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Literaturpreise

Begonnen von Tenryu, 11. August 2008, 03:23:52

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Tenryu

@ Aryana: Das hier ist eine (lebendige) Diskussion und kein literaturwissenschaftliches Kolleg. Da muß man ein bißchen vereinfachen und polemisieren. Ich finde diese Kategorien sind doch durchaus nachvollziehbar.  ;)

@ Franziska: Aber das erste Buch hat er doch auch ohne Förderung geschrieben. Wieso braucht er dann plötzlich für sein zweites Buch Subventionen? Das ist nicht logisch. Und was ist, wenn einer erst für sein fünftes oder zehntes Buch einen Preis bekommt? Dann macht das noch weniger Sinn. Denn wer ohne Förderung zehn Bücher schreiben kann, kann auch elf schreiben.

@ Falke: Ich sage ja nicht, daß die Leute das Geld nicht gerne nehmen oder es gut gebrauchen können. Wer kann das nicht? Und selbstverständlich fördert das die Karriere des einzelnen Schriftstellers. (Vorausgesetzt er ist keine Eintagsfliege, die nach dem ersten Erfolg nur noch Mist schreibt.)
Aber ich finde, das befördert nicht die Literatur. Das wäre genau so abwegig, wie wenn man einem Polizisten eine Medaille gibt und behauptet, das bekämpfte das Verbrechen, oder der Nobelpreis für Medizin befördere die Volksgesundheit.

Ich wage sogar zu behaupten, daß Preise für den einzelnen Autor durchaus sogar schädlich sein können. Weil sie u.a. die Erwartungshaltung des Publikums und der Kritiker verstärken, so daß er den hohen Erwartungen an an sein nächstes Buch oft nicht gerecht werden kann. Zum anderen kann der Ruhm auch zu Kopfe steigen.

Silabaron

#16
Zitat von: Aryana am 12. August 2008, 10:03:25
@Tenryu: ich weiß nicht - zum Thema will ich mich jetzt mal gar nicht äußern, wohl aber zu deinen "vier Kategorien". Bitte streiche da mal ganz fix das Wörtchen "man". Diese Kategorien hast Du Dir ausgedacht, und ich finde sie in keiner Weise aussagekräftig. Ich mag es nicht, wenn alles so über einen Kamm geschert (geschoren???) und kategorisiert wird. Es gibt Dinge, die können/sollten einfach nicht kategorisiert werden.
/OT off.

@Tenryu: Ich kann mich hier nur anschließen. Deine(!) Kategorien finde ich völlig fehl am Platz. Wo siehst Du dich in diesem Schema eingereiht? Oder bist Du kein Schriftsteller, nur weil Du noch nichts /nicht viel veröffentlicht hast? Ich denke, das Selbstverständis/das Selbstbegreifen als Autors fängt da an, wo man andere nicht mehr als "die Schriftsteller" bezeichnet (und geht noch viel weiter...)  Wir alle hier (oder fast alle) sind Schriftsteller und wir alle hoffen auf eine breite Unterstüzung durch Verlage/Käufer/Leser/ und durch Jurys, die Literaturpreise vergeben. Jeder Schriftsteller hat es heutzutage schwer genug. Hinzu kommt: liest man sich so durch die Foren, dann findet man zu einem Buch so viele ambivalente Meinungen, dass ich deine Kategorien nicht verstehe. Was ist denn unproduktiv? Was ist denn erfolgreich? Wer teilt denn "die Schriftsteller" / UNS Schriftsteller in diese Kategorien ein? Du? Eine Jury? Die Leser? Verkaufszahlen? Ist produktiv = erfolgreich? Wo finde ich Qualität? O je, ich glaube, da hast Du es Dir zu leicht gemacht und ein wenig zu kurz gedacht.

Liebe Grüße,

Dieter.

Grey

Zitat von: Tenryu am 12. August 2008, 20:11:37
Ich finde diese Kategorien sind doch durchaus nachvollziehbar.  ;)

Nachvollziehbar vielleicht. Aber nicht realistisch. Und auch polemisiert und vereinfacht kann man sich so ausdrücken, dass eigener Senf von allgemeinen Aussagen zu unterscheiden ist (sollte man zumindest können). Nur mal ganz davon abgesehen, dass selbst zurechtgefummelte Kategorisierungen eine schlechte Argumentationsbasis sind ;)

Aber mal eine Frage: Bist du jetzt grundsätzlich gegen Literaturpreise? Und willst du Literatur fördern, aber nicht einzelne Bücher, sondern nur Bücher, die noch nicht geschrieben sind?

