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Schreib-Bar, der Quasselthread für Tippjunkies

Begonnen von gbwolf, 07. April 2008, 09:22:21

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Leann

@Christopher: Guter Plan. Ich wünsch dir viel Erfolg. Die Walküren würde ich sehr gerne als Buch im Regal stehenhaben (und natürlich vorher lesen).

@Witch: So geht es mir auch immer während der Überarbeitung. Kann ich gar nicht gut einschätzen und verlasse mich da auch immer auf Betaleser.

Oh Mann, bin gerade ein bisschen frustriert. Lesefrust, der aber auch mit Schreiben zu tun hat, weil ich gerade in dem Genre lese, in dem ich auch schreibe. Da ich seit ein paar Wochen KU habe, geht das ganz gut, nur: Mir gefällt das meiste nicht. Eigentlich dachte ich, ich könnte mir ein paar Anregungen holen. Damit meine ich natürlich nicht plagiieren, sondern einfach mal gucken, in welche Richtung die Bücher gehen, die die Leser mögen und schauen, ob meine Geschichten so ähnlich sind oder total am Lesergeschmack vorbeigehen. Offenbar ist es beliebt, wenn der Protagonist zunächst in aller Ausführlichkeit vorgestellt wird. Hab ich jetzt schon in vielen Romanen so gelesen. Erst kommen ein paar Zeilen Handlung und dann der Satz, bei dem es mich schon gruselt: "Nun aber erst mal zu mir." Gefolgt von einem detaillierten Lebenslauf vom Kindergarten an über eine schwere Kindheit bis zur Gegenwart, gespickt mit Infos, wie denn der Protagonist so ist ("Ich war schon immer sehr zuverlässig und meine Freunde können sich auf mich verlassen blafasel"). Mögt ihr sowas? Ich möchte mir schon ganz gerne selbst ein Urteil über den Protagonisten bilden, indem ich ihn in Aktion erlebe. Find ich öde, wenn mir alles vorgekaut wird. Besonders nervig, wenn die Figur im Verlauf der Geschichte keine der Charaktereigenschaften zeigt, auf die er aber ständig hinweist. Argh. Sowas möchte ich nicht schreiben. Echt nicht. Mach ich auch nicht.
Wenn ich weiter solche Bücher lese, muss ich mich glaub ich im Bollerwagen anmelden.  :wums:

Coppelia

#21661
Da kann ich deinen Frust verstehen. Nach Schreibratgebern wäre das schlechter Stil und das Gegenteil von "Show, don't tell".
Aber ich könnte mir vorstellen, dass viele Leser einfach Probleme haben, allgemeine Charaktereigenschaften und erst recht Hintergrund der Figur aus Handlung zu abstahieren. Ich habe ja Charakterisierung in der Schule unterrichtet, wo diese Eigenschaft verlangt wird, und weiß es daher, wie schwer es vielen fällt. Es ist für viele Leser sicher leichter, wenn sie alles einfach ganz deutlich gesagt bekommen. Und vielleicht schadet es dann auch nicht, wenn die Figur nach den genannten Eigenschaften nicht handelt, weil die Leser - wieder mangels Abstraktionsvermögen - darin keinen Widerspruch erkennen. Wenn ihnen aber klar ist, dass eine Figur nett und bemitleidenswert ist, weil sie es platt gesagt bekommen, kann man als Autor vielleicht so die Empathie sogar leichter herstellen, als wenn der Leser das noch umständlich entschlüsseln muss.
Ich sage das jetzt nicht, weil ich alle Leser für blöd halte, sondern weil es meinen Erfahrungen mit der Lesebegleitung von Schülern entspricht.
Mach du aber mal bitte so weiter wie bisher. ;)

Araluen

Ich kriege auch das kalte Grausen, wenn ich endlose Erklärbärvorträge zu Setting, Magiesystem oder was auch immer lese und dazu noch ein paar Spiegelbetrachtungen oder heruntergebetete Lebensläufe des Protas. Ich kann dich da voll uns ganz verstehen @Leann. Aber selber denken ist anstrengend und anscheiend wollen viele Leser dieses Hindernis nicht mehr nehmen, weshalb Bücher, die genau das enthalten, was oben beschrieben ist, so erfolgreich sind. Sehr schade und ich hoffe, du springst nicht auf den Zug auf @Leann. Mach dein Ding und glaub weiterhin an den emanzipierten Leser, den man nicht durch die Handlung tragen muss, sondern lieber selbst die Welt erforscht, die ihm der Autor geschaffen hat. Ich tus auch und man sagt ja so schön: Die Hoffnung stirbt zuletzt.

