• Willkommen im Forum „Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum“.
 

Medizinisches

Begonnen von cybo, 01. Juli 2008, 12:03:40

« vorheriges - nächstes »

0 Mitglieder und 3 Gäste betrachten dieses Thema.

cybo

Ich hoffe, dass ich bei der Frageformulierung Alles richtig mache, und das es auch in Ordnung ist mehrere Fragen zusammenzupacken, da ich nicht wegen meines Romanes x topics aufmachen wollte. Falls ich Etwas falsch mache, bitte seht es mir nach und gebt Bescheid, ich bin relativ neu hier...

Vorweg sei kurz erwähnt, dass es sich bei mein Roman in einer Endezeitvision spielt, einige Vostellungen davon habe ich in meinem Vorstellungstopic kundgetan, falls es jemanden interessieren sollte. Bevor ich beginnen kann, hakt es an einigen Stellen, die ich hoffe hier klären zu können:

1. Amnesie:

Ich bin mir noch nicht schlüssig ob der Prota (jetzt kürz ichs auch mal so ab) zu Beginn der Geschichte an Amnesie leiden soll und erst anch und nach von der Welt um sich herum erfährt. Weiss jemand ob man sich nach einer erlittenen Amnesie eventuell wieder an Teile aus der Vergangenheit erinnern kann oder sind diese endgültig "weg"?Gibt es auch so Etwas wie eine Art "Teilamnesie", die sich nur auf einige Bereiche (zeitlich) erstreckt?Ich stelle es mir allerdings sehr schwierig vor einen Charakter von Anfang an glaubhaft zu charakterisieren, der sich an nichts erinnern kann...kennt sich jemand mit diesen Schwierigkeiten aus, gibt es da "Tricks"?Ich hoffe die Frage ist nicht zu Allgemein...

alternativ:

2.Hirnchirurgie für Einsteiger

Alternativ hatte ich mir überlegt, dass der Prota mit foranschreitender Handlung erfährt, dass seine Erinnerungen "implantiert" sind. Der vorherrschende Konzern hat die Erinnerungen des Prota quasi ausgetauscht. Die Handlung spielt in nicht allzu ferner Zukunft, dass sowas zur Zeit nicht möglich ist ist mir durchaus bewusst... Jetzt zu meiner Frage:
Ich habe gelesen, dass das Hirn unterteilt ist in sagen wir mal rationales Zentrum (Sprache, Erinnerungen...) und ein emotionales Zentrum. Wie ich es verstanden habe sind diese tatsächlich räumlich voneinander getrennt. Würde es jetzt eines Tages gelingen (Gott bewahre;)) in dem rationalen Teil herumzuimplantieren hätte dies zunächst ja einmal keine Auswirkungen auf die Gefühlswelt der betroffenen Person?!?würde diese aber langfristig wohl beeinflussen womit sich die Frage stellen würde inwiefern der Prota ein Produkt seiner nicht-realen Erinnerungen werden würde oder nicht eben...
achja nun zu meiner Frage:
da wohl kaum jemand exakt die Frage ob und in wiefern sich die "falschen" Erinnerungen auf das Gefühlsleben des Prota tatsächlich auswirken kann, sei einfach mal gefragt ob man die Gefühle des Prota dann so darstellen sollte wie sie "tatsächlich" mit seinen "regulären Erinnerungen" wären (was einen Widerspruch darstellen würde, der sich ja recht bald aufklären würde wenn man über die wirklcihe Vergangheit des Prota erfährt) oder oder ob man die Gefühlswelt den Erinnerungen "anpassen" sollte  :hmmm:
ja, über Dinge kann man sich Gedanken machen - ich hoffe mich verständlich ausgedrück zu haben und würde mich über Anregungen (in diesem Fall, da der Science-Fiction-Gehalt für eine "richtige" Antwort ja zu hoch ist) freuen  :jau:...