Hr. Kürbis

Zitat von: Tenryu am 12. August 2008, 20:11:37
@ Aryana: Das hier ist eine (lebendige) Diskussion und kein literaturwissenschaftliches Kolleg. Da muß man ein bißchen vereinfachen und polemisieren. Ich finde diese Kategorien sind doch durchaus nachvollziehbar.  ;)

Vielleicht nachvollziehbar, dennoch falsch! :nöö: Das ist wie ein Schlag ins Gesicht der Autoren, die wirklich hart arbeiten und nicht in Geld schwimmen. Produktiv und erfolgreich zu sein hat noch lange nichts mit finanziellem Auskommen zu tun!
Vielleicht solltest du mal die rosarote Brille abnehmen und dich der Realität stellen, ansonsten hast du im schrifstellerischen Sektor mit solchen Vorstellungen nicht viele Chancen und musst dich erst "von außen" auf den Boden der Tatsachen zurückholen lassen.

Zitat von: Tenryu am 12. August 2008, 20:11:37
@ Franziska: Aber das erste Buch hat er doch auch ohne Förderung geschrieben. Wieso braucht er dann plötzlich für sein zweites Buch Subventionen? Das ist nicht logisch. Und was ist, wenn einer erst für sein fünftes oder zehntes Buch einen Preis bekommt? Dann macht das noch weniger Sinn. Denn wer ohne Förderung zehn Bücher schreiben kann, kann auch elf schreiben.

Oh Gott, als würde ein Mensch durch Erfahrungen nicht reicher! Preise für noch nie zuvor erreichte Leistungen sind doch wohl legitim, oder? Und es spielt keine Rolle, ob man diese braucht, ob nun finanziell oder fürs eigene Ego. Wenn du mit solch einer bescheuerten Argumentation kommst, könnte ich argumentieren, dass du zum rechnen auch keinen Taschenrechner brauchst, du kannst es auch ohne (hoffe ich zumindest). Es dauert nur etwas länger ... Als müssten alle Ziele immer dem größtmöglichen Widerstand zum Trotz erkämpft werden! ::)

Zitat von: Tenryu am 12. August 2008, 20:11:37
Aber ich finde, das befördert nicht die Literatur. Das wäre genau so abwegig, wie wenn man einem Polizisten eine Medaille gibt und behauptet, das bekämpfte das Verbrechen, oder der Nobelpreis für Medizin befördere die Volksgesundheit.

Na, Hauptsache du hast den Anspruch an dich. Schon mal von "Vorbildfunktion" gehört? Wenn ein Polizist eine Medaille bekommt, dann soll das gleichzeitig bedeuten, dass andere sich an ihm ein Beispiel nehmen sollen. Das gilt auch für Literatur, wo ein Autor vielleicht ein besonderes Thema aufgegriffen hat, den Zeitgeist beleuchtet oder die Vergangenheit erhellt, in fremde Welten oder Wohnzimmer entführt, mit Wörtern jongliert, sie gekonnt einsetzt oder weglässt, für eine Elite schreibt oder den Massengeschmack trifft, sich verkauft wie geschnitten Brot oder für seine Hartnäckigkeit gelobt werden soll.
Gründe für Preise und deren Verleihung mögen nicht immer nachvollziehbar sein, sie generell zu verteufeln ist aber garantiert nicht der richtige Weg. Oder spricht da etwa der Neid aus dir? Produktiv scheinst du zu sein, was ist mit dem Rest?
Also falls du mal in den Genuss eines Geldpreises kommen solltest und ihn nicht willst, ich schick dir gerne meine Konto-Nr. per PM :dollars:, dann kann ich meine Produktivität steigern und trete in meinem Brotjob kürzer.

Melchior

Ich denke durchaus, dass man mit Literaturpreisen auch die Literatur als solches fördert, trotzdem es natürlich keine Förderung des allgemeinen Schriftstellertums ist. Natürlich besteht hier immer das Problem, dass Erfolge von vielen auf einzelne Personen reduziert werden, aber diese haben sich (im Idealfall) auch um Kultur und Sprache verdient gemacht. Abgesehen von Sinn und Zweck von Preisen, finde ich, dass viele Autoren für ihre Leistungen diese verdient haben.

