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Romantasy vs. Fantasy #rettetdiefantasy

Begonnen von Mondfräulein, 12. Dezember 2024, 14:56:54

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Mondfräulein

Aktuell wird in der deutschen Fantasy-Bubble viel über Romantasy vs. Fantasy diskutiert. Romantasy verkauft sich im Moment gut, aber von vielen Verlagen und Agenturen kommt die Aussage, dass man es mit Fantasy, die sich nicht als Romantasy vermarkten lässt, gar nicht erst versuchen muss. Unter dem schon etwas provokanten Hashtag #rettetdiefantasy wird auf der anderen Seite für mehr Fantasy geworben, die ohne Romance-Hauptplot auskommt. Also Fantasy die mehr ist, als nur eine Liebesgeschichte mit etwas Magie, oder? Fantasy mit tollem Weltenbau, in der die Figuren richtige Entwicklungen durchmachen und thematisch mehr los ist als Schmachten und Sexszenen. Fantasy, die sich endlich wieder Fantasy nennen darf.

Nur das kann Romantasy ja auch. Viele hier im Forum schreiben Romantasy, ich auch, und lieben das Genre. Ich will hier nicht darüber diskutieren, ob Romantasy auch tiefgründig und gut geschrieben sein kann, denn das setze ich jetzt einfach mal voraus. Manche Romantasybücher sind tiefgründige Meisterwerke und manche sind richtig mies, genauso wie manche Fantasybücher ohne Romance tiefgründige Meisterwerke sind und manche richtig mies. Egal ob ihr Romantasy gerne lest oder nicht, Respekt vor dem Genre ist für diese Diskussion finde ich nötig. Wir können gerne über das Marketing von Büchern diskutieren, aber wir sollten nicht argumentieren, dass ein Genre grundsätzlich schlechter und weniger wert ist als ein anderes.

Die Wahl des Hashtags hat auch schon einiges an Kritik nach sich gezogen, die auch schon wahrgenommen und angenommen wurde. Aber auch wenn von Seiten der Organisator*innen des Hashtags ein Grundrespekt für Romantasy vorhanden ist, wird an anderer Stelle genauso über Romantasy gesprochen, wie ich es oben formuliert habe. Was ich auch beobachte, ist dass Romantasy und High Fantasy gegenübergestellt werden, obwohl High Fantasy doch auch Romantasy sein kann. Ich will nicht darüber diskutieren, ob diese Kritik nun wahr ist, sondern will für diese Diskussion voraussetzen, dass Romantasy genauso gut oder schlecht sein kann wie jede andere Fantasy.

Worüber ich aber reden möchte, ist warum die Diskussion gerade so geführt wird, wie sie geführt wird. Warum wird Romantasy oft so abgewertet? Warum entsteht hier überhaupt dieses entweder/oder, wenn Romantasy doch auch Fantasy ist? Warum wird Romantasy oft nicht als Teil von richtiger Fantasy angesehen? Wenn Romantasy gerade super läuft, geht das zu Lasten von anderer Fantasy? Meinem Empfinden nach war es immer schwierig, Fantasy zu verkaufen, ist das wirklich noch schwieriger geworden? Kann der Romantasy-Trend vielleicht auch hilfreich für alle Arten von Fantasy sein? Und was machen wir nun mit dieser Entwicklung? Kann aus der hier entstandenen Kluft vielleicht auch wieder eine Brücke werden?

Hier nochmal zwei der ursprünglichen Instagram-Beiträge zum Thema: Beitrag 1, Beitrag 2

Dreiteilige Artikelserie zu "Was ist mit der epischen Fantasy los?" auf Tor-Online: Teil 1, Teil 2, Teil 3

Yamuri

#1
Vielleicht kommt das mit der Abwertung von Romance daher, dass im europäisch-westlichen Raum gefühlt ein sehr starker Fokus auf voyeuristischer Körperlichkeit liegt. Vielleicht sehe ich, als asexueller Mensch, das auch aus einer speziellen Perspektive. Das weiß ich nicht. Aber ich habe schon in meiner Jugend das Gefühl gehabt, dass in westlichen Medien, sobald es um Romance geht eine übertriebene Sexualisierung des Körpers auftritt und eine zur Schaustellung körperlicher Liebe, als würde Liebe mit Sex gleichgesetzt. Mich persönlich hat das immer unangenehm berührt. Ich möchte es nicht so aufgedrängt bekommen, denn es wirkt auf mich leider meist aufdringlich und übertrieben.

Seit ich chinesische, koreanische und japanische Serien schaue, kann ich interessanterweise Romance sehen und mag es. Ich habe sogar ein paar reine Romance-Komödien, die ich sehr mag. Der Unterschied - es fehlt in diesen Serien dieser übertriebene Fokus auf körperliche Nähe. Ja, auch da gibt es die ab und an, aber nicht gefühlt andauernd und ständig. Es wird der Fokus darauf gelegt, wie Menschen miteinander umgehen. Liebe wird gezeigt durch das Verhalten einander gegenüber und weniger durch Sex und Küssen oder ständige verbale Liebesbekundungen.

