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Die Fähigkeiten unserer Helden

Begonnen von Coppelia, 20. August 2008, 21:32:50

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Grey

Zitat von: Coppelia am 21. August 2008, 08:00:12
Für eine Person, die unter ganz anderen medizinischen Bedingungen lebt, ist das doch ein ganz nettes Alter ...  :hmmm:

Naja, da wir gerade das Setting umschmeißen, ist es nicht ganz klar, unter welchen medizinischen Bedinungen er nun eigentlich lebt ... Pseudomittelalter ist es jedenfalls nicht, schon fortgeschrittener. Und für seine Frau ists eh doof, die wird nämlich 88 ;)

Hr. Kürbis

*schiebt seine Notizen nach*

Bei mir sind die "Helden" von einer gewissen Perspektive aus betrachtet immer etwas Besonderes. Nur gibt es eben mehr als diese eine Perspektive und der Glanz verblasst eben sehr schnell, wenn man einen anderen Blickwinkel einnimmt.

Fleja, begnadete Diebin und Fassadenkletterin, im Zweikampf stark und wendig und als Rächerin der Schwachen mit einem positiven Ruf gesegnet, tut zum Beispiel nichts aus reiner Selbstlosigkeit. Eigentlich sind ihr die Menschen egal, sie hilft ihnen nur, um damit Geld zu verdienen und sich ein Leben in relativem Luxus zu gönnen. Sie begibt sich nur auf die "Heldenreise" um ihre eigene Haut zu retten. Natürlich ist das nur die Grundeinstellung, mit der die Handlung beginnt, immerhin entwickelt sie sich im Laufe des Romans, ansonsten wäre es ja langweilig.

Es kommt also auch darauf an, WIE man diese (Über-)Fähigkeiten einsetzt. Ein Charakter, der ein begnadeter Sänger ist, muss nicht automatisch schöne Lieder singen, er könnte auch das übelste Schmählied mit äußerst dreckigem Vokabular vortragen.

Artemis

#17
Zu mächtige und talentierte Helden haben so was von Deus-ex machina. Kommt ein riesiger, böser Drache, an dem bisher hundert Krieger gescheitert sind, und unser Held macht einmal *schnipp*, woraufhin sich das Biest in ein Grillhähnchen verwandelt, wirds doch arg witzlos  ::)

Auch solche Mr. Perfects, die auf einem Ball plötzlich tanzen wie ein junger Gott, obwohl sie noch nie das Tanzbeinchen geschwungen haben, einen schier erschlagenden Charme besitzen, so dass sie alles und jeder anschmachtet, oder so wunder-wunder-wunder schön sind, wie es nicht mal das heutige Photoshop hinkriegt, tun nur noch eins - nerven!

Ich halte mich da immer gern im berühmten Mittelfeld auf. Meine Helden dürfen und sollen Stärken haben (sonst wären es ja keine Helden  ;D), aber sie sollen auch einen Grund haben, vom Antagonisten oder einfach vom Alltag was aus die Mappe zu bekommen.
Gael, einer meiner Helden, ist ein gerechter Politiker und guter Schwertkämpfer, aber er säuft Wein wie Wasser und hat obendrein Schiss in dunklen, engen Räumen. Außerdem hat er eine Schlangen-Phobie ^^

Churke

Also beim Lesen im Forum - auch in diesem Thema - habe ich immer mal wieder das Gefühl, dass zum Heldsein das Damenmannsein dazu gehört. Knipst sich mit jedem Lächeln 10 Verehrerinnen herbei. Finde ich irgendwie nicht so spannend... Meine Helden müssen entweder bezahlen oder Gewalt anwenden - wobei beides regelmäßig schief geht.  :psssst: 

Koriko

Hm.. besondere Fähigkeiten haben meine Prota nicht.. sie sind allesamt durchschnittlich, weil die Geschichten zumeist in der Realität angelegt sind. Ich halte wneig von überboosteten Cahraktere mit einer Latte an Fähigkeiten und Fertigkeiten.