Gleichgültigkeit

Um mich kurz zu fassen: Bestimmte Bevölkerungsteile werden bewusst durch Einsatz einer chemischen Zusammensetzung in der Luft oder dem Wasser "gleichgültig" (passiv) gemacht. Jetzt wäre es einfach, da es sich um einen scifi-Roman handelt irgendeine Zusammensetzung XoHJ 27 zum Beispiel zu erfinden und deren Wirkungsweise zu beschreiben, vielleicht gibt es ja aber auch schon etwas, dass Ähnlich ist - dann könnte man das verwenden oder zumindest damit vergleichen.
Tavor zum Beispiel - das macht meines Wissens nach sogar abhängig, was ja auch "gut" wäre. Aber vielleicht kennt noch jemand etwas "besseres" für diesen Zweck...

Grey

Hallo cybo!

Da hast du dir ja ein Thema ausgesucht ... Hast du ein Glück, dass Gedächtnisforschung eins meiner Lieblingsthemen ist! :vibes: Meine Mittagspause ist allerdings etwas knapp, daher geh ich erstmal nur auf den ersten Teil ein.

Zitat von: cybo am 01. Juli 2008, 12:03:40
1. Amnesie:
Weiss jemand ob man sich nach einer erlittenen Amnesie eventuell wieder an Teile aus der Vergangenheit erinnern kann oder sind diese endgültig "weg"?


Nach dem derzeitigen Forschungsstand geht man davon aus, dass es eine Mischung aus beidem ist. Das liegt daran, dass für "Erinnerungen" einerseits Gruppen von Neuronen, also Gehirnzellen, untereinander zu einer Struktur verknüpft werden, die die "Erinnerung" repräsentiert. Wird diese Struktur zerstört, ist die Erinnerung weg. Andererseits muss es auch eine synaptische Verbindungen zu diesen Zellstrukturen hin geben, damit sie aktiviert, also ins Bewusstsein gelangen können. Werden diese zerstört, ist ein erinnern zunächst auch nicht mehr möglich, ein Reaktivieren der Erinnerungen ist in diesem Fall aber nicht ausgeschlossen.

ZitatGibt es auch so Etwas wie eine Art "Teilamnesie", die sich nur auf einige Bereiche (zeitlich) erstreckt?

Ja, das gibt es.

ZitatIch stelle es mir allerdings sehr schwierig vor einen Charakter von Anfang an glaubhaft zu charakterisieren, der sich an nichts erinnern kann...

Eine Amnesie wirkt sich nicht zwingend auf den Charakter aus. Es kommt eben darauf an, wie dein Charakter damit umgeht, dass er sich nicht erinnern kann. Nagt es an ihm, oder kümmert es ihn nicht? Wenn deine Amnesie von der Art ist, wo nur die synaptische Verbindung der Gedächtnisinhalte zum Bewusstsein unterbrochen ist, würde ich den Einfluss der noch vorhandenen Gedächtnisinhalte aufs unterbewusste Verhalten und so auf den Charakter nicht unterschätzen. Auf die Art könntest du meiner Meinung nach sogar schon schöne dezente Hinweise auf seine Vergangenheit streuen ...

Soweit erstmal bis hierher.
Nur kurz zur Hirnanatomie: Im Gehirn von räumlicher Trennung zu sprechen halte ich für nicht sinnvoll. Sicher gibt es spezialisierte Regionen, aber es gibt doch von Überall Verknüpfungen nach Überall ...
Und auch über diese Sache mit dem "Gedächtnis austauschen" solltest du dir noch genauere Gedanken machen und gut recherchieren. Wenn du das wirklich glaubwürdig darstellen willst, solltest du dir mal ein gutes Buch über Neuroanatomie zu Gemüte führen.