An chinesischer Fantasy sehe ich, dass Fantasy + Romance durchaus gut funktionieren kann. Ja, auch da gibt es Tropes, derer man auf Dauer überdrüssig werden kann. Aber vielleicht wäre die Brücke zwischen High Fantasy und Romance, sich von chinesischer Fantasy inspirieren zu lassen.

Ich denke aber auch immer noch, dass sich alles gut verkaufen kann, wenn man weiß wie man es bewirbt. Kennst du das Märchen "Des Kaisers neue Kleider"? In dem Märchen wurde dem Kaiser Nichts als Kleidung verkauft. Daher bin ich der Ansicht es liegt nicht daran, dass sich Fantasy schlechter verkaufen ließe ohne Romance - sondern daran, dass das falsche Marketing dafür eingesetzt wird. Mit dem richtigen Marketing lässt sich meiner Meinung nach alles gleich gut verkaufen. Die Frage ist also, was wäre für Fantasy ohne Romance das richtige Marketing um Hypes auszulösen und Menschen zu begeistern?

"Every great dream begins with a dreamer. Always remember, you have within you the strength, the patience, and the passion to reach for the stars to change the world."
- Harriet Tubman

Christopher

Ich kenn mich in dem Genre nicht so richtig aus, kenne da also nicht die genauen Abgrenzungen. Wovon genau reden wir denn? Ist etwas schon Romantasy, wenn es einen LI, also Romance-Anteil, gibt? Oder muss es schon im Hauptplot um die Romantik gehen, der Hauptkonflikt also einer romantischer Art sein?
Oder werden Romane, die zwar eigentlich einen Fantasy-Hauptkonflikt, dabei aber eine Liebesgeschichte als Nebenplot haben, auch schon als "Romantasy" eingestuft?
Be brave, dont tryhard.

Franziska

#3
Eigentlich bezog sich die Aktion so viel ich weiß auf diese Artikel
Die finde ich auch sehr interessant. Ich stimme dir bei allem zu. Ich hab irgendwie das Gefühl bei der Diskussion haben alle aneinander vorbei geredet. Es gibt komplexe und weniger komplexe Welten in Romantasy und beides hat seine Leser. Warum einige Romance generell abwerten ist denke ich klar, das ist ja auch schon lange so. Viele kennen vielleicht auch nur wenige Hype Bücher. Es ist nunmal so, dass sich bestimmte Tropes besonders gut verkaufen. Und ich denke gerade kaufen das viele, die sonst eher Romance lesen und weniger High Fantasy (edit: ich meinte neue Leser des Genre, gibt natürlich Ausnahmen). Einige Blogger kritisieren aber auch zu wenig Weltenbau bei einigen Büchern. Gleichzeitig verstehe ich aber auch nicht warum dann die veröffentlichte HF auch nicht gekauft wird. Es gibt ja noch welche... Beispiel in den Artikeln zu den unbeendeten Reihen, da hatte ich jetzt auch einige, kaufe ich dann eben auch nicht mehr auf Deutsch. Das ist ein Teufelskreis.

Ich sehe ein Problem in Deutschland, es wird irgendwie nicht zwischen Romantasy (Fokus auf Romance) und Fantasy Romance (Fantasy mit Romance) unterschieden im Marketing.
Ich sehe da im englischen Raum auch die Unterscheidung: gibt es ohne die Romance noch einen Plot. Das ist aber auch nicht immer eindeutig.

Sunflower

#4
Danke für den Thread, ich verfolge die Diskussion auf Insta auch, aber da nur passiv, weil mir das alles zu anstrengend ist. Aber hier versuche ich jetzt doch mal ein paar Gedanken aufzuschreiben, weil ich Romantasy auch selbst schreibe und eigentlich sowohl beim Schreiben als auch Lesen echt Spaß habe.  :vibes:

Zitat von: Mondfräulein am 12. Dezember 2024, 14:56:54Warum wird Romantasy oft so abgewertet? Warum entsteht hier überhaupt dieses entweder/oder, wenn Romantasy doch auch Fantasy ist? Warum wird Romantasy oft nicht als Teil von richtiger Fantasy angesehen?
Ich fürchte, die Antwort darauf ist zumindest zum Großteil Misogynie. Romantasy wird oft von Frauen für Frauen geschrieben und realistische Liebesromane werden gegenüber anderer Belletristik ja auch gern mal abgewertet. Sobald romantische Liebe drin ist, halten es viele für trivial, was natürlich überhaupt nicht stimmt. Hast du ja schon gut aufgeschlüsselt. In der Romantasy gibt es viel Quatsch wie in jedem anderen Genre, aber genauso auch echt schöne, tiefsinnige, berührende Bücher (wie in jedem anderen Genre  :P ).

