fesselnd ist, dann lese ich so etwas auch gerne. Wenn der Protagonist in einem düsteren Setting selbst ziemlich "düster" ist, dann lege ich aber Wert darauf, dass er nicht einfach nur ein Ekel ist, sondern einen facettenreichen Charakter hat. Er muss mich faszinieren und vor psychologische Rätsel stellen. Es muss eine Sorte Mensch sein, der man nicht Tag für Tag auf der Straße begegnet.

Ich denke düster/düster angehauchte Bücher können auch große Beliebtheit erlangen. Man denke z.B. an  "Das Parfum" von Süskind und an etliche Thriller und "etwas blutigere" Krimis.

Liebe Grüße

Isleya

xadhoom

Aloha!

Einfache Frage, einfache Antwort: Ja. Vermarkten lässt es sich, ein bestimmtes Niveau vorausgesetzt, auch – nur dürften dann vielleicht auch mal andere Vermarktungsstrategien gefragt sein, als die alten Trampelpfade zu beschreiten. Wer das kann und macht, kann ich allerdings nicht beantworten.

Die ganzen Lichtgestalten, die in diversen Romanen herumspuken, sind wesentlich schlimmer, als die düstren Gesellinen, denn sie machen sich schamlos das Wissen von den Wert- und Moralvorstellungen unserer Gesellschaft zunutze. Insgeheim greifen sie immer mal wieder auf das Wissen ihrer Schöpfer zurück und spielen uns und dem geneigten Leser was vor.

Düstere Grundstimmungen gibt es immer mal wieder und die Geschichten und Filme sind durchaus erfolgreich und es gibt auch keinen guten Grund, dass die sogenannten Guten immer den Sieg davontragen sollten. Auf eine Diskussion ob Menschenleben heute mehr oder weniger gelten, als zu anderen Zeiten und in anderen Gesellschaften, lasse ich mich nicht ein. Gut ist, wer jenseits der Grenze des durchschnittlich Bösen wirkt?
Vor dem Wein sind alle gleich! Und das gilt insbesondere dann, wenn sich der Wein nicht mehr vor, sondern in einem befindet ...

Antonia Assmann

Düster?
Auf jeden Fall! Ich finde es gibt viel zu wenige düstere Gestalten. Düster Plots, ohne Aussicht auf Besserung. Beim Lesen solcher Bücher weiß man dann auf alle Fälle die Umgebung und das Leben und die Personen um einen zu schätzen. Außerdem kann ich mich immer so herrlich über die "Bösewichte" ereifern und erbosten. Das macht mir persönlich viel Freude und ich liebe darum düstere Geschichten!

FeeamPC

Zitat von: xadhoom am 13. März 2009, 23:04:36
Gut ist, wer jenseits der Grenze des durchschnittlich Bösen wirkt?

@xadhoom : Das ist die für mich realistischste Definition von Gut und Böse, die ich bislang gelesen habe.

@alle: Ich glaube, wenn man uns in ein früheres Zeitalter versetzen würde, kämen uns die damaligen Zeitgenossen wahrscheinlich oft böse vor, obwohl sie nach bestem Wissen und Gewissen handeln- und umgekehrt wären wir für die Altvorderen wahrscheinlich die Inkarnation Satans.
Gut und Böse definiert sich über moralische Werte, die je nach Zeitalter und je nach gesellschaftlichem Konsens extrem differieren können.

Lomax

Zitat von: FeeamPC am 14. März 2009, 13:18:46Gut und Böse definiert sich über moralische Werte, die je nach Zeitalter und je nach gesellschaftlichem Konsens extrem differieren können.
Manchmal ja, manchmal nein. Mord galt zu jedem Zeitalter als böse; nur die Vorstellung, was ein Mord ist, differiert.
  Man will sich ja auch nicht in undifferenziertem Relativismus verlieren ;)

xadhoom

#29
Aloha!

Zitat von: FeeamPC am 14. März 2009, 13:18:46
Ich glaube, wenn man uns in ein früheres Zeitalter versetzen würde, ...

... sollten wir uns schnell geeignete Waffen suchen. ;)

Was ist düster? Ein Charakter der in der Scheiße sitzt oder um den herum eine ganze Zivilisation den Bach runtergeht? Eine Gesellschaft, der es rundum gut geht, die aber keine Meinungsfreiheit zulässt und das Individuum ausmerzt oder ,,nur" unterdrückt?

Die Spielarten sind vielfältig und enden – nach unseren Moralvorstellungen – stets an einem voraussehbaren Ende. Uns fehlen die Perspektiven der SciFi, denn die hat sich offensichtlich die behäbige Art der Wissenschaftler zueigen gemacht, die Wissen verwalten, aber nicht mehr schaffen ...
Vor dem Wein sind alle gleich! Und das gilt insbesondere dann, wenn sich der Wein nicht mehr vor, sondern in einem befindet ...