Das wars fürs erste von mir, ich hoffe du kannst was mit meinen Antworten anfangen.
LG
Grey

cybo

Auf jeden Fall, also ich bin beeindruckt und begeistert zugleich so schnell eine solche kompetente Antwort erhalten zu haben...Vielen Dank  :jau:
also die bisherigen Antworten auf Frage 1 finde ich auf jeden Fall hochinteressant.
Was Frage 2 betrifft versuche ich es vielleicht noch einmal auf den Punkt zu bringen, da ich mich wohl selbst nicht verstanden hätte:
Prota ist ein grimmiger, zynischer Zeitgenosse - wohl aufgrund seines Erlebten...
wenn man seine Erinnerungen "vertauscht" und seine "neuen Erinnerungen" ihm eine "heile Welt" in der Vergangenheit simulieren wird seine "Grundstimmung" dennoch düster bleiben oder eben nicht. Diese düstere Grunstimmung in ihm könnte die Auflösung vorausdeuten...
Ja, wenn man es so ausdrückt hätte ich es wohl auch verstanden  ???...
ZitatWenn du das wirklich glaubwürdig darstellen willst, solltest du dir mal ein gutes Buch über Neuroanatomie zu Gemüte führen.
das hatte ich schon pfeilgerade auf mich zukommen sehen, was nicht weiter schlimm wäre, da ich gerne Sachbücher studiere - hättest du eine Empfehlung?
Ich habe aber rausgehört, dass es wohl "einfacher" sein wird das ganze mit der Amnesie zu realisieren. In jedem Fall werde ich mir gut überlegen wie sich die Geschichte besser erzählen lässt.

Punkt 3. hört sich an als hätte ich einen durchgeknallten Plan, aber ich brauche dieses Wissen wirklich nur für meinen Roman  :rofl:

Aidan

Hallo Cybo!

Ich versuch's mal mit einer Antwort, wobei ich gerade reichlich matschig im Kopf bin, und von daher nicht vollständigen Zugriff aufs Wissen habe.

1. Amnesie:

Grundsätzlich habe ich mal gelernt: Das Gehirn vergisst nichts, man kann nur nicht auf alles zugreifen. Echtes Vergessen funktioniert nur, wenn strukturelle Änderungen auftreten, die nicht mehr rückgängig zu machen sind.

Es ist die Frage, woher die Amnesie kommt. Unfall mit Einblutungen, Veränderungen des Stoffwechsels, Drogen/Medikamente, Schädelhirmtrauma ohne irreversible Hirnveränderungen, etc..

Ich weiß, dass es einen Savant gibt, der einen Ball an den Kopf bekam und kurzzeitig bewusstlos war, vorher war er ganz normal und unauffällig, aber seitdem kann er  - auch rückwirkend für die Zeit vor dem Unfall - sagen, was genau an jedem Tag seines Lebens war. Wetter, was er gegessen hat, Ereignisse. Da sind bestimmte Filter ausgefallen und plötzlich ist Wissen da, was er vorher scheinbar nicht hatte. (Der Typ lebt in den USA, soweit ich weiß.)

Prinzipiell könnte sich also dein Prota mit der Zeit an verschiedene Dinge erinnern. Zum Beispiel ausgelöst durch einen Duft (der Geruchssinn ist da ein sehr elementarer, meist unterschätzter Sinn), ein Bild, irgendwas.

Es gibt auch Amnesien, die sich nur auf bestimmte Bereiche beziehen - nach einem Schädeltrauma z. B. die letzten Minuten oder Stunden. Kommt drauf an, wie es dazu kam.

Hirnchirurgie

Da muss ich zugeben, dass ich da meine Schwierigkeiten habe, mir das vorzustellen. Erinnerungen werden sehr komplex gespeichert. Wenn mich nicht alles täuscht, spielt das Limbische System da eine große Rolle. Ich glaube nicht, dass man einfach so falsche Erinnerungen einpflanzen kann. Eher, dass man jemanden mit Amnesie weiß macht, es wäre so. Sprich: Manipulation von außen. Du hast diese und jenes getan, soundso war das. Wenn sich jemand an nichts mehr erinnert, könnte es sein, dass er es glaubt und "abspeichert".

Es ist bekannt, dass Reaktionsmuster und psychologisches Verhalten verändert werden können. Dafür ist, soweit ich weiß, der Frontallappen zuständig. Früher wurden Verbrecher teilweise dort operiert, um sie zu "therapieren". Manchmal treten solche Veränderungen auch nach einem Trauma auf. So wird dann aus einem aktiven, erfolgreichen Manager plötzlich ein lethargischer, völlig desinteressierter Stubenhocker, der nichts mehr auf die Reihe bekommt.