Aus dem Grund fand ich den Hashtag #rettetdiefantasy auch super problematisch. Ich weiß schon, dass die Initatior*innen das nicht so gemeint haben, aber es ist halt wieder das alte Lied. Da ist Romance drin, also ist es keine "richtige" Fantasy. Dabei kann Romantasy natürlich auch High Fantasy sein, mit aufwändigem Weltenbau, komplexen Figuren und politischen Intrigen.  ::)
Edit: Andere Diskussion, aber als Urban-Fantasy-Fan und Schreiberin würde ich auch jederzeit den Punkt machen, dass es sogar dann noch "richtige" Fantasy ist, wenn es Urban ist und nicht in einer anderen Welt usw. spielt :P

Was ich beobachte: Seit Jahren werden die Fantasy-Abteilungen in Buchhandlungen wieder größer, wieder zentraler. Meine Dorfbücherei hat mittlerweile ein ganzes großes Regal für Fantasy und nochmal eins für Scifi. Als ich hierhergezogen bin vor vier Jahren, haben die beiden sich noch eins geteilt. Ich glaube schon, dass Fantasy wieder beliebter wird. Es sah echt schon mal schlechter aus für das Genre. Und ja, bestimmt steckt da zu einem großen Teil der Trend Romantasy dahinter, aber zumindest ich freue mich, dass das Genre an Popularität gewinnt. Ich höre in meinem Umfeld von Menschen, die seit Jahren gar nicht mehr oder kaum gelesen haben und jetzt über Bücher wie Fourth Wing wieder ins Lesen als Hobby eingestiegen sind. Das ist - erstmal - doch eine total schöne Nachricht. Finde ich.

Gleichzeitig verstehe ich den Frust, wenn Romane abgelehnt werden, weil keine Liebesgeschichte drin ist oder zu wenig. Dass das ätzend und nervig ist, müssen wir wahrscheinlich nicht diskutieren  :)

@Christopher: Romantasy hat meiner Auffassung nach eine zentrale Liebesgeschichte, an der auch die Haupt-Plotpoints aufgebaut sind. Liebesgeschichte als Nebenplot reicht nach meiner Definition nicht aus. Aber da dürfen mich andere gern korrigieren  :hmmm:
"Why make anything if you don't believe it could be great?"
- Gabrielle Zevin: Tomorrow, and tomorrow, and tomorrow

Mondfräulein

Zitat von: Sunflower am 12. Dezember 2024, 17:34:31Ich höre in meinem Umfeld von Menschen, die seit Jahren gar nicht mehr oder kaum gelesen haben und jetzt über Bücher wie Fourth Wing wieder ins Lesen als Hobby eingestiegen sind. Das ist - erstmal - doch eine total schöne Nachricht. Finde ich.

Das beobachte ich auch. Ich höre immer wieder, dass Lesende durch Bücher wie Fourth Wing oder ACOTAR wieder zum Lesen und auch zur Fantasy gekommen sind. Gerade diese beiden Bücher werden oft als Fantasy-Einsteigerwerke beschrieben. Das ist auch der Grund, warum ich mich frage, ob Romantasy nicht auch eine Chance für Fantasy allgemein sein kann. Bei mir persönlich war es so, dass ich jahrelang viel Abstand zu High Fantasy gehalten habe, weil ich das als sehr männerdominiertes Genre wahrgenommen habe, in dem nicht die Art von Geschichten erzählt werden, die ich persönlich mag. Insofern haben viele, die eher diese Art von "Männer-Fantasy" lesen, vielleicht das Gefühl, dass ihr Genre unterwandert wird, weil High Fantasy jetzt auch Bücher wie ACOTAR umfasst? Obwohl das ja auch den Effekt haben kann, dass sich diese Lesenden von Romance-dominierten Büchern wie ACOTAR wegbewegen und auch nach Büchern mit einem höheren Plot-Fokus greifen.

Den Respekt vor Romantasy vermisse ich zum Beispiel gerade in der Diskussion um Fourth Wing. Das ist nun einmal ein Buch, das ich lese, wenn ich Lust auf eine Liebesgeschichte habe, und an dem ich nicht viel Spaß haben werde, wenn ich keine Lust auf eine Liebesgeschichte habe. Alternativ wird dann aber oft jedes andere Buch mit Drachen empfohlen, von Ursula Le Guin bis zu John Gwynne, die hätten zwar keine Liebesgeschichten, aber dafür tolle Freundschaften. Aber das zeigt mir meiner Meinung nach, dass da jemand das Genre ganz grundsätzlich nicht verstanden hat und die Lust auf Liebesgeschichten nicht respektiert. Da geht es dann nicht mehr darum, einfach ein Buch zu empfehlen, das man besser findet, sondern Lesende von Romantasy abzubringen und ihnen ein anderes Subgenre aufzuzwingen, das sie vielleicht gar nicht lesen wollen. Ebenso verstehe ich viel Kritik an Fourth Wing, auch wenn ich das Buch persönlich mochte. Aber es gibt einen Unterschied, ob man das Buch nicht mag, weil man den Weltenbau nicht gut fand, oder ob man es nicht mag, weil man keine Romantasy mag und zu viel geknutscht wurde.

Insofern frage ich mich, ob es hier nicht auch darum geht, dass viele eine zu enge Idee von Fantasy haben. Romantasy ist im Moment so populär wie noch nie und das verändert gerade vielleicht auch, was man allgemein unter Fantasyliteratur versteht. Viele Subgenres fanden lange nur in ihrer eigenen Nische statt, aber zu den populärsten Fantasybüchern zählen jetzt auch die von Rebecca Yarros und Sarah J. Maas. Unter High Fantasy fallen aber sowohl Sarah J. Maas als auch George R.R. Martin und Romantasy gewinnt immer Einfluss außerhalb seiner eigenen Nische. Es gibt nicht mehr nur einfach die High Fantasy sondern auch hier verschiedene Subgenres, die sehr unterschiedliche Dinge wollen und sich nicht miteinander vergleichen lassen. Vielleicht fällt gerade das einigen schwer. Vielleicht werten sie Romantasy auch deshalb ab, weil sie denselben Maßstab an das Genre legen, den sie für "Männer-Fantasy" benutzen.