In "Assjah" ist der Hauptcharakter ein Schüler mit guten Noten, 2 festen Freunden (ansonsten eher Außenseiter) und recht neugierig und loyal. Er hat ein Talent zu Singen, aber das hilft ihm nur wenig weiter, seine Abenteuer zu bestehen.
Der andere Prota zeichnet sich durch eine schrille Art (Punk) aus und ist mit einer Phantasie gesegnet, die wohl alles in den Schatten stellt (aber gilt das jetzt als Besonderheit?).

In "Atemlos" ist der Prota ein normaler Student, der ein altes Haus (inkl. Vampir) erbt. Später erhält er einige Fähigkeiten, verliert jedoch einiges, was ziemlich wichtig für die Orientierung und das Leben allgemein ist.

Irgendwie mag ich Normalos lieber... die werden in phantastische Situationen geworfen und müssen dann auf normalem Wege eine Lösung finden.
"Das schönste aller Geheimnisse: ein Genie zu sein und es als einziger zu wissen." - Mark Twain

www.assjah.de
www.juliane-seidel.de
www.like-a-dream.de

Riesar

#20
Bei meinem Prota wäre es überaus unratsam für den Verlauf der Geschichte, ihn zu einem Alleskönner zu machen. Im Gegenteil, wirklich viele positive und aufregende Fähigkeiten besitzt er nicht. Im Grunde ist er ein hoffnungsloser Verlierer, der zusehen muss wo er bleibt.
Nur seine kleine Tochter, sein großer Schatz, ist das Einzige, was für ihn von Bedeutung ist. Und als ihm diese dann auch noch von seiner Ex-Frau entrissen wird, wird es richtig hart für ihn. Und hier beginnt seine Geschichte.
Für mich ist er schon allein durch seinen Charakter eine 'coole Sau'.  :snicker:
Ein Prota muss kein strahlender Schönling und Kraftprotz sein, um ihn zu etwas Besonderem zu machen. Solange er er selbst ist und die Geschichte zu dem macht, was sie werden soll, ist doch alles perfekt.

Oder was denkt ihr?   ???

Falckensteyn

Meine Hauptfigur ist Held wider Willen. Seine besondere Stärke liegt darin, Dinge zu hinterfragen und zu zweifeln. Zum Helden wird er, weil eine andere, weibliche Figur die sich unsterblich in ihn verliebt, den Helden in ihm sieht und ihn dazu macht. Er wird es ihr niemals verzeihen. Einige glückliche Dinge fallen ihm auch einfach zu, andererseits aber auch negative Ereignisse wie den Fiebertod seiner Mutter. Aber immerhin gehört er zur erlesenen Truppe der Meisterschützen, die allesamt die legendären "Schützenbogen" besitzen, welche ihnen aussergewöhnliche Treffsicherheit verleiht.

Aber seine einzige wirklich aussergewöhnliche Fähigkeit besteht eigentlich nur darin, dass er Zukunftsträume hat.

Mächtige Magie und starke Menschen gibt es in meiner Geschichte ebenfalls, aber meine Hauptfigur gehört definitiv nicht zu den "Übermenschen". Auch der Antagonist definiert sich vor allem durch Eifersucht und Hinterlist, und weniger durch herausragende Fähigkeiten.

Felsenkatze

Ich schätze mal, jede Charakter hat seine Daseinsberechtigung, ganz gleich, ob er fast alles kann oder nichts. Wichtig ist nur, dass die Geschichte, das Setting, der Tonfall und alles drumherum passen, und dass er - neben seinen Fähigkeiten oder Schwächen - einfach noch Charakterzüge hat.

Die mächtigen Helden, die in allem einfach perfekt sind, und die (beinahe) wir alle zum Kotzen finden, haben bisweilen einfach keinen glaubhaften Charakter. Der edle alleskönnende Ritter - was hat er für einen Grund, auf Questen zu ziehen? Wenn ich die Möglichkeiten habe, ganze Königreiche mit meiner Kraft und meiner Schläue zu unterwerfen - warum tue ich es dann nicht? Die meisten uninteressanten "Helden" haben darauf keine oder nur eine schwache Antwort.
Dass hier so viele Leute zu nicht-perfekten Helden tendieren liegt vielleicht gerade daran. Denn jemand, der etwas explizit nicht kann, muss diese Schwäche durch etwas Anderes ausgleichen und gewinnt dadurch an Charakter. Es ist ein simpler Trick, den auch ich gerne anwende. Ich persönlich arbeite oft mit recht fähigen Charakteren, die aber dafür unsicher sind, oder sonstige charakterliche Schwächen haben. Außerdem sind sie meistens nur in einem Bereich ziemlich fähig.