Mehr kann ich dir im Moment aber auch nicht dazu sagen.

Gleichgültigkeit

Es gibt eine ganze Reihe (hormonähnliche?) Substanzen, die Einfluss auf das Verhalten nehmen können. Ich kann dir zwar keine konkrete nennen, die den von dir erwünschten Effekt hat, aber es gibt bestimmt welche.


Soweit dazu. Was die Charakterisierung angeht, so denke ich, dass es nicht so viel schwieriger ist, wie jeder andere Charakter auch, der halt tausende kleine Erinnerungen mit sich rumschleppt, die ihn eine unerklärliche Abneigung gegen dicke Bohnen einbringt und stattdessen in nostalgische Schwärmerei ausbrechen lässt, wenn er Pfefferminze riecht. Vorherrschend wäre vermutlich Verwirrung, die Suche nach etwas bekanntem, nach der eigenen Identität und ähnliches.


Ich kann gerade nicht mehr denken. Ich hoffe, es hat dir ein klein wenig weiter geholfen.
"Wenn du fliegen willst reicht es nicht, die Flügel auszubreiten. Du musst auch die Ketten lösen, die dich am Boden halten!"

,,NEVER loose your song! Play it. Sing it. But never stop it, because someone else is listening."

Grey

Zitat von: Winterkind am 01. Juli 2008, 13:12:23
Hirnchirurgie

Da muss ich zugeben, dass ich da meine Schwierigkeiten habe, mir das vorzustellen. Erinnerungen werden sehr komplex gespeichert. Wenn mich nicht alles täuscht, spielt das Limbische System da eine große Rolle. Ich glaube nicht, dass man einfach so falsche Erinnerungen einpflanzen kann. Eher, dass man jemanden mit Amnesie weiß macht, es wäre so. Sprich: Manipulation von außen. Du hast diese und jenes getan, soundso war das. Wenn sich jemand an nichts mehr erinnert, könnte es sein, dass er es glaubt und "abspeichert".


Also man sollte nicht vergessen, dass unser Gehirn keine kompletten Szenarien abspeichern kann, sondern nur Reize, die es mal irgendwann in Kombination erhalten hat. Es gibt kaum etwas trügerischeres als Erinnerungen. Alles an das wir uns zu erinnern meinen ist im Prinzip ein Szenario, das unser Gehirn aus den verbliebenen Informationen rekonstruiert. Schließlich haben wir keine Kamera im Kopf, die uns das Wahrgenommene punktgenau aufzeichnet, sondern nur eine gigantische Anhäufung von Zellen, die sich über elektrische und chemische Signale austauschen. Nach allem, was ich gelernt habe, ist es sehr wohl möglich, falsche Erinnerungen in ein menschliches Bewusstsein zu bringen.

Ein Fallbeispiel aus den USA:
Ein Polizist wird von seinen garstigen Stieftöchtern beschuldigt, sie als Kinder sexuell missbraucht zu haben. Zuerst leugnet er, beteuert, nichts getan zu haben. Daraufhin redet ein Pfarrer dem tiefreligiösen Mann ins Gewissen, er solle beten und noch einmal versuchen, sich zu erinnern. Vielleicht habe er es verdrängt.
Der Mann betet also und geht in sich und kramt in seinem Gedächtnis, führt sich die lebhaften Schilderungen der beiden jungen Frauen immer wieder vor Augen - und kann sich schließlich, nachdem der Pfarrer ihm mehrmals ins Gewissen redet, tatsächlich daran erinnern. Er gesteht und wird verurteilt, kommt zudem in psychatrische Behandlung.
Der Psychodoktor aber findet das alles recht merkwürdig und befragt den Mann noch einmal. Doch der ist mittlerweile überzeugt davon, die Tat begangen zu haben und fühlt sich ganz fürchterlich. Nur der Psychater kann das noch nicht glauben. Also denkt er sich einen weiteren Fall aus, eines kleinen Mädchens, das eben jener Polizist ebenfalls vergewaltigt haben soll, und befragt den Mann danach. Natürlich kann der sich nicht daran erinnern. Also wird der Pfarrer gerufen, und das Spiel beginnt von vorn. Der Mann betet, geht in sich und erinnert sich schließlich daran, das Mädchen vergewaltigt zu haben - das Mädchen, das überhaupt niemals existiert hat!
Von dem Missbrauch seiner Stieftöchter wird er aber trotzdem nicht freigesprochen ...