Zitat von: Christopher am 12. Dezember 2024, 15:19:34Ich kenn mich in dem Genre nicht so richtig aus, kenne da also nicht die genauen Abgrenzungen. Wovon genau reden wir denn? Ist etwas schon Romantasy, wenn es einen LI, also Romance-Anteil, gibt? Oder muss es schon im Hauptplot um die Romantik gehen, der Hauptkonflikt also einer romantischer Art sein?
Oder werden Romane, die zwar eigentlich einen Fantasy-Hauptkonflikt, dabei aber eine Liebesgeschichte als Nebenplot haben, auch schon als "Romantasy" eingestuft?

Ganz ehrlich, da bin ich gerade auch nicht mehr sicher. Ich habe das Gefühl, dass Fantasy-Bücher mit Liebesgeschichte und Plot teilweise auch als Romantasy vermarktet werden, einfach weil man so mehr Bücher verkauft. Wenn es den Lesenden gefällt, dann ist das ja auch nichts Schlechtes, denn vielleicht greifen die dann auch zu anderen Fantasy-Büchern, die nicht unter Romantasy fallen. Aber es macht die Abgrenzung schwieriger.

Es gibt auf der einen Seite Bücher, die eher wirklich nur klassische Romance mit einem Fantasy-Twist sind, zum Beispiel so etwas wie A Witch's Guide to Fake Dating a Demon von Sarah Hawley. Wirklich eins zu eins ein Romance-Plot, die Fantasy-Elemente sind eher Dekoration bzw. sorgen für Twists im Romance-Hauptplot. Dann gibt es aber auch Bücher wie ACOTAR. Das ist High Fantasy mit eigener Fantasy-Welt, es gibt einen Fantasy-Plot, aber teilweise verbiegt sich der arg, um für romantische Momente für die Pärchen zu sorgen. Es gibt einen Plot über die Liebesgeschichte hinaus, auch wenn beides sehr eng miteinander verwoben ist und die Liebesgeschichte die Handlung stark beeinflusst, aber ohne die Romance würde niemand das Buch lesen. Bei Fourth Wing würde sich der Plot wahrscheinlich auch anders entwickeln, wenn die Liebesgeschichte nicht da wäre, aber da wäre noch ein Plot, anders als beispielsweise bei King and Battle and Blood (da bin ich zur Hälfte durch und bisher gibt es Plot nur homöopathischen Dosen, dafür sehr viel Sex). Aber weder Fourth Wing noch ACOTAR machen meiner Meinung nach Spaß, wenn man keine Lust auf die Liebesgeschichte hat.

Insofern würde ich mich vielleicht daran orientieren, was den Reiz eines Buches ausmacht, weil das ja letztendlich auch darüber bestimmt, wem ich ein Buch empfehlen würde. Ist das Buch etwas für jemanden, der etwas mit einer tollen Liebesgeschichte lesen möchte? Wenn die Liebesgeschichte nur im Hintergrund ist und wenig Fokus bekommt, haben Romance-Fans zum Beispiel vielleicht keinen Spaß dran (obwohl das auch individuell ist, Sexszenen müssen für manche sein, für manche nicht.) Wenn ich die Liebesgeschichte nicht fühle, kann ich am Rest des Buches noch Spaß haben? Habe ich Spaß, wenn ich das Buch nur wegen der Liebesgeschichte lese? Habe ich Spaß, wenn ich das Buch nur wegen dem Plot lese? Und dabei habe ich immer mehr das Gefühl, dass das vielleicht auch ein Spektrum ist und es manchmal so klare Abgrenzungen nicht gibt? Denn manchmal lautet die Antwort auf all diese Fragen Ja. Manche Fantasybücher haben einen tollen Weltenbau, einen atemberaubenden Plot und einen Romance-Subplot, der so gut ist, dass es sich lohnt, das Buch nur deshalb in die Hand zu nehmen. Ist das schon Romantasy, wenn ich es Romantasy-Fans empfehlen würde? Oder juble ich hier Romantasy-Fans Fantasy mit Romance-Subplot unter, weil es sich so leichter vermarkten lässt?

Sunflower

Zitat von: Mondfräulein am 12. Dezember 2024, 18:27:26Insofern frage ich mich, ob es hier nicht auch darum geht, dass viele eine zu enge Idee von Fantasy haben. Romantasy ist im Moment so populär wie noch nie und das verändert gerade vielleicht auch, was man allgemein unter Fantasyliteratur versteht.
Das finde ich einen spannenden Gedanken (bzw. ich finde alle deine Gedanken spannend, aber hier fällt mir direkt was ein ;)). Fantasy als Genre ist ja sowieso ein bisschen konträr zu anderen klaren Genres wie Romance, Thriller, Krimi usw. Ich musste gerade daran denken, was Patrick Rothfuss mal auf einer Lesung gesagt hat, auf der ich vor vielen Jahren war. Er meinte, ein Fantasyroman kann eigentlich alles sein - Romance, Krimi, Abenteuerroman - aber sobald ein Drache auftaucht, ist es Fantasy.  ;D Vielleicht ist Fantasy strenggenommen eher ein Setting-Label im weitesten Sinn  :hmmm:
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- Gabrielle Zevin: Tomorrow, and tomorrow, and tomorrow