Die Einnahmen aus den Veröffentlichungen eines Buches sind offenbar nicht hoch genug, um einen Anreiz zum beruflichen Schreiben zu schaffen, weil sie zu oft im Bereich des Existenzminimums liegen. Traurigerweise gibt es eben kaum einen Markt für Schriftsteller neben der (hier bereits geschätzten) zweistelligen Anzahl von Bestsellerautoren. Die Förderung von literarischen Projekten ist sicherlich ein guter Ansatz, würde aber dieser Problematik nicht gerecht.

Tenryu

#20
Ich finde es nicht unbedingt erstrebenswert, Leute zum beruflichen Schreiben zu animieren. Erst recht nicht, wenn sie dann von Subventionen abhängig sind. Berufsschriftsteller schreiben nicht unbedingt bessere Bücher, als Leute, die nebenbei arbeiten gehen. Selbst Goethe war nur Hobbyschriftsteller neben seinem Beruf als Anwalt bzw. Minister.
Ich bin sogar der Ansicht, daß Leute, die über ein geregeltes Einkommen verfügen, freier, innovativer und künstlerischer schreiben können, als solche, die nach dem Markt oder Preisen und Stipendien schielen müssen.

@ Stefan: Nein, ich bin nicht neidisch.  :omn: Auch bin ich nicht eitel. Deshalb würde ich ja solche (unverlangten) Preise auch nie annehmen. Ich möchte mich von niemandem instrumentalisieren lassen. Denn geschenkt bekommt man im Leben nichts. Auch keine Preise. Da steckt immer ein Gedanke dahinter. Und wenn es nur die Eitelkeit eines Geschäftsmanns oder Politfunktionärs ist, der sich gerne mit einem Künstler fotografieren lassen möchte. Abgesehen davon, daß das auch gar nicht möglich wäre, da ich keines meiner Werke unter meinem richtigen Namen veröffentlichen würde. Ich bin da vielleicht ein bißchen altmodisch. Aber ich sehe mich in der Tradition der alten Autoren, die als Person ganz hinter ihren Werken verschwinden. (Getreu dem Motto von Ovid: Bene vixit, qui bene latuit.)

Versteht mich nicht falsch. Ich gönne den Leuten ihren Ruhm und das Geld (so lange es nicht vom Steuerzahler stammt). Ich wollte hier nur mal eine Grundsatzdiskussion zu dem Thema anregen. (Und wie es scheint, ist mir das auch gelungen.  :engel: )

Ary

#21
Zitat von: Tenryu am 12. August 2008, 20:11:37
@ Aryana: Das hier ist eine (lebendige) Diskussion und kein literaturwissenschaftliches Kolleg. Da muß man ein bißchen vereinfachen und polemisieren. Ich finde diese Kategorien sind doch durchaus nachvollziehbar.  ;)

Trotz Zwinkersmiley fühle ich mich jetzt aber doch auf die Füße getreten.
Man muss vereinfachen? Ich bitte Dich. Für wie dumm hältst Du uns? Wir sind sicher nicht das literarische Quartett, aber doch Autoren, veröffentlichte und solche, die es werden wollen, und alle mit Intelligenz begabte Menschen. Ich finde die Kategorien weder sinnvoll noch nachvollziehbar, sondern einfach nur provozierend.

ZitatIch wage sogar zu behaupten, daß Preise für den einzelnen Autor durchaus sogar schädlich sein können. Weil sie u.a. die Erwartungshaltung des Publikums und der Kritiker verstärken, so daß er den hohen Erwartungen an an sein nächstes Buch oft nicht gerecht werden kann. Zum anderen kann der Ruhm auch zu Kopfe steigen.

Zu denen zähle ich aber eher solche Autoren, deren Bücher durch einen Wahnsinns-Werbe-Hype gepusht wurden und die dann doch so gut eigentlich gar nicht sind. Negativbeispiel Eragon. Werbung, Werbung, Werbung, und sind die Bücher qualitativ gut? Ich finde nicht. Erwartungsdruck hat er sicher, der arme Paolini. Und das alles ohne einen einzigen Preis.
/Zynismus off
Einfach mal machen. Könnte ja gut werden.