Was ich damit sagen will: Unterschätzt nicht die Auto- und Fremdsuggestion! Traut eurem Hirn nicht, es ist gewohnt, spärliche Informationen so zu interpretieren, wie es vermutlich am meisten Sinn macht.

Ein sehr gutes Allgemeinwerk zum Thema Gehirn und allem was dazugehört ist übrigens "Neurowissenschaften" von Kandel und Schwartz. Gibts auf deutsch und englisch, kostet allerdings auch eine Stange Geld ... :gähn:
Leichter zu lesen und spezifisch aufs Gedächtnis bezogen sind die Bücher von Daniel L. Schacter, nur steht da wenig zur Neuroanatomie ...

Ja. Mir fallen später bestimmt noch mehr Bücher ein, aber ich habs grad nicht im Kopf ...

cybo

Das hat mir Alles sehr geholfen, ich möchte an dieser Stelle kurz mein Plot-Problem schildern, welches die seltsamen Fragen überhaupt aufgeworfen hat bzw. in welchem erzähltechnsichen Dilemma ich mich befinde  :40°C::

Wie ja bestimmt ersichtlich ist findet um den Prota heraum eine Verschwörung statt (ja ich weiss: gewisse Parallelen zu "Matrix" lassen sich in diesem Punkt nicht leugnen - siehe auch mein "cybo stellt sich vor"-Topic).
Ich war/bin auf der Suche nach einem eleganten Einstieg und wollte vermeiden, dass eben einfach jemand an der Tür klopft, verkündet "Du bist der Auserwählte" und ihm dann erklärt warum Alles so ist wie es ist und was es mit der Verschwörunf auf sich hat.
Mit Amnesie könnte das meiner Ansicht nach in der Form geschehen, dass der Prota sich nach und nach wieder daran erinnert früher bereits hinter dieser Verschwörung her gewesen zu sein oder, dass ihn eine Gruppierung von Charakteren (die ebenfalls um die Verschwörung wissen) ihn darüber aufklären was vor seiner Amnesie geschah.
Ähnlich hätte es mit den "falschen Erinnerungen" funktionieren sollen, auch in diesem Fall hätte sich der Schleier der Unwisseheit begleitet von einem Vorgang inneren Konfliktes was nun real ist nach und nach lüften können.
Was mir an der Amnesie-Version nicht ganz gefällt und darauf hat mich der Kommentar von Winterkind nochmal speziell hingewiesen, ist dass sich der Anfang seinen Schwerpunkt absolut in der Beschreibung der Verwirrtheit, Orientierungslosigkeit, Suche nach Bekanntem haben müsste was nicht optimal wäre, da am Anfang wohl möglichst die Beschreibung der Endzeit-Welt und Ausarbeitung des Charakters dominieren sollte, da der Leser ja erst in die "Zukunftswelt" eingeführt werden muss.
Weiss eventuell jemand einen Kunstgriff, wie das von mir gewollte eventuell mit anderen Mitteln erreichen kann, falls das hier jetzt nicht zu weit führt... :hmmm:

Aidan

#6
Nun, ich meine, wenn er seine Welt neu entdecken muss, kann er doch "nebenher" und unwissentlich den Leser auch mit dieser Welt vertraut machen. Lass ihn einen Blick auf einen Kalender werfen, dann hat man gleich eine Vorstellung von Jahr und Monat. Dann versucht er eine Tür zu öffnen und muss erstmal wieder austüfteln, dass man dazu Knöpfe in einer bestimmten Reihenfolge drücken muss oder sonst irgendetwas. Gerade ein Charakter, der sich nicht auskennt, kann dem Leser seine Welt zeigen, indem er sie für sich erforscht. Ohne eine pure Beschreibung, die nur für den Leser geeignet ist.