Valentina

Kann das denn irgendwer bezeugen, dass High Fantasy nicht mehr verkauft/von Verlagen angenommen wird? Weil dann muss ich vlt. auch noch ein bisschen Romance mit einstreuen :D
Das Genre verändert sich auf jeden Fall und Fantasy zeichnet sich für mich auch hauptsächlich über das Setting (Welt, Magie) aus - ansonsten kann es eben "alles".
Da gibts ein weites Spektrum an Vorlieben und es ist schön, wenn eine neue Leserschaft ins Fantasy kommt - trotzdem finde ich, dass die alte Leserschaft auch Nachschub bekommen sollte :)
"Selbst die Dunkelheit muss vergehen. Ein neuer Tag wird kommen. Und wenn die Sonne wieder scheint, wird sie umso heller strahlen." - J.R.R. Tolkien

Yamuri

@Sunflower Ich habe mal ein paar englische Bücher über Genre-Einteilungen gelesen. Zum einen von John Truby "Anatomy of Genre" und zum andren "Story Grid", was von zwei Editor:innen geschrieben wurde, deren Namen mir aber gerade entfallen sind. Besonders im Story Grid werden Genre-Arten unterschieden, im Sinne von es gibt Realitäts-Genres, Inhalts-Genres, Zeit-Genres usw. Fantasy und Sci-Fi sind Realitäts-Genres. Contemporary wäre auch diese Kategorie. Inhalts-Genres sind sowas wie Krimi, Thriller, Abenteuer usw. Die Autor:innen von Story Grid schreiben, dass jedes Buch immer aus mehreren Genres besteht, weil jedes Buch ein Realitäts-Genre hat, ein Inhalts-Genre, ein Zeit-Genre usw. Romance wäre ein Inhaltsgenre. Das Realitäts-Genre kann dann Fantasy, Contemporary, Sci-Fi sein. Ich kann dir mal meine Notizen zur Verfügung stellen, wenn du dich näher damit befassen magst. Fand' das auf jeden Fall super spannend mit den Genre-Einteilungen, auch wenn es mich noch mehr verunsichert hat, wie ich meine Bücher einordnen soll. ^^
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- Harriet Tubman

Maja

Zitat von: Valentina am 12. Dezember 2024, 20:37:22Kann das denn irgendwer bezeugen, dass High Fantasy nicht mehr verkauft/von Verlagen angenommen wird?
Ich kann das hier nicht so breittreten, wie ich das in einem internen Board tun würde, aber ich habe das von meiner Agentin. Verschiedene Verlage haben auf der Buchmesse Projekte von mir abgewunken und gar nicht erst die Leseprobe haben wollen, weil sie derzeit nur Romantasy suchen. Meine Agentin ist hartnäckig und versucht es trotzdem, aber es ist wirklich schwer. Das letzte Projekt, das wir angeboten haben, wollten nur zwei Verlage überhaupt prüfen, und einer davon hat mir gerade abgesagt, nicht mit dem Argument "Romantasy", aber weil das Buch letztlich nicht überzeugen konnte.

Ein bisschen Romance einstreuen ist immer nett, aber ich denke nicht, dass es ein Buch dann gleich zu einer Romantasy macht. Ich habe in besagtem Buch eine Liebesgeschichte (zusätzlich zu einer anderen, von Missbrauch geprägten Beziehung), die zieht sich auch durch das ganze Buch, nur sehe ich damit trotzdem die Voraussetzungen nicht gegeben, das Buch als Romantasy anzubieten - andere Themenkomplexe stehen im Mittelpunkt, die Liebe läuft nett nebenher, ist aber nie wirklich im Zentrum. Romantasyleser:innen würden mir da Etikettenschwindel vorwerfen (vor allem, weil die Liebenden nahezu das ganze Buch über in zwei verschiedneen Welten leben und sich erst ganz am Schluss wiederfinden).

Wobei ich in diesem Jahr viele Bücher gelesen habe, die auf dem Papier Romantasy waren, nur um sich dann doch primär um andere Dinge zu drehen. Das ist mir ganz lieb, ich mag zwar über die Liebe lesen, aber ich habe eigentlich nie Lust auf ein Buch, wo die Liebe ganz zentral im Mittelpunkt steht. Aber was ich gelesen habe, hatte tollen Weltenbau, hatte alles, was eine schöne Fantasygeschichte für mich braucht, und dann nehme ich auch die Liebesgeschichte gerne mit.

Ich sehe das aber auch so, dass die ganze Diskussion von Misogynie geprägt ist. Da wird systematisch ein Genre als "Frauenliteratur" kleingeredet, als ob es etwas Ehrenrühriges ist, wenn ein Publikum mehrheitlich weiblich (gelesen) ist. Was ist Männerfantasy, auf der anderen Seite? Grunzende Barbaren, die sich muskelbepakt durch ihre Feinde schnetzlen? Ist das höhere Literatur? Will ich das lieber lesen? Nein. Das ist nicht die Fantasy, nach der ich suche, und nicht das, was ich schreiben will. Aber Fantasy von Männern wird nicht in dem Maße attackiert als die überwiegend von Autorinnen geschriebene Romantasy.