Aber ich habe auch schon Charaktere in Büchern gehabt, denen alles, was sie taten, gelang, und die ich trotzdem heiß und innig geliebt habe. Und das, weil sie trotz allem als Menschen rüberkamen. Ein Beispiel dafür ist mein Lieblingsbuch als Kind "Robin Hood" von Rosemary Sutcliff. Dieser Robin hat nie wirklich einen Kampf verloren (es sei denn der Gegner war massiv in der Überzahl), seine Pläne gingen immer auf, er war immer der Stärkste, Klügste und der beste Bogenschütze. Aber er hatte so viele kleine Eigenheiten, war bisweilen unüberlegt und jähzornig oder depressiv oder überheblich, dass mich seine Perfektion in körperlichen Dingen nicht die Bohne gestört hat.

Falckensteyn

Zitat von: Felsenkatze am 21. August 2008, 15:51:14
Dieser Robin hat nie wirklich einen Kampf verloren (es sei denn der Gegner war massiv in der Überzahl), seine Pläne gingen immer auf, er war immer der Stärkste, Klügste und der beste Bogenschütze. Aber er hatte so viele kleine Eigenheiten, war bisweilen unüberlegt und jähzornig oder depressiv oder überheblich, dass mich seine Perfektion in körperlichen Dingen nicht die Bohne gestört hat.

Es gibt viele klassische Helden, die nicht immer makellos oder vom Glück gesegnet waren. Man denke da nur an Siegfried, Ivanhoe oder auch an die griechische Mythologie.

Ich polarisiere sehr gerne, dass z.Bsp. ein Held zuerst ins Dunkel muss um danach wieder ans Licht emporzusteigen. Ganz im Stile der antiken Sagen.

Roede Baer

Meine "Helden" sind eigentlich auch nie strahlend.

Entweder sind sie an und für sich zwar fähige Leute, die allerdings bei der erstbesten Gelegenheit ordentlich eins auf die Mütze bekommen, oder sie sind Helden wider Willen (und oft auch wider Fähigkeiten). Dann mogeln sie sich eher irgendwie durch ihre Abenteuer, müssen ordentlich Federn lassen und wissen am Ende oft selbst nicht, wie sie die Sache wieder einmal gedeichselt haben.

Ich liebe einfach die Art Antiheld, wie sie so gern von Harrison Ford verkörpert wurde: Indiana Jones, Han Solo in Star Wars, oder Deckart in Blade Runner. Oder auch Mel Gibson in der Lethal Weapon-Reihe. Oft großmäulig und von sich selbst überzeugt, werden sie in schöner Regelmäßigkeit immer wieder zurechtgestutzt, bekommen ordentlich auf die Mütze und schaffen es am Ende doch immer irgendwie.

Dazu gesellen sich dann noch eine handvoll Neurosen, ein eingeschränkter Horizont und eine Prise Allerweltsmensch. Und schon habe ich meinen kantigen Protagonisten, der Stoff für unendlich viele Einfälle bietet (was mir beim Schreiben schon einmal graue Haare wachsen lassen kann).

Auf jeden Fall lege ich sehr viel Wert darauf, dass der Charakter von der Denkweise in seine Umgebung passt. Ich finde kaum etwas schlimmer, als ein abergläubisches Mittelalter-Setting zu haben, und mein Held rennt überall mit der Aufgeklärtheit eines Menschen aus unserer heutigen Zeit herum und posaunt heraus, dass Religion und Aberglaube doch völliger Schwachsinn sind.
Wenn alle um ihn herum dreckig sind, ist er das eben auch. Wenn um ihn herum vergewaltigt und gemordet wird, tut er das ebenso. Und wenn in seiner Kultur Rassismus ein allgegenwärtiges Thema ist, ist er eben auch Rassist. Warum sollte ausgerechnet mein Held eine gänzlich andere Körperhygiene praktizieren oder Moralvorstellung besitzen, als alle anderen Menschen um ihn herum?


Vergnügliche Grüße
Roede

Sehnsucht

Ich schreibe ganz besonders gerne über ganz und gar miese Charaktere. Sie sind zickig, unsicher, neidisch und die Ereignisse fliegen ihnen eher um die Ohren, als dass sie welche (positiv) verursachen. das macht überraschend viel Spaß.
Wenn man seine Mitmenschen aus einem bestimmten Winkel beobachtet und diese negativen Charaktereigenschaften analysiert, kann man einen wirklich glaubhaften Menschen zum Prota machen, der, besonders wenn er unfair ist, uns damit überraschen kann, das wir ihn doch mögen. Klappt sehr gut wenn man mit einem Ich-Erzähler arbeitet.
Bei fortschritten muss man allerdings behutsam rangehen... die Leser freuen sich dann aber auch schon über "kleine" Fort
schritt, was auch sehr schön ist.
Ein heldenhaftes Happy End kann es aber kaum geben, da muss man doch Realist bleiben.
Was ich nicht leiden kann sind Über-Superhelden, die mit einer Pseudo-Schwäche ausgerüstet werden, um sie glaubwürdiger zu machen. Zum Beispiel: Angst vor Katzen, aber sonst das perfekte Wesen. Was soll das bloß?
Jeder hat doch Charakterschwächen.

Lomax

Zitat von: Sehnsucht am 22. August 2008, 20:29:44... Über-Superhelden, die mit einer Pseudo-Schwäche ausgerüstet werden, um sie glaubwürdiger zu machen. Zum Beispiel: Angst vor Katzen, aber sonst das perfekte Wesen. Was soll das bloß?
*Gleich ein Beispiel im Kopf hab* Oh ja. Nerv!

Coppelia

Ja, da schließe ich mich an. Treffend bemerkt. ;D Wobei sowas ja auch beim Aussehen ebenso nervig ist: "Sie hätte perfekt ausgesehen, hätte sie nicht etwas zu volle Lippen gehabt/wäre sie nicht etwas zu schlank gewesen/hätte sie nicht eine etwas zu große Oberweite gehabt ..." :rofl:

Dank dieses Threads konnte ich sogar etwas wie leichten Tiefgang (bis zu den Knöcheln) in den neuen Plot bringen.

Man muss sich ja auch vor Augen halten: Es gibt wirklich sehr fähige Menschen. Aber welchen Preis zahlen sie für ihre eigene Perfektionierung? :hmmm: Und ist das wirklich für sie die beste Art zu leben?

Ich habe einige "strahlende" Typen - wie meinen letzten Prota - im Sinne von immer gut gelaunt, aber keine "strahlenden Helden".

Churke

Zitat von: Sehnsucht am 22. August 2008, 20:29:44
Zum Beispiel: Angst vor Katzen, aber sonst das perfekte Wesen. Was soll das bloß?

Nen Freund von mir hat mal einen Kampfhund "geerbt." (Zuhälter war erschossen worden)
Fifi war körperlich eine Kampfmaschine. Aber psychisch ein Stofftier. Wollte immer nur knuddeln und hatte panische Angst vor Katzen.
 
Also für nen Kampfhund voll der Loser. Der perfekte Protagonist. Sogar ich hab ihn gemocht, und ich hasse Hunde.  :vibes:


Blake

@churke
Der Zuhälter? Oder der Hundehalter?
Ich bin für Helden mit Ecken und Kanten. Aber klassischer Verlierer sind für einen Fantasy-Roman schwer zu kreieren. Interessant ist es für mich, wenn der Panzer eines überlegenen Charakters Risse bekommt. Durch neue Herausforderungen und Situationen. Das Normalo-wird-Superheld-Szenario finde ich etwas abgegriffen. Das ist eher selten, dass so etwas plausibel erklärt werden kann und stößt mir oftmals auf. Vielleicht liegt das aber an meinem Alter, denn früher fand ich solche Geschichten ganz toll. (Marke Karate Kid. Fünf Tage trainiert und schon gewinne ich gegen den Typen, den schon sein Leben lang trainiert.  :hmhm?: )