Wenn dir die Manipulation durch die Medizin wichtig sein sollte, so kann er ja auch in einer Art Krankentrakt aufwachen. Und mit der Zeit wird klar, dass irgendetwas an ihm "gedreht" wurde. Dann erfährt der Leser auch gleich, dass es ein Regime gibt, was seine Bevölkerung manipuliert und mit ihr experimentiert.

Du könntest auch aus einer zweiten Perspektive zusätzlich schreiben, zum Beispiel dem Antagonisten, einem der Verschwörer oder wie auch immer, oder jemanden, der die Kuppeln von außen sieht. Eventuell auch als Einführung, wie eine Art Prolog, oder ähnliches, wobei ich zugeben muss, dass ich Prologe nur bedingt mag. Wenn nicht notwendig lasse ich sie lieber weg. Aber wenn du als Erzählperspektive den allwissenden Erzähler nimmst, kannst du ja eh von unterschiedlichen Orten berichten, auch wenn dein Prota nicht dort ist.

Vielleicht so als Anregung. (Und hoffentlich nicht zu sehr an Matrix angelehnt, die habe ich nicht gesehen. Nur von gehört.)
"Wenn du fliegen willst reicht es nicht, die Flügel auszubreiten. Du musst auch die Ketten lösen, die dich am Boden halten!"

,,NEVER loose your song! Play it. Sing it. But never stop it, because someone else is listening."

cybo

Danke  :prost:. Hab Dir ja in meinem Vorstellungstopic berieits kundgetan, dass ich mich über Deine Anregungen sehr freue. Erstens weil diese wirklich gut sind und Zweitens weil es mir geholfen hat mein festgefahrenes Bild nochmals zu überdenken.
Ich weiss nicht ob von euch jemand das Problem kennt, wenn man die Romanidee lange spazierenträgt und sich denkt der Prota muss in seinem Appartmentzimmer nach einer Amnesie aufwachen (nur zum Beispiel) und sämtlichen anderen Möglichkeiten nicht genug Beachtung schenkt.
Ich habe gestern beim Joggen (und anstatt zu schlafen  :gähn:) alle möglichen Szenarien durchgedacht, da ich ein möglichst stimmiges Konzept haben will bevor ich anfange mein Erstlingswerk zu beginnen.
Warum genau ich vielleicht von der Amnesiethematik abweiche ist weil ich Schreibanfänger bin. In sämtlichen Büchern, die ich zu dem Thema studiert habe (3 in den letzten 3 Wochen) wird einem eingetrichtert die Umgebung mit allen Sinnen zu zeigen. Wenn ich die Chance habe gewisse Gerüche etc... mit Erinnerungen und Sehnsüchten an die "Welt wie sie einmal war" zu beschreiben hätte ich speziell als Anfänger vielleicht eine Möglichkeit einen Kontrast zu zeichnen. Außerdem könnte der Prota immer wieder vertraute Dinge finden, was angeblich wichtig sein soll wenn sich der Leser mit einer Welt die er gar nicht kennt (Raumstation, Zukunft etc...) konfrontiert wird.
Der von Dir beschriebene Weg die Welt langsam zu entdecken wäre mir ehrlcih gesagt auch lieber, aber ich fürchte noch nicht genug Erfarung zu haben für so etwas "Gewagtes". Das mit der zweiten Perspektive werde ich sicher einbauen (also eine ausfühliche Danksagung ist Die bereits sicher  ;)).
Die Alternative wie der Prota bemerkt, dass etwas "gedreht" wurde (wie Du so schön sagst) wäre, dass dieser sich selbst die Hinweise darauf gibt.
Der Prota ist ein Neurotiker, Hypochonder und fühlt sich ständig bedroht. Die Hinweise auf die Verschwörung streut er sich selbst, wobei der Leser dies Anfangs nicht weiss und von "Fremdhinweisgebung" ausgeht. In seiner Verwirrtheit trifft der Prota aber genau den "Nerv" der Sache und kommt dem Regime nach und nach auf die Spur.
Während der Geschichte könnten bereits Hinweise verteilt sein die darauf hindeuten, dass er der eigentliche Hinweisgeber ist oder die "Hinweise" nur eben für seine Ansichten auslegt. :hmmm:
Ganz banales Beispiel:
Eines Tages hängt ein Zettel mit einem Hinweis am Fenster des Prota. Die allmorgendlich offene Balkontür gibt einen ersten Hinweis, dass er es selbst war. (Gut ist jetzt mal bloss ein erster Ansatz in diese Richtung).