Wer den Hashtag in Umlauf gebracht und die Diskussion vom Zau ngebrochen hat, hat in meinen Augen dem Fanrasy-Genre einen echten Bärendienst getan. Von außen wird nämlich auf das ganze Genre runtergeschaut, und das unverändert seit Jahrzehnten, egal welche Fantasy-Spielart gerade vorherrscht. Und statt dass dann die Fantasyautor:innen und Leser:ínnen an eimem Strang ziehen, gibt es plötzlich Grabenkämpfe, das große "Wir gegen die", und auf einmal fängt die Szene an, sich unterienander zu bashen.

Ich denke, es gibt Platz für mehr als nur Romantasy. Aber das soll nicht auf Kosten der Romantasy gehen, nicht auf die deren Leser:innen oder Autor:innen. Was ich mir wünsche, ist mehr Mut von Verlagen - Mut, den man auch als Autorin zu spüren bekommt, denn wenn ich mich umschaue auf dem deutschen Buchmarkt, lässt man männliche Autoren durchaus Fantasy ohne Romantikschwerpunkt veröffentlichen. Daher meine Frage in die Runde: Hat hier schon mal ein männlicher Autor die Aussage "wir suchen zur Zeit nur Romantasy" zu hören bekommen? Oder wird die immer nur ausgepackt, wenn ein weiblich gelesener Name auf dem Titelblatt steht?

Ich hatte meine Chance ja. Ich habe eine Nicht-Romantasy-Trilogie veröffentlichen dürfen. Sie ist katastropahl gefloppt. Nicht, weil sie keine Romantik hatte - aber weil sie nicht episch genug war, keinen großen Schlachten hatte und einen eher verhaltenen Weltenbau (kann ich inzwisch auch besser). Aber deswegen darf ich mich jetzt nicht zu sehr beschweren, dass meine Fantasy kein Verlag haben will. Und ein bisschen gebe ich mir die Schuld an der aktuellen Misere (es war wirklich ein großer Flop und hat mir die Türen verbaut in dem Verlag, der eben nicht nur auf Romantasy setzt).

Aber heißt das jetzt, wenn ihr keine Romantasy schreibt, braucht ihr es gar nicht erst zu versuchen? Bloß fas nicht! Zeigt den Verlagen, wie vielseitig Fantasy sein kann. Es mag gerade schwer sein. Wagen wir es trotzdem.


EDIT
Mit Yamuri überschnitten.
Niemand hantiert gern ungesichert mit kritischen Massen.
Robert Gernhardt

Franziska

#10
Also nach dem Artikel, der die Diskussion ja ursprünglich ausgelöst hat, verkauft sich HF gerade generell nicht, oder? Weiß die Details jetzt nicht mehr genau, aber man sieht es ja auch in den Buchhandlungen. Das einzige aktuelle was mir einfällt ist Wyrdwood und das ist nicht bei einem der ganz großen Verlage erschienen, die früher HF veröffentlicht haben. Neulich hab ich auch einen Podcast gehört wo es darum ging, dass die progressive Phantastik in Deutschland sich leider nicht so gut verkauft hat.

Anj

#11
Ich kenne die Diskussion nicht auf die ihr anspielt, aber könnte es nicht auch sein, dass die aktuelle Zeit dazu führt, dass die Leute weniger Schlachten, bedrohte Welten usw. lesen wollen, weil das zu nah an realen Ängsten ist? Ich kann gerade auch einige Tropes nicht lesen (auch aus ganz privaten Gründen, nicht nur aufgrund der Weltlage). Romantasy ist mit Happy End, spricht offenbar stabile Sehnsüchte an und bedient mit dem Gefährtenbund-Trope (der meinem Gefühl nach sehr verbreitet ist) auch ein Sicherheitsbedürfnis. Und es gibt auch im RL Liebesgeschichten. Vielleicht nicht ganz so Hollywood-Love-mäßig, aber doch viel eher als die Abenteuer in High-Fantasy.
High-Fantasy hat zwar auch oft ein Happy End für den Helden, aber die "Gefahr" von unangenehmen Themen ist höher. Zumindest von außen betrachtet. Und diese Vorannahmen reichen ja schon, um Lesegewohnheiten zu entwickeln und zu stabilisieren.
Dazu kommt ggf. ein Marketingaspekt, der ungünstig ist.