Christopher

Ja, es gibt sehr viele Bücher dieses Extrems, aber eben auch viele, bei denen das genaue Gegenteil der Fall ist: Wo man nämlich gar keine Infos bekommt oder maximal ein einziges Mal am Anfang. Ich persönlich mag keines von beiden. Ich bin ja ein großer Freund von wenigen, kurzen Worten zum Aussehen am Anfang und dann, den Charakter wachsen lassen. Ab und zu das Aussehen verändern. Neue Kleidung, neue Rüstung, neue Waffen, wasauchimmer. Hier und da kleine Floskeln, die das Erscheinungsbild in Erinnerung rufen, wie das zurechtrücken der immer-noch zu langen Haare oder beleidigende Worte eines Freundes zu der krummen Nase. Viel subtiler und viel besser.

Aber na gut, was lernen wir daraus? Man muss es nicht unbedingt "richtig" machen und trotzdem lesen es die Leute gern. War/ist die Geschichte an sich denn gut Leann? :)

@Leann
Sobald ich fertig bin, wirst du eine der ersten sein, die die fertige Version zu lesen bekommt ;D
Be brave, dont tryhard.

Leann

@Coppi: Naja, wenn ich ein Buch schreibe, dann ist die Zielgruppe nicht gerade "Schulkinder".  ;D Aber ich fürchte, du hast Recht. Die Leser sind das mittlerweile so gewohnt. Keine Sorge, ich mache das nicht so, jedenfalls nicht so extrem. Ich traue meinen Lesern da schon etwas mehr zu.

@Araluen: Ist wohl leider so. Ich glaube trotzdem weiter daran, dass es noch Leser gibt, die auch mal mitdenken möchten.

@Christopher: Schlecht war sie nicht. Eher so mäßig. Ich freu mich auf die fertige Version von dir! Das ist sicher besserer Lesestoff.

Bin schon wieder frustriert. Ich lese ein Buch, das wirklich gut ist und mir gefällt, nur etwas stört mich mehr und mehr daran. Anfangs hat es mich nur irritiert, mittlerweile macht mich das aggressiv! Und zwar wird an jeden zweiten Satz noch ein Halbsatz angehängt (oder mehrere). Keine Ahnung, wie man dieses Stilmittel nennt. Aufzählende Ellipse? Ich meine dies hier:
"Sie öffnete ihren Koffer, packte die Socken aus, wunderte sich über die vielen Löcher darin. Ihre Mutter lehnte an der Tür, runzelte die Stirn, wusste offenbar nicht, was sie sagen sollte, fuhr sich durch das Haar, sah müde und blass aus." Mal wäre das ja nicht schlimm, aber ständig? Ach Mist, ich bin heute so krawallig. Ich glaub, ich melde mich doch für den Bollerwagen an. Jetzt aber genug vom Lesen, ich schreib jetzt selbst was, da kann ich mich noch am besten drüber aufregen.

HauntingWitch

@Leann: Sowas kann ich gar nicht haben. Bitte mach das nicht. Ich selber habe auch einfach einen höheren Anspruch an mich als Autorin. Ich möchte so schreiben, wie die Leute, die ich selber bewundere, auch wenn das schwieriger ist und die meisten anderen Autoren in einem Genre das anders machen.
In den letzten Jahren ist mir diesbezüglich etwas klar geworden: Ich habe lieber zehn Leser, die meine Bücher mögen, wie sie sind, als zehntausend, für die ich irgendeinen Quatsch schreiben muss. Das ist aber nur meine persönliche Sichtweise.

Leann

Ja, genau so sehe ich das auch. Was ich schreibe, muss vor allem erst mal mir gefallen, sonst macht mir das überhaupt keinen Spaß. Da verzichte ich lieber auf Leser. Keine Sorge, ich werde weiterhin so schreiben, wie ich es mag.

Christopher

Zitat von: Leann am 14. Januar 2018, 19:51:02
"Sie öffnete ihren Koffer, packte die Socken aus, wunderte sich über die vielen Löcher darin. Ihre Mutter lehnte an der Tür, runzelte die Stirn, wusste offenbar nicht, was sie sagen sollte, fuhr sich durch das Haar, sah müde und blass aus."

Sie öffnete ihren Koffer, packte die Socken aus und wunderte sich über die vielen Löcher darin. Ihre Mutter lehnte an der Tür, runzelte die Stirn, wusste offenbar nicht, was sie sagen sollte, fuhr sich durch das Haar, sah müde und sah blass aus.

Fänd ich so besser ;D

Aber danke für das Lob. Ich hader immer noch innerlich etwas mit dem zweiten Teil, mit dem @Valkyrie Tina nicht so glücklich war und ich denke mehr und mehr, dass sie Recht hat. Auf jeden Fall ist es aber der bisher schwächste Part denke ich  :omn:

Be brave, dont tryhard.