Jetzt habe ich noch ein ganz anderes Problem:
Das Thema ist ja jetzt ein Bisschen verrutscht weil ich es ja urprünglich "Medizinisches" genannt habe. Da sich meine Wege in meinen ersten 8 Postings jetzt schon 3 Mal mit der Moni gekreuzt haben (jedes Mal in der Form, dass sie unnötige Arbeit mit mir hatte - wenn Du das liest: Sorry) muss ich Etwas unbeholfen fragen, was man in so einem Fall macht. Beziehungsweise ob es eine Rubrik für Plot-Ideen gibt in welcher man sich anhören kann wie die Resonanzen der Anderen sind, ob man in so einem Fall dieses Thema dann lässt und ein Anderes anfängt oder ob es gar nicht vorgesehen ist über Plot-Ideen zu diskutieren. Ich Frage jetzt einfach mal so unbeholfen weil ich nicht schon wieder was falsch machen will.

Silabaron

#8
Hallo cybo,

Vielleicht hilft Dir beim Recherchieren auch das Buch "Die geheimnisvolle Flamme der Königin Loana" von Umberto Eco weiter. Da verliert der Protagonist ebenfalls seine Erinnerungen. Ich kenne es nicht, soll aber recht gut sein.

Viele Grüße,

Dieter.

FeeamPC

Ich geh nur mal kurz auf den letzten Teil Deiner Frage ein, die Gleichgültigkeit. Valium und alle damit verwandten chemischen Stoffe haben nicht umsonst in der Medizin ihren Platz als "Scheißegal-"Pillen. Der Stoff kann über Nahrung und Getränke jederzeit appliziert werden und bleibt lange genug im Körper, daß jemand auch mal eine Mahlzeit ausfallen lassen könnte und trotzdem weiter unter Drogen steht. Unter Einfluß dieser Stoffe, kann man zwar noch denken, findet aber seine eigenen Denkergebnisse, milde gesagt, uninteressant, bzw. wird träge, antriebslos, zeigt gedämpfte Emotionen, langsamere Reaktionen (geistig wie körperlich), und wird bei längerem Gebrauch deutlich abhängig (allerdings eher psychisch als körperlich). Zusätzlich gibt es einen Gewöhnungseffekt, der eine Dosisteigerung notwendig macht. Das könntest Du natürlich umgehen, indem Du so eine Art "Super-Valium" erfindest. Suva, die neue, bekömmliche, staatserhaltende Droge für den ultimativen sozialen Frieden!

cybo

ZitatSuva, die neue, bekömmliche, staatserhaltende Droge für den ultimativen sozialen Frieden!

Das hört sich gut, an dass würde ich vielleicht so übernehmen ;D

Was das mit der Teilamnesie betrifft habe ich GHB gefunden, was bei Überdosierung eine Art Teilamnesie (man weiss nicht mehr was in den letzten 12 Stunden war - an das was davor war kann man sich noch erinnern) hervorrufen kann  :buch:.

http://de.wikipedia.org/wiki/4-Hydroxybutans%C3%A4ure



Grey

Das erinnert mich ein bisschen an den Film "Equilibrium" mit Christian Bale. Sehr empfehlenswert übrigens. Dort ist es allerdings so geregelt, dass die Leute sich dieses Mittel jeden Tag selbst spritzen müssen. Und natürlich liegt in dieser fahrlässigen Methode der Fehler, der den Plot zum Laufen bringt ... ;)