Ich habe auch immer schon eher enge Nischen gern gelesen und wenns da grad nix mehr gab, wurde sie ausgeweitet. Also klar kann Romantasy ein Einstieg in High-Fantasy sein. Aber vermutlich weniger als andersherum, weil es an Romance mehr Auswahl zu geben scheint und ich glaube, dass der Wunsch, der bei Romance die Lesenden antreibt leider auch einfacher mit generischen Plots erreichbar ist und sowohl von Vielleser*innen gelesen wird als auch von Urlaubsleser*innen. Also einer größeren Zielgruppe.
Und schlechte Qualität wird eher toleriert. Zumindest sehe ich das bei mir, wenn ich bei Romantasy lande. Wenn die Lovestory zieht, ist ein platter Rest kein Grund es abzubrechen. Ich les dann von Autor*in vielleicht nichts weiteres, aber ich breche auch nicht enttäuscht ab. Und wenn doch warten gleich 1000 andere Bücher im Genre.
(und wer was als platt empfindet, ist auch nicht immer gleich)
Also gibt's keinen Grund für große negative Emotionen. Das ist bei Fabtasy vielleicht auch anders? Ich bin dieselbe Lesende, aber auch ich setze unterschiedliche Maßstäbe an verschiedene Genres, einfach weil unterschiedliche Bedürfnisse dahinterstehen, die leichter oder schwerer zu erfüllen sind.

Kurz gesagt, ich glaube es ist multifaktoriell bedingt ob ein Genre läuft und ein Genre gegenüber einem Anderen abzuwerten ist meiner Ansicht nach schlicht bullshit.
Wenn Fantasyautor*innen es nötig haben Romantasy abzuwerten, sagt das mehr über diese Autor*innen aus als über Romantasy.
(Und ja vermutlich spielt auch immer noch eine Rolle, dass maskuline Qualitäten als wertvoller/adäquater erachtet werden, als feminine. Ist halt auch sicherer, als sich der Bewertung auszusetzen, dass man anders tickt. Eine Person die harte Fantasy mag gilt eher als cool, als eine Person, die auf Gefühle und Romantasy steht. Und wenn die Person ein Mann ist, irritiert zweiteres halt noch mehr.

War jetzt vermutlich nur semihilfreich, aber ich denke (High-)Fantasy müsste sich vielleicht mehr mit einer eigenen Zielgruppenanalyse beschäftigen.
"Wenn du andere Leute ansiehst, frage dich, ob du sie wirklich siehst, oder ob du nur deine Gedanken über sie siehst."
Jon Kabat-Zinn.

Franziska

#12
@Anj Ja, das denke ich auch, das sehe ich an mir selbst. Ich lese gerade nicht gern von Kriegen etc, Cozy Fantasy ist ja auch ein Trend aktuell.
Ich kann echt empfehlen die Artikel von Matthias Mäurer mit den Interviews mit Verlagen zu lesen. Tenor ist, HF verkauft sich gerade schlecht. Aber Fantasy insgesamt sehr gut. Es gibt hohe Vorschüsse für Romantasy. (weiß nicht ob das überall so ist). Das ist ja insgesamt was Gutes.
Mir fehlt da auch etwas der Blick auf die Vielfalt. Es gibt zwar gerade wenig klassische High Fantasy und Urban Fantasy auch nicht, dafür gibt es jetzt cozy Fantasy und Dark Academia. Auf dem englischen Markt viel Richtung Horror. Hunted Houses (gibt es da einen Genre Namen?), Bücher wie "The will of the Many" war ziemlich gehyped, wird jetzt von einem Verlag übersetzt, der sonst ganz andere Bücher rausbringt. Aber auch Bücher wie "Tage einer Hexe" oder "A dark and drowning tide" werden veröffentlicht. Es gab noch nie so viele sapphic Fantasy, allgemein wird queere Romance jetzt sehr viel veröffentlicht und das ist eine so starke Entwicklung.
Dann fallen mir noch Bücher wie die Jade City von Fonda Lee ein, die auch übersetzt wurden.

Was ich interessant finde, Romantasy ist ja nicht neu, es werden jetzt viele Bücher eingekauft, die original im SP erscheinen sind.
Ich denke auch, dass viele dadurch zu Fantasy kommen, aber es muss ja gar nicht sein, dass sie dann auch HF lesen. Ich finde ja wenn man bisschen schaut, ist Fantasy eigentlich gerade sehr vielfältig.

Yamuri

Ganz simpel ausgedrückt, ohne Wertung, sondern neutral evolutionsbiologischer Perspektive hat der Mensch verschiedene Grundbedürfnisse. Eines davon ist Essen, eines ist Schlafen und eines ist das Bedürfnis nach Liebe/Einstimmung. Sind diese Grundbedürfnisse befriedigt, öffnet sich der Mensch für andere Themen und Bedürfnisse. Deshalb ist es so leicht Romance zu vermarkten, weil man es quasi so gut wie nicht vermarkten muss. Es spricht einen der drei Grundtriebe des Menschen an. Der Mensch sehnt sich nach Liebe. Ergo genügt es darüber zu informieren, dass man bei Romance Liebe bekommt. Da springt sofort dieses Grundbedürfnis an und reagiert darauf.

Andere Genres sind scheinbar schwerer zu vermarkten, weil es für diese nicht ausreichend ist zu informieren, was drin ist. Denn sie sprechen diesen Grundtrieb, dieses Grundbedürfnis des Menschen nicht an. Sie setzen voraus, dass die Grundbedürfnisse befriedigt wurden und sprechen andere Sinne an. Um diese Genres genauso erfolgreich zu vermarkten, wie das bei Romance funktioniert, muss erst ermittelt werden a) welche Sinne sprechen die andren Genres an, b) welche Strategien sind notwendig, um diese Sinne erfolgreich zur Reaktion zu bringen. Sprich in welcher Weise muss ich das Buch präsentieren, damit es die passenden Emotionen bei potenziellen Lesenden auslöst und zum Bedürfnis des haben und lesen wollen führt.