Tenryu

Ich habe nicht die Absicht, hier irgend jemandem auf die Füße zu treten.  :innocent:
Ich habe lediglich zwei ökonomisch relevante Eigenschaften logisch miteinander verknüpft und daraus eine Schlußfolgerung gezogen. Und daß es in einer Diskussion unterschiedliche Meinungen gibt, ist eine eine gute Sache. Wäre sonst ja auch sehr langweilig.   :omn:

felis

@Tenryu, leider ist eine logische Verknüpfung zweier ökonomischer Eigenschaften nicht aussagekräftig, wenn die Eigenschaften das Problem nicht beschreiben.
Oder: traue keinem Gutachten das du nicht selbst getürkt hast!  ;D
;)
Nix für ungut.
LG
felis

Solatar

#24
Grundsatzdiskussion? Logik? Kategorisierung?
Irgendwie steige ich nicht so ganz durch. Die Argumentation ist für mich nicht nachvollziehbar. Was ist jetzt hier ein Grundsatz?
Was haben Preise und deren Verknüpfung von Erfolg und Produktivität und dem Bedarf oder Nichtbedarf an Preisen oder Förderung mit Logik zu tun? Wozu das Schubladendenken, wenn es um Autoren oder generell um Menschen geht, die ein Ziel oder einen Traum vor Augen haben, den sie sich gerne verwirklichen wollen? Ist ein Preis überflüssig, nur weil er finanziell nicht gebraucht wird? Haben Menschen nicht per se Spaß am Wettbewerb? Was ist mit Anerkennung, der Freude an einer Auszeichnung, dem guten Gefühl, wahrgenommen und respektiert zu werden? Ist es nicht das, wonach viele von uns streben?
Was ist Erfolg? Soll das bedeuten, dass nur derjenige Erfolg hat, der viel Geld verdient? Gilt eine vernünftige Veröffentlichung und ein gutes Buch, selbst wenn es sich nicht so oft verkauft nicht auch schon als Erfolg? Definieren wir nicht alle irgendwo unseren eigenen Erfolg? Ist Erfolg gleichzusetzen mit Glück oder mit Geld oder mit Ruhm oder mit Macht?
Was ist Produktivität? Misst sich diese an der Anzahl von Veröffentlichungen bzw. ausschließlich an der Quantität? Ist ein Autor mit wenigen Werken, aber hoher Qualität ein unproduktiver Mensch?
Viele Fragen, ich weiß... aber die sind mir eben bei der Diskussion - Grundsatz oder Nebensatz hin oder her - durch den Kopf gegangen.   

Lomax

Hallo Tenryu,

dein zentrales Argument, wenn ich dich richtig verstanden habe, war ja, dass es keine Literaturförderung darstellt, wenn man Autoren oder Werke auszeichnet die sich bereits bewährt haben, weil diese Autoren ja schon gezeigt haben, dass sie sich auch ohne Förderung bewähren können, und die Förderung wenig Einfluss darauf hat, wie sie sich in Zukunft bewähren können.

Die Alternative, wenn man nicht bewährte Autoren oder Werke fördern will, wäre also, die Mittel in noch nicht bewährte "Neulinge" zu stecken. Dies würde allerdings bedeuten, dass man mit der Gießkanne fördert und die Steuerungsfunktion der Fördermittel gering wäre. Dass - ähnlich wie bei einem Ausbau des Schulsystems - auch in der Literatur durch mehr "Ausbildungsmittel" eine allgemeine Qualitätssteigerung zu erzielen wäre, ist eine hinterfragbare Theorie. Denn anders als die "Schulausbildung" bereitet eine "Schreibausbildung" nicht auf etwas vor, dem sich ohnehin jeder stellen muss. Eine Verstärkung der Förderung führt also nicht zwangsläufig nur dazu, dass die, die gerade lernen, besser werden. Sie kann ebensogut dazu führen, dass mehr Leute in das System einsteigen, die langfristig ungeeignet sind.
  Ich persönlich würde es also durchaus für sinnvoller halten, Förderung gezielt einzusetzen, anstatt noch einen zusätzlichen Haufen Stützräder vor die Tür zu stellen für die angehenden Schriftsteller, die Stützräder brauchen, um festzustellen, dass und was sie schreiben wollen.