Zit

Also, das mit dem Halbsatz mache ich gelegentlich auch. ;D Aber nicht in dieser genauen Ausführung. Im Grunde ist das eine Aufzählung von Eindrücken, so als würde man mit prägnanten Bildern einen Film erzählen. Es hat schon was von Kameraführung. Je nach Situation finde ich das als Stilmittel nicht schlecht. Immer und überall würde ich es eher für mangelhaftes Erzählen halten. Da müsste jemand nochmal den Unterschied zwischen Film und Text recherchieren, denke ich.
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt

Evanesca Feuerblut

ZitatErst kommen ein paar Zeilen Handlung und dann der Satz, bei dem es mich schon gruselt: "Nun aber erst mal zu mir." Gefolgt von einem detaillierten Lebenslauf vom Kindergarten an über eine schwere Kindheit bis zur Gegenwart, gespickt mit Infos, wie denn der Protagonist so ist ("Ich war schon immer sehr zuverlässig und meine Freunde können sich auf mich verlassen blafasel"). Mögt ihr sowas?
Es gibt genau EINE Autorin, die das darf und bei der ich nicht das Buch in die Ecke pfeffere, wenn sie das tut. Und das ist Anne Rice. Da gehört eine angeberische Selbstbeschreibung von Lestat am Anfang eines jeden Bandes einfach dazu, egal wie trashig das eigentlich ist.

FeeamPC

Hm. Eine Fashion-Queen darf sich im Roman gerne selbst stundenlang im Spiegel bewundern und beschreiben, aber sonst ziehe ich es vor, wenn das sehr viel dezenter in der Handlung herauslesbar ist.
Hat sich auch bei mir nochkein Leser drüber beschwert.

Robin

Ich laufe gerade ein wenig wie ein kopfloses Huhn herum. :gähn:

Ich hab meine erste Übersetzung für die Black Library von Games Workshop fertig. Fast 150k, in zwei Monaten fertig gestellt. Heute ist Deadline, heute muss ich abschicken. AAAAAAH! Ich bin so nervös, ob das auch ja alles passt, und ob ich auch ja nix übersehen habe...
~Work in Progress~

Ary

Als Sprotte für mich betagelesen hat, sagte sie mir, ich solle doch nicht immer Steckbriefe schreiben, wenn ich Personen beschreibe.  :versteck: Zu ausführlichen Personenbeschreibungen neige ich auch, weil ich diesen Spleen habe, dass ich so gern möchte, dass die Leser die Figuren genau so vor sich sehen sollen wie ich sie sehe - geht natürlich nicht, denn jeder stellt sich unter "hellhaarig mit blauen Augen und feinen Gesichtszügen" was anderes vor. Und da ich selber so ellenlange, infodumpige Erklärungen gar nicht lesen mag, bin ich froh über jeden Beta und jeden Lektor, der mir sowas anstreicht (@Leann, tob dich aus, sei streng!).
Einfach mal machen. Könnte ja gut werden.

Leann

@Aryana: In letzter Zeit hab ich den Eindruck, dass ich sogar zu streng bin beim Betalesen. Eine kurze Beschreibung des Aussehens finde ich nicht schlecht, aber es muss doch nicht gleich ein kompletter Lebenslauf ab Kindergarten sein. Ich muss schon auf der Arbeit genug Lebensläufe lesen und die sind manchmal sogar spannender. Allerdings musste ich gestern sehr lachen, denn ich habe in die Leseprobe eines Buches hineingeschaut und die bestand tatsächlich nur aus den detaillierten Lebensläufen der fünf (?) Hauptfiguren. Offenbar finden solche Bücher ihre Leser, ist ja auch völlig okay, aber ich habe da keine Lust drauf.

@Zitkalasa: Ja, das hat was Cineastisches und ich mag das, nur wenn eben jeder Satz so aufgebaut ist, nutzt sich der Effekt irgendwann ab. Aber was soll's, die Leser sind begeistert (außer mir), also nicht schlimm.

Es ist übrigens nicht so, dass ich an jedem Buch was zu nörgeln habe. Die meisten finde ich sehr gut. Z.B. lese ich gerade den historischen Krimi "Das Teufelsloch" und bin sehr begeistert davon. 

Ary

OT: mir kann ein Beta gar nicht zu streng sein, @Leann
Ich kann Kritik vertragen und kenne meine Schwachstellen beim schreiben - sehe sie nur nicht immer.  ;D

Einfach mal machen. Könnte ja gut werden.