Ich bin der Ansicht jedes Buch, egal welches Genre, lässt sich gut verkaufen, wenn wir herausfinden, welche Sinne und Bedürfnisse das Buch anspricht und welche Kommunikation notwendig ist, damit diejenigen, die es gern lesen würden, sich auch angesprochen fühlen. Bei 8 Milliarden Menschen gibt es genügend Menschen, die sich für Bücher interessieren. Es sind genug Menschen da und ich denke, dass jedes Buch eine zufriedenstellende Fanbase finden kann. Der Knackpunkt ist die richtige Kommunikation und Werbung dafür finden, damit das Buch von der Fanbase auch gefunden wird.

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- Harriet Tubman

Amanita

Ich habe mir die verlinkten Instagramm-Beiträge und den Artikel angeschaut und habe dabei eigentlich nicht den Eindruck gewonnen, dass es darum geht, Romantasy abzuwerten. Aber das kann natürlich anders ausschauen, wenn man tiefer in die Diskussionen eintaucht.
Ich finde es nicht unbedingt überraschend, dass Romantasy sich vergleichsweise gut verkauft, weil die Fans von "Erwachsenenfantasy" eher eine kleine Nische sind und die Romantik-Fans eine deutlich größere. Und da geht dann wohl auch Contemporary, Historisch, fremde Länder und eben auch was mit fantastischen Elementen. Ich finde es also völlig in Ordnung, wenn es das gibt und gönne auch denjenigen, die gerne Romantisches schreiben ihren Erfolg.

Ich denke aber, dass die ablehnende Haltung in manchen Kreisen auch daher rührt, dass Fantasyfans überdurchschnittlich häufig Leute sind (wie ich), die es im realen Leben nicht so mit der Romantik haben und die Fokussierung auf dieses Thema deswegen nicht so toll finden, weil es ihr Interesse einfach nicht trifft.
Manch eine(r) hat dann wohl das Bedürfnis, darauf mit deutlichen Missfallensäußerungen gegen das Genre zu reagieren und "muss" es dann vielleicht auch schlechtmachen, weil er unter dem Fehlen im eigenen Leben leidet und durch entsprechende Werke daran erinnert wird und sich dann vielleicht auch aus "seinem" Genre vertrieben fühlt. Und gerade bei Männern gehen Schwierigkeiten im Liebesleben und Sexismus ja dann auch oft miteinander einher. Womit ich jetzt nicht abstreiten will, dass eine grundsätzliche Ablehnung gegen etwas, was hauptsächlich von Frauen für Frauen geschrieben wird, auch ein Thema ist.

Ich muss aber zugeben, dass ich als Leserin auch zu denjenigen gehöre, die oft im Vertrauten bleiben und dann lieber etwas Neues in einer vertrauten Welt lesen, statt sich auf eine neue einzulassen. Dark Academia ist hier aber ein Untergenre, das mich ziemlich anspricht und wo ich mich auch über den Trend freue. Allgemein scheint es mir schon so zu sein, dass das Genre vielfältiger wird und da ich auch nicht auf "epische Fantasy" mit viel Dreck, Folter und Vergewaltigung oder als Tolkin-Derivate mit Elfen, Zwergen und Orks stehe, bin ich darüber als Leserin nicht so unglücklich.
Trotzdem würde ich mir wünschen, dass die vielen guten neuen Ideen, die man beispielsweise hier im TiZi mitbekommt, auch eine Heimat im Verlag finden und vielleicht sogar neue Trends setzen.
Allgemein finde ich es nämlich sehr schade, dass es bis jetzt keine neuen "großen" Werke mit starkem Einfluss auf die Popkultur gibt, sondern stattdessen lieber das Alte wie Herr der Ring, Star Wars, Harry Potter, die klassischen Disney-Produktionen... neu aufgewärmt wird. Da wird dann zwanghaft versucht, seit der Entstehungszeit geänderte Wertvorstellungen in diesen Werken unterzubringen, statt dass man etwas Neues schafft, was diese Wertvorstellungen von Anfang an enthält. Offensichtlich gibt es ein Bedürfnis nach Werken mit moralischer Klarheit, was bei den aufgeführten ja durchgehend der Fall ist, aber man kann oder will keine Werke mehr schaffen, wo diese dann auch zeitgemäßer ist.

Wie in dem verlinkten Artikel auch angedeutet wird, bin auch ich der Meinung, dass moralische Klarheit durchaus ein wichtiges Element der Fantasy ist und auch Teil dessen was die Lesenden suchen, wenn sie sich für Fantasy entscheiden. Komplexe Kriegssituationen mit egoistischen Anführern und viel Brutalität auf allen Seiten, wo man eigentlich niemandem den Erfolg gönnt, waren vielleicht Anfang der 2000er mal neu und originell, aber letztendlich waren Fantasy und vorher Märchen und Sagen schon immer Erzählformen, wo mehr moralische Klarheit herrscht als in der realen Welt, auch wenn sich die Vorstellungen von dem, was moralisch richtig ist und was nicht, an manchen Stellen verändert haben.