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Ausschreibungen

Begonnen von Fluide, 10. Mai 2023, 17:00:25

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Fluide

Hallo ihr Lieben,

in Anbetracht von @Ryadne s Post im Ausschreibungsthread, habe ich Infos im Forum zu einer Frage gesucht, die mich immer mal wieder umtreibt, aber nichts gefunden, darum stelle ich sie jetzt hier und hoffe, ich bin hier richtig und kann mich halbwegs verständlich machen.

Ich überlege immer mal wieder, an einer Ausschreibung teilzunehmen, entweder mit einem bereits fertigen Text oder auch extra etwas zu schreiben. Aber dann kommt immer wieder der Zweifel, der da sagt: Wozu gibt es die überhaupt? Ich habe noch nie im Leben eine Anthologie unbekannter Autoren gekauft. Gibt es da wirklich einen Markt? Oder ist das ein sich selbst finanzierender Zirkel? Also überleben die Verlage, weil die Autoren, die sie in den Anthologien veröffentlichen, die Bücher selbst kaufen?

Meine Frage: Gibt es Verlage/Ausschreibungen, die ihr empfehlen könnt bzw. würdet? Ich habe auch schon überlegt, es mal bei einer Literaturzeitschrift zu probieren. Da ist der Markt sicher auch nicht so groß, aber ich bilde mir irgendwie ein, dass das nicht so eine sich selbst aufrechterhaltende Blase ist, sondern eben Herzblutprojekte. Keine Ahnung, ob ich ausdrücken konnte, was mich umtreibt, vielleicht lässt es sich runterbrechen auf: Bei Herzblutprojekten würde ich gerne mitmachen, bei Geschäftsmodellen eher nicht (wobei mir klar ist, dass sich auch die Herzblutprojekte rechnen müssen und ich auch nichts dagegen habe, wenn da jemand Profit macht), aber das primäre Ziel ist eben ein anderes.
Do I contradict myself?
Very well then I contradict myself,
(I am large, I contain multitudes.)
Walt Whitman

Ryadne

Ich weiß nicht genau, was du mit "Herzblutprojekten" gegenüber "Geschäftsmodellen" meinst. Die meisten Kurzgeschichten-Ausschreibungen kommen aus dem Kleinverlagsbereich. Hier besteht zwar sicher immer die Hoffnung und der Anspruch, dass finanziell etwas bei herumkommt, aber nüchtern betrachtet sind das alles eher "Herzblutprojekte". Anthologien laufen nicht gut auf dem deutschsprachigen Markt.

Ausnahmen bestätigen allerdings die Regel. Meinem Eindruck nach haben die Kurzgeschichtenmagazine aus der SF-Szene wie Alraune, Exodus usw. eine nicht große, aber doch stabile Leserschaft und einige Verlage haben ebenfalls ihre Stammleserschaften (z. B. Torsten Low, ohneohren). Manche Anthologien sind Ladenhüter, andere bekommen schnell die erste Auflage abverkauft (wobei wir hier meist von 300-500 Exemplaren reden).

Oft gibt es auch ein Honorar für Autor*innen oder wenigstens Tantiemen, die v. a. den guten Willen zeigen - reich wird da niemand. Das höchste Honorar, was ich bisher für eine Kurzgeschichte erhalten habe, waren 150 Euro.

Gerade wenn man noch nicht viele Verlage kennt, sind Ausschreibungen aber eine gute Möglichkeit, solche kennenzulernen und die Zusammenarbeit zu testen oder mit anderen Autor*innen vernetzt zu werden - wobei auch das bei manchen Anthologien besser als bei anderen klappt. Davon ab sorgen veröffentlichte Kurzgeschichten für eine gewisse Sichtbarkeit. Mir kamen durchaus schon Folgeaufträge über Anthologien herein, die dann auch finanziell einen größeren Anreiz hatten.

Und nicht zuletzt - manchmal macht es halt schlicht Spaß, an einer Ausschreibung teilzunehmen. Wenn einen das Thema anspricht, man einen passenden Text in Schublade oder Kopf hat und die Zeit oder Muse, sich damit auseinanderzusetzen - warum nicht?

Andersleser

Im Grunde hat man ja auch irgendwo Spaß dabei. Und manchmal kommt auch gerade durch eine Ausschreibung spontan so eine Idee, die geschrieben werden will. Da kann man diese dann genau so gut auch einsenden - außer es wird dann doch ein ganzer Roman  :D  Wobei ich für meinen Teil finde, dass es nie schaden kann, in einer Anthologie vertreten zu sein. Im Grunde kann man das dann ja auch bei weiteren Dingen wie Agentursuche oder ähnliches als Veröffentlichungen angeben, man hat einfach schon etwas vorzuweisen, sofern das das Ziel ist. Auch generell für die Liste deiner Veröffentlichungen in Shops wie Amazon. Es ist ja dein Name drin und demnach findet dich dann auch die Leserschaft über andere Bücher von dir. Angenommen, jemand findet dein Buch richtig klasse und will unbedingt mehr von dir lesen, so könnte dieser Mensch dann auch auf die Anthologie aufmerksam werden und deine Kurzgeschichte lesen wollen. Oder umgekehrt. (Und damit hast nicht nur du, sondern auch die anderen AutorInnen was davon  :) )

Es ist aber auch so ein netter Anfang. Einfach schon mal sowas gemacht haben, was veröffentlicht haben, einen echten Vertrag diesbezüglich in Händen zu halten, ausgewählt zu werden. ... Das kann einem schon ein wenig was geben, allein schon auf emotionaler und psychischer Ebene. Es ist einfach so ein "Ich hab das geschafft" Moment. Ein "Ich bin tatsächlich gut. Das was ich gemacht habe gefällt anderen" oder einfach "Jetzt ist ein bisschen von mir/meine Geschichte da draußen in der Welt und alle können sie lesen". Schaden kann solche Art Anerkennung ja eigentlich auch nie. Und selbst wenn die Leserschaft da vielleicht kleiner ist, so gibt es sie ja dennoch. Und am Ende fällt deine Geschichte wem in die Hände und gibt dieser Person einfach was. Irgendwas. Und damit hat man dann auf eine Art schon wieder etwas bewirkt oder bewegt. Also warum nicht versuchen? Ich denke nicht, dass es Zeitverschwendung ist. Auch wenn man jetzt nicht die riesen Leserschaft erreicht und nicht superberühmt wird oder so. 

Fluide

Zitat von: Ryadne am 10. Mai 2023, 17:31:51Ich weiß nicht genau, was du mit "Herzblutprojekten" gegenüber "Geschäftsmodellen" meinst.

Ach, das ist auch blöd ausgedrückt, vermutlich weil total verquer und verkopft gedacht. Ich habe eine Aussage von einer Person im Kopf, die meinte, dass bei manchen Ausschreibungen eine gewisse Anzahl der Texte von solchen Autoren ausgewählt werden, von denen bekannt ist, dass sie immer viele der Bücher kaufen. Das meinte ich mit Geschäftsmodell. Und Herzblut sollte bedeuten, dass da eine Person (oder mehr) die Geschichten nur nach Gefallen aussucht, weil sie eben ein gutes Buch herausgeben will.

Irgendwie hab ich mich bisher noch nie aufraffen können, auch wegen solcher vielerlei Gedanken, aber auch weil ich es noch nie gemacht habe und hach, ich mich da erst reinfuchsen muss und ich dann immer ins Prokrastinieren komme. Aber irgendwo hatte ich mir auch Mal ne Liste mit Literaturzeitschriften gemacht. Denn ich will es doch auch mal ausprobieren, denn es stimmt sicher, was ihr sagt, also dass es auch einfach Spaß macht. 

Danke jedenfalls für eure Antworten.
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Araluen

Es kann durchaus sein, dass in einer Anthologie ein oder zwei Autoren als Zugpferde eingesetzt werden, weil der Name schon bekannt ist. Solche Zugpferde werden dann aber wohl eher angefragt, vermute ich.
Letztlich lässt sich schwer sagen, wie die Geschichten ausgewählt werden und es lässt sich noch weniger beeinflussen.
Ich hab einmal eine Zusage bekommen, bevor die Abgabefrist überhaupt abgelaufen war (und hier gab es mehrere fest vergebene Plätze). Ein anderes Mal wurde ich abgelehnt, weil ich das direkte Duell gegen eine andere, ähnliche Geschichte verloren hatte. Mehrfach wurde ich einfach abgelehnt ohne Begründung und ein weiteres Mal angenommen, obwohl ich damit kaum noch gerechnet hatte.
Es kann also einfach alles passieren.
Von daher sollte man sich da nicht so einen Kopf machen. Wenn man Spaß an Kurzgeschichten hat und Spaß daran hat, eine Geschichte nach Vorgaben zu schreiben, dann sollte man sich nicht scheuen, es einfach zu probieren.

Evanesca Feuerblut

Ich bin ehrlich, ich mache größtenteils aus Selbstzweck mit, weil Ausschreibungen und das Verfassen von Kurzgeschichten dafür eins meiner Spezialinteressen sind, seit ich sechzehn bin.
Wenn die Anthologien dann auch noch erfolgreich sind, oder wenn Rezensierende genau meine Geschichte als Highlight bezeichnen, dann schwebe ich einfach glücklich durch die Gegend. Aber das ist Bonus.
Ich mag einfach das Prozedere an sich.

Aber:
Mal ein rein praktischer Aspekt: Für manche Stipendien und hochrangigen Wettbewerbe ist es Voraussetzung, eine bestimmte Mindestanzahl an Veröffentlichungen in Anthologien und Zeitschriften mitzubringen. Es kann also auch zusätzlich dazu nicht schaden.

(Wie gesagt: Ich mache es einfach nur gern und freue mich über jedes Buch, in dem eine Geschichte von mir steckt.)

Feuertraum

Sagen wir einmal so: Ja, einen Markt gibt es. Dieser ist zwar recht klein, aber nichtsdestotrotz vorhanden.
Was an Honorar für die einzelnen Autoren rausspringt, teilt sich meiner Meinung nach in zwei Gruppen auf:

1) Die finanzielle Seite.

Diese ist meistens gering, manchmal im zweistelligen Bereich, manchmal sogar nur im einstelligen.

2) Der Name

Ich glaube das ist der Punkt, der wirklich wichtig ist bei Ausschreibungen.
Wenn Sie jetzt, Fluide, unter ihrem Autorennamen einen Roman veröffentlichen, kann es sein, dass dieser wenig beachtet findet, weil er nicht so großartig vielen Lesern bekannt ist.

Aber wenn der Autorenname des Öfteren in Anthologien auftaucht, kann es sein, dass er geläufiger wird, bekannter, sich in den Kopf der Leserschaft einbrennt (das Prinzip der Wiederholung. Ist wie mit Werbung: Je öfter man sie hört/sieht, desto mehr erinnert man sich an sie).
Was hat eigentlich He-Man studiert, dass er einen Master of the universe hat?

Fianna

Einige Verlage machen inzwischen anonyne Ausschreibungen, damit nicht immer dieselben Autor*innen angenommen werden.

Wenn man einen Namen bereits kennt, bewertet man den Text anders - das ist bei Leser*innen genauso.
Deswegen wird dann manchmal aus Versehen das geschlossene Pseudonym des neuen Genres verraten, wenn das Buch von selbst nicht läuft... das war doch bei J.K. Rowling und ihrem Pseudonym Galbraith so.
Werbung oder Erwähnungen online habe ich auch ausschließlich mit"Rowling"-Namedropping gelesen...

Eigentlich finde ich das schön mit anonymen Einsendungen. Ich muss auch wieder mal bei mehr mitmachen.

Hier im Forum werden Ausschreibungen mit Abnahmepflicht von Maja mit [€] gekennzeichnet (sowas findet inzwischen aber eigentlich nicht mehr den Weg ins Forum, wir posten nicht automatisch jede Ausschreibung, die eir finden) und es wird auch durchaus mal erwähnt, wenn es schlechte Erfahrungen gab.

Oder gute.
Das Weltenportal (Zeitschrift, online auch kostenlos) würde ich auf jeden Fall für den Anfang empfehlen, da sie dauerhaft Geschichten suchen, keine enge Themenvorgabe haben wie z.b. Verlagsausschreibungen und das Lektorat wurde extrem gelobt.