Ferner kann es auch bei "bewährten" Autoren durchaus eine Förderung sein, wenn sie durch Preisgelder mehr und freier produzieren können. Womöglich macht so ein Preisgeld auch den Unterschied aus, ob ein Autor aufgibt oder nicht doch in Zukunft noch diese als preiswürdig empfundenen Werke produziert? Man sollte also die unmittelbar literaturfördernde Wirkung von Preisen nicht ganz abtun - selbst wenn die "Ausgezeichneten" schon bewiesen haben, dass sie es auch ohne Preise können. Mit Preisen können sie es eben womöglich besser und länger.
  Aber das Wichtigste hat Stefan schon angesprochen: Der Preis stellt auch eine indirekte Förderung dar, weil das ausgezeichnete Werk/der ausgezeichnete Autor als Vorbild dienen kann und einen Anreiz für andere Schriftsteller darstellt, sich in diese Richtung zu entwickeln. Im Gegensatz zur Gießkannenförderung stellt eine gezielte "Belohnung" für als erstrebenswert empfundene literarische Leistungen also einen Faktor dar, der auch lenkend in den Literaturbetrieb eingreift.

Natürlich kann man jetzt der Meinung sein, dass die vorhandenen Preise eine Lenkung in die "falsche" Richtung darstellen, und die ausgezeichnete Literatur im Grunde nichts ist, was man fördern sollte. Aber das ist dann schon wieder eine ganz andere Frage, die sich außerhalb des von dir angestoßenen formalistischen Ansatzes bewegt. Eine eigene Meinung hat halt jeder. Die Personen und Institutionen, die Preise ausschreiben, sind allerdings bereit, ihre Meinung von guter Literatur mit Geld zu untermauern, was diesen Meinungen auch ein gewisses Gewicht verleiht.
  Wer andere Meinungen dagegen stellen will, kann das auf dieselbe Weise tun - was ja auch tagtäglich geschieht, wenn der zahlende Kunde sein Geld auf andere Titel setzt als Jurys und Kulturförderung und damit konkurrierende Lenkungsanreize schafft. ;) Insgesamt stellt das eine wie das andere einen legitimen Versuch dar, die Kulturlandschaft zu formen.

Zitat von: Tenryu am 12. August 2008, 21:57:34
Ich finde es nicht unbedingt erstrebenswert, Leute zum beruflichen Schreiben zu animieren. Erst recht nicht, wenn sie dann von Subventionen abhängig sind. Berufsschriftsteller schreiben nicht unbedingt bessere Bücher, als Leute, die nebenbei arbeiten gehen.
Nun, umgekehrt aber auch nicht. Sonst würden ja die Leute die besten Bücher schreiben, die finanziell so unabhängig vom Schreiben sind, dass sie den Druck ihrer Werke sogar selbst "bezuschussen" können. ;)

Ich persönlich halte die Abhängigkeit vom Schreiben für ein Korrektiv, dass der Qualität prinzipiell eher nützlich als abträglich ist. Schreiben ist ein kommunikativer Akt, und ein solcher muss, wenn er gelingen soll, beidseitig ablaufen. Und was könnte einen Autor besser animieren, auch auf seinen Leser zu hören und sich zu bemühen, wirklich gehört zu werden, als wenn seine ganze Existenz vom Erfolg dieser Kommunikation abhängt?
  Natürlich kann auch der finanziell unabhängige Autor brauchbare Literatur schaffen. Es gibt ja auch andere Anreizsysteme als die rein kommerziellen, und viele Autoren legen durchaus auch aus anderen Gründen Wert darauf, ihre Leser auch zu erreichen. Aber ein Autor, der nur "nebenbei" schreibt, ist auch stärker in Versuchung, einfach nur seine Manierismen zu pflegen, in seinen Büchern Selbstgespräche und Selbstdarstellung zu pflegen und die mitunter schmerzliche Konfrontation mit der Außenwelt, der er seine Bücher aufnötigen möchte, zu meiden. Ein Berufsschreiber kann sich das gar nicht erlauben und muss lernen.
  Eine professionelle Orientierung beim Schreiben ist der Qualtität also im Durchschnitt zumindest weniger abträglich als die reine Hobbyschreiberei. Und damit in diesem Anreizsystem, in das der professionelle Schreiber eintritt, eben nicht nur der "Massengeschmack" als einzige wahrnehmbare Leserstimme auftaucht, setzen Preise eben oft andere Akzente. Ich denke, über die Inhalte und Richtungen, die dabei gesetzt werden, kann man im Einzelfall durchaus streiten. Aber dem System pauschal Einfluss und Sinnhaftigkeit abzusprechen, greift doch zu kurz und ist eine allzu systemferne Kritik.

Churke

Wollte noch mal einen Gedanken in den Ring werfen: Es hat wohl noch nie in der Geschichte so viele Preise gegeben wie heute  - aber die Gegenwartsschriftsteller von der Klasse eines Kafka oder Brecht sind - vorsichtig ausgedrückt - dünn gesät. Bei der Förderei kommt anscheinend nicht viel bei herum.


Lomax

Zitat von: Churke am 13. August 2008, 00:09:26Es hat wohl noch nie in der Geschichte so viele Preise gegeben wie heute  - aber die Gegenwartsschriftsteller von der Klasse eines Kafka oder Brecht sind - vorsichtig ausgedrückt - dünn gesät. Bei der Förderei kommt anscheinend nicht viel bei herum.
Dafür gab es auch noch nie so viele Bücher wie heute - und vermutlich auch noch nie so viele Autoren ;) Wie gesagt, ob "das Richtige" rumkommt, mag ein diskutabler Punkt sein. Dass "nichts" dabei herauskommt, kann man aber wohl nicht sagen.

Lisande

Zitat von: Tenryu am 12. August 2008, 21:57:34
Ich finde es nicht unbedingt erstrebenswert, Leute zum beruflichen Schreiben zu animieren. Erst recht nicht, wenn sie dann von Subventionen abhängig sind. Berufsschriftsteller schreiben nicht unbedingt bessere Bücher, als Leute, die nebenbei arbeiten gehen. Selbst Goethe war nur Hobbyschriftsteller neben seinem Beruf als Anwalt bzw. Minister.
Ich bin sogar der Ansicht, daß Leute, die über ein geregeltes Einkommen verfügen, freier, innovativer und künstlerischer schreiben können, als solche, die nach dem Markt oder Preisen und Stipendien schielen müssen.

Sag mal - ich weiß nicht, wie alt Du bist und ob Du in Deinem Leben schon mal einen einzigen Tag gearbeitet hast, aber diese Aussage finde ich einfach nur lachhaft. Um es ganz klar auszudrücken: ich bin Beamtin. Also habe ich den ganzen Tag nichts zu tun, lege die Füße auf den Schreibtisch und zähle die Fliegen im Büro (und wenn man sich mal ansieht, dass ich gerade vom Büro aus schreibe, scheint das ja sogar zu stimmen).

Mein Arbeitstag hatte in meinem alten Job durchschnittlich zehn Stunden. Plus Hin- und Rückfahrt zum Büro war ich etwa zwölf Stunden außer Haus. Hausarbeit musste auch gelegentlich mal erledigt werden. Mein Mann wollte ein bisschen was von mir haben. Und wenn ich aus dem Büro nach Hause gekommen bin, dann war ich mit der Welt fertig. Warum? Weil mein Beamtenjob daraus bestand, zehn Stunden lang mit Kunden, die zum Teil (!! Nein, nicht alle, im Endeffekt sogar nur der deutlich kleinere Teil - aber diejenigen, die den Job schwer gemacht haben und die in erhöhter Häufigkeit bei mir im Büro erschienen sind) noch keinen Tag in ihrem Leben gearbeitet hatten, meinten, anderen mal so richtig Arbeit und Stress machen zu müssen.

Daneben noch kreativ schreiben? Ja. Ein bisschen. Aber zu glauben, dass das arbeitserleichternd ist, ist ein Schlag ins Gesicht aller Berufstätigen, die irgendwie mit Beruf, Alltag, Familie und Hobbies klar kommen müssen.

Halte von Literaturpreisen, was Du willst - aber überlege Dir bitte, ob Deine Argumente nicht vielleicht ein bisschen platt und oberflächlich sind.

Ary

Einfach mal machen. Könnte ja